erbarmungslose Gleichmacher
Prokrustes [...], in der griech. Mythologie ein riesenhafter Unhold, der Vorbeiziehende durch Abhacken bzw. Strecken ihrer Glieder in ein Bett einpaßt [...] (Meyers Lexikonverlag) Vgl. auch |
Es gibt im Leben (bzw. an seinem Ende) zwei erbarmungslose Gleichmacher:
(Ausschnitt aus einem Grabmal in der Kapuzinergruft in Wien,
in der die Habsburger beerdigt wurden)
"Im Laufe der Zeit entwickelte sich eine „Einlasszeremonie“ in die [Kapuziner-]Gruft. [...] Der Trauerzug hielt vor der verschlossenen Tür der Gruft und ein Herold klopfte an die Tür. Darauf fragte einer der Kapuziner-Brüder von drinnen: „Wer begehrt Einlass?“ Der Herold antwortete mit allen zu Lebzeiten der/des Verstorbenen getragenen Titeln. Von drinnen erfolgte allerdings die Antwort "Wir kennen sie/ihn nicht!". Daraufhin klopfte der Herold noch einmal. Wieder wurde gefragt „Wer begehrt Einlass?“ Diesmal antwortete der Herold mit der Kurzfassung der Titel. Doch die Antwort war "Wir kennen sie/ihn nicht!". Der Herold klopfte ein drittes Mal, wieder wurde dieselbe Frage gestellt. Nun antwortete der Herold: „X.Y., ein armer Sünder.“, woraufhin das Tor geöffnet wurde."
(zitiert nach )
Obwohl ihr größter Vorteil allemal darin besteht, Zahlen in der sogenannten "Stellenwertschreibweise" zu schreiben, also z.B. aus der 5 eine 50 zu machen, hat die Null doch noch eine rabiate andere Eigenschaft:
50.000.000.000 • 0 = 0
(wohlgemerkt: das gilt nur für die Multiplikation: bei der Addition oder Subtraktion von Null setzt sich hingegen das Vermögen von Bill Gates durch bzw. bleibt schlichtweg erhalten:
50.000.000.000 + 0 = 50.000.000.000,
und durch Null dividieren darf man ja sowieso nicht.)
-100.000 • 0 = 0
Wie wohltuend also: vor der Null sind alle Menschen gleich:
Diese Gleichmacherei durch die Null ermöglicht aber einen ungemein wichtigen und gleichzeitig doch relativ einfachen mathematischen Trick:
angenommen mal, ich suche eine quadratische Funktion mit den Nullstellen x = 3 und x = -2, also
x = 3 |-3 oder x = -2 |+2
x - 3 = 0 oder x + 2 = 0
Da reicht es, dass
in jedem der beiden Fälle ist ihr Produkt 0:
0 • (x + 2) = 0
(x - 3) • 0 = 0
Halten wir also fest: (x - 3) • (x + 2) = 0
Da können wir nun die Klammern auf der linken Seite beseitigen, in dem wir sie "ausmultiplizieren", und erhalten:
x2 - x - 6 = 0
Und jetzt setzen wir statt der Null einfach y ein, und schon haben wir die Standardform einer quadratischen Gleichung
y = x2 - x - 6,
der man zwar nicht mehr auf Anhieb ansieht, von der wir aber trotzdem wissen, dass sie die Nullstellen x = 3 und x = -2 hat.
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Auch noch in anderer Hinsicht ist die Null der gnadenlose Gleichmacher:
unter a0 kann ich mir zwar nichts vorstellen
(was soll eine Zahl a null mal mit sich selbst multipliziert sein?),
aber es lässt sich zeigen, dass a0 = 1 für egal welches a ist:
Auch so wird also aus dem Vermögen von Bill Gates einerseits und meinen Schulden andererseits dasselbe, allerdings diesmal 1 (was mir doch lieber ist) und nicht 0.
Nebenbei: so erzeugt das Potenzieren mit der einen zentral wichtigen Zahl, nämlich der 0, die andere, nämlich 1 .
Manchmal ist man versucht (die Rache der Frustrierten), statt von "erbarmungsloser Gleichmacherei" von "ausgleichender Gerechtigkeit" zu sprechen.
Auch in der Vektorgeometrie ist die Null manchmal der Königsweg, und zwar bei "geschlossenen Vektorzügen" bzw. einer
Angenommen mal, es sei
gegeben und gefragt, in welchem Verhältnis der Punkt S die Strecken d und e teilt
(womit schon suggeriert wird, dass
Dann besteht ein geeigneter Lösungsweg (Weg!) darin, einen geschlossenen Vektorzug zu gehen,
Es kann also sinnvoll sein,