sich das Leben einfach machen
 

Vgl.  : nichts gegen die Veranschaulichung mathematischer Tatsachen und auch nichts gegen echte Anwendungen, aber alles gegen eine nur vermeintliche Anwendung.

Ein Beispiel: vielleicht merkt man sich das typische Aussehen von Parabeln ja besser, wenn man sie anschaulich-greifbar "vor Augen" hat:


St.-Gregorius in Aachen,

und da scheint ja nicht nur die Draufsicht / der Grundriss (nebenbei auch des Turms), sondern auch die Kirche von vorne gesehen eine Parabel zu sein.

"Blut geleckt" habe ich aber erst, als ich auf der Homepage der Kirche las:

"Der Grundriss des Kirchenraumes besteht aus dem Segment einer Parabel [...] Im Brennpunkt der Parabel steht der Altar."
(rote Hervorhebung von mir, H.St.)

Da stellten sich mir doch zwei Fragen:

  1. Wo denn genau ist dieser Brennpunkt?
  2. Warum steht der Altar ausgerechnet da?

Ich fange mal mit der zweiten Frage an:

Vermutlich ist "Im Brennpunkt der Parabel steht der Altar" wortwörtlich und im übertragenen, metaphysischen Sinne gemeint, und Letzteres heißt wohl: der Altar und mit ihm das Allerheiligste in der Wandlung stehen "im Brennpunkt" des Geschehens (des Kirchenraums, der Messe, der christlichen Religion).

Denkbar ist aber auch ein ganz irdischer Grund dafür, den Altar in den wortwörtlichen, räumlichen Brennpunkt der Kirche zu stellen.

Dazu stelle ich mir eine vorkonziliare Messe vor, in der der Priester die Wandlung noch mit dem Rücken zur Gemeinde

(in Richtung Gott bzw. Jerusalem, da Kirchen üblicherweise nach Osten ausgerichtet waren)

abhält - und dennoch von allen Gläubigen (abgesehen von der lateinischen Kirchensprache) bestens verstanden werden soll. Dann hat

(um schon Vor-/Halbwissen einzubringen)

die Position des Altars im Brennpunkt der Kirchenparabel nämlich tatsächlich einen enormen akustischen Vorteil: alle akustischen Wellen (alles, Worte, die der Priester ausspricht) werden parallel, also ohne alle sonstigen Reflexionen, in die Gemeinde zurückgeworfen:

Die Kirche müsste, wenn auch "nur" vom Brennpunkt (dem Altar) aus, eine phantastische Akustik haben!

Damit aber zur ersten Frage, also, wo denn der Brennpunkt liegt. Nun könnte man sich natürlich damit zufriedengeben, dass er eben da ist, wo der Altar steht. Ich frage aber umgekehrt: wo hat ihn der Architekt denn hingestellt, d.h. wie hat er den Brennpunkt denn rausgefunden?

Dabei setze ich nochmals mein Vor-/Halbwissen voraus, dass jede Parabel einen Brennpunkt hat, und möchte nur wissen, wo er denn liegt.

Zur Lösung dieser Frage habe ich eben doch erstmal allgemein angesetzt, also herauszufinden versucht, wie jeder parallele Strahl im Brennpunkt ankommt und wo der liegt bzw. dass das für jeden einfallenden Strahl derselbe Punkt ist

(dabei bin ich davon ausgegangen,

Als ich damit auf Anhieb nicht weiterkam bzw. mir die Rechnungen zu kompliziert erschienen, habe ich - wie SchülerInnen! - erstmal in Wikipedia nachgeschaut, wo stand:

Brennpunkt

[...]

Beweis

Die Steigung der Tangente an die Parabel y = ax2 im Punkt P(x,y) ergibt sich zu m = 2ax. Die Nullstellen der Tangenten t erhält man mit Hilfe der allgemeinen Geradengleichung t:yt = mxt + l. Für die Tangente durch einen beliebigen Punkt P(x,ax2) der Parabel gilt l = yt - mxt = ax2 - (2ax)x = - ax2 und damit für die Tangentengleichung t:yt = (2ax)xt - ax2.

Die Nullstelle G(g,0) der Tangente (für a\not\neq{}0, x\not\neq{}0) lautet somit:

 0 = (2ax)x_t - ax^2 \Leftrightarrow{} x_t = \frac{x}{2}

Also der Punkt G(\frac{x}{2},0). Dieser liegt also genau in der Mitte zwischen F und Q(x, - f). Damit wird das gleichschenklige Dreieck ΔFPQ in zwei kongruente Dreiecke zerlegt. Die Reflexion an der Parabel entspricht der Reflexion an der Tangente.

Der Einfallswinkel \angle GPQ ist gleich dem Ausfallswinkel \angle FPG. Damit treffen alle Strahlen auf F.
(Quelle: )

Nunja, das mit "[...] Einfallswinkel [...] gleich [...] Ausfallswinkel [...]" wusste ich ja schon vorher, aber ansonsten verstand ich da auf die Schnelle auch wieder erstmal nur Spanisch.

Also habe ich im Internet weiter gesucht und bin dabei auf folgende Erklärung gestoßen:

Für allgemeine Parabeln y=ax²+bx+c ist der Anstieg y'=2ax+b.

y'=1=2ax+b
x=(1-b)/(2a) in allgemeine Parabel

y=a((1-b)/(2a))²+b(1-b)/(2a)+c <-- y-Wert

y'=0=2ax+b
x=-b/2a <-- x-Wert

Brennpunkt P(-b/2a;a((1-b)/(2a))²+b(1-b)/(2a)+c)

(Quelle: )

Auch das war mir erstmal viel zu kompliziert. Insbesondere suchte ich ja

Für allgemeine Parabeln y=ax² ist der Anstieg y'=2ax.

y'=1=2ax
x=1/(2a) in allgemeine Parabel

y=a/(2a))² <-- y-Wert

Brennpunkt P(0;a/(2a))²)

Oder ein wenig vereinfacht und in üblicher Schreibweise:

Für allgemeine Parabeln y=ax² ist der Anstieg y'=2ax.

y'=1=2ax
x= in allgemeine Parabel

y= <-- y-Wert

Brennpunkt P(0;)

Soweit, so gut bzw. schlecht. Gestutzt habe ich aber vor allem bei der Zeile "y'=1=2ax": wieso soll die Ableitung (die Steigung des Funktionsgraphen) 1 sein - bzw. wo ist das der Fall?

Das ist also saumäßig schlecht erklärt - und doch steckt dahinter eine geniale Idee:

Aber gemach, denn ein wenig wollen wir trotz der Vorgaben doch selbst entdecken: man  kann überlegen, welcher Strahlenverlauf unter den vielen Möglichkeiten in

denn besonders einfach bzw. praktisch ist:

(... was allerdings notgedrungen schon durch die "eyecatcher"-Anfangsgrafik   verraten worden war)

Der erste Vorteil dieses Strahlenverlaufs liegt darin, dass der Knickpunkt K exakt auf der Höhe des Brennpunkts F liegt, d.h. wenn wir die y-Koordinate von K berechnen können, haben wir automatisch auch die y-Koordinate f des Brennpunkts F.

Der zweite Vorteil des roten Strahlenverlaufs zeigt sich, wenn wir

Dabei hat das Lot im vorliegenden günstigen Spezialfall offensichtlich die simple Steigung -1 und damit die dazu senkrechte Tangente die Steigung 1.

Damit sind wir endlich "auf Höhe" der Erklärung oben und halten

f =

als Position des Brennpunkts F fest.

(Nun liebe ich ja die Interpretation solcher Ergebnisse, und das hiesige besagt vereinfacht:

Und das ist doch immerhin für die nötige "Bauhöhe" der Gesamtkonstruktion wichtig:

Halten wir nochmals fest:

  • wenn bewiesen bzw. einfach dreist als bewiesen vorausgesetzt ist, dass sich alle Strahlengänge sowieso im (selben) Brennpunkt F treffen,
  • reduziert sich die Suche nach der Position des Brennpunkts genial einfach auf die Betrachtung eines einzigen, besonders günstigen Strahlenverlaufs.

Ohne das zu überprüfen, könnte ich mir aber vorstellen, dass auch der allgemeine Beweis

(dass eben alle Strahlenverläufe durch den[selben] Brennpunkt F gehen)

einfacher wird, wenn man erstmal anhand eines einzigen Strahlenverlaufs die Position dieses Brennpunkts F berechnet hat. Dann muss man "nur" (???) noch zeigen, dass auch alle anderen Strahlenverläufe durch diesen bereits bekannten, also rechnerisch sehr einfach zu handhabenden Brennpunkt F gehen.