Das sind natürlich erstmal nur Floskeln
(es gibt Lehrer, die Schüler vor Wikipedia warnen, weil es oftmals nicht vertrauenswürdig und seriös sei; ich hingegen warne die Schüler vor Wikipedia, weil es zu "seriös" ist: wer
nicht
schon im Thema "drin" ist,
der bekommt eben nur die "Textoberfläche", also Floskeln und Schlagwörter mit, so dass die Wikipedia-Texte oft unverstanden bleiben oder sogar völlig missverstanden werden):
Dass der Mathematikunterricht
(sieht man mal von eingestreuten Scherzen, persönlichen Mitteilung usw. ab)
"sachlich" ist, bedarf wohl keiner näheren Erklärung, ja, die Mathematik scheint doch
(auch im Vergleich mir anderen Schulfächern)
geradezu das Nonplusultra an Sachlichkeit zu sein: da geht es um "ewige Wahrheiten", also völlig Unpersönliches!
(Mathematikunterricht ist [vermeintlich] sogar bis in die Schulnoten hinein objektiv, weshalb
im Fach Mathematik ohne jedes "sentimentale" schlechte Gewissen die meisten Fünfen vergeben werden,
sogar
[was ein Skandal ist!]
spätestens im Zentralabitur auch in allen anderen Fächern "gepunktet" wird.)
Individuelles spielt im Standard-Mathematikunterricht nur insofern eine Rolle, als die einzelnen Schüler unterschiedlich große
(negativ, also als Abweichung von der sachlichen Norm formuliert:)
Schwierigkeiten mit der Mathematik haben und individuelle Fehler machen
(und eine "Fehlerkultur" im Matheunterricht ist dann schon fast avantgardistisch).
Die eingestreuten Scherze und persönlichen Mitteilungen sind aber "pädagogisch" bzw. "Verpackungsmaterial", um die Mathematik interessant zu vermitteln
(worauf die Schüler allerdings nicht reinfallen),
aber grundsätzlich außermathematisch, d.h. sie betreffen nie die unveränderlich sachliche Mathematik selbst
"darüber [= über sowas Erhabenes] macht man keine Witze", bzw. über per se Sachliches lassen sich überhaupt keine Witze machen
(wenn überhaupt, so könnte man höchstens Klischeewitze über mathematische Nerds machen, also nicht über die Sache [die Mathematik], sondern nur über ihre Sachwalter; aber ich vermute, dass den meisten Mathelehrern solche Selbstironie abgeht).
Aber was am Mathematikunterricht ist
(wenn überhaupt)
"appellativ"?
"Das Vier-Seiten-Modell ([...] von Friedemann Schulz von Thun ist ein Modell der Kommunikationspsychologie, mit dem eine Nachricht unter vier Aspekten oder Ebenen beschrieben wird: Sachinhalt, Selbstoffenbarung, Beziehung und Appell. Diese Ebenen werden auch als „vier Seiten einer Nachricht“ bezeichnet.
[...]
Appell
Wer sich äußert, will in der Regel auch etwas bewirken. Mit dem Appell will der Sprecher den Hörer veranlassen, etwas zu tun oder zu unterlassen. Der Versuch, Einfluss zu nehmen, kann offen oder verdeckt sein. Offen sind Bitten und Aufforderungen. Verdeckte Veranlassungen werden als Manipulation bezeichnet. Auf dem „Appell-Ohr“ fragt sich der Empfänger: „Was soll ich jetzt denken, machen oder fühlen?“"Der Mathematikunterricht ist
(wie jeder Schulunterricht?)
allemal appellativ, weil die durchgenommene Mathematik gelernt werden muss
(für die nächste Klassenarbeit, den Schulabschluss oder gar "fürs Leben").
Aber vielleicht gibt es auch ein "geheimes Appell-Curriculum", das besagt:
"denke [im mathematischen Sinn] logisch, weil das die einzig wahre Denkweise ist".
Wenn ich's richtig verstanden habe, so enthält aber laut Schulz von Thun (fast?) jede Aussage unvermeidbar und oftmals auch unwissentlich alle vier Ebenen, also neben den schon behandelten Aspekten "Sachinhalt" und "Appell" auch die Aspekte "Selbstoffenbarung" und "Beziehung". Ich vermute aber, dass den meisten Mathematiklehrer die beiden letztgenannten Aspekte nicht nur nicht bewusst sind, sondern dass sie sie auch weit von sich weisen werden.
Oder genauer: natürlich ist die Lehrtätigkeit immer
(also "notgedrungen" auch im Fach Mathematik)
und etabliert eine Beziehung zu den Schülern
(und sei es "nur", dass der Lehrer qua Amt Noten vergibt, also ein "Henker" ist).
Aber das bleibt ja alles unabhängig vom Fach, in unserem Falle also "der" Mathematik.
Nun ist aber jeder Fachlehrer auch "Sonderbotschafter" bzw. Repräsentant seines Fachs, d.h. er vermittelt, was sein Fach in den Augen seiner Schüler überhaupt ist
(glücklicherweise gibt's aber alle paar Jahre einen Fachlehrerwechsel, so dass Schüler halbwegs gute Chancen haben,
einen neuen Lehrer zu bekommen, mit dem sie es
[von wegen "Selbstoffenbarung" und "Beziehung"]
"menschlich" besser können,
andere
[auch ihnen gemäßere]
Arten
nicht nur der Mathematikvermittlung,
sondern auch der Mathematik
kennenzulernen
[
womit ein subjektiver Aspekt von Schule angesprochen ist, der im Zeitalter gnadenloser Mess- und Vergleichbarkeit als grundsätzlich korrupt denunziert wird und durch detaillierte Lehrpläne und zentrale Prüfungen mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden soll]).Was aber ist der
(durch den Lehrer nur vermittelte)
"Selbstoffenbarungs-" und "Beziehungs"-Aspekt der Mathematik - wenn etwas derart Abstraktes wie "die" Mathematik überhaupt solche Aspekte haben kann?
Mir scheint, es gibt überhaupt nicht "die"
monolithische Mathematik,
sondern verschiedene, teilweise einander sogar widersprechende "Mathematiken", die erst alle zusammen "die"
(also durchaus in sich widersprüchliche und sich permanent verändernde)
(Gesamt-)Mathematik ergeben
(mit "Mathematiken" sind dabei nicht die verschiedenen Teilgebiete der Mathematik gemeint
[in der Schule also (Vektor-)Geometrie, Algebra / Analysis und Wahrscheinlichkeitsrechnung],
sondern
übergreifende mathematische Denk- und Vorgehensweisen
unterschiedliche Bilder davon,
ist
was Mathematik eigentlich
(vgl. etwa
und was Mathematiker eigentlich tun
[nämlich z.B. die mathematische Version des
(von Gödel gründlich [?] verstörten)
Versuchs einer "Grand Unified Theory" / "Theory Of Everything" der scheinbar getrennten Teilgebiete;
nebenbei: es scheint mir bezeichnend für die Einseitigkeit der gängigen Mathematik(-vermittlung), dass Gödel in meinem gesamten Mathestudium kein einziges Mal vorkam; ich hingegen würde mit ihm anfangen und somit den angehenden Mathematikern (bzw. den Nerds unter ihnen) erstmal gründlich einen vor den Latz knallen]).
Einige wenige Arten von (Schul-)Mathematik:
die Mathematik fällt fertig vom Himmel bzw. ist nur einigen wenigen Genies gegeben; wir Normalmenschen können sie im besten Fall nur nachvollziehen;
die Schulmathematik ist Jahrhunderte alt, und von der gegenwärtigen Mathematik erfahren die Schüler niemals etwas, weil sie sowohl für Schüler und Lehrer "sowieso" zu schwierig ist;
weil die Mathematik von ewigen Wahrheiten handelt, ist das Subjekt in ihr
(und damit auch die Geschichte der mathematischen Entdeckungen und die sozialen Hintergründe der Mathematik)
völlig uninteressant;
Mathematik ist Rechnen bzw. das "Anwenden" fertiger Rechenrezepte
(was darüber hinaus geht, ist dem Durchschnittsschüler nicht zumutbar);
Mathematik ist nur eine Hilfswissenschaft in einer immer mehr technisierten Gesellschaft, und diese Technik funktioniert nunmal mathematisch;
Mathematik ist der einzige objektive Zugang zur Welt, und deshalb sind alle anderen Wissenschaften überhaupt nur Wissenschaften, wenn sie mathematisierbar sind
(der Rest ist Theologie bzw. soziologisch-psychlogisches oder künstlerisches Befindlichkeitsgeschwafel);
weil Mathematik objektiv ist, ist sie besonders gut bzw. als einziges Schulfach geeignet, schulische Auslese zu betreiben
(und sei's "nur", dass auch alle anderen Fächer die Bewertung schulischer Leistungen in Zahlen quetschen);
Mathematiker sind besonders intelligent, der Rest der Menschheit ist also (vergleichsweise) dumm;
Mathematik ist (auch) Selbstzweck, eine Kunst, eine eigene Sprache - und ein Spiel;
auch in der Mathematik gibt es viel Staunenswertes und Stolz, wenn man ein Problem gelöst hat;
die reine Mathematik ist eine wunderschöne bzw. gefährliche Form der Weltflucht;
Mathematik ist letztlich auch "nur" menschengemacht - was unendliche Möglichkeiten des Einzelnen eröffnet.
Rechenfertigkeiten und die Fähigkeit, Rezeptmathematik anzuwenden, sind zweifelsohne das "Handwerkszeug" der Mathematik bzw. mathematisch gesagt "notwendige", aber eben nicht "hinreichende" Bedingungen (Voraussetzungen) der Mathematik: die eigentliche Mathematik fängt nämlich erst jenseits des Rechnens und der Rezeptmathematik an
(genauer gesagt: es wird niemals ein guter Rechner, wer nicht auch mathematisches Verständnis hat; z.B. mit dem oftmals falsch bzw. gar nicht angewandten Distributivgesetz ist es wie mit der Zeichensetzung: es ist nicht [so] wichtig, die Regel[n] zu kennen, sondern man "hört" bzw. "sieht" einfach, wo ein Komma hinmuss bzw. dass
1 |
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|
|
|
|
|
asdfasfdasdf |
2 |
|
= |
|
+ |
|
3 |
|
|
|
|
|
|
|
3 • (4 Rosen + 5 Lego®steine) |
= |
3 • 4 Rosen |
+ |
3 • 5 Lego®steine |
ist;
am besten ist es aber, wenn man es tut, also Einkaufskörbe umpackt);
solange das Fach "Mathematik" heißt, haben die Schüler also ein Recht auf ein "jenseits des Rechnens", d.h. eben auf Mathematik
(und zwar am Gymnasium schon von der 5. Klasse an und nicht erst, wenn das Rechnen vollständig gesichert ist - also nie);
...
Dass jede dieser Mathematiken durchaus auch Aspekte der "Selbstoffenbarung" und "Beziehung" mitliefert, sei exemplarisch am ersten Beispiel, also
"die Mathematik fällt fertig vom Himmel bzw. ist nur einigen wenigen Genies gegeben; wir Normalmenschen können sie im besten Fall nur nachvollziehen"
gezeigt:
"Selbstaussage":
Wenn man mit einem (Zeige-)Finger
auf jemand anderen (Schüler) weist,
zeigen drei Finger (der kleine, der Ring- und der Mittelfinger)
auf einen selbst (die jeweilige Mathematik) zurück.
diese Art Mathematik sagt nur:
"ich bin eine
steinerne (durch nichts und niemanden zu erweichende) Gesetzestafel
und gebe mich nur mit Genies ab";
"Beziehungs"-Aspekt:
"für euch kleinen Wichte
[sowohl Lehrer als auch Schüler]
fallen nur gnädigst die Brosamen ab, die ihr mühsam unterm Tisch aufsammeln dürft
:
>
der Lehrer ist nicht im eigentlichen Sinne Mathematiker bzw. selbstständiger Akteur, sondern nur Vermittler bzw. Sprachrohr meiner ewigen Weisheiten
(im besten Fall ist er ein guter Methodiker und Didaktiker;
man könnte auch sagen, dass er nicht Jesus, sondern Mohammed ist);
der Schüler ist hingegen ein
Rechenautomat.Letztlich kann man natürlich nicht zwischen
der Person des Lehrers und
der von ihm vermittelten Mathematik
trennen - was allerdings durchaus "tragisch" sein kann, wenn ein Lehrer
(wie in Folge von PISA immer mehr, wenn nicht inzwischen sogar gänzlich)
gezwungen wird, eine Mathematik zu vermitteln, die nicht seine ist, ja, die er gar nicht für Mathematik im eigentlichen Sinne hält
(vgl.
den katholischen Religionslehrer [überhaupt Lehrer], der von den Schülern immer für Entscheidungen des Papstes [die Lehrpläne] in Sippenhaft genommen wird,
die Eigenart von Schülern, Goethe und den Lehrer gleichzusetzen:
" ,
"weil der Lehrplan bzw. der Lehrer mich zwingt, über ihn Goethe eine Klausur zu schreiben" bzw. "wenn Deutschlehrer Goethes 'Faust' mögen, kann er nur grottenschlecht sein").
Was aber mag im Gegensatz zu allem bisher Gesagten ein
"expressionistischer" Mathematikunterrricht sein
(wobei ich gegen alle Grundsätzlichkeit bin, also
sowohl gegen einen immer
als auch gegen einen nie expressionistischen Mathematikunterricht).
Laut Wikipedia wäre es ein Mathematikunterricht, in dem
der Lehrer "[...] sein [mathematisches] Erlebnis für den Betrachter [= Schüler] darstellen" würde,
dem Lehrer nicht nur "[...] die wirklichkeitsgetreue Weitergabe von Eindrücken [= objektiven mathematischen Sachverhalten] und schöne[n] Formen [= fertig ausgefeilten Erkenntnissen] wichtig [...]" wäre,
der Lehrer seine "[...] subjektiven Regungen [beim Umgang mit Mathematik] aus[drücken]" würde.
(was das bedeutet, wird an zwei anderen Schulfächern besser deutlich:
aus dem Philosophielehrer würde wieder ein Philosoph,
aus dem Kunstlehrer wieder ein Künstler.
Dennoch möchte ich natürlich nicht die Lehrer durch Fachleute/-wissenschaftler ersetzen!: der Doktor der Mathematik, der es nicht zu einer Professur gebracht hat, ist noch lange kein guter Pädagoge, sondern eher glatt im Gegenteil).
"Aktiver Mathematiker" kann bei einem Lehrer, der evtl. 20 Jahre nach seiner Universitätszeit wohl kaum mehr Kontakt zu derzeitigen Entwicklungen an vorderster mathematischer Front hat, sicherlich nicht bedeuten, dass er mit eigenen Entdeckungen an eben jener vordersten Front mitmischt
(und schon gar nicht ist ein "aktiver Mathematik[lehr]er" jemand, der andauernd und ansonsten hübsch brav regelmäßig das ach so intellektuelle löst).
Sondern "aktiver Mathematiker" kann bei einem Lehrer nur bedeuten, dass er
zwar auch einen wenig über den Tellerrand des Schulstoffs hinaus schaut und auf gehoben populärwissenschaftlichem Niveau neueste Entwicklungen de Mathematik mitzubekommen versucht
(und es geradezu als seine Pflicht empfindet, das auch ab und zu in den Unterricht einzubringen!),
vor allem aber die Schulmathematik immer wieder spannend findet
(weil in ihr eben doch die gesamte Mathematik vorgebildet ist)
und neue bzw. übergreifende Aspekte an ihr entdeckt,
sich immer mal wieder für mathematische Details der Schulmathematik begeistern kann,
also summa summarum nicht einfach nur "von Ewigkeit zu Ewigkeit" am Buch entlang unterrichtet:
"Paul Janositz (Tagesspiegel): "Ist der Lehrplan [im Fach Mathematik] nicht schon vollgestopft?
Günter M. Ziegler (Professor für Mathematik an der TU Berlin, Präsident der Deutschen Mathematiker-Vereinigung): "Ja, die Lehrer brauchen mehr Freiräume. Sie hecheln mit dem Stoff hinterher, statt sagen zu können: heute erzähle ich euch etwas Spannendes aus der Mathematik, das steht nicht im Lehrplan, aber es begeistert mich selbst. [...] Wir brauchen sicherlich auch mehr Zeit für den Mathematikunterricht [...]. Nicht um mehr Stoff zu pauken, sondern um mehr bunte Mathematik zu zeigen.(Quelle:)
Der expressionistische Mathematiklehrer unterrichtet aber
nicht nur die Standardmathematik auf eine andere Art
(also - vgl. oben - als "Verpackung" bzw. [anbiedernden] Schnickschnack),
sondern er unterrichtet tatsächlich eine ganz andere Mathematik
bzw. er hat eine ganz andere Vorstellung davon, was Mathematik überhaupt ist:
in ihren Ergebnissen zweifelsohne "ewig" und objektiv,
in ihrem Entstehungsprozess aber
(sozial-)historisch in die Gesamtkultur (!) eingebunden
(ich habe da
[im Gegensatz zum Standardmathematiker]
keinerlei Berührungsängste!)
genauso wie z.B.
,
(Kulturgeschichte der Fußballfans)
und
abgrundtief biografisch-individuell-subjektiv.
An ihren Wurzeln ist also ironischerweise ausgerechnet
die objektivste Wissenschaften
auch nur
(wie jedes kulturelle "Erzeugnis")
"zutiefst" sozial und individuell,
und der biografische Urknall ist wohl der, wo man erstmals für die Mathematik entbrennt.
Für den expressionistischen Mathematiklehrer ist das auch gar kein Widerspruch, sondern Ursache größten Staunens und Stolzes: dass der kleine Mensch den ewigen Wahrheiten auf die Schliche kommen kann
(bzw. aus Gottes Sicht darf).
In Zeiten der Reformwut nach PISA und insbesondere der reaktionären Renaissance der platten Messbarkeit ist für solch einen expressionistischen Mathematiklehrer selbstverständlich an Schulen kein Platz (mehr), und viele "normale" Mathematiklehrer werden ihn sowieso als "unmathematisch" empfinden.
zu 2., also Lehrern ganz allgemein
(bzw. Nicht-Mathematik-Lehrern am Beispiel von Deutschlehrern, denn Deutschlehrer bin ich ja auch - und somit wohl ein Hybridfahrzeug):
Die Analogie zu "Mathematiklehrer werden wieder Mathematiker" (s.o.) wäre natürlich nicht "Deutschlehrer werden wieder Deutsche", sondern "Deutschlehrer werden wieder ???".
Tja, was ist denn nun das Fachgebiet, das Deutschlehrer vermitteln? Natürlich nicht, was sie studiert haben, also Germanistik
(was, auf die Schule bezogen, viel zu hochtrabend wäre),
(größer als die [egal wie große,] sowieso schon vorhandene Ausdrucksfähigkeit),
größere "passive" Ausdrucks-"Empfindlichkeit" bei der Rezeption fremder Aussagen und Texte
(Auch wenn es hier nicht direkt hingehört: besonders wichtig scheint es mir zu sein, anders als im Standard-Deutschunterricht üblich die durchaus
[vermutlich in keinem Fach so deutlich] schon vorhandenen Fähigkeiten der Schüler aufzuspüren und anzuerkennen, statt immer nur Defizite festzustellen
[weshalb ich mich demnächst vermehrt mit Alltagssprache im Deutschunterricht beschäftigen möchte];
nebenbei: den Begriff "Empfindlichkeit" benutze ich nur, weil mir keine bessere Alternative einfällt, denn er hört sich für mich doch arg nach "mimosenhaft empfindlich" an; aber immer noch besser als "dieses weiche, widerliche Wort" "Achtsamkeit"!)
Die beiden
(so nennt man das heutzutage wohl:)
"Kernkompetenzen" Ausdrucksdrucksfähigkeit und "-empfindlichkeit"
sind wegen des "größer" keine erreichbaren Ziele, sondern Prozesse
("der Weg ist das Ziel, ratzpalltuff"),
und
deshalb ist auch der Lehrer nicht der absolute Fachmann
(z.B. kann er bei Jugendsprache auch von den Schülern lernen, wenn er bereit ist, darin [manchmal] mehr als nur eine Modetorheit zu sehen).
Ausdrucksfähigkeit und "-empfindlichkeit" werden im Deutschunterrichtt
(vor allem der Mittel- und Oberstufe)
vor allem "anhand von"
sogenannten "Sachtexten" (inkl."Sekundärliteratur"),
("Primär-")Literatur,
vermittelt, wovon man sich wohl erhofft, dass
auf dem Umweg über die zunehmende Ausdrucks-"Empfindlichkeit"
die Ausdrucksfähigkeit dieser "qualitativ hochstehenden" Texte auf die Ausdrucksfähigkeit der Schüler abfärbt.
(Da ist ein Vergleich mit der Mathematik durchaus beidseitig erhellend:
in der Mathematik ist es [vordergründig] genau andersrum als im Fach Deutsch: die Schüler rechnen [scheinbar] andauernd selbst, trainieren also ihre mathematische "Ausdrucksfähigkeit", während sie nie ihre mathematische "Ausdrucksempfindlichkeit" z.B. an den Texten großer Mathematiker austoben
[wofür es gute Gründe gibt:
die "Entdeckertexte" großer Mathematiker sind oftmals nicht erhalten, ja, in vielen Fällen weiß man nichtmal mehr, wer überhaupt gewisse mathematische Sachverhalte entdeckt hat;
die "Entdeckertexte" sind oftmals viel zu komprimiert-kompliziert und zudem in veralteter Notation geschrieben, bedürfen also dringend einer pädagogischen Überarbeitung, wie man sie beispielsweise in Schulbüchern sieht].
"vordergründig" und "scheinbar", weil Schüler im üblichen Matheunterricht meistens doch nur fremde Rechenweisen und Rezepte lernen und in Hausaufgaben bzw. Klassenarbeiten reproduzieren müssen.
Fragt sich nur, ob im Mathematikunterricht eine eigene Ausdrucksfähigkeit überhaupt möglich ist:
das Ziel [z.B. ein mathematischer Beweis] ist fest vorgegeben und
es sind überhaupt nur anderthalb Wege dorthin bekannt
[und dennoch ist an manchen mathematischen Rechnungen ein persönlicher Fingerabdruck erkennbar].
Im Deutschunterricht geht es viel zu selten
) abhalten müssen,[nach der Unterstufe, in der noch kräftig eigene Texte geschrieben werden]
um die aktive Ausdrucksfähigkeit der Schüler, bzw. die wird zwar in Klassenarbeiten / Klausuren permanent bemäkelt, aber kaum jemals ausdrücklich trainiert: etwa so, wie Schüler
zwar in fast allen Fächern "Präsentationen" (vgl. althochdeutsch "Referate"
diese aber kaum jemals geübt werden
kann es einen da wundern, dass man soviel unausgegorenes Zeugs vorgesetzt bekommt?!)
Ein wichtiges
(und gegen die modische, vor allem ökonomisch orientierte Sachtexteritis zu verteidigendes!)
Teilgebiet des Deutschunterrichts ist also die Behandlung von Literatur, und deshalb könnte man fordern:
"aus dem Literaturlehrer wird wieder ein Literat [Schriftsteller, Dichter ...]".
Nun bewahre uns Gott aber vor aller drögen Oberstudienratsliteratur
(sowohl von Oberstudienräten als auch über Oberstudienräte;
ich bin selbst Oberstudienrat, aber ich kenne meine Grenzen und traue mir [bislang] nicht das mindeste schriftstellerische Talent zu: Schuster, bleib' bei deinen Leisten!).
Dennoch kann es für einen Deutschlehrer nicht schaden,
und vielleicht auch überhaupt erst zu erahnen, wie Schreiben bei Schriftstellern funktioniert
(man muss ja nicht die Außenwelt mit seinen Elaboraten belästigen - oder tue es wie ich: ins anonyme Internet, in dem keiner gegen seinen Willen belästigt wird),
Es ist doch immerhin merkwürdig, wenn nicht gar feige-hinterhältig, dass Deutschlehrer
andauernd die Texte (Klassenarbeiten bzw. Klausuren) von Schülern beurteilen,
aber kaum jemals den Schülern eigene Texte (z.B. ausformulierte Musterklausuren) vorlegen.
Wer aber (noch) selbst schreibt, ist unausweichlich schon "Expressionist".
Das Schlimmste sind aber die Literaturbeamten unter den Deutschlehrern, die
(Freizeitlektüre fängt für sie überhaupt erst da an, wo Bücher derart unter Niveau sind, dass sie garantiert nicht mehr in der Schule verwandt werden kann), |
(da reicht dann [u.a. im Zentralabitur] z.B. die Feststellung einer Metapher ohne Untersuchung ihrer konkreten Funktion im Text),
(auch aus Zeitmangel) stramm an "Klett Unterrichtsvorlagen"
(inkl. Projektorfolien, Arbeitsblätter, Klausurvorschläge, Bewertungsraster...)
entlang unterrichten und teilweise auch gar nicht ohne solche Vorlagen unterrichten können
(sie müssten sich ja einen eigenen Zugang zur Literatur schaffen und gar - horribile dictus - ein eigenes Urteil jenseits der Tradition und von Marcel Reich-Ranicki anmaßen;
so ganz nebenbei: die Lehrerschaft teilt sich in Jäger und Sammler:
letztere stehen ununterbrochen am Kopierer),
kreuzbrav und richtlinienkonform
(also ohne jemals anzuecken!)
Berge von Faktenwissen einbimsen und abprüfen,
aber nie auch nur ansatzweise begriffen haben, was Kunst eigentlich "ist"
"Ja,
glauben
Sie denn,
daß ich
mir soviel
Mühe
machen
würde und
es mir
soviel
Spaß
machen
würde zu
schreiben,
glauben
Sie, daß
ich mit
solcher
Hartnäckigkeit
den Kopf
gesenkt
hätte,
wenn ich
nicht mit
etwas
fiebriger
Hand das
Labyrinth
bereitete,
wo ich
umherirre,
meine
Worte
verlagere,
ihm ein
Souterrain
öffne, es
fern von
ihm selbst
einstürze,
an ihm
Vorkragungen
finde, die
seine Bahn
zusammenfassen
und
deformieren,
wo ich
mich
verliere
und
schließlich
vor Augen
auftauche,
die ich
nie wieder
treffen
werde?
Mehr als
einer
schreibt
wahrscheinlich
wie ich
und hat
schließlich
kein
Gesicht
mehr. Man
frage mich
nicht, wer
ich bin,
und man
sage mir
nicht, ich
solle der
gleiche
bleiben:
das ist
eine Moral
des
Personenstandes;
sie
beherrscht
unsere
Papiere.
Sie soll
uns frei
lassen,
wenn es
sich darum
handelt,
zu
schreiben."
[Michel
Foucault]),
nie Entsetzen oder Jauchzen über Sprache spüren, auch diese also nicht vermitteln können,
summarum also künstlerisch nicht empfänglich bzw. schlichtweg impotent sind: in ihren Händen gerinnt Kunst zum bildungsbürgerlichen Wissensballast, sie "zombifizieren" lebendige Kunst
(und kämen nie auf die Idee, dass es [nur "eigentlich"?] pervers ist, z.B. über Liebeslyrik Prüfungen abzunehmen).
Aber wer wird denn schon Lehrer
(wenn ich mich in meinem näheren Bekannten- und Freundeskreis umschaue, kenne ich allerdings in jedem Beruf immer die Ausnahmen vom Klischee)?!:
(die Seriosität der Untersuchung leidet allerdings erheblich darunter, dass sie u.a. von der Unternehmensberatung McKinsey stammt, die natürlich per se die falschen Fragestellungen hat)
.
Eine interessante Frage ist allerdings, weshalb das Schulsystem "impotente" Lehrer züchtet bzw. fördert:
natürlich, weil die Hierarchie immer nur sich selbst perpetuiert und deshalb mit Freigeistern nichts anfangen kann, ja, sie als gefährlich empfindet.
muss immer wieder gefragt werden, weshalb "die" Gesellschaft überhaupt so gigantische Summen für Bildung ausgibt:
sicherlich auch "selbstlos", um möglichst vielen Menschen Bildungschancen zu geben
aber wohl auch, um die Menschen "gesellschaftskompatibel" zu machen, was
man durchaus auch positiv sehen kann
(wir brauchen keine Sozialratten),
aber auch Normierung um jeden Preis und (u.a. ökonomisches) stumpfes Funktionieren bedeuten kann.
Und da eben kann man sich etwa mit dem Film fragen, ob das in einer sich (angeblich?) rasant verändernden Welt
(in der andauernd von "lebenslangem Lernen" gefaselt wird, das natürlich nur die fordern, die es nicht [mehr] nötig haben)
noch zeitgemäß ist
(... womit ich natürlich nicht ökonomische Argumente als vordringliche Bildungsargumente akzeptiere).
Es muss ja nicht expressionistisch, sondern darf gerne auch romantisch sein
(im Sinne der damaligen Epoche, nicht als heutiges Synonym für Sentimentalität):
"Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie. Ihre Bestimmung ist nicht bloß, alle getrennten Gattungen der Poesie wieder zu vereinigen und die Poesie mit der Philosophie und Rhetorik in Berührung zu setzen. Sie will und soll auch Poesie und Prosa, Genialität und Kritik, Kunstpoesie und Naturpoesie bald mischen, bald verschmelzen, die Poesie lebendig und gesellig und das Leben und die Gesellschaft poetisch machen, den Witz poetisieren und die Formen der Kunst mit gediegnem Bildungsstoff jeder Art anfüllen und sättigen und durch die Schwingungen des Humors beseelen. Sie umfaßt alles, was nur poetisch ist, vom größten wieder mehrere Systeme in sich enthaltenden Systeme der Kunst bis zu dem Seufzer, dem Kuß, den das dichtende Kind aushaucht in kunstlosem Gesang. [...]" |
Man kann's auch so sagen:
"Ich habe den tollen Einfall, die ganze materielle Welt, alles, was wir heute von den Erscheinungen der Himmelsräume und des Erdenlebens, von den Nebelsternen bis zur Geographie der Moose auf den Granitfelsen wissen, alles in einem Werke darzustellen, und in einem Werke, das zugleich in lebendiger Sprache anregt und das Gemüt ergötzt.“ |
(eben auch der soeben zitierten beiden Textausschnitte)
wollen.