(nach-)erfinden

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"Wenn Richard Sennett, einer der herausragenden Soziologen und Kulturphilosophen der Gegenwart, von Handwerk oder handwerklichem Können spricht, so meint er mehr als nur technische Praxis. Er beschreibt damit einen fundamentalen menschlichen Impuls, das Bestreben, eine Tätigkeit um ihrer selbst willen gut zu machen. Auch ein Arzt, Erzieher, Künstler oder Linux-Programmierer kann - und sollte -»sein Handwerk verstehen«. Indem er aus seinem stupenden interdisziplinären Wissen schöpft, zeigt Sennett auf, dass die Geschichte, insbesondere die Geistesgeschichte, eine markante Trennlinie zwischen Praxis und Theorie, Technik und Ausdruck, Macher und Nutzer gezogen hat. Unsere heutige Gesellschaft leidet noch immer unter diesem historischen Erbe, denn bei allem offenkundigen Materialismus haben wir paradoxerweise häufig ein gespaltenes Verhältnis zu den realen materiellen Dingen um uns herum. Die Frage, ob und wie wir uns dieser materiellen Wirklichkeit stellen wollen, besitzt für Sennett jedenfalls eine entscheidende ethische Relevanz. Richard Sennetts neues Buch ist eine fulminante und breit angelegte Kulturgeschichte, die anhand zahlreicher Beispiele - von der Werkstatt eines Antonio Stradivari bis zu den Forschungslabors moderner Wirtschaftskonzerne - unser Verhältnis zur Außenwelt klug und kritisch durchleuchtet. Handwerk ist ein eindrückliches Plädoyer dafür, sich wieder auf die Welt der Dinge einzulassen."
(Klappentext; und nebenbei: Sennett ist einer der nobelsten Denker der Gegenwart!)

Vielleicht ist unsere Welt inzwischen tatsächlich allzu perfekt, als dass SchülerInnen noch etwas Eigenes hinzu erfinden können.

Aber sie können doch zumindest nacherfinden

(vgl. Bild ),

und das kann weit mehr sein als nur ein langweiliger Nachvollzug.

Einige Beispiele:

  1. Letztens forderte mich mein fünfjähriger Sohn einige Tage nach dem Besuch eines (Müll-)"Recycling-Hofs" auf, aus Lego® einen "Schredder" zu bauen.

Da musste ich

  1. Im Spielzeughandel gibt's spottbillig einen aufziehbaren kleinen Plastiktiger, der einen Salto rückwärts machen kann

(die "Publikumsreaktionen" auf diesen Tiger zeigen, dass das Einfachste äußerst faszinierend sein kann):

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Die Erfindung dieses Tigers umfasst

  1. die eigentliche Idee

(wir möchten eine Figur haben, die einen Rückwärtssalto macht),

  1. die Überlegung, ob und wie das technisch umsetzbar ist.

Dabei ist "Erfindung a." wohl kaum reproduzierbar, wohl aber "Erfindung b."

Nun hat allerdings der Rückwärtssalto des Tigers den Nachteil, dass er enorm schnell verläuft: er ist vorbei, bevor man ihm überhaupt seine Funktionsweise "ablesen" kann.

Was also tun, um dem Mechanismus auf die Schliche zu kommen?:

man könnte den Plastiktiger auseinandernehmen, um nachzuschauen, wie sein "Innenleben" aussieht. Allerdings hat das einige Nachteile:

  1. läuft dieses Innenleben vielleicht auch allzu schnell ab, als dass man es beobachten könnte;

  2. zerstört man den lustigen Plastiktiger dabei vielleicht, bekommt ihn also - was doch sehr schade wäre - nie wieder zusammen gebaut

(Günther Anders hat vermutet, dass viele Menschen Dinge in dem verzweifelten Versuch zerstören, sie zu verstehen);

  1. Angenommen, das Innenleben ist leicht verständlich. Dann nimmt man sich doch alle Freude am Selbst(nach)entdecken.

Beim Rumspielen mit dem Plastiktiger bin ich irgendwann auf die Idee gekommen, seinen Körper festzuhalten und dann den Mechanismus ablaufen zu lassen:

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Da dann aber kann man sehr gut sehen, wie sich die Beine bewegen. Und dazu dann wiederum lässt sich nun relativ leicht ein (hier nicht verratener) Mechanismus ersinnen, der diese Bewegung hervorruft.

  1. Es gibt Alltagsgegenstände, die einfach schön sind und auch gut in der Hand liegen (Handschmeichler sind). Ein solcher Gegenstand ist eine Pfeffer-/Salzstreuer-Kombination von WMF aus schwerem, gebürstetem Metall:

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Nun kann man sich natürlich fragen, warum

(abgesehen vom Material)

der Pfeffer-/Salzsttreuer so ästhetisch wirkt

(ein vermutlich subjektiver, aber doch viel zu selten benutzter Zugang).

Ein Grund ist sicherlich, dass die Behälter schräg angeschnitten und somit elliptisch sind

(womit sich - fachsprachlich gesprochen - die Kegelschnitte, aber beispielsweise auch die Planetenbahnen andeuten).

Wenn man aber noch ein bisschen weiter mit den beiden Behältern spielt, bemerkt man, dass sie nicht auf beliebiger Höhe abgeschnitten sind, sondern dass gilt:

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