Pflichtlektüre

K.C. Cole: Warum die Wolken nicht vom Himmel fallen; Von der Allgegenwart der Physik; Aufbau-Verlag

 

 

 

ausgezeichnet mit einem
(vgl.
)

oder genauer bzw. zumindest

Teil I           Die Kunst des Wissens
Kapitel 1      Naturwissenschaft als Metapher
Kapitel 2      Richtung und falsch
Kapitel 3      Sachen sehen
Kapitel 4      Die naturwissenschaftliche Ästhetik
Kapitel 5      Natürliche Ergänzungen

Ich empfehle dieses Buch ja nicht nur (ja möchte es geradezu verbindlich machen), weil es mich mit "Metapher", "sehen", "ästhetik" sowie einem Noch-Staunen-Können (vgl. die Einleitung unten) so auf ganzer Linie bestätigt: Das alles hätte ich doch gerne so geschrieben.


Man lasse sich nicht durch die

- wieder mal;
vgl. etwa das Original mit der Fälschung -

dreist verfälschende deutsche Übersetzung des Titels und auch nicht den Covertext

"Der Schreibtisch binnen Stunden wieder heilloses Durcheinander? Die am Sonntag noch ordentlich gestapelte Wäsche schon freitags ein unansehnlicher Haufe? Beispiele gibt es viele, wir kennen sie alle, aber jetzt finden wir Trost und eine Erklärung: Dem gesamten Universum ergeht es ebenso, denn Ordnung - so lehr uns die Physik - ist der instabilste aller Zustände [...]"

ablenken:

Um Wolken und das Durcheinander des Lebens geht es in dem Buch zwar auch, ja Cole wehrt sich mit Recht gegen eine Populärwissenschaft, die nur noch vom Allerentferntesten, nämlich Allergrößten (dem Universum, Schwarzen Löchern ...) und Allerkleinsten (Quanten, Quarks ...) handelt (vgl. unten die Einleitung).

Aber es geht ihr doch - zumindest im 1. Teil - um viel Grundsätzlicheres, nämlich unsere durch und durch wissenschaftlich geprägte Weltsicht (im Rahmen der Gesamtkultur).

(Nochmals kurz zum Titel: es ist schon bitter, wenn aus dem amerikanischen Original "First you build a cloud" ein schlappes deutsches "Warum die Wolken nicht vom Himmel fallen" gemacht wird.
"First you build a cloud" wird nebenbei in der Einleitung [s.u.] durchaus gefüllt:

"Der Künstler Bob Miller stellt gern die folgende »Physik«-Frage: Wie kann man hundert Tonnen Wasser ohne erkennbare Aufhängung in der Luft aufhängen? Die Antwort ist: Eine Wolke machen.")


Im 1. Teil führt Cole derart

  • fundiert

  • und allgemeinverständlich

in die Grundlagen der naturwissenschaftlich-mathematischen Weltsicht (und deren Grenzen!) ein, dass man das Buch bzw. zumindest diesen 1. Teil regelrecht zur Pflichtlektüre in der gymnasialen Oberstufe machen sollte, und zwar

  • allemal für jedeN Physik- und MathematikleistungskursschülerIn,

  • eigentlich aber, weil sowas schlicht unverzichtbare Grund- und Allgemeinbildung ist, für alle SchülerInnen.

Zumindest sollten alle SchülerInnen im Laufe der Schulzeit/Oberstufe die Möglichkeiten, Grenzen und Verwahrensweisen der Wissenschaften immer mal wieder so mitbekommen, wie z.B. Cole sie im 1. Teil ihres Buches darstellt. D.h. es darf zumindest keine Naturwissenschaft mehr unterrichtet werden, die völlig unbeleckt von ihrer "Erkenntnistheorie" und ihrem kulturellen Umfeld ist, und

das Buch sollte zumindest Pflichtlektüre für alle LehrerInnen (auch in Geisteswissenschaften) werden.

Ich gestehe gerne, dass ich hier noch mit ungedeckten Schecks hantiere: mir ist auch noch nicht klar, es ist noch in herauszuarbeiten, wie man längere (naturwissenschaftlich-mathematische) Texte oder gar Bücher im Unterricht durchnehmen kann.


Insbesondere lesenswert ist die Einleitung "Leben im Weltraum"!

Nach dieser Einleitung folgt der oben so dringlich empfohlene "Teil I", in dem die Denkweisen der Naturwissenschaften und damit eben auch eines Großteils der modernen Rationalität dargestellt werden. Die folgenden Teile II, III ... schildern hingegen - vorzüglich! - die Inhalte der Naturwissenschaften bzw. vor allem Physik - und sind damit nicht mehr ganz so "allgemeinbildend" bzw. allgemein verpflichtend.