institutionalisierte Stumpfmathematik

vgl. auch

  "Quae medicamenta non sanant,
ferrum sanat,
quae ferrum non sanat,
ignis sanat."
(Hippocrates)

"Das mechanische Vollziehen von schablonenmäßigen mathematischen Operationen zu lehren und sonst nichts, liegt unter dem Niveau des Kochbuches, weil Küchenrezepte noch immer etwas der Phantasie und dem Urteil des Kochs überlassen, mathematische Rezepte dagegen nicht."
(G. Polya)

"Scheinbar konnte ich es mir bis zum Abitur im letzten Jahr leisten, für anfallende Arbeiten die Reihenfolge der Aufgabenstellungen auswendig zu lernen und praktisch nach Baukastenprinzip die Aufgaben zu lösen. Nun will ich mir einen allgemeinen Überblick über die Mathematik bis zum Abitur und vielleicht ein wenig darüber hinaus verschaffen [...] Außerdem würde ich gern einige Aufgaben lösen, bei denen nicht von Anfang an klar ist, welchen Lösungsweg man einschlagen muss."
(aus einem Leserbrief an mich)

Über das Zentralabitur (vgl. auch ) und überhaupt über die reaktionäre "neue Härte" lässt sich ja trefflich streiten:

Fragt sich nur, was "wenig selektive Kurse" sein sollen:

  • Sind damit Grundkurse gemeint, in denen der "Durchschnitt" rumsitzt? Fördert also das Zentralabitur den Durchschnitt - und behindert die Spitze in den Leistungskursen
    (was doch ein wunderschönes Eigentor für die ewigen Verfechter der Eliteförderung wäre)?:
    Ist also Menschenselektion gemeint
    (man müsste sich den Zynismus auf der Zunge zergehen lassen)?
  • Oder ist Mathematik wenig selektiv und Physik durchaus selektiv?
    D.h. ist Stoffselektion gemeint?

Ist Mathematik also an sich ein Dumpfbackenfach?

Denn man schaue sich doch nur mal an, was für ein Schwachsinn da (nicht nur im Zentral-)Abitur geprüft wird:

als zufällig erstes Beispiel, das ich in einer Suchmaschine finden konnte

Dieses kleinschrittige Abprüfen von Belanglosigkeiten hat für mich nichts, aber auch gar nichts mit der "richtigen" bzw. "eigentlichen" Mathematik zu tun, ja,

das ist das glatte Gegenteil von Mathematik.

Wenn die SchülerInnen doch nur langsam bemerken würden, wie idiotisch simpel gestrickt diese Mathematik ist. IMMER DASSELBE, Stumpfmathematik bis zum Anschlag, also z.B.

Was ist da vermisse, ist nicht der Anwendungsbezug, der sowieso meistens an den Haaren herbei gezogen ist, wenn nicht gar penetrant lustig sein will oder die SchülerInnen als Idioten verkauft: vgl. und dort: Grundkurs - Statistik - 2000/2

Sondern ich vermisse eben, was - wenn schon kein echter Anwendungsbezug vorliegt - Mathematik im eigentlichen Sinne ausmacht: strukturelles und Überblicksdenken.

Das Schlimmste am Zentralabitur ist, dass da solch ein kastriertes Bild von Mathematik auch noch institutionalisiert wird: institutionalisierte Dummheit oder institutionalisierte Ideologie (ein höchst einseitiges Bild von Mathematik)?

Es wundert mich wirklich, dass das außer mir überhaupt niemand bemerkt. Oder machen zigtausend MathematiklehrerInnen diesen Schwachsinn nur mit, weil sie müssen?

PS:

Kleiner Nachschlag zum nun auch in NRW eingeführten Zentralabitur: Die übliche Schulmathematik ist derart stumpf, dass da nicht mal mehr ein Zentralbitur schaden kann.

Bzw. der einzige Nachteil des Zentralabiturs liegt darin, dass es alle vorhandene Stumpfheit festbetoniert.

PPS:

Was oftmals im Physikunterricht und in Physikklausuren läuft, ist oftmals auch nicht besser, bereitet aber bestens auf so einige Rechenorgien an der Uni vor.