Buch des Monats 5/2005

Anne-Lee/Joshua Gilder: Der Fall Kepler; Mord im Namen der Wissenschaft; List

Der deutsche Titel "Der Fall Kepler; Mord im Namen der Wissenschaft" ist dabei natürlich wieder mal im Vergleich mit dem amerikanischen Originaltitel "Heavenly Intrigues" eine üble Buchtitelverschandelung. Dabei ist der deutsche Titel schon deshalb völlig daneben, weil es in dem Buch gleichermaßen um Kepler und Brahe geht. Kommt hinzu, dass der deutsche Buch(unter)titel alles platt vorweg verrät.

Aber es ist wohl zur Verkaufsförderung unvermeidlich, dass bereits der Klappentext den Mordverdacht nennt - und die beiden Gilders nennen ja auch schon gleich zu Anfang den Hauptverdächtigen Kepler, was sie am Ende des Buchs auch durch sachliche Indizien belegen, ohne allerdings von Tatsachen auszugehen.

"Kriminalromantechnisch" - zuminest im Sinne der klassischen "who-done-it's" - ist also von Anfang an die Luft raus.

So interessant und neu der Mordverdacht allemal ist, so ist das Buch doch auch auf ganz anderen Ebenen gelungen:

  1. als Einführung in damalige Denkweisen und Astronomie,

  2. , indem die Person Brahes ausführlich gewürdigt wird, die sonst oft im Schatten Keplers (!) steht

(und gleichzeitig gibt das Buch mit dem Mordverdacht einen der Gründe an, weshalb Brahe - zumindest Laien - kaum bekannt ist),

  1. , weil mit Kepler und Brahe zwei weit jenseits der Wissenschaften interessante Charaktere aufeinander treffen:

  • mit Kepler ein von Anfang an benachteiligter, aber auch (deshalb?) äußerst gehässiger bis geradezu moralfreier Mensch

(wobei die beiden AutorInnEn keinen Zweifel an seinem Genie lassen, aber es auch nicht entschuldigen),

  • mit Brahe ein von Anfang an höchst begünstigter und (deshalb?) sehr großzügiger Mensch.