Unverstandenes als Chance (Verstehensstrategien)

"Ich weiß, dass ich nichts weiß."
(Sokrates)

der Istzustand
eine "neue" Arbeitsatmosphäre
mathematisches Unverständnis und Verstehensstrategien


der Istzustand

Genauso, wie es eine "neue Fehlerkultur" zu etablieren gilt, sollte auch das Unverstandene vermehrt als Chance begriffen werden:

Es ist eine Banalität und doch immer wieder betonenswert:

Unverständnis ist der Normalzustand vor jedem Lernen.

Wenn man SchülerInnen einen Text zu lesen gibt und dann fragt, was sie verstanden haben, gibt es drei typische Antworten:

  1. eisernes Schweigen (als verkappte Form von b. oder c.),

  2. "nix" ("den Text kann »man« nicht verstehen")

  3. oder aber "alles".

Was sollen die SchülerInnen denn auf solch eine "blöde" Frage auch antworten?:

  1. meinen sie (weshalb auch immer) doch befürchten zu müssen, dass Unverständnis als negative Leistung bewertet wird;

  2. haben sie ja oftmals keinen Maßstab für Verstehen: sie meinen subjektiv, etwas verstanden zu haben, wenn man aber mal genauer nachfragt ("erkläre mir doch mal bitte den von Dir benutzten Begriff »Expressionismus«"), stellt sich dieses Verstehen oftmals als oberflächlich bis geradezu grob sinnentstellend, wenn nicht gar falsch heraus;

  3. zeigt sich damit schon, dass diese Lehrerfrage oftmals als hinterhältig ankommen muss: die Lehrkraft fragt nur nach Verstandenem, um den SchülerInnen dann vorzuführen, dass sie eben noch nichts verstanden haben (und also noch viel Unterricht nötig ist).
    Es ist mit der Frage "was habt Ihr [nicht] verstanden?" sogar noch verdrehter: Mal vorausgesetzt, es handelt sich um einen zumindest vordergründig einfachen Text (leichte Wortwahl und Grammatik), so ist die Frage schon eine Zumutung - bzw. schlichtweg falsch gestellt: "Ja selbstverständlich haben wir [vermeintlich] alles verstanden, wieso fragen Sie da überhaupt noch." - bzw. eben gar keine Antwort (a).

Angenommen mal, es soll ein Text "verstanden" werden, in dem

Dann gibt es wohl zwei denkbare Herangehensweisen:

Gerade der letztgenannte Weg, d.h. als allererste Frage

"Was verstehe ich nicht, wo sind verborgene Probleme?"
(und damit die Unterstellung: es werden schon versteckte Schwierigkeiten drin sein, und zwar nicht als Schikane, sondern weil die Sache schwierig sein könnte).

wird aber viel zu selten mit bzw. von den SchülerInnen gegangen. Vielmehr

fleißig (und oftmals eben sinn- und verstandlos) drauflos:

Oder genauer: gerade "schlechte" SchülerInnen scheinen gar keinen Maßstab für Verständnis zu haben, sondern sie denken

(Nebenbei: ich benutze hier - wenn auch ironisiert durch Anführungszeichen - bewusst die Adjektve "gut" und "schlecht" statt "leistungsstark/-schwach" oder gar "teilleistungsschwach [-stark?]", und zwar

  1. , weil diese Begriffe nun mal gängig sind und mir die genannten Alternativen fast schon als Euphemismen erscheinen, denn

  2. Machen wir uns nichts vor: Schulnoten sind - insbesondere wenn sie gehäuft negativ auftreten - eben auch eine menschliche Benotung der Gesamtpersönlichkeit - oder werden zumindest leider so empfunden.)

"Gute" SchülerInnen hingegen stehen sich selbstkritisch gegenüber und wissen ihre Stärken und eben auch "Schwächen" realistisch einzuschätzen. Sie denken eben gerade nicht "Ich kann schon alles/sowieso nichts".

(Ein Beispiel aus dem Deutschunterricht: beim systematischen Verbessern eigener Texte

Nun wollen wir aber natürlich "gut" und "schlecht" nicht nur bestätigen, sondern auch den "schlechten" SchülerInnen helfen, "besser" zu werden.

Mehr noch: wie mir scheint, kann jedeR MathematiklehrerIn ein Lied davon singen, dass eben auch "gute" SchülerInnen, ja sogar ganze Klassen "wild drauflos rechnen" und dabei systematisch, ja geradezu voraussagbar Fehler machen

(insbesondere - so hübsch hinterhältig können insbesondere erfahrene LehrerInnen sein! - bei Aufgaben, die deshalb geradezu auf typische Fehler angelegt sind, um sie frühzeitig auszuschalten).

Solch systematisch falsches Rechnen kann zwei Gründe haben:


eine "neue" Arbeitsatmosphäre

Wichtig ist es also, eine "neue" Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der der  Unverständnis als

deutlich und gewürdigt wird.

Dazu muss den SchülerInnen klar werden, dass Unverständnis nicht ihr persönliches (peinliches) Manko ist:

"Insbesondere die Lehrerinnen und Lehrer können hier Vorbild sein. Auftretende Probleme sollten nicht übergangen werden, vielmehr sollten auch Schülerinnen und Schüler erleben, wie Unterrichtende mit der Situation auftretender Fehler oder Schwierigkeiten umgehen."
(Richtlinien, S. 39; vgl. "neue Fehlerkultur")

Anders gesagt: das darf nicht nur ein Versehen sein (jedeR hat mal einen Aussetzer), sondern man muss es als Lehrkraft ab und zu geradezu drauf anlegen (warum nicht mal ein Thema, das einem auch neu ist?!). Und es muss überzeugend sein, also nicht nur eine Suggestivfrage, bei der jedeR weiß, dass die Lehrkraft längst die Antwort weiß, und es deshalb keinen Grund mehr gibt zu fragen ("wer war Goethe?").

John Horgan: An den Grenzen des Wissens; Siegeszug und Dilemma der Naturwissenschaften; Fischer TB

suggeriert, ganz verstanden ist, und

John D. Barrow: Theorien für Alles; Die Suche nach der Weltformel; rororo
 

als überheblich, kurzsichtig oder aber resignativ entlarvt.

(Der Untertitel der neuen Ausgabe von Barrows Buch im Spektrum-Verlag, nämlich "Die philosophischen Ansätze der modernen Physik", zeigt dabei, dass Mathematik und Naturwissenschaft betriebsblind indikativisch bleiben, wenn sie philosophisch "unbeleckt" sind.)

Oder um es mit Einstein zu sagen:

"Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle [also auch (bisher) Unverstandene oder gar prinzipiell Unverstehbare?]. Es ist das Grundgefühl, das an der Wiege von wahrer Kunst und Wissenschaft steht. Wer es nicht kennt und sich nicht mehr wundern, nicht mehr staunen kann, der ist sozusagen tot und seine Augen sind erloschen."

Die Welt selbst muss als offen erscheinen

"Ich glaube, ja ich hoffe, dass wir sehr wenig wissen, denn dann macht das Leben viel mehr Spaß."
(Gregory Chaitin)

und damit auch der Schulunterricht:

 "[...] das Bildungssystem [legt] allzu großen Wert auf das [...], was bekannt ist, und zu wenig auf das Unbekannte oder auch Unerkennbare. [...] [es vermittelt] eine völlig in sich geschlossene, widerspruchsfreie Sicht auf die Wirklichkeit [...]."
(Ralph Gomory)

Oder anders gesagt:

Es muss ein Optimismus verbreitet werden, dass es noch viel zu entdecken und "zu tun" gibt, ja dass man (durchaus realistisch: im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten) was verändern kann und dass alles (weniger sogar technisch als sozial) noch erheblich besser möglich ist.

So würde ich die heute gängige Floskel von der Vorbereitung auf "lebenslangen Lernen" füllen: eben gerade nicht (als Selbstzweck) Lernen, sondern Neugierde - und Zutrauen zu sich selbst:

"ich habe erfahren, dass ich was kann; ich weiß mit Schwierigkeiten umzugehen - und mir zu helfen; und ich besitze das notwendige Handwerkszeug."

Ich bin mir durchaus bewusst, wie "pastoral" das klingt. Rechnen wir es also klein:

Eins der Grundprobleme von SchülerInnen scheint ja zu sein, dass sie eben gerade (noch) nicht in jene Höhen hinauf reichen (können), in denen Neues zu entdecken ist.

Nehmen wir nur mal das Fach, in dem das vielleicht am deutlichsten wird, nämlich die Mathematik: SchülerInnen beschäftigen sich im Laufe ihrer Schulzeit eigentlich fast nur mit der Mathematik der Antike und Frühneuzeit, und d.h.:

alles ist seit Ewigkeiten "fertig" und endlos breitgetreten (bzw. umgekehrt stromlinienförmig und leicht lernbar gemacht worden).

Es könnte einen mit Nietzsche geradezu ein historistisches Minderwertigkeitsgefühl packen: alles Große liegt in der Vergangenheit, es gibt nichts mehr zu tun

(bzw. heute ist es allzu schwierig, ein Genie zu werden: nur noch Kollektive, nicht Einzelpersonen bekommen einen Nobelpreis).

Oder man macht aus der Not eine Tugend, indem man - wie Leonardo da Vinci! - sagt: Weil alles Große schon entdeckt ist, begebe ich mich an die (vermeintlich!) kleinen Reste.

Immerhin - und das ist ja durchaus eine Chance! - geht es LehrerInneN auch nicht viel "besser": sie sind nur graduell (und evtl. nur fachlich) weiter, aber auch nicht (mehr) an der vordersten Front der Forschung.

Man könnte sogar sagen: SchülerInnen können evtl. noch zu Genies werden, LehrerInnen haben diese Chance (zumindest in fachlicher Hinsicht) längst vertan oder nie genutzt - was ja immerhin gesunde Demut lehrt.

(Aber bittschön kein falsches Selbstmitleid: es gibt anderes im Leben!)

D.h. beide (SchülerInnen wie LehrerInnen) haben einen gemeinsamen Ausgangspunkt: sie können (vorerst) nur "Avantgarde ihrer selbst sein", der eigene Lern- und Erkenntnisfortschritt zählt.

Selbstverständlich kann man im Unterricht wohl kaum jemals Weltneuheiten erarbeiten, wohl aber die eigene Aneignung attraktiv erscheinen lassen:

  • "Heureka!" (Ich! habs gefunden)

  • "Was du ererbt von deinen Vätern,
     erwirb es, um es zu besitzen."
    Oder anders gesagt: ich! eigne mir die Geschichte und die Wissensschätze an, und stolz kann ich nicht auf die Leistungen anderer (irgendwelcher Vorfahren oder gar der Nation) sein, sondern erst, wenn ich sie mir selbst angeeignet habe.

Vgl. auch .

"Erwerben" heißt aber eben auch "bezahlen": es geht nicht ohne Mühen - und eben den "Umweg" des erst mal Unverstandenen.

Nur müssen eben auch die Früchte der Mühen gezeigt werden.

Zuguterletzt soll hier nicht verschwiegen werden, dass Unverstandenes (mehr noch im persönlichen als im fachlichen Bereich) oftmals auch beängstigend ist.

(Vgl. etwa die Aussage eines Ethnologen, Naturvölker hätten eben nicht - wie wir heute gerne eskapitisch-nostalgisch meinen bzw. es zu meinen uns leisten können - in permanenter Harmonie mit der Natur gelebt, sondern in abgrundtiefer Angst vor ihr, d.h. ihrer Willkür, aber auch Unverständlichkeit.)

Auch darüber muss geredet werden.


mathematisches Unverständnis und Verstehensstrategien

Im Weiteren soll es mir nicht um das Verständnis komplexerer Texte gehen, sondern um typische (Un-)Verständnisprobleme in der Schulmathematik.

Dabei fange ich bewusst bei den Problemen mit der konventionellen Schulmathematik an, die ja wohl nach wie vor vordringlich sind

(auch wenn man in dieser konventionellen Schulmathematik mit einigem Grund und die eigentliche Ursache für das [angebliche] Versagen deutscher SchülerInnen in TIMSS und PISA sehen mag).

Dann gilt es eben, SchülerInnen auf solch eine "Stumpfmathematik" vorzubereiten, zumal dabei ja auch durchaus interessante und wichtige Ergebnisse (Verstehensstrategien) "abfallen" können.

(Auf eine andere, neue [?], offenere [anwendungsorientierte?] Mathematik werde ich erst weiter unten eingehen.)

SchülerInnen müssen in erster Linie "unsere" Klausuren schaffen, und diese Klausuren sind meist "idiotensicher" aufgebaut. Da ist es nur eine Sache der Fairness, SchülerInnen dieses Aufbauschema zu "verraten".

  1. beziehen sich Klausuren meistens fast ausschließlich auf den soeben erst durchgenommenen Stoff. Wenn also beispielsweise derzeit Potenzfunktionen "dran" sind, wird vermutlich keine Wurzel auftauchen, und zwar

  1. , weil die SchülerInnen diese (solange so geprüft wird) eh längst vergessen haben werden;

  2. , weil man den SchülerInnen freundlicherweise appetitliche Häppchen liefern möchte, die eben auf den derzeit aktuellen Stoff hin abgenagt sind, an dem nichts Fremdes irritieren soll;

  3. vielleicht auch, weil sich nicht ehemalige Versäumnisse auf ewig rächen sollen.

Wenn also beispielsweise gerade die Satzgruppe des Pythagoras "dran" war, muss (und wird) einE SchülerIn wissen: Egal, wie umständlich die Lehrkraft etwa in Textaufgaben fragt, irgendwo ist eine Anwendung dieser Satzgruppe, also auch ein rechtwinkliges Dreieck verborgen (oder - darauf wird unten zurückzukommen sein - muss ich für eins sorgen). Und den sonstigen "Schmu" (außer eben dem rechtwinkligen Dreieck) sollte man schleunigst vergessen.

  1. sind Klausuren von "leicht" nach "schwer" bzw. "simple Anwendung" nach "Übertragung" gestaffelt. Das scheint mir hier noch der sinnvollste Punkt, weil so mit den ersten (manchmal sogar bewusst zu einfachen) Aufgaben ("Aufwärmübungen") Sicherheit geschaffen wird, und zwar insbesondere auch für "schlechtere" SchülerInnen.

  2. prüfen LehrerInnen

  1. ungern dasselbe mehrfach ab (bzw. höchstens einen leichten und dann einen schwierigeren Fall), und zwar aus Gründen der Zeitökonomie für die SchülerInnen, aber auch sich selbst bei der Korrektur;

  2. logisch gestaffelt:

Wenn also beispielsweise die ersten Aufgaben lauteten

  1. a) leichte Anwendung des Satzes des Pythagoras,

b) schwierigere Anwendung des Satzes des Pythagoras,

  1. a) leichte Anwendung des Kathetensatzes,

b) schwierigere Anwendung des Kathetensatzes,

so wird in der dritten Aufgabe doch so sicher wie "das Amen in der Kirche" der Höhensatz anzuwenden sein, und zwar schon allein deshalb, weil LehrerInnen gerne den gesamten Stoff der vorhergehenden Unterrichtseinheit abprüfen.

Um noch bei den Standardaufgaben zu bleiben, als einziges Beispiel eine Aufgabe zu den Potenzgesetzen

(aus Lambacher-Schweizer 10, Mathematisches Unterrichtswerk für das Gymnasium Ausgabe Nordrhein-Westfalen, Ernst Klett Verlag 1996; darin S. 13, Aufgabe 17e):

(a20b0 + a19b1+a18b2+...+a1b19+a0b20)(a-b)

Wohlgemerkt: da steht nicht mal ein Auftrag dabei, der wohl allzu selbstverständlich "vereinfache" heißt. Einziger Tipp ist die Überschrift zu dieser Aufgabe, nämlich "Besondere Produkte", womit immerhin auf das hingewiesen und angedeutet wird: das Produkt zweier Klammern.

Immerhin ist das die überhaupt letzte Aufgabe im Kapitel zu "Potenzen mit gleicher Basis" (auch noch so ein Tipp!), womit zusätzlich das Signal gegeben wird: "die Aufgabe ist zwar ein bisschen schwieriger als die vorherigen, aber letztlich auch mit dem Gesetz ap aq = a p+q lösbar".

Die SchülerInnen müssen also wissen: es ist eine sogenannte "Reinlegeaufgabe", bzw. das "idiotensicher" Einfache ist nur umständlich verpackt.

Bzw. auch schon eine Lösungsstrategie: In der Mathematik gibt es oftmals zwei diametral entgegengesetzte Aufgabenarten, nämlich

  1. diejenigen, die mit schwierigen Werten (z.B. Wurzeln) anfangen, deren Ergebnisse aber ganz einfach ist (z.B. ganze Zahlen)
    (womit ein Ergebnis "richtiger" wirkt),

  2. und umgekehrt diejenigen, die mit einfachen Werten anfangen, deren Ergebnisse aber schwierig sind.

Beides ist aber (und das muss man den SchülerInnen ausdrücklich zeigen!) oftmals nicht gleichzeitig zu haben.

Kommt hinzu, dass LehrerInnen einfache Ergebnisse vorziehen, weil dann die Klausuren viel leichter zu korrigieren sind

(man sieht sofort, ob ein Ergebnis richtig oder falsch ist; was einen [auch bei richtigem Ergebnis!] ja nicht der Mühe enthebt, die Zwischenschritte anzusehen und zu würdigen).

Im o.g. Fall ist offensichtlich der Anfang schwierig, woraus fast zwangsläufig (insbesondere unter der Prämisse "Vereinfache!") folgt, dass das Ergebnis sehr einfach ist.

Oder anders gesagt:

(a20b0 + a19b1+a18b2+...+a1b19+a0b20)(a-b)

ist nur künstlich "aufgemotzt" (heiße Luft), um zu irritieren. EinE SchülerIn, die das weiß (diesen Mechanismus durchschaut hat), wird sich aber vielleicht nicht mehr ganz so leicht bluffen lassen.

Gleich zu Anfang sollte einE SchülerIn bei dieser Aufgabe also eine Doppelstrategie fahren:

Wir beginnen - wie oben empfohlen - auf die zweite Art. Schwierig sind hier

Solch eine klare Benennung und Aufgliederung der Schwierigkeiten ist aber die einzige Möglichkeit, um überhaupt aus dem Gewirr der Schwierigkeiten heraus zu kommen.

Und nach solch einer Aufgliederung der Schwierigkeiten kann man sie ja systematisch (und am besten einzeln nacheinander, nicht gleichzeitig) angehen:

Wer alles auf einmal versucht oder überhaupt nicht weiß, welche Schwierigkeiten enthalten sind, wird garantiert irre gehen.

Das Beispiel

(a20b0 + a19b1+a18b2+...+a1b19+a0b20)●(a-b)

sollte hier nur mal angedacht, aber nicht bis zu Ende gelöst werden. Es sei nur noch kurz angedacht, dass es so blöd, wie oben gesagt, nun auch wieder nicht ist:

  1. bereitet es mit den Pünktchen eben doch schon eine Denkweise vor, die später bei Reihen sehr wichtig wird;

  2. ist es ja eben doch faszinierend, wie das einfache Ergebnis zustande kommt, sich nämlich das Allermeiste gegeneinander "weghebt":

    (a20b0 + a19b1+a18b2+...+a1b19+a0b20)●(a-b) =

=  (a20b0 + a19b1+a18b2+...+a1b19+a0b20)●a- (a20b0 + a19b1+a18b2+...+a1b19+a0b20)●b =

=   a21b0 + a20b1+a19b2+     ...       +a2b19+a1b20

                    - a20b1 - a19b2 - a18b2+    ...       -a1b20 - a0b21 =

=  a21b0                                                                                 - a0b21 =

=   a21                                                                                     - b21

Das ist nicht nur ein schönes Lehrstück dafür, dass Terme (und auch Zahlen) völlig unterschiedlich aussehen und doch identisch sein können (so als hätten sie sich nur verkleidet und vor allem umständlich aufgeplustert); und es zeigt nicht nur überzeugend, wie sehr manchmal vereinfacht werden kann; sondern es erinnert auch an die Anekdote vom genialen kleinen Gauß, der die natürlichen Zahlen 1 bis 100 blitzschnell folgendermaßen addiert haben soll:

       1    +  2    + 3   + ... + 50

                                         +

      100 + 99   + 98  + ... + 51

      --------------------------------

      101 + 101 + 101 + ... + 101 = 50 ● 101 = 5050

Es reicht aber nicht nur, die SchülerInnen an die klare Erkenntnis der Schwierigkeiten heranzuführen, sondern es sind auch Lösungswege aufzuzeigen.

Das sollten aber, wenn irgend möglich, nicht solche Wege sein, die nur bei einem vorliegenden Beispiel helfen, sondern möglichst allgemeine, auch auf andere, ähnlich strukturierte Fälle übertragbare Vorgehensweisen (und diese würden dann etwa in eine selbstgemachte Formelsammlung gehören).

Und hier wäre es mal an der Zeit, aus der Sachlogik heraus, aber auch basierend auf den langjährigen Erfahrungen vieler KollegInneN das zu tun, was hier nicht geleistet, sondern nur angedeutet werden kann:

ein möglichst überschaubarer Katalog immer wieder anwendbarer Verstehens- und Vorgehensweisen

Ich möchte hier nur wenige nennen, die immerhin die Denkrichtung angeben sollen (hier noch weitgehend unsortiert):