der (Anti-)Nobbelpreis
Manchmal ist mir danach, einen ganz anderen "Nobelpreis" zu vergeben, nämlich den "Nobelpreis des Alltags". Und zwar für - wohl immer anonyme - Ingenieure, die ebenso simple wie geniale technische Neuerungen erfinden, nämlich z.B.
... also diese ebenso unscheinbaren wie wirklich hilfreichen Neuerungen, bei denen man sich fragt, warum da eigentlich keiner vorher drauf gekommen ist - und auf die man durchaus auch vorher hätte kommen können, die also nicht einer völlig neuen Technik bedürfen. Der Alltag ist randvoll mit solch wirklich nützlichen Kleinigkeiten (nicht zu verwechseln mit all dem Hightech-Schnickschnmack), und Aufmerksamkeit für sie ist auch eine Form des Staunens - und der Dankbarkeit. Allerdings wüsste ich auch, wofür ich den "Anti-Nobelpreis des Alltags" vergeben würde: dass es den Ingenieuren noch immer nicht gelungen ist, den überhaupt genialsten Alltagsgegenstand, nämlich das Fahrrad, mit einer todsicher funktionierenden Beleuchtungsanlage (ohne Batterie und Akku) auszustatten. Peinlich, peinlich für die gesamte Ingenieurszunft! |
Mein (Anti-)Nobbelpreis wird hier von mir in frischweg angemaßter Machtvollkommenheit verliehen für
populärwissenschaftliche Meisterleistungen
bzw. das glatte Gegenteil, also "populistische[...] Prostitution, die das Staunenswerte an der Wissenschaft besudelt" (Richard Dawkins)
(vergleichbar etwa einer Pseudokunst, die penetranten Kunstanspruch hat, ihn aber nicht erfüllt).
Für meinen Nobbelpreis kann man sich nichts "kaufen": er ist ein reiner Ehrenpreis sozusagen "zur höheren Ehre Gottes", also nicht - wie schnöde (und doch hätte ich das Geld natürlich gerne!) - hochdotiert wie der Nobelpreis, sondern "wertlos" wie der höchste Mathematikerpreis
(weil Alfred Nobel einen Mathematiknobelpreis vergessen oder absichtlich nicht vergeben hat),
die
Fields-Medaille
Vielleicht ist es nur eine letzte Selbstrechtfertigung eines fachwissenschaftlich sowieso drittklassigen Lehrers, wenn ich große PopulärwissenschaftlerInnen für genauso wichtig halte und genauso bewundere wie große WissenschaftlerInnen
(zumal es Leute gab, die das ersteres wie letzteres in Personalunion bzw. vielleicht sogar letzteres überhaupt nur deshalb waren, weil sie auch ersteres waren, nämlich noch einfache Fragen stellen und sich selbst [und dann auch anderen] Dinge erklären konnten):
Journalisten, Literaturkritiker und Lehrer sind nicht dazu da, eigene Ideen zu haben
(was natürlich auch nicht schaden kann; und dennoch: Schuster, bleib' bei deinen Leisten),
sondern dazu, staunend (und neidlos) auf die Fülle guter Ideen hinzuweisen:
"Es kommt einer nach mir, der ist stärker als ich;
und ich bin nicht wert,
dass ich mich vor ihm bücke
und die Riemen seiner Schuhe löse."
"Eine theoretische Wissenschaft, die sich nicht dessen bewußt ist, daß die Begriffe, die sie für relevant und wichtig hält, letztlich dazu bestimmt sind, in Begriffe und Worte gefaßt zu werden, die für die Gebildeten verständlich sind, und zu einem Bestandteil des allgemeinen Weltbildes zu werden - eine theoretische Wissenschaft, sage ich, in der dies vergessen wird und in der die Eingeweihten fortfahren, einander Ausdrücke zuzuraunen, die bestenfalls von einer kleinen Gruppe von Partnern verstanden werden, wird zwangsläufig von der übrigen Kulturgemeinschaft abgeschnitten sein; auf lange Sicht wird sie verkümmern und erstarren, so lebhaft das esoterische [!] Geschwätz innerhalb ihrer fröhlich isolierten Expertenzirkel auch weitergehen mag."
(Erwin Schrödinger, Nobelpreisträger für Physik; für diese Äußerung ist er von Stumpfwissenschaftlern in der Luft zerrissen worden.)