was schön ist, wird auch wahr sein
"Das reimt sich, und was sich reimt, ist gut." (Pumuckl) "Das ist zu schön, um wahr zu sein." " Schön wie Mona Lisa, schön wie Mona Lisa, wie ein Bild der Phantasie, "Ich habe etwas Schreckliches getan: "Ich habe nicht für nötig gehalten, diese meine Theorie durch das Experiment zu bestätigen, denn sie ist aus den sichersten und unangreifbarsten Prinzipien der Mechanik abgeleitet, weshalb der Zweifel, ob sie wahr sei und in der Praxis statt habe, in keiner Weise aufgeworfen werden kann." |
In der Tat könnte einigen Stumpfbolzen unter den Naturwissenschaftlern ein wenig Erkenntnistheorie nicht schaden
aber es gibt auch welche, die mir diese Erkenntnistheorie allzu ostentativ vor sich hertragen und behaupten, sie wirklich zu "glauben":
"[...] die heute ausgebildeten Wissenschaftler [...] sind zu rational eingestellt, um durch ein brauchbares Ergebnis ihre Seele in Mitleidenschaft ziehen zu lassen. [...]"
(zitiert nach )
Zwei Beispiele:
Da kann ich nur sagen: iwo, ich finde all diese Erkenntnisse zwar äußerst spannend, aber sie bleiben für mich doch letztlich abstrakt und können mich deshalb auch kaum kränken:
ich sitze doch beispielsweise in meinem Alltag mit meinem "Arsch" fest auf der Erde, und dabei können mich die Erkenntnisse des Kopernikus kaum erschüttern.
Nur ist Letzteres für mich doch weitgehend abstrakt - und darf ich mich weiter wundern!
Jene, die immer darauf bestehen, dass die abstrakte Erkenntnistheorie die einzige Wahrheit verkünde, und die somit alles Sich-Wundern wegrationalisieren, treiben die Laien regelrecht aus der "Kirche der Naturwissenschaften" heraus.
Zudem verschieben sie oftmals nur das Problem, ohne es dann an der neuen Stelle zu erklären. Nämlich z.B., wie die Evolution denn die (der Natur angemessene) Mathematik in den Menschen reingestopft hat.
Die Sprache ist ja oftmals so herrlich durchtrieben vieldeutig: z.B. kann "ich gehe nach Hause" je nach Kontext bedeuten:
Und just umgekehrt verhält es sich bei
"was schön ist, wird auch wahr sein":
- eine ziemlich selbstbewusste (indikativische) Prophezeiung,
- ein gesunder Optimismus (auf den zurückzukommen sein wird).
Dabei könnte man noch differenzieren:
- noch ist es "nur" schön, aber erst in Zukunft wird es wahr werden,
- die Zukunft wird nur noch beweisen, dass es auch jetzt schon wahr ist (s. 2.).
"Was du da sagst, wird [?] vermutlich wahr sein."
"was schön ist, wird auch wahr sein" heißt dann: es ist vermutlich, aber noch nicht mit letzter Sicherheit wahr, aber man ist frohgemut, dass es sich in der Zukunft (nachträglich) als wahr erweisen wird (s. 1.a.).
Mit dem wechselseitigen Zusammenhang von 1.a. und 2. wird überraschenderweise deutlich, dass nicht (einander ausschließend) entweder die eine oder aber die andere Bedeutung gemeint ist, sondern beide zusammenhängen.
(Genauso es ist nicht einfach falsch, wenn jemand mit "ich gehe" ein Präsens benutzt, aber ein Futur meint. Sondern "ich gehe gleich nach Hause" heißt: "Ich nehme mir jetzt [Gegenwart] vor, gleich [sehr nahes Futur] nach Hause zu gehen", und "der Gedanke ist [fast] die Tat".)
So richtig schön schillernd wird der Satz
"was schön ist, wird auch wahr sein"
aber erst durch das unscheinbare Wörtchen "auch" (bzw. "auch wohl"). Aber wie soll man das beispielsweise einem Ausländer, der gerade Deutsch lernt, erklären?
"auch" heißt hier ja wohl mehr als nur "[jetzt] schön und [später zusätzlich] wahr".
(darin S. 69) | Dirac und die Eleganz mathematischer Gleichungen |
Bemerkenswert daran finde ich
(wenn sie denn überhaupt "anwendungsbezogen" denken).
Manchmal ist es regelrecht bewundernswert, wie MathematikerInnen bzw. theoretische PhysikerInnen vor Selbstbewusstsein strotzen:
Frage an Albert Einstein, wie er reagiert hätte, wenn seine allgemeine Relativitätstheorie nicht empirisch bestätigt worden wäre. Einstein: "Da könnt' mir halt der liebe Gott leid tun. Die Theorie stimmt doch."
(Nunja, sowas lässt sich im Nachhinein leicht sagen, und solch eine Einstellung [allzu viel Vertrauen in die Mathematik] macht vielleicht auch manchmal betriebsblind.)
Oder Leonhard Euler:
"Ich habe nicht für nötig gehalten, diese meine Theorie durch das Experiment zu bestätigen, denn sie ist aus den sichersten und unangreifbarsten Prinzipien der Mechanik abgeleitet, weshalb der Zweifel, ob sie wahr sei und in der Praxis statt habe, in keiner Weise aufgeworfen werden kann."
Nun ahne ich allerdings schon, was die o.g. (Schmalspur-)Erkenntnistheoretiker mir antworten werden:
Der gezeigte Optimismus und auch das Selbstbewusstsein, selbst aktiv sein und entdecken (fast wie ein Gott erfinden?) zu können
(arg anthropozentrisch?: die Welt entsteht überhaupt erst im Kopf, bzw. es bedurfte eben des Genies eines Kopernikus, um das Weltall sortieren oder zumindest doch ansatzweise durchschauen zu können),
scheinen mir aber weit über die Mathematik/Physik hinaus bedeutsam zu sein.
Die MathematikerInnen und PhysikerInnen "treiben" diesen Optimismus nur auf ungewöhnlichem Gebiet.
Viele Literatur
(und insbesondere wohl Trivialliteratur, worüber man sich aber laut nicht allzu billig-überheblich lustig mache)
besagt doch auch nichts anderes als
"Alles wird gut"
(was wohl immerhin impliziert: es ist noch nicht gut)
Und Märchen signalisieren mit der Reihenfolge
"Es war einmal ..." [... alles seit ewiger Zeit in Ordnung],
"Eines Tages ..." [... trat eine Störung auf],
"Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute" [d.h. alles ist wieder (wie anfangs) in (fast) ewiger Ordnung]
sogar: die Störung ist nur vorübergehend, d.h. letztlich war immer alles gut, ist es gut und wird es gut sein (vgl. "die beste [kleine Einschränkung:] aller möglichen Welten" von Leibniz).
Das mag unrealistisch sein (vgl. Voltaires Reaktion auf Leibniz in "Candide"), aber vielleicht braucht der Mensch solch dreist-unrealistischen Optimismus, um weitermachen zu können.