die Welt ist
Natürlich hatte das Schlagersternchen Nicole mit seinem Lied recht: wir alle sehnen uns
nach solcher Geborgenheit und
Stetigkeit. Und doch stört mich das Ganzheitlich-Sämige beispielsweise in weiten Teilen der Esoterik und des derzeitigen (schon wieder abflauenden?) Wellness-Hypes: man hat noch gar nicht gearbeitet und möchte dennoch schon ausruhen, vor allem aber möchte man immer nur sich selbst wohltun (lassen) und klagt das geradezu als Recht ein. Da liebe ich mir dann doch die Unstetigkeitsstellen: |
Es gibt zentrale mathematische Überlegungen, die leider kaum in der Schule vorkommen.
Beispiel ist hier die Unstetigkeit: in Schulen wird sie zwar oft kurz angesprochen
("es gibt da gewisse Exoten, aber eben weil sie so [igitt!] exotisch sind, lassen wir sie umgehend links liegen"),
dann aber stürtzt man sich für alle Ewigkeit auf stetige Funktionen.
Natürlich gibt es gute Gründe für solches Verhalten: stetige Funktionen sind nicht nur einfacher zu behandeln, sondern wohl auch ästhetischer.
Ich erlaube mir, hier mathematisch "unsauber", dafür aber möglichst anschaulich zu sprechen:
Vgl. auch
"dis|kret [lat.-mlat.-fr.]: 1. a) so unauffällig behandelt, ausgeführt o.ä., daß es von anderen kaum od. gar nicht bemerkt wird; vertraulich; b) taktvoll, rücksichtsvoll; Ggs. indiskret. 2. a) (von sprachlichen Einheiten) abgegrenzt, abgetrennt, abgrenzbar, z. B. durch Substitution (Sprachw.); b) in einzelne Punkte zerfallend, vereinzelt, abzählbar (bezogen auf eine Folge von Ereignissen od. Symbolen; Techn.); -e Zahlenwerte: Zahlenwerte, die durch endliche Intervalle voneinander getrennt stehen (Math., Phys.)."
(Duden Fremdwörter)
Das Problem der "(Un-)Stetigkeit" taucht allerdings auch in ganz anderen Zusammenhängen auf, nämlich z.B. bei der Herleitung von
Der klassische Beweis, dass die Wurzel aus 2 irrational ist, ist einerseits in seiner Raffiniertheit "schön", andererseits aber auch für SchülerInnen eine echte Zumutung, und zwar
Und das liegt sogar
Und doch erleben SchülerInnen das bei periodischen Zahlen, also z.B. = 0,333333333333..., nicht so sehr als Problem, und zwar wohl ganz einfach deshalb, weil es da im Unterricht nicht so sehr vom Lehrer (über-?)problematisiert wird.
Schauen wir uns mal das klassische Beispiel zur Herleitung der Wurzel aus 2 an:
Gegeben sei die einfachste überhaupt denkbare Fläche, nämlich ein Quadrat mit der Seitenlänge 1. Auf einigen Umwegen wird dann gezeigt:
Wie bereits gesagt, interessiert uns an dieser Irrationalität vorerst nur, dass (wie bei periodischen Zahlen) nach dem Komma noch unendlich viele Stellen folgen.
Hier nur der Anfang: 1,4142135623730950488016887242097
Heißt "unendlich viele Stellen" nicht aber, dass die Diagonale immer länger und länger wird?
(Da hilft es SchülerInnen wenig, dass diese Zahl z.B. nie größer als z.B. 1,5 wird, sondern sie verfallen erstmals in Schockstarre über den Limes[-prozess].)
Wie aber kann die Diagonale immer länger werden, wenn die Quadratseiten, durch die die Diagonale "eingesperrt" ist, sich nicht verändern, sondern immer die Länge 1 behalten?
Nun gibt es verschieden Möglichkeiten, auf das Problem zu reagieren:
(genauso gut könnte man einwenden, dass schon das Quadrat mit der exakten Seitenlänge 1 nicht nur aus technischen Gründen, sondern auch prinzipiell [wegen des letzten Atoms] nicht möglich sei).
Hier bei d. kommt aber oft ein typischer Schuleffekt zum Tragen: eine Schulmathematik, die sich an einem steif linearen Curriculum statt immer mal wieder und langfristig an zentralen mathematischen Überlegungen orientiert, drängt oftmals die durchaus im Hinblick auf diese zentrale mathematische Überlegungen ergiebigen "Kinderfragen" von Laien (SchülerInnen) beiseite, ja, denunziert sie geradezu als dumm, statt sie mathematisch "ernst" zu nehmen und zu nutzen.
Wenn ich's halbwegs richtig verstanden habe, ist die Natur nämlich auf dem allerkleinsten Maßstab "krümelig", d.h. es ist keine feinere Einteilung möglich als die der Elementarteilchen
(seien es die Atome, die Elektronen/Neutronen/Protonen, die Quarks oder Strings).
Oder anders gesagt: es gibt kleinste (!) Teile, die somit
(soweit wir bislang wissen)
nicht mehr weiter unterteilbar sind. D.h. die Natur ist auf diesem kleinsten Maßstab nicht sämig bzw. kontinuierlich oder stetig, sondern krümelig bzw. diskret
(und soweit wir wissen, liegen die Elementarteilchen keineswegs eng gepackt nebeneinander, sondern gibt es zwischen ihnen "riesige" leere Räume: ).
Wenn nun aber die Mathematik trotz der Elementarteilchengrenze weiter misst bzw. einteilt, so
(und das zu vermitteln, ist ungeheuer schwierig)
betreibt sie keinen Blödsinn, sondern
(so recht nach dem Motto "wir pfeifen auf die einschnürenden Grenzen der schnöden [physikalischen] Wirklichkeit")
lustvolle "Meta-Physik":
Interviewer: „Wie würden Sie reagieren, wenn die allgemeine Relativitätstheorie nicht empirisch bestätigt worden wäre?“ Einstein: "Da könnt mir halt der liebe Gott leid tun. Die Theorie stimmt doch."
Die Einteilung der Natur in allerkleinste, nicht mehr weiter unterteilbare Einheiten hat nun aber den Physikern allergrößte Probleme bereitet und seit Max Planck (der Hohlraumstrahlung) und dann Einstein dazu geführt, auch bei Energien kleinste Einheiten, nämlich diskret-nichtstetige sogenannte "Quanten" anzunehmen.
Oder die Physiker geraten in erhebliche mathematische (!) Schwulitäten, wenn es im ganz Großen (bei schwarzen Löchern) doch wieder zu unendlich kleinen Effekten ("Singularitäten") kommt, da dann die größte aller denkbaren mathematischen Katastrophen, nämich eine Division durch Null stattfindet.
Aber verlassen wir vorerst die schnöde Physik und bleiben wir bei der Mathematik: eine nichtstetige Funktion ist beispielsweise auch der Tangens, also f: y = tan (x). Da entstehen "nicht behebbare Polstellen"
(u.a., weil auch hier sonst durch Null geteilt würde):
Und diese Funktion ist nicht stetig, weil sie nicht in einem "Wusch" zeichenbar ist, sondern man für jeden Zweig neu ansetzen muss.
Wie schon gesagt, sind stetige Funktionen erheblich einfacher zu behandeln als nicht-stetige, aber es ist doch eine schöne Ironie, dass beispielsweise die "Ableitung" stetiger Funktionen dennoch "quasi-nicht-stetig" hergeleitet wird: da sich die Steigung in einem einzigen Punkt P nicht bestimmen lässt, zieht man eine Sekante durch P und einen weiteren Punkt Q und nähert dann diesen zweiten Punkt Q immer mehr dem ersten Punkt P an. In "Wirklichkeit" erfolgt diese Annäherung zwar durchaus stetig
(man "denkt" sich sämtliche, also unendlich viele Zwischenzustände),
aber
→
Fernsehen und Kino sind also Musterbeispiele für Nicht-Stetigkeit:
Wenn "unplugged" Musik analog ist, so ist es eigentlich kaum einzusehen, weshalb die ebenso analoge alte schlechter sein soll als die digitale .
Das hat wohl folgende Gründe:
"Früher war die Welt analog. Dinge geschehen, Zeit hat ihren Fluss, Menschen haben ihr Tempo.
Heute ist die Welt digital."
(Quelle: )
Wenn derzeit aber der Siegeszug des Digitalen läuft, so ist das auch ein Zeichen dafür, wie veraltet Analoges = Stetiges ist - und dass die Schulmathematik vielleicht systematisch vom Falschen handelt.
Bzw. uns bleibt (immerhin / nur) noch die Illusion der Stetigkeit, weil wir Menschen (glücklicherweise?) zu langsam wahrnehmen.
Merkwürdig bzw. bezeichnend, dass sich Digitaluhren kaum durchsetzen konnten. Anscheinend nehmen wir immerhin noch die Zeit als stetigen Fluss wahr.