der Unterricht kann gar nicht theoretisch genug sein

 

 

Theo|rie [gr.-lat.] die; -, ...ien: 1. a) System wissenschaftlich begründeter Aussagen zur Erklärung bestimmter Tatsachen od. Erscheinungen u. der ihnen zugrundeliegenden Gesetzmäßigkeiten; b) Lehre von den allgemeinen Begriffen, Gesetzen, Prinzipien eines bestimmten Bereichs. 2. a) (ohne Plural) rein begriffliche, abstrakte [nicht praxisorientierte od. -bezogene] Betrachtung[sweise], Erfassung von etwas; Ggs. Praxis (1); b) (meist Plural) wirklichkeitsfremde Vorstellung, bloße Vermutung
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An solcher Art Definition fehlt mir ein wichtiger Aspekt: Theorie als eine Art Modellbau.

Theorien sind Erklärungsmodelle für die Wirklichkeit.

Ohne mich nun auf eine genauere wissenschaftstheoretische Diskussion einzulassen

(die ich auch gar nicht in allen Details kenne):

wir haben

(bzw. nur eine weitgehend unstrukturierte),

Bzw. es ist noch komplizierter: wir wissen oftmals nicht, ob unsere Modelle schon identisch mit der Wirklichkeit sind

(meine laienhafte Frage: zeigt die "Heisenbergsche Unschärferelation", dass

  1. wir nie eine Determiniertheit der Natur erkennen können,

  2. oder dass es keine gibt?

Und ist es müßig, über 2. nachzudenken, falls 1. gilt?).

Jede erklärende Aussage über die Wirklichkeit ist also potentiell schon eine Theorie bzw. ein Modell.

Theoretische Modelle sind unvermeidbar.


Nun hinkt natürlich der Vergleich mit der Modelleisenbahn:

Wissenschaftliche Theorien hingegen sollten sich immer der Empirie stellen: wenn ein Experiment dem Modell widerspricht, muss das Modell aufgegeben bzw. zumindest nachgebessert werden

(vgl. und , wenn in beiden Büchern vielleicht auch der Impuls zum Fortschritt falsch eingeschätzt wird).

Theorien sind eben nicht "wirklichkeitsfremde Vorstellung, bloße Vermutung" (s.o.).


Der Titel "der Unterricht kann gar nicht theoretisch genug sein" ist natürlich provokativ einseitig:

(Und gerade die "dummen" Kinderfragen können ins Zentrum von Wissenschaft führen:

Dazu aber müssen SchülerInnen erst wieder - vor aller Wissenschaft - hinsehen lernen und müsste man fast schon eine eigenes Schulfach "Hinsehen" schaffen: ihnen ist ja pars pro toto der "Badewannenstrudel" gar nicht bekannt bzw. nie aufgefallen, und wieso sollten sie dann nach der Coriolis-Kraft fragen?!

Siehe hierzu allerdings unbedingt auch )


Dennoch aber IST Schule letztlich nichts anderes als die Einführung in verschiedene Wirklichkeits-Modellierungen:

Vielleicht ist da - abgesehen von praktischen Fächern - das Fach Mathematik sogar die einzige Ausnahme, zumindest solange es um Innermathematik geht. Aber sobald sich die Mathematik auch nur einen Millimeter aus ihrem Elfenbeinturm hinaus und in die Anwendungen hinein wagt, ist sie eben auch "nur" Modell:

"Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit."
(Albert Einstein)


Das Problem steckt in dem "nur" ("nur" Modell):

(und derzeit sieht´s danach aus, dass eventuell die Relativitätstheorie ihrerseits verallgemeinert wird, nämlich die Lichtgeschwindigkeit nicht konstant ist - aber nunmehr endgültig in Megadimensionen).

"[...] das Bildungssystem [legt] allzu großen Wert auf das [...], was bekannt ist, und zu wenig auf das Unbekannte oder auch Unerkennbare. [...] [es vermittelt] eine völlig in sich geschlossene, widerspruchsfreie Sicht auf die Wirklichkeit [...]."
(Ralph Gomory)

Da wäre also doch wieder auf dem "nur" zu bestehen:


Es gibt gute Gründe dafür, dass in Schulen oftmals die Modelle als die Wirklichkeit selbst ausgegeben werden:


Und dennoch ist es schade, wenn nicht sogar gefährlich, wenn der Modellcharakter aller Theorien nicht erkannt bzw. thematisiert wird:

(pars pro toto darüber, wie Physiker und Chemiker überhaupt die Atom- und Molekülstrukturen herausfinden konnten, obwohl die doch selbst unterm Mikroskop nicht zu sehen sind).


Ein Problem war oben schon angedeutet worden: bei einigen Theorien kennen wir keine einzige Abweichung der Wirklichkeit vom Modell.

Ansonsten aber darf es natürlich nicht bei der bloßen Feststellung bleiben, dass "nur" ein Modell vorliegt, sondern müssen - wenn irgend möglich - die Abweichungen von der Wirklichkeit mitbenannt werden.

Als Beispiel sei hier genannt, was Peter Kröning in gegen die Evolutionstheorie anführt: dass der Vorgang der Mutationen noch lange nicht zufriedenstellend erklärt sei.

Zudem wäre (auch im historischen Rückblick) zu zeigen, dass


Ich finde es sträflich, wenn


Man kann mit all dem viel kleiner und früher anfangen: wenn man mit den SchülerInnen zusammen für den Mathemtikunterricht baut, müssen immer auch die Grenzen des Modellbaus (der technischen Umsetzbarkeit) mitformuliert werden, ja sie ergeben sich automatisch bei der mechanischen Anfertigung.