LerntageBÜCHER - weitergedacht

Logbuch, gesetzlich vorgeschriebenes Schiffstagebuch (§ 520 HGB), das in Verantwortung des Kapitäns laufend zu führen ist; das Logbuch ist eine Urkunde, in der alle für die Reise wesentlichen Daten und Ereignisse festzuhalten sind.
(Brockhaus multimedial 2002)

In Lerntagebüchern notieren die SchülerInnen nicht nur rein fachliche Erkenntnisse, sondern auch ihren Lernweg sowie ihre Auseinandersetzung mit dem Stoff und Unterrichtsprozess. Dabei ist zu unterscheiden zwischen einem individuellen und einem kollektiv erstellten Lerntagebuch.

Umfassende Erfahrungen zum Einsatz des individuellen Tagebuchs im Fach Mathematik liegen beispielsweise hier vor:

Üblicherweise ist dabei das Lerntagebuch ein Zusatz zum - meist nach wie vor konventionellen - Unterricht.

Da wäre es doch immerhin mal interessant zu überlegen, ob das Lerntagebuch nicht eigentlicher Unterrichtsinhalt bzw. die den Unterricht bestimmende Methode werden könnte, und zwar als kollektiv erstelltes Lerntagebuch, also z.B.

"Wir schreiben zusammen ein Buch über die Ableitung."

(... was ja nicht ausschließt, dass Einzelgruppen bzw. -personen für Unterkapitel verantwortlich [!] zeichnen; denn diese Einzelleistung, aber auch der Einzelstolz soll und darf ja nicht ersatzlos wegfallen;

spätestens hier wird nebenbei klar, dass mit [kollektiven] LerntageBÜCHERN keineswegs mehr ein "Methödchen", sondern eine echte "Großmethode" angedacht ist.)

Dabei wäre es denkbar, dass die Forschungsergebnisse einzelner Gruppen sukzessive in einer Mindmap zusammengetragen und immer wieder umsortiert werden und somit ein Inhaltsverzeichnis entwickelt wird.

Des weiteren wäre in permanenter Reflexion ein methodisches Arbeitsprogramm zu erstellen, d.h. zu klären, wie mit erarbeiteten mathematischen Sachverhalten umzugehen ist. Beispielsweise wäre festzuhalten, dass nicht allein das Auffinden und erste Verstehen eines Sachverhalts reicht, sondern er auch (etwa anhand konventioneller Schulbücher) zu üben ist.

Ein zentraler Bestandteil bei solch einem kollektiven Lerntagebuch wäre sicherlich die Orientierung an anderen, fertigen Büchern sowie überhaupt Medien, d.h. eine Recherche.

Voraussetzung dafür wäre ein (teilweise von der Lehrkraft zusammengestellter) Fundus an Medien, am besten in einer Mediothek (vgl. etwa  ) bzw. einem Selbstlernzentrum, das nun aber nicht nur von EinzelschülerInneN oder -gruppen, sondern systematisch vom ganzen Kurs benutzt würde: der Unterricht würde stunden- oder sogar wochenweise dorthin ausgelagert.

Dabei wäre die Lehrkraft in der Regel anwesend, nämlich beratend tätig, und selbstverständlich gäbe es auch immer wieder Stunden im gesamten Klassenverband, um

Das kollektive Lerntagebuch könnte man auch als eine kollektive Facharbeit verstehen, bzw. daran könnte gemeinsam erarbeitet werden, wie SchülerInnen später ihre ganz individuelle Facharbeit schreiben.

Für das kollektive Lerntagebuch dürfe nicht nur "der Weg ist das Ziel" gelten, sondern zur Motivation bedürfte es auch eines klaren Ziels bzw. Ergebnisses, nämlich eines Buchs, das hinterher alle mit nach Hause nehmen können:

"Denn, was man schwarz auf weiß besitzt,
Kann man getrost nach Hause tragen."

(was hier anders als im "Faust" durchaus positiv gemeint ist)

Die SchülerInnen sollen sehen und wortwörtlich anfassen können, was sie geleistet haben:

Solch ein materielles Werk halte ich für erheblich eindrücklicher als etwa eine CD oder eine Internetseite

(die andere [u.a. technische] Vorteile hat, nämlich beispielsweise den "Druck der Öffentlichkeit", vor der man sich nicht blamieren möchte.

Ja, ich wette, man wird auch noch zwanzig Jahre nach der Schule auf einem Klassentreffen auf solch ein Buch-Werk stolz sein [und wohl auch über die eine oder andere damalige Unbeholfenheit schmunzeln] - wenn es für eine CD vielleicht längst kein Abspielprogramm mehr gibt.)

Es erzeugt eben einen enormen (Kollektiv-)Stolz, sich selbst "gedruckt" zu sehen.

(Und nebenbei: es erzeugt - ausgehend vom langfristigen Vorhaben bzw. der Vorfreude auf solch ein Gemeinschaftswerk - auch den gesunden Kollektivdruck, Einzelarbeiten ordentlich anzufertigen.)

Gedacht ist hier also - damit das Ganze was "hermacht" - wirklich an ein echtes BUCH als Ergebnis:

Es ist wohl selbstverständlich, dass allein die rein technische Herstellung (Tippen, Einfügen von Bildern ...) solch eines Buchs mit enormem Aufwand verbunden wäre, der zusätzlich zur eigentlichen Mathematik nötig wäre.

(Und überhaupt wäre zu fragen, ob auch die inhaltliche Erarbeitung solch eines eigenen Buchs sehr viel mehr Zeit in Anspruch nehmen würde als konventioneller Unterricht - und wo diese Zeit anderweitig eingespart werden könnte und müsste. Mir scheint aber, dass es sich lohnen würde, sich die Zeit zu nehmen.)

Und dieser Aufwand darf letztlich nicht allein an der Lehrkraft hängen bleiben, sondern wäre von Anfang an in Absprache auf die SchülerInnen zu verteilen. Allerdings darf sich dabei niemand nur mit der Technik (etwa Computerlayout) beschäftigen

(etwa so, wie einige SchülerInnen in einem Theaterkurs unerfindlicherweise dafür eine gute Zensur bekommen, dass sie Scheinwerfer bedient haben),

sondern zentrales Beschäftigungsfeld für alle muss natürlich die Mathematik bleiben.

Die Lehrkraft wird bei solchen kollektiven Lerntagebücher neben neuen Aufgaben (Hinweise auf Themen und Medien, Anleitung zum Gruppen- und Lernen-Lernen) die alte Aufgabe haben, darauf zu achten, dass im Gemeinschaftswerk nichts grob Falsches stehen bleibt und sich festsetzt.

PS:

In solche Lerntagebücher würde ich auch aufnehmen.

PPS: Alles oben Gesagte ist bewusst im Konjunktiv bzw. als Frage geschrieben: ich habe solch ein Projekt ansatzweise bisher nur im Fach Deutsch ausprobiert

,

aber noch nicht im Fach Mathematik, wo es vorsichtshalber und auch, um sich nicht zu überheben, erst mal probeweise und am besten im kleinen Rahmen anzugehen wäre.