jahrgangsstufenübergreifendes "Teamlearning und -teaching"
Gemeint ist hier
weniger der von mehreren LehrerInnen gemeinsam abgehaltene (z.B. fächerübergreifende) Unterricht
(oftmals in einer Klasse oder zumindest Jahrgangsstufe, also etwa in Parallelkursen),
sondern, dass SchülerInnen verschiedener Jahrgangsstufen zusammen lernen - und zwar in einem Fach, also insbesondere der Mathematik.
Wie bei so vielem, was ich schreibe, beanspruche ich auch hier nicht, Weltneuheiten abzusondern.
Ansätze für jahrgangsübergreifendes Arbeiten gibt es beim "Lernen durch Lehren" - und gab es schon (wenn auch eher aus der Not geboren) vor Ewigkeiten in Dorf-"Zwergschulen".
(Aber genau da liegt das Problem: wenn sich alte "Methödchen" in der Regelschule nicht durchgesetzt haben, so ist doch zu fragen, weshalb nicht.
[Und man kann sich noch so vielen neue "Methödchen" ausdenken, 99 % davon werden sich im besten Fall sehr bald als kurzfristiges Strohfeuer erweisen. Vermutlich doch wohl, weil sie nur Verzierungen sind.]
Eine Idee ist noch lange nicht gut, nur weil sie uralt ist.
[Und umgekehrt:
eine Idee ist noch lange nicht schlecht, weil sie uralt ist,
bzw. eine Idee ist noch lange nicht gut, nur weil sie neu ist.
Solch scheinbare Banalitäten werden heute nur leider oftmals vergessen:
pädagogisch, wenn man meint,
mit einem Trommelfeuer neuer Methoden gleich die gesamte pädagogische Welt verbessern zu können,
Weltneuheiten zu verzapfen, obwohl doch die meisten wirklich wichtigen Ideen uralt sind;
"allgemeinpolitisch", wenn man leichtfertig die gesetzlichen Krankenkasse oder gewisse Staatsmonopole aushöhlt, ohne immerhin mal zu fragen, was mal für sie gesprochen hat.]
Drastisch gesagt: muss man nicht endlich mal eingestehen, dass die Regelschule mit
Frontalunterricht,
45-Minuten-Rhythmus
und eben auch Unterricht in geschlossenen Klassen
sich im Laufe der pädagogischen "Evolution" als die - zumindest im Vergleich mit anderen Modellen - immerhin noch am wenigsten schlechte herausgestellt hat?
Waren alle anderen methodischen Ideen vielleicht kurzfristig ganz nette Farbtupfer, auf die Dauer aber - und spätestens in einer Massenschule [die man ja auch mal als Fortschritt ansehen kann] unrealistisch?)
Wieder konkreter auf das jahrgangsübergreifende "Teamlearning und -teaching" bezogen: Warum denn hat es sich in der "Regelschule" nie durchgesetzt, weshalb ist es da derart unbekannt, dass es fast schon als Weltrevolution erscheint?
Ich sehe da vor allem drei Gründe:
die enormen organisatorischen Schwierigkeiten,
den Stoffdruck in allen Jahrgangsstufen, der kaum (scheinbar überflüssige) Exkurse zulässt,
unser aller Phantasielosigkeit.
Wie gesagt: was ich hier vorschlage, ist keine Weltneuheit, sondern ich versuche nur, verschiedenste Möglichkeiten anzudenken.
SchülerInnen einer 11. Klasse schreiben ein Mathebuch über das neue Thema "Ableitung", und dieses Buch (statt des normalen Schulbuchs; vgl. ) wird Grundlage in der nächsten 11. Klasse.
Solch ein Vorgehen hätte allemal einige Vorteile:
die derzeitige 11. Klasse wüsste endlich mal, wozu sie etwas lernt;
sie ist in die Pflicht genommen, denn natürlich soll im Folgejahr eine Rückkopplung zwischen der (dann) 12. und der neuen 11. Klasse stattfinden - was auch der (dann) 12. Klasse zur Wiederholung nicht schaden kann;
man könnte auf seine eigenen Leistungen stolz sein, fände nämlich endlich eine Anerkennung, die nicht nur von der Lehrkraft kommt bzw. sich in Zensuren ausdrückt.
Die (dann) 12. Klasse unterrichtet tatsächlich (also nicht nur via Buch) die neue 11. Klasse
(beim allemal für die gesamte Oberstufe zentralen Begriff der "Ableitung" wäre das auch eine sinnvolle Wiederholung für die 12.-KlässlerInnen);
Wenn in der 11. Klasse der Funktionenbegriff wiederholt wird und sich herausstellt, dass es bei einigen SchülerInneN beispielsweise am Kenntnissen zum Logarithmus hapert, werden sie in die 10. Klasse verwiesen, in der der Logarithmus ja gerade neues Thema ist.
(Warum soll einE LehrerIn immer alles wiederholen, also "bei Adam und Eva von vorne wieder anfangen"? Ab sofort überweist er einfach wie ein Arzt.)
Ich könnte mir sogar regelrechte jahrgangsübergreifende Thementage vorstellen:
"der Tag der Bruchrechnung"
(von den simpelsten Regeln bis zur Gruppentheorie)oder differenzierter:
LehrerIn A wiederholt in Raum 101 die Bruchrechnung,
LehrerIn B wiederholt in Raum 102 Termumformungen
...
Solch eine "Rücküberweisung" von SchülerInneN hätte allemal den Vorteil, sie deutlich auf Defizite hinzuweisen (und den Nachteil, sie zu beschämen?). Vor allem würde damit aber doch auch der systematische Aufbau der Mathematik deutlicher:
10.-KlässlerInnen erfahren, wie´s in der 11. Klasse weitergeht
(evtl. durchaus auch schon zukünftige Perspektiven wie beispielsweise Minimax-Berechnungen)und 11.-KlässlerInnen erfahren deutlicher, wie alles schon immer zielgerichtet war
(warum sie das damals alles gemacht haben).
Es gibt in der Mathematik keinen für OberstufenschülerInnen unwichtigen "Kinderkram": beispielsweise
ist (also der Beweis der Irrationalität) durchaus auch oberstufentauglich
(z.B., bevor man zu komplexen Zahlen übergeht)oder kann man den "Satz des Pythagoras" in der Vektorgeometrie der Oberstufe ganz neu aufziehen.
Daraus folgt für mich auch, dass OberstufenschülerInnen durchaus geeignet sind, auch mal Unter- und MittelstufenschülerInnen zu unterrichten und dabei
Durchblicke nachzuholen,
bereits Bekanntes zu festigen,
aber auch neue Perspektiven zu gewinnen (und sie es verständliches Darstellen, also Pädagogik).
Der Transfer könnte dabei durchaus beidseitig sein: auch UnterstufenschülerInnen können OberstufenschülerInneN etwas "beibringen" - und sei´s kindliche Freude.
Ein Beispiel, das ich mal im Fach Deutsch beim Thema durchgeführt habe:
SchülerInnen einer 5. Klasse und eines Leistungskurses Deutsch in der 13. Klasse schrieben gemeinsam ein Buch über Goethe:
die 5.-KlässlerInnen malten Bilder zu Goethegedichten
(was gleichzeitig Thema in ihrem Kunstunterricht war),und zwar basierend auf möglichst allgemeinverständlichen Interpretationen des Leistungskurses Deutsch der 13. Klasse.
Und die 13.-KlässlerInnen lernten, wie man möglichst allgemeinverständlich schreibt
(insgeheim lernten sie aber vor allem [wieder] die kindliche Freude der 5.-KlässlerInnen).