"Diese Welt hat [...] im Rahmen menschlicher Beobachtungen weder einen Anfang noch ein Ende"
oder nix von wegen Demütigung

Der Satz

"Diese Welt hat [...] im Rahmen menschlicher Beobachtungen weder einen Anfang noch ein Ende"

stammt von


James Hutton
(1726 - 1797):

"Hutton gilt als der Begründer der Geologie als Wissenschaft und letztlich auch der Geochronologie. Denn er benannte als Erster die Kluft zwischen menschlicher und geologischer Zeitskala, und dass Menschheit und Schöpfung älter sein müssten, als man bisher aus der Bibel berechnet hatte ([...] 5508 v. Chr.). Dieselben geologischen Prozesse, die heute zu beobachten sind, müssten auch in der Vergangenheit gewirkt haben (Aktualismus). Daher wären direkte Rückschlüsse von heute auf die früheren Abläufe möglich."
(zitiert nach )

Den Satz selbst habe ich nach dem höchst empfehlenswerten Buch zitiert (dort S. 171).


Hutton hat anscheinend als erster entdeckt, wie uralt die Erde ist, war aber schlau genug, sich da nicht auf eine Zeitangabe festzulegen. Dennoch hat er wohl - insbesondere im Vergleich mit der damals noch üblichen biblischen Chronologie - geahnt, dass die Erde gigantisch alt ist, und daraus eben den Schluss gezogen:

"Diese Welt hat also im Rahmen menschlicher Beobachtungen weder einen Anfang noch ein Ende."

Da muss man genau hinhören: Hutton war (ebenfalls) schlau genug, keine ewige Existenz der Erde zu unterstellen, sondern hat "weder Anfang noch ein Ende" nur "im Rahmen menschlicher Beobachtungen" vermutet.

Was aber heißt da "Beobachtungen"?: zu Huttons Zeit fehlten noch die wissenschaftlichen Mittel, das Erdalter festzustellen.

Heute, da wir diese Mittel haben

(und das Erdalter auf etwa 4,5 Millarden Jahre schätzen),

würde ich das Wort "Beobachtungen" hingegen durch "Vorstellungskraft" ersetzen, womit sich ergäbe:

"Diese Welt hat also im Rahmen menschlicher Vorstellungskraft weder einen Anfang noch ein Ende."

(Vgl. im Wikipedia-Zitat oben

"die Kluft zwischen menschlicher und geologischer Zeitskala".

[Bildquelle pixelio.de])


Haben wir sie damit nicht beim Wickel, jene fundamentale Demütigung des Menschen, die Nietzsche festgestellt hat: dass der Mensch ein nichtiges Staubkorn im Weltall ist,

Zumindest zerfällt die Welt u.a. mit Hutton in zwei oftmals unvermittelte (unvermittelbare?)Teilbereiche:

  1. das wissenschaftlich Feststellbare,
  2. das Vorstellbare.

(Wohlgemerkt: dabei ist es eben doch der menschliche Verstand, der wissenschaftliche Feststellungen ermöglicht!)

Aber hat das nicht auch einen Vorteil?:

  • zwar bleiben viele wissenschaftlichen Feststellungen hochinteressant!,
  • aber weil sie nicht vorstellbar sind, lassen sie uns doch auch "emotional" kalt, können sie uns also eben auch nicht demütigen!

Aber was heißt schon "uns": ich werde beispielsweise nie die rabiaten Gegner der Evolutionstheorie verstehen, die sich ganz offensichtlich durch die (angebliche) "Abstammung des Menschen vom Affen" massiv gedemütigt fühlen:

das ist doch alles derart unvorstellbar lange her, dass es mich zwar brennend interessiert, aber doch "emotional" kalt lässt.

Oder genauso: ich bin Astronomiefan, aber die räumlichen und zeitlichen Distanzen im Weltall sind doch derart unvorstellbar gigantisch, dass ich sie mir nicht im mindesten vorstellen kann und auch sie mich also "emotional" kalt lassen.

Mehr noch:

(bzw. das wissenschaftlich hilfreichere Bezugssystem)

ist die Heliozentrik,

(vgl. ).

Bzw. nur in ganz seltenen Sternstunden gelingt es mir, die Heliozentrik auch zu "fühlen"

(vgl. ).