eine andere Aufgabenart, ein anderer Aufgabenton

Das ist ja nichts Neues: Matheaufgaben können und sollten (immer mal wieder) offener sein, d.h.

  1. sie sollten sie auf mehrere Arten innermathematisch lösbar sein

(und nicht nur mit den kurz vorher im Unterricht durchgenommenen Methoden); 

  1. sollten anschauliche, wenn auch un-mathematische Lösungswege zugelassen werden;
  2. sollten Überlegungen ermutigt werden, inwieweit eine innermathematische Lösung "anwendungsmüßig" sinnvoll ist

    (was ja nicht alles gleichzeitig geschehen muss)
    .

Soviel vorerst zur "Aufgabenart". Aber warum nicht ab und zu auch ein anderer, z.B. privater und humorvoller Ton , wie ich ihn etwa jüngst in einer Klassenarbeit verwendet habe:

Weltneuheit!

Linsensuppe ist wegen ihres Geschmacks, ihres Aussehens und ihrer Konsistenz ja nicht jedermanns Sache, aber mein Sohnemann isst sie nun mal für sein Leben gern, weshalb ich sie vorgestern wieder mal kochen musste. Dazu wollte ich drei fertige Rollen vom Metzger in einen Topf tun (natürlich, indem ich die Plastikhülle vorher entferne :-).

Jede Rolle hat eine Länge von 13 cm und einen Durchmesser von 6 cm. Der Topf hat einen Innendurchmesser von 15 cm und eine Innenhöhe von 7 cm.
Meine Frau behauptete, dass das nicht passen, der Topf überlaufen und ich damit den ganzen Herd zusauen würde und ihn hinterher bittschön auch wieder sauber machen müsste.

Zeige mittels einer Rechnung, wer von uns  beiden (wieder mal) Recht hatte.

Im Nachhinein ist mir aber die Aufgabenstellung ("Rechnung") viel zu eng, und deshalb würde ich sie inzwischen ändern zu: 

Zeige Wege, wie man diese Frage entscheiden kann.

Diese Aufgabenstellung lässt offensichtlich unterschiedliche Lösungswege zu (fordert sie geradezu!) und berücksichtigt damit insbesondere, dass man das Problem im Alltag sicherlich ganz anders, nämlich unmathematisch lösen:

(womit man dann doch einen anderen, größeren Topf nehmen müsste und den ersten unnötig "zugesaut" hätte und abwaschen müsste).

D.h. aber, dass das Standardproblem vieler vermeintlicher, "eingekleideter" Anwendungsaufgaben, dass sie nämlich "in freier Wildbahn" ganz praktisch-unmathematisch gelöst werden, nicht verschämt oder unehrlich verschwiegen, sondern ausdrücklich provoziert wird.

Nun ist der Plural "Zeige Wege" natürlich seinerseits problematisch:

  1. Reicht nicht ein Weg - und da eben der praktisch-unmathematische?

Wir sind aber nunmal in der Mathematik, und die mathematische Lösung soll eben auch gefordert sein.

  1. Was ist, wenn einer/einem SchülerIn nur ein Weg einfällt - und sei's nur der mathematische?

  2. Bei "Zeige Wege" bleibt unklar, wie viele Wege gemeint sind?: zwei, drei, vier ...?

Sollte man da nicht genauer einschränken und sagen:

  Zeige zwei Wege, wie man diese Frage entscheiden kann.

Was aber ist, wenn einer/einem SchülerIn "nur" zwei praktisch-unmathematische Wege einfallen? Mir scheint, da sollte man tolerant sein - und auf die mathematische Lösung verzichten.

Und was ist, wenn ihr/ihm drei, vier oder gar noch mehr plausible Wege einfallen (darunter eventuell auch der mathematische)? Dann muss man schlicht und einfach Sonderpunkte geben!

Nebenbei: trotz des mitgelieferten Fotos haben fast alle SchülerInnen gemeint, die Linsensuppen-Rollen seien Zylinder

(statt, wie es richtig ist,  -förmig; solche Medikamentenkapsel scheinen aber geradezu ein "Archetypus" für Zylinder mit beidseitig aufgesetzten Halbkugeln zu sein).

Nun ist die Rechnung mit Zylindern natürlich erheblich einfacher als - wie eigentlich beabsichtigt - die mit -förmigen Linsensuppen-Rollen.

Aber ich habe dann für die Zylinder-Rechnungen dennoch volle Punktzahl gegeben, weil das Foto vielleicht doch zu undeutlich war.

Und trotzdem: indem ich erwähnt hatte, dass ich vorher die Folien von den Linsensuppen-Rollen entfernt habe, müsste eigentlich anschaulich klar sein, dass eine Folienverpackung nicht zylinderförmig sein kann.

Manchmal frage ich mich aber, ob viele SchülerInnen

(vgl. Bild ).

Zuguterletzt: einige SchülerInnen haben geantwortet, der Topf könne selbst dann überlaufen, wenn alle drei Rollen reinpassten, und zwar

  1. , weil ja angeblich noch Wasser hinzugefügt werden müsse,
  2. , weil alles überkochen könnte.

Selbstverständlich gab's für solche (nicht vorhergesehenen!) Antworten Sonderpunkte!


Weltneuheit!

Eine Pyramide mit quadratischer Grundfläche hat folgende Maße: Höhe 10 cm, Quadratseite 15 cm.
In diese Pyramide wird nun von oben mittig ein quadratisches Loch der Seitenlänge 10 cm gestanzt.
  1.  Bastle das übrigbleibende Ergebnis (ohne das Loch!)!
  2.  Berechne das Volumen des Ergebnisses!

Hier geht es mir nicht um den allzu üblichen 2. Teil der Aufgabe, sondern um den ungewöhnlichen 1. Teil, also die Aufforderung (wohlgemerkt: in einer Klassenarbeit), ein dreidimensionales geometrisches Gebilde zu basteln.

Selbstverständlich geht das nicht, wenn im Vorunterricht nicht ähnliche geometrische Gebilde gebastelt wurden.

Von der 1. Aufgabe verspreche ich mir aber, dass so einige SchülerInnen überhaupt erst beim sukzessiven Basteln eine Vorstellung davon bekommen, was überhaupt gemeint und im 2. Teil zu berechnen ist:

  1. vollständige Pyramide basteln,
  2. oberen Teil (eine Teilpyramide) abschneiden,
  3. Loch aushöhlen (und mit Seitenwänden verkleiden).

Die von SchülerInneN hergestellten Ergebnisse:

(Nebenbei: man kann das "Stanzeisen" natürlich auf verschiedene Arten "mittig" ansetzen. Aber wenn man das den SchülerInneN zuliebe ausdrücklich ausschließen wollte, würde der Aufgabentext doch nur um so irritierender kompliziert. Und außerdem - ich habe es überprüft! - denken alle SchülerInnen automatisch an Schnitte parallel zu den Grundseiten der Pyramide.

Eine andere, allemal interessante Doppel-Frage wäre,

Ebenfalls nicht erwähnenswert erscheint mir, dass keine "schräge" Pyramide gemeint ist.

Und im Nachhinein würde ich für die Pyramidenhöhe und die Stecheisenbreite nicht mehr das vielleicht irritierend gleiche Maß 10 cm vorgeben.)

Vgl. auch


Weltneuheit!

Aufgabe:

a) Ordne folgende Stichworte sinnvoll an
(gegebenenfalls in Unterpunkten, also z.B.      7 Boxplot
                                                                                 7.1 Median;
Du brauchst Deine Anordnung der Stichpunkte nicht zu begründen)
:

·   absolute Häufigkeit

·   Gesetz der großen Zahlen

·   Laplace-Verteilung

·   Median

·   Galtonbrett

·   mit / ohne zurücklegen

·   Mittelwert

·   relative Häufigkeit

·   Wahrscheinlichkeit

·   (nicht) unterscheidbare Kugeln

·   dasselbe Boxplot für verschiedene Ereignisse

·   n!

·   in einer bestimmten / beliebigen Reihenfolge

·   Quartile

·   Baumdiagramm

·             mal mal …

plus

plus

·   Boxplot und seine Breite

·   psychologische und philosophische Aspekte der Wahrscheinlichkeit

·   

·   Vierfeldertafel         

b) Schreibe einen Aufsatz, in dem die obigen Begriffe kurz an möglichst einfachen und aussagekräftigen Beispielen erklärt werden.

·  Benutze dabei die geordnete Liste aus a) für die Zwischenüberschriften

(Du darfst dabei, falls es Dir nötig erscheint, gerne Begriffe doppelt verwenden oder zusätzliche [Ober-] Begriffe hinzufügen.)

· Du darfst drei der in a) genannten Begriffe (ohne Begründung) im Aufsatz unberücksichtigt lassen.


Ist solch eine Aufgabenart schwieriger oder leichter als die üblichen Aufgaben? Und brauchen die SchülerInnen dazu mehr oder weniger grundlegendes mathematisches Verständnis?

Ein Kriterium für gute Leistungen ist allemal das (gar nicht so einfache?) Finden möglichst einfacher

(d.h. auch schnell abzuhandelnder)

und aussagekräftiger Beispiele, d.h. die Fähigkeit, "Sachen" auf den Punkt zu bringen:

Bild

Ziemlich neu ist auch, dass SchülerInnen ausdrücklich (drei) Punkte weglassen können, die ihnen - aus welchen Gründen auch immer - am wenigsten zusagen.

PS: Die hier gezeigte Aufgabenstellung ist eine Nachbesserung der ursprünglichen Aufgabenstellung. Diese Nachbesserung wurde während der tatsächlichen Klausur sukzessive aufgrund der Nachfragen von SchülerInneN zur ursprünglichen Aufgabenstellung angefertigt.