Vorwort Beispiele
für "Mathematik mit Augenzwinkern"
Vorwort
"Wer lacht hier, hat gelacht? Hier hat sich’s
ausgelacht. Wer hier lacht, macht Verdacht, dass er aus Gründen lacht."
(Günter Grass)
Die Mathematik ist eine bierernste Sache, und
da ist es geradezu eine Blasphemie oder Wehrkraftzersetzung, bei ihr oder sogar über sie zu lachen.
Solche
prinzipielle Humorlosigkeit treibt die Menschen aber reihenweise aus der
Mathematik heraus.
Viel überzeugender scheint mir hingegen ein
Mathematiklehrer, der
allemal begeistert von seinem Fach ist,
sich aber manchmal selbst nicht ganz ernst nimmt - und auch
nicht sein Fach,
der also z.B. über
(auch wenn Luke Mockridge ansonsten nur Spezialist für
Flachwitze ist)
herzhaft schmunzeln und damit auch die Ängste vieler Schüler vor der Mathematik
ernst nehmen und gleichzeitig vielleicht durch die Ironie auch ein wenig abbauen kann;
der weiß, dass es (nicht nur für
Schüler) Wichtigeres im Leben gibt
als Mathematik.
Immer wieder
lustig ist es, wenn man den Schwachsinn vieler vermeintlicher Anwendungsaufgaben
vollends ad absurdum führt.
Ein Beispiel hat ein Kollege mal als
Vorschlag für eine Mathematik-Abitur-Klausur eingereicht:
die Stadt
Münster hat für einen Spielplatz eine sündhaft teure
Kletterpyramide
erworben und nun Angst, dass dieses teure Gerät im Winter
durch nasskaltes Wetter sehr schnell wieder verrottet. Deshalb will die Stadt
Münster als Wetterschutz für die Kletterpyramide eine Plexiglaskuppel anschaffen
(fehlt eigentlich nur noch, dass diese Kuppel auch noch innen beheizt ist).
Um trotz allem doch Geld zu sparen, soll die kleinstmögliche Kuppel gewählt
werden, d.h. diejenige, die
einerseits durch die Spitze,
andererseits durch die vier Boden-Eckpunkte der Kletterpyramide geht.
(Nebenbei: ich würde den Schülern ja erstmal gar nicht verraten, welche
der möglichen Kuppeln die kleinste ist und was überhaupt „kleinste“
bedeutet)
Und nun die eigentliche
Mathematikaufgabe:
: stelle (vektorgeometrisch) bei vorgegebenen Maßen
die Gleichung
der Kuppel auf
(wieder: ich würde
ja erstmal gar nicht verraten, dass die Kuppel vielleicht am besten kugelförmig bzw. ein
Kugelsegment
ist; denn leider
suggeriert der Begriff „Kuppel“ ja schon eine [annähernde] Kugelform
, für die
Kletter-Pyramide wäre aber als Wetterschutz genauso eine Plexiglas-Pyramide
geeignet, deren
Volumen und Materialverbrauch sogar geringer und die zudem viel einfacher
und deshalb wohl auch kostengünstiger herzustellen wäre;
und warum
die Schüler nicht ihren eigenen, begründeten Weg gehen lassen?!;
außerdem ist es ja auf Anhieb keineswegs
selbstverständlich, dass es tatsächlich eine Kugel gibt, die hübsch passend
exakt durch alle genannten Punkte geht).
: stelle die Gleichung
des Bodenkreises der Kuppel auf
(also des Kreises, an dem die
Kugel unten „abgesägt“ werden muss;
und wieder: dass das ein Kreis ist,
würde ich ja ebenfalls nicht vorweg verraten).
Das ist allemal eine
schöne Veranschaulichungsaufgabe für innermathematische Verfahren!
Gleichzeitig ist die Aufgabe aber als Anwendungsaufgabe doch schreiend blöd und zum Totlachen
(und das sollte man im Unterricht nicht verschweigen, sondern
ausdrücklich
durchnehmen!):
: sollen die Kinder denn im Winter monatelang nicht
auf dem Spielplatz oder zumindest der Kletterpyramide spielen können?
: die Plexiglaskuppel müsste enorm groß sein:
lässt sich
eine derart große Plexiglaskuppel überhaupt herstellen?
Und wenn ja,
wäre solch eine Kuppel vermutlich doch enorm teuer (teurer sogar als das
Klettergerüst?).
müsste im Herbst und Frühling extra ein
Kran anfahren, um die Kuppel über die Kletterpyramide zu stülpen bzw.
wieder von ihr abzunehmen.
: wo lagert man die Kuppel im Sommer?
Der eigentliche Witz war aber, dass die „Dezernenten“,
(die
vor Einführung des vollends bescheuerten Zentralabiturs Abituraufgaben zuließen oder
[noch viel lieber] ablehnten),
die Aufgabe hoch
lobten und meinem Kollegen, der sie erstellt hatte, sogar zu Vorträgen über die
ach so gelungene Anwendungsaufgabe einluden.
Der Witz war also, dass die
Dezernenten (natürlich!) den Witz bzw. die triefende Ironie gar nicht erkannt
hatten.
Letztlich war die Aufgabe also kein Witz über Mathematik, sondern über absurde
Anwendungsaufgaben - und die Schulbürokratie. Da verstand die
Bürokratie aber natürlich (wenn überhaupt jemals) gar keinen Spaß mehr: als mein
Kollege es sogar wagte, auf die Ironie der Aufgabe hinzuweisen, ist er gehörig zur
Schnecke gemacht und natürlich von den geplanten Vorträgen umgehend wieder ausgeladen
worden.
In dichtem Nebel treiben zwei Ballonfahrer langsam in
niedriger Höhe über eine Wiese. Sie haben wegen des Nebels die
Orientierung verloren und sind hocherfreut, als sie auf der Wiese einen
Fußgänger erkennen. Schon von weitem rufen Sie dem Mann zu:
"Entschuldigung, wo sind wir?"
Der Mann denkt sehr lange nach, bevor er dann antwortet:
"Sie sind in einem Ballon!"
Welchen Beruf hat der Fußgänger?
Er ist Mathematiker, denn
erstens brauchte er ewig für seine Antwort, zweitens ist die Antwort
absolut exakt - und drittens zu nichts nütze!"
Der kürzeste
Mathematikerwitz: „Sei e< 0.“ Lustig (?) ist daran für einen
Mathematiker die typisch „witzmäßige“ Überraschung, dass sonst
ausnahmslos immer „e> 0“ gilt.
Wie das Augenzwinkern im Titel schon andeutet, geht es mir hier gar
nicht um zynische Ironie, sondern eher um ein (auch liebevoll selbstironisches)
Schmunzeln über mathematischen Nonsens
(der meistens erst entsteht, wenn Mathematik
blödsinnig angewandt wird).
Mir ist am Begriff des Augenzwinkerns beides wichtig:
, dass das Gesagte „[gar] nicht ernst gemeint“, „scherzhaft“ und
„witzelnd“ oder gar „nur so dahingesagt“ ist,
aber eben auch, dass es „halb im Scherz“ und „halb im Spaß“ gesagt
wurde, was impliziert, dass die andere Hälfte nicht „im Scherz / Spaß“
gesagt wird, sondern (manchmal sogar bitter) ernst gemeint ist:
Mal das eine, mal das andere - und manchmal
beides gleichzeitig?: wie aber
soll etwas
vollständig "nicht ernst gemeint"
und doch gleichzeitig nur "halb im Scherz", also eben auch halb ernst
gemeint sein?:
was vordergründig als “nur witzig“ daherkommt, kann doch
auch ein Körnchen
(ernst gemeinte) Wahrheit enthalten, d.h. der Witz ist da nur das
für die gemeinte
Wahrheit oder Kritik. Sowohl der Sprecher als auch der Angesprochene können sich
ja immer noch hinter die Schutzbehauptung zurückziehen, dass das Gesagte
angeblich „nicht [so] ernst gemeint“ oder „nur [versehentlich] so dahingesagt“
war.
In der openthesaurus-Liste fehlt mir allerdings noch ein wichtiger Aspekt des
Augenzwinkerns, nämlich dass es ein geheimes
(wegen der Kürze eines Augenzwinkerns für Außenstehende kaum erkennbares)
Einverständnis zwischen
dem Zwinkernden
und dem, den er ansieht bzw. der das Zwinkern mitbekommt,
signalisiert oder erzeugen will: ein Einverständnis, das manchmal diejenigen,
die das Augenzwinkern nicht mitbekommen (sollen), ausschließt: „[nur] wir beide
sind uns doch einig, dass ...“ und „es muss außer uns beiden ja nicht jeder [Idiot] wissen, dass ...“.
Beispiele für
Schon seit Langem sammle ich in
lustige pseudomathematische Sprüche.