die mathematischen
oder
eine popelige Textaufgabe

 

Ich glaube noch immer, dass man besser oder überhaupt erst Mathematik kann, wenn man versteht, was man tut.

"Drei Schwestern (russisch Три сестры) ist ein am 31. Januar 1901 am Moskauer Künstlertheater uraufgeführtes Drama von Anton Tschechow.
[...]
Der erste Akt spielt am Namenstag der jüngsten Schwester, Irina. [...] Seit elf Jahren leben Irina, Mascha, Olga und ihr Bruder Andrej Prosorow in der provinziellen Gouvernementsstadt. Wegen ihres Vaters, einem Brigadegeneral, waren sie einst hierher verschlagen worden. Doch der Vater ist seit einem Jahr tot. Die Sehnsucht, bald nach Moskau zurückzukehren, woher sie stammen, bewegt besonders Irina. »Nach Moskau!« ist für sie zu einer Art Mantra der Hoffnung geworden. Sie sehnt sich nach der großen Liebe und nach einem erfüllten Leben durch Arbeit. Mascha, die mittlere der Schwestern [...], hat mit 18 Jahren ihren ehemaligen Lehrer Fjodor Iljitsch Kulygin geheiratet, den sie bewunderte. Mittlerweile ist sie vollkommen desillusioniert und hält ihn für einen geschwätzigen Besserwisser. Olga, die Älteste, arbeitet im Schuldienst, sehnt sich aber nach einem ruhigen Dasein als Hausfrau."
(Quelle:
)

Drei Schwestern sind zusammen 56 Jahre alt. Die älteste ist vier Jahre älter als die mittlere und die jüngste zwei Jahre jünger als die mittlere . Wie alt sind die drei Schwestern?


Nun komme man mir bitte nicht damit, das sei eine "Anwendungsaufgabe": solche im Matheunterricht der siebten Klasse durchaus üblichen Alters-Aufgaben

(wen interessiert's schon, wie alt drei Schwestern zusammen sind?!),

(Und doch werden wir unten noch einen

[ganz anders gelagerten]

"Sinn" der Drei-Schwestern-Aufgabe entdecken.)

Wenn überhaupt, so stellt sich die Aufgabe im "wirklichen" Leben andersrum: man weiß, wie alt drei Schwestern sind, und fragt sich, wie alt sie zusammen sind

(in der Tat habe ich vor vielen Jahren mal ausgerechnet, dass meine Großmutter und ihre noch lebenden Geschwister zusammen genau 777 Jahre alt waren, was dann Anlass für eine nette Familienfeier war).


Wie so häufig bei Textaufgaben, so ist auch die Drei-Schwestern-Aufgabe missverständlich formuliert: viele Schüler verstehen die Schlussfrage "Wie alt sind die drei Schwestern?" nämlich

(wohl in Folge des Anfangssatzes "Drei Schwestern sind zusammen 56 Jahre alt")

im Sinne von "Wie alt sind die drei Schwestern zusammen?", obwohl doch "Wie alt ist jede der drei Schwestern?" gemeint ist

(... was man wiederum so missverstehen könnte, dass die drei Schwestern gleich alt, weil Drillinge sind).

Wenn man die Schlussfrage als "Wie alt sind alle drei Schwestern zusammen?" missversteht, sollte einem doch eigentlich auffallen, dass diese Frage bereits mit dem ersten Satz "Drei Schwestern sind zusammen 54 Jahre alt" beantwortet ist und nichts mehr zu tun bleibt - dass also mit der Aufgabe irgendwas nicht stimmt

(z.B. auch, weil der mittlere Satz

"Die älteste ist vier Jahre älter als die mittlere und die jüngste zwei Jahre jünger als die mittlere."

dann völlig überflüssig ist).

Vielen Schülern fällt die Schwachsinnigkeit der missverstandenen "Aufgabe" aber gar nicht auf.

Eine viel zu einfache Begründung dafür ist es immer, die "Jugend von heute" für zunehmend verblödet zu halten, sondern es gilt immer, nach den guten Gründen für Unverständnis von Schülern zu fragen:

Die Schwachsinnigkeit der missverstandenen Aufgabe fällt vielen Schülern gar nicht auf, weil für sie auch die richtig verstandene Aufgabe

(womit sie ja nicht ganz Unrecht haben:)

Schwachsinn ist

(wie alle Mathematikaufgaben, aber insbesondere die "eingekleideten" Pseudo-Anwendungsaufgaben).

Und dass bei der missverstandenen Aufgabe der ganze Mittelteil überflüssig

(hochtrabend gesagt: redundant)

ist, fällt ihnen nicht auf, weil für sie allemal auch die richtig verstandene Aufgabe redundant ist

(wieder: wie alle Mathematikaufgaben, aber insbesondere die "eingekleideten" Pseudo-Anwendungsaufgaben;

nebenbei: darauf, dass die vorliegende Drei-Schwestern-Aufgabe "eingekleidet" ist, werde ich unten nochmals zu sprechen kommen).


Wenn ich im Folgenden lang und breit vormache, wie man die Aufgabe lösen kann, so geht es mir vor allem darum, die für viele Schüler enormen Schwierigkeiten des Lösungswegs herauszuarbeiten.

Gleichzeitig werden bei meiner Musterlösung "Tricks" gezeigt, wie man die Aufgabe

(und überhaupt Textaufgaben)

lösen kann. Bei diesen "Tricks" bedarf es allerdings

(wie so oft in der Mathematik)

einer gewissen Disziplin: man wende die "Tricks" in aller Ausführlichkeit so lange an, bis man sie wirklich aus dem FF beherrscht. Erst dann kann man sich gewisse Umständlichkeiten sparen.


Erster "Trick": mit verschiedenen Farben alle mathematischen Informationen im Aufgabentext markieren.

Ich fange aber erstmal umgekehrt an: sicherlich keine mathematische Information ist es, dass von Schwestern die Rede ist. Es könnten genauso gut

sein.

(Und die Aufgabe würde genauso gut funktionieren, wenn

[allerdings bei anderen vorgegebenen Zahlen]

von Körpergrößen statt dem Alter die Rede wäre.)

Bei den tatsächlich mathematischen Informationen sind zwei Arten zu unterscheiden:

  1.  die offensichtlichen mathematischen Informationen, bei denen dasselbe Vokabular benutzt wird wie in der Mathematik:

Drei Schwestern sind zusammen 56 Jahre alt. Die älteste ist vier Jahre älter als die mittlere und die jüngste zwei Jahre jünger als die mittlere.

(Eine kleine Schwierigkeit [?] besteht hier höchstens darin, dass in Texten

geschrieben werden.

Allemal bemerkenswert ist auch, dass die 3 [anfangs] gar nicht als Zahl in der Rechnung auftaucht; s.u.)

  1. die indirekten bzw. verborgenen mathematischen Informationen, bei denen ein anderes Vokabular benutzt wird als in der Mathematik

(diese indirekten Informationen bereiten Schülern erhebliche Schwierigkeiten):

Drei Schwestern sind zusammen 56 Jahre alt. Die älteste ist vier Jahre älter als die mittlere und die jüngste zwei Jahre jünger als die mittlere.

Insgesamt ergeben sich damit folgende mathematischen Informationen:

Drei Schwestern sind zusammen 56 Jahre alt. Die älteste ist vier Jahre älter als die mittlere und die jüngste zwei Jahre jünger als die mittlere.


Normalerweise sind Schulbuchautoren bzw. Lehrer halbwegs nett und liefern mit Aufgabentexten genau diejenigen mathematischen Informationen, mit denen man die Aufgaben lösen kann. Das bedeutet aber, dass man alle gegebenen mathematischen Informationen, im vorliegenden Fall also

auch tatsächlich benutzen muss

(um Übersicht zu behalten, kann es nicht schaden, im Folgenden tatsächlich benutzte mathematische Informationen einzeln nacheinander abzuhaken, bis keine mehr übrig bleibt).

Umgekehrt geben Schulbuchautoren bzw. Lehrer aber in der Regel keine überflüssigen (zusätzlichen) mathematischen Informationen, die nur vermeintlich wichtig sind, in Wirklichkeit aber nur vom eigentlich Wichtigen ablenken.


Ziel der Aufgabenlösung ist es natürlich, auf die Schlussfrage "Wie alt sind die drei Schwestern?" zu antworten

(dazu, wie solch eine Antwort aussehen sollte, s.u.).

Ein Beispiel für solch eine Antwort wäre:

"Die drei Schwestern sind 47, 33 und 14 Jahre alt."

Diese Antwort ist allerdings in dreifachem Sinne falsch, da

alt sind,

Wir sollen ja erst herausfinden, wie alt die drei Schwestern sind, wissen es anfangs also noch nicht, und deshalb definieren wir uns drei Unbekannte, nämlich x, y und z:

  • x ist das Alter der ältesten Schwester ,
  • y ist das Alter der mittleren Schwester ,
  • z ist das Alter der jüngsten Schwester .

Merke: die Unbekannten werden immer aus der Schlussfrage gebildet!

(Die Definitionen der drei Unbekannten x, y und z schreibe man sich

[das ist der zweite "Trick"]

wirklich mal auf und markiere sie deutlich farbig, damit man am Ende nach ellenlanger Rechnung überhaupt noch weiß, was mit den drei Unbekannten x, y und z eigentlich gemeint war.)

Dabei sind x, y und z

(allerdings noch unbekannte)

Zahlen, und das heißt, dass wir mit x, y und z wie mit hundsgewöhnlichen Zahlen rechnen können.


Fangen wir nun also mit der Umsetzung der Aufgabe in reine Mathematik an und da mit dem ersten Satz, also

"Drei Schwestern sind zusammen 56 Jahre alt",

an: "zusammen" bedeutet "addiert" bzw. "+", und da es um drei Schwestern geht, gibt es drei Summanden

(wie oben schon angedeutet: die Anzahl der Schwestern, also 3, taucht [vorerst]

in der Rechnung auf):

          Alter der ältesten  Schwester                   ← erster   Summand
     
+ Alter der mittleren Schwester                  ← zweiter Summand
      + Alter der jüngsten Schwester                  dritter   Summand
     
______________________________ 
      =                    56

Oder mit unseren soeben definierten Unbekannten hübsch kurz ausgedrückt:

x + y + z = 56

(Es lohnt sich [und ist der vierte "Trick"], diese erste Gleichung, die wir später noch mehrfach brauchen werden, derat deutlich farblich hervorzuheben.)

Das Erstaunliche dabei ist, dass wir mit x, y und z durchaus schon rechnen können (nämlich x + y + z = 56), obwohl wir noch gar nicht wissen, welche Zahlen hinter x, y und z verborgen sind.

Nun reicht die Gleichung x + y + z = 56 allerdings noch lange nicht aus, um sagen zu können, welche Zahlen hinter x + y + z = 56 stecken. Denn da gibt es mehrere mögliche Kombinationen, nämlich z.B.

Oder wenn x = 28 und y = 27 ist, bleibt für z nur noch z = 56 - 28 - 27 = 1 oder kurz z = 1, d.h. man kann die ersten beiden Zahlen x = 28 und y = 27 noch halbwegs frei wählen, die dritte Zahl z = 1 ergibt sich dann aber automatisch in Abhängigkeit von den ersten beiden Zahlen, d.h. man kann diese dritte Zahl nicht mehr frei wählen.

("halbwegs frei", weil man natürlich z.B. nicht für das Alter der ältesten Schwester x = 57 wählen kann, weil dann mindestens eine der beiden anderen Schwestern ein negatives Alter haben müsste - was allerdings bedeuten könnte, dass sie erst in der Zukunft geboren werden wird):

eine einzige Gleichung mit drei Unbekannten ist nie eindeutig lösbar, sondern zeigt nur, wie die dritte Unbekannte sich abhängig von der Wahl der ersten beiden ergibt.

Nochmals: die Gleichung x + y + z = 56 ist nicht eindeutig lösbar, d.h. wir brauchen zu einer eindeutigen Lösung noch andere Informationen, die

(falls die Aufgabe überhaupt lösbar ist;

nebenbei: später in der Schulzeit gibt es auch mal Gleichungen mit zwei oder drei Lösungen).

Diese zusätzlichen, farbig hinterlegten Informationen stehen offensichtlich im mittleren Satz der Aufgabe, also in

"Die älteste [Schwester] ist vier Jahre älter als die mittlere und die jüngste zwei Jahre jünger als die mittlere":

  1. Da die älteste Schwester vier Jahre älter als die mittlere ist, muss man etwas zum Alter der mittleren Schwester addieren, um das Alter der ältesten zu erhalten; und zwar muss man laut Aufgabenstellung 4 addieren:

Alter der ältesten Schwester = Alter der mittleren Schwester  + 4

oder mit den oben definierten Unbekannten ausgedrückt:

                         .       x                             =                              y                                + 4
  1. Da die jüngste Schwester vier Jahre jünger als die mittlere ist, muss man etwas vom Alter der mittleren Schwester subtrahieren, um das Alter der jüngsten zu erhalten; und zwar muss man laut Aufgabenstellung 2 subtrahieren:

Alter der jüngsten Schwester  = Alter der mittleren Schwester - 2

oder mit den oben definierten Unbekannten ausgedrückt:

                                  z                              =                                y                              - 2

(Die beiden Gleichungen x = y + 4 und z = y - 2 sollte man wieder deutlich farbig umrahmen, da wir sie noch mehrfach brauchen werden;

dabei ist es mir durchaus bewusst, dass alles inzwischen arg bunt und damit schon wieder unübersichtlich ist;

immerhin benutze ich einige Farben aber nur, bis Entscheidende Informationen der Textaufgabe in die Gleichungen der reinen Mathematik eingearbeitet sind, was insbesondere heißt, dass auf die Dauer alle bunten Unterlegungen Drei, zusammen, 56, vier, älter, zwei, jünger verschwinden;

konkret heißt dass, dass die bunten Unterlegungen inzwischen aus unseren drei Gleichungen verschwinden:

  x + y + z = 56
  x = y + 4
  z = y - 2 )

Die beiden Gleichungen x = y + 4 und z = y - 2 haben

(je einzeln betrachtet)

wieder den Nachteil, dass sie keine eindeutigen Lösungen haben:

mögliche Lösungen sind da z.B.

Wieder gilt: wenn man eine der beiden Unbekannte frei wählt, so hat man bei der anderen Unbekannte keine freie Wahl mehr, sondern ergibt diese andere Unbekannte sich automatisch anhängig von der ersten. Z.B. folgt aus y = 72 sofort, dass x = 72 + 4 = 76.

mögliche Lösungen sind da z.B.

Wieder gilt: wenn man eine der beiden Unbekannte frei wählt, so hat man bei der anderen Unbekannte keine freie Wahl mehr, sondern ergibt diese andere Unbekannte sich automatisch abhängig von der ersten. Z.B. folgt aus y = 749 sofort, dass z = 749 - 2 = 747.

(Nebenbei: dass da zwei Schwestern völlig unrealistische 749 und 747 Jahre alt sind, ist der Mathematik herzhaft egal: sie funktioniert trotzdem!)

Halten wir also wieder fest:

Eine Gleichung mit zwei Unbekannten ist nicht eindeutig lösbar, sondern es ergibt sich nur eine Abhängigkeit der einen von der anderen Unbekannten

(und man spricht dann eigentlich nicht von Unbekannten, sondern von Variablen).

So langsam kann man ahnen, was unser Ziel sein muss:

um eine eindeutige Lösung zu erhalten, brauchen wir

  • eine einzige Gleichung mit
  • einer einzigen noch vorhandenen Unbekannten.

Kurzer Einschub: da wir alle Informationen aus der Aufgabenstellung "aufgebraucht", d.h. in reine Mathematik übersetzt haben,

(wenn sie überhaupt lösbar ist),


Bisher haben wir reichlich widersprüchliche Ergebnisse:

(d.h. die älteste Schwester ist nicht vier Jahre älter als die mittlere),

(d.h. die jüngste Schwester ist nicht zwei Jahre jünger als die mittlere).

aber leider ist dann x + y + z = 30 + 26 + 24 = 80 und nicht, wie im ersten Satz der Aufgabe gefordert, 56.

Man sich also langsam fragen, ob es überhaupt drei Zahlen x, y und z gibt, die

Eine Lösungsmöglichkeit wäre, so lange Kombinationen von drei Zahlen auszuprobieren, bis alles passt. Das kann allerdings sehr lange dauern und man kann Lösungsmöglichkeiten übersehen. Da ist es doch besser, schon ansatzweise systematisch vorzugehen: wir probieren Zahlenkombinationen aus, bei denen

also z.B.

Solches Ausprobieren ist Mathematikern aber noch viel zu umständlich, und deshalb gehen sie noch erheblich systematischer vor.

Noch kurz eingefügt sei, dass man die Aufgabe auch halbwegs mit einer Überschlagsrechnung lösen kann:

Solch eine Überschlagsrechnung liefert zwar nicht die exakten Werte, aber doch eine ungefähre Vorstellung,

(Soviel sei vorweg verraten: am Ende der Rechnung wird sich zeigen, dass die drei Schwestern tatsächlich alle etwa 20 Jahre alt sind).


Halten wir aber nochmals fest, was wir bislang erhalten haben, nämlich

  x + y + z = 56
  x = y + 4
  z = y - 2

        mit insgesamt

Jede dieser drei Gleichungen ist, wie wir gesehen haben, ungeeignet, eine eindeutige Lösung zu finden. Aber lassen sich die drei Gleichungen vielleicht derart miteinander kombinieren, dass wir dadurch die Lösung finden?

("Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.")

Beim mittleren Satz der Aufgabenstellung, also

"Die älteste [Schwester] ist vier Jahre älter als die mittlere und die jüngste zwei Jahre jünger als die mittlere",

könnte einem auffallen, dass da

beide in Abhängigkeit vom Alter y der mittleren Schwester ausgedrückt werden:

wenn man das Alter der mittleren Schwester hat, ergeben sich daraus mit den beiden Gleichungen x = y + 4 und z = y - 2 ganz schnell das Alter der ältesten und der jüngsten Schwester.

Es reicht also [vorerst], nur das Alter y der mittleren Schwester zu errechnen.

Ein Beispiel:
-

(und man muss nichtmal mehr ausrechnen, dass

manchmal lohnt es sich in der Mathematik, stinkend faul zu sein und etwas nicht auszurechnen).

Allgemein wird das mit unserer zweiten und dritten Gleichung ausgedrückt:

  x = y + 4
  z = y - 2
Nun folgt der alles entscheidende Schritt

"That's one small step for [geübte Mathematiker], one giant leap for [Schüler]"
(frei nach Neil Armstrong beim ersten Schritt auf den Mond)

(Ein schwieriger Sprung, der deshalb ausführlichst durchgenommen und an vielen Aufgaben geübt werden muss):

Wir wollen wir in der Gleichung x + y + z = 56

und erreichen das, indem wir auch in der Gleichung x + y + z = 56 das x und das z in Abhängigkeit von y ausdrücken, indem wir

einsetzen:

 

Die neue Gleichung

y + 4 + y + y - 2 = 56

 hat nun

(was sich schon bald wieder ändern wird),

(also nur noch das Alter y der mittleren Schwester),

in ihr vorkommt - und sie damit endlich eindeutig lösbar sein könnte.


Und jetzt brauchen wir nur noch rein innermathematisch umzuformen:

      y + 4 + y + y - 2 = 56
y + y + y + 4 - 2 = 56
    3y        +    2   = 56

Das ist nun endlich wieder eine sehr einfache Gleichung, in die erstaunlicherweise sämtliche Informationen der Textaufgabe reingepackt wurden

(und hier taucht die Anzahl 3 der Schwestern endlich mal tatsächlich auf;

in 3y taucht drei mal die mittlere Schwester auf, und + 2 zeigt, wie weit die beiden anderen Schwestern insgesamt altersmäßig von ihr abweichen).

Die Gleichung 3y + 2 = 56 lässt sich nun folgendermaßen weiter umformen:

      3y + 2 = 56 | - 2
3y       = 54 | : 3
   y       = 18

Ist es nicht erstaunlich, wie einfach die Rechnung ist, wenn man erstmal die richtige Gleichung hat?!


Mit dem Ergebnis y = 18 ist die reine Mathematik beendet und wird es Zeit, wieder in die -Aufgabe aufzutauchen. Dazu müssen wir uns erinnern, was mit der Unbekannten y eigentlich gemeint war

(vor lauter Rechnen haben wir es ja vielleicht längst vergessen).

Gut, dass wir es uns oben ausdrücklich und blau umrandet aufgeschrieben hatten:

y ist das Alter der mittleren Schwester

Inzwischen können wir also auf die Schlussfrage der Aufgabe antworten:

die mittlere Schwester ist 18 Jahre alt.

Allerdings war ja mit der Schlussfrage der Aufgabe auch nach dem Alter

(genauer: den Altern)

der beiden anderen Schwestern gefragt worden.

Da ist es gut, dass wir uns dazu oben auch die beiden anderen Gleichungen

  x = y + 4
  z = y - 2

aufgeschrieben und farbig umrandet hatten. Mit dem inzwischen bekannten Wert y = 18 ergibt sich nun

oder kurz

  x =               22

oder kurz 

  z =              16

Damit ergibt sich nun die beiden anderen Antworten für die beiden anderen Schwestern:

die älteste Schwester ist 22 Jahre alt

die jüngste Schwester ist 16 Jahre alt

Letzter "Trick": man antworte immer mit dem exakten Wortlaut der Frage am Ende der jeweiligen Aufgabe.

Wenn diese Frage in unserem Fall also

"Wie alt sind die drei Schwestern?"

lautete, so muss die Antwort lauten:

"Die drei Schwestern sind 22, 18 und 16 Jahre alt."

Es kann nicht schaden, am Ende noch die Probe zu machen, also zu überprüfen, ob die drei Lösungen x = 22, y = 18 und z = 16 tatsächlich alle drei Gleichungen

  x + y + z = 56
  x = y + 4
  z = y - 2

erfüllen. Dazu setzt man in allen drei Gleichungen

ein und erhält die richtigen Gleichungen

Bei dieser Probe merkt man allerdings nicht, ob die drei Anfangsgleichungen  

  x + y + z = 56
  x = y + 4
  z = y - 2

überhaupt richtig aus der Aufgabenstellung hergeleitet waren. Es wäre also durchaus möglich, dass man

(und also auch die Probe funktioniert),

Nebenbei: ich würde in einer Klassenarbeit einem Schüler einige saftige Punkte geben, wenn er bei der Probe ausdrücklich bemerkt, dass seine drei Lösungen nicht funktionieren, dass er sich also irgendwo verrechnet hat.


Fassen wir also zusammen:

1. Die reine Mathematik besteht aus den wenigen Zeilen

        x    + y +    z   = 56
     y + 4 + y + y - 2 = 56
y + y + y + 4 - 2 = 56
      3y      +     2  = 56 | - 2
⇔    3y                 = 54 | : 3
⇔     y                 = 18

x =   y + 4 =
   = 18 + 4 = 22

z =   y  - 2 =
   = 18 - 2 = 16

Normalerweise wird in Schulbüchern und oftmals auch im Unterricht nur diese kurze Rechnung vorgeführt. Das wirkt auf viele Schüler sehr suggestiv, aber schon bei der nächsten, vielleicht nur minimal abgewandelten Aufgabe zeigt sich dann, dass sie rein gar nichts verstanden haben.

  1. sind die entscheidenden Schritte

(und daraus kann man am meisten für andere Aufgaben dieser Art lernen):

    1. Übersetzung der -Textaufgabe in die drei Gleichungen
  x + y + z = 56
  x = y + 4
  z = y - 2
    1. rein innermathematisches Rechnen (s. 1.)

Der zentrale Trick sieht dabei so aus:

Die Gleichung y + 4 + y + y - 2 = 56 formt man dann solange um, bis man y = 18 erhält.

Mit        der Gleichung x = y + 4 erhält man dann x = 22,
und mit der Gleichung z = y - 2 erhält man dann z = 16.

    1. Wiederauftauchen aus der reinen Mathematik

Mit den Ergebnisse x = 22, y = 18 und z = 16 kann man nun die Frage aus der Aufgabe beantworten:

                         "Die drei Schwestern sind 22, 18 und 16 Jahre alt."

Man kann in all dem eine schöne Achsensymmetrie entdecken:


Wie kommt's eigentlich, dass die Lösungswerte x = 22, y = 18 und z = 16 so schön "glatt", d.h. natürliche Zahlen sind?

Wenn man z.B. zu Beginn der Aufgabe als Alterssumme nicht 56, sondern 55 gewählt hätte, wären nämlich

(das sei hier mal ohne Herleitung einfach behauptet)

die unschönen Lösungen x = 21, y = 17 und z = 15 herausgekommen: drei Zahlen, die dann durchaus richtig wären, aber auf Schüler doch falsch wirken, sie also erheblich verunsichern würden.

Unvorstellbar, dass die Schulbuchautoren so lange mit Zahlen rumprobiert haben

(dafür haben sie gar keine Zeit),

bis die Lösungen einfach waren. Sondern natürlich wird umgekehrt ein Schuh draus:

Schulbuchautoren gehen rückwärts vor, d.h. sie fangen mit irgendwelchen Lösungen an, legen also z.B. willkürlich fest

(die Zahlen sollten nur größenordnungsmäßig zum später gewählten Anwendungsbereich passen),

dass x = 22, y = 18 und z = 16 ist. Daraus ergibt sich dann automatisch die Gleichungen (s.o.)

denn 22 = 18 + 4,

denn 16 = 18 - 2,

denn 22 + 18 + 16 = 56.

Und dann werden die Gleichungen nur noch in irgendeine, fast beliebige Pseudo-Anwendungsaufgabe "eingekleidet", also z.B. in die Drei-Schwestern-Aufgabe, die zuguterletzt Schülern vorgesetzt wird

("friss oder stirb!"),

welche dann wieder mühsam "vorwärts" ausrechnen müssen, was die Schulbuchautoren von Anfang an wussten, dass nämlich x = 22, y = 18 und z = 16 ist.


Ich hatte schon anfangs gesagt, dass Aufgaben wie die Drei-Schwestern-Aufgabe natürlich schwachsinnig sind - und doch ihren Sinn haben: an ihnen sollen Schüler lernen, "Anwendungsaufgaben" in reine Mathematik zu übersetzen (und dann auszurechnen). Altersaufgaben haben dabei immerhin den Vorteil, relativ anschaulich zu sein.


Die Drei-Schwestern-Aufgabe kann natürlich nicht am Anfang stehen, somderm bedarf vieler Vorarbeiten:

  1. sollten Schüler schon mit Variablen und Unbekannten umgehen können, also verstanden haben,

(weil hinter Unbekannten tatsächlich Zahlen stecken),

(oder umgekehrt: egal, welche frei wählbare Zahl ich für x einsetze, dann

  1. sollten Schüler schon fit darin sein, Gleichungen wie y + 4 + y + y - 2 = 56 zu lösen, denn das Gleichungslösen im rein mathematischen Mittelteil ist hier nur noch Nebenthema.

Das alles ist für Schüler anfangs äußerst abstrakt und bedarf daher genau definierter Einzelschritte und langer Übung an vielen Beispielen.

Insbesondere sollte man wohl nicht mit einer Drei-Schwestern-Augabe, sondern mit einer Zwei-Schwestern-Aufgabe beginnen, bei der nur die Abhängigkeit des Alters zweier Schwestern vorkäme:

"Zwei Schwestern sind zusammen 56 Jahre alt. Die ältere ist vier Jahre älter als die jüngere. Wie alt sind die beiden Schwestern?"


Schüler sind ja nicht blöd: sie merken natürlich sofort, dass Aufgaben wie die Drei-Schwestern-Aufgabe an den Haaren herbeigezogen und nur schwachsinnig sind. Sowas zerstört dann natürlich jegliches Interesse.

Durchaus interessant finden Schüler meiner Erfahrung nach allerdings den als enorm irritierend empfundenen kognitiven Widerspruch zwischen absolutem und relativem Anteil:

10950 mal - vier mal - doppelt - anderthalb mal??? Mein Vater scheint merkwürdigerwiese

(zumindest an mir gemessen)

und wenn sie nicht gestorben sind, sind sie (Vater und Sohn) auf die Dauer (fast) gleich alt.

(Nebenbei: das stimmt durchaus mit der Lebenserfahrung überein:

Das in der Mathematik so wichtige Denken in Verhältnissen ist für Schüler eine erhebliche, aber durchaus auch interessante kognitive Zumutung.

(Ein Mathematiker, der diese Zumutung leugnet oder übersieht, sollte nicht Lehrer werden!)


Zuguterletzt wäre die Drei-Schwestern-Aufgabe mal wieder ein hübscher Anlass für Mathe-Modelle

(vgl. ) :

  1. : oben war gesagt worden, dass "die alles bestimmende Schwester" die mittlere ist: egal, wie alt sie ist, sie

("kleine" im Sinne von "jüngere" Geschwister bleiben ein Leben lang "klein", selbst wenn sie längst länger sind):

  1. : zu meinem größten Erstaunen lässt sich auch der Gesamtzusammenhang der Drei-Schwestern-Aufgabe

(also zusätzlich auch noch die Alterssumme)

durch einen relativ einfachen Mechanismus illustrieren

("relativ" einfach, weil nach obiger Rechnung x + y + z = 3y + 2 ist und die Verdreifachung des y-Werts nur mit zwei [Lego®-]Zahnrädern darstellbar ist, deren Zähnezahlen sich 3:1 verhalten):

(im Modell wäre die Bewegung natürlich [ganz wichtig!:] kontinuierlich)