Projekt Zufall
(dem Zufall auf der Spur)
"Das Unglaublichste an Wundern ist, dass sie geschehen. Am Himmel fügen sich einige Wolken in die Form eines staunenden menschlichen Auges zusammen. In der Landschaft erhebt sich während einer zweifelhaften Fahrt ein Baum in der genauen, kunstvollen Form eines Fragezeichens. Ich habe beides während der letzten Tage selbst gesehen. Nelson stirbt im Augenblick des Sieges; und ein Mann namens Williams ermordet ziemlich zufällig einen Mann namens Williamson, was wie nach Kindsmord klingt. Kurz: im Leben findet sich ein Element zauberischer Zufälligkeit, die Menschen, welche mit dem Prosaischen rechnen, ständig verpassen. Poe hat das in seinem Paradox hervorragend ausgedrückt: Weisheit sollte mit dem Unvorhergesehenen rechnen." "Der Zufall ist Gott, der inkognito spazieren geht." "Alles, was lediglich wahrscheinlich ist, ist wahrscheinlich falsch." "Seltsamer Zufall, dass alle die Menschen, deren Schädel man geöffnet hat, ein Gehirn hatten." |
Neben "Unendlichkeit" ist "Zufall" der zweite Zentralbegriff der Oberstufe.
Beim "Projekt Zufall" sollte mit dem ganz laienhaften, aber auch existentiellen Verständnis von Zufall zumindest begonnen werden.
Vgl. etwa
aber auch Bücher, die den Begriff des Zufalls selbst und seine alltäglich-existentielle Bedeutung in den Vordergrund stellen, also z.B. (seriösere Beispiele)
Lew W. Tarassow: Wie der Zufall will? Vom Wesen der Wahrscheinlichkeit; Spektrum | |
Mark Buchanan: Small Worlds; Das Universum ist zu klein für Zufälle; Campus | |
Pierre Basieux: Die Welt als Roulette; Denken in Erwartungen; rororo | |
Arthur Koestler: Die Wurzeln des Zufalls; Suhrkamp [ein bemerkenswertes Buch: teilweise wissenschaftlich veraltet, aber ansonsten das Werk eines großen "alten" Intellektuellen, weil offen ohne Berührungsängste - und gleichzeitig grundskeptisch] | |
Robert H. Hopke: Zufälle gibt es nicht. Synchronizität - Die verborgene Ordnung unseres Lebens; dtv | |
Gero Vogl: Wege des Zufalls; Tanz der Atome - Invasion neuer Arten - Ausbreitung von Seuchen und Sprachen; Spektrum | |
Carl Gustav Jung: Synchronizität, Akausalität und Okkultismus; dtv | |
Klaus Mainzer: Der kreative Zufall; Wie das Neue in die Welt kommt; C.H. Beck | |
Sean B. Carroll: Die Darwin DNA; Wie die neueste Forschung die Evolutionstheorie bestätigt; Fischer darin insbesondere Kapitel 2: "Die Alltagsmathematik der Evolution: Zufall, Selektion und Zeit" | |
Jeffrey S. Rosenthal: Vom Blitz getroffen; Die seltsame Welt des Zufalls; Eichborn | |
Amir D. Akzel: Der ganz normal verteilte Zufall; Mathematische Glückspiele und Orakel; Spektrum | |
Keith Devilin.: Pascal, Fermat und die Berechnung des Glücks; Eine Reise in die Geschichte der Mathematik; C.H. Beck | |
Ellen und Michael Kaplan: Eins zu Tausend; Die Geschichte der Wahrscheinlichkeitsrechnung; Campus | |
Simon Conway Morris: Jenseits des Zufalls; Wir Menschen im einsamen Universum; bup | |
Florian Mundhenke: Zufall und Schicksal - Möglichkeit und Wirklichkeit; Erscheinungsweisen des Zufälligen im zeitgenössischen Film; Schüren |
Dabei geschieht in diesen Büchern (und das wird ganz gezielt aufgenommen!) allemal etwas, was die Mathematik normalerweise meidet wieder Teufel das Weihwasser: es wird nach etwas scheinbar Paradoxem, nämlich nach dem Wesen des Zufalls gefragt. Nur lässt sich diese Frage eben auch nicht ganz vermeiden, bzw. die Mathematik mogelt sich in der Regel nur um sie herum.
Solche Bücher können wohl nicht ganz, aber immerhin doch in Ausschnitten durchgenommen werden.
Bei o.g. Büchern ist aber immer wieder auch eine gesunde Skepsis angebracht, vgl.
Gero von Randow: Mein paranormales Fahrrad; Rowohlt-TB | |
Gero von Randow: Der Fremdling im Glas; Rowohlt-TB | |
"Sceptical Inquirer", aus dem Randow vor allem zitiert. |
Auch beim Thema "Zufall" könnte als Einstieg ein "richtiges" Buch zum Thema stehen statt ein typisches Schulbuch.
Denkbar wären da die Statistik-Bücher von Walter Krämer (alle im Piper-Verlag erschienen)
Statistik verstehen; Eine Gebrauchsanweisung [als populärwissenschaftliches Lehrbuch besonders geeignet] | |
Denkste; Trugschlüsse aus der Welt der Zahlen und des Zufalls | |
So lügt man mit Statistik | |
Die Panik-Macher | |
Statistik für die Westentasche |
sowie ähnliche Bücher, die eher vom Betrug mittels Statistik oder zumindest doch fahrlässigem Umgang mit ihr ausgehen (also zu einer kritischen Betrachtung von Statistiken anleiten):
Hans-Peter Beck-Bornholdt, Hans-Hermann Dubben: Der Hund, der Eier legt; Erkennen von Fehlinformationen durch Querdenken; rororo | |
Hans-Peter Beck-Bornholdt, Hans-Hermann Dubben: Der Schein der Weisen; Irrtümer und Fehlurteile im täglichen Denken; Hoffmann und Campe | |
Hans-Peter Beck-Bornholdt, Hans-Hermann Dubben: Mit an Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit; rororo | |
Edward B. Burger, Michael Starbird: Wie man den Jackpot knackt; Zufall, Wahrscheinlichkeit und all der Zauber mit Zahlen; rororo | |
Martin Plimmer, Brian King: Unglaublich aber wahr; 290 kurze Geschichten vom Zufall; Bastei Lübbe |
Einstieg könnte auch die Fernsehsendung "Die Wissenschaft vom Zufall" aus der Sendereihe "Quarks & Co" sein.
Zentral wichtig ist dabei, dass SchülerInnen nicht nur fertige Statistiken "durchkauen", sondern auch lernen, wie seriöse Statistiken erhoben werden (vgl. Fragetechnik, Kontrollfragen ...).
Bei all diesen Büchern sind selbstverständlich (!) die mathematischen Grundlagen herauszuarbeiten, von denen aus da argumentiert wird (und an denen die Bücher ihrerseits gemessen werden müssen).
Wichtig scheint mir aber vor allem: solche Bücher lassen es überhaupt erst wünschenswert erscheinen, fachwissenschaftliches Handwerkszeug zu erarbeiten.
Solche Bücher dürfen nun aber keineswegs (wie üblich) der motivatorische Einsteig sein (der dann zugunsten der "eigentlichen" Mathematik schnell wieder vergessen wird), sondern sie sollen das Gerüst der gesamten Unterrichtsphase bilden.
Insbesondere wichtig scheint es mir aber auch, ansatzweise die quantentheoretischen (und damit fundamentalen philosophischen!) Implikationen des Zufalls behandeln, was etwa möglich ist anhand des Spektrum Hefts
Spektrum der Wissenschaften; Digest 1/1999; Quantenphänomene |
Historische Hintergründe (wenn auch wohl kaum für SchülerInnen?) liefert
Gerd Gigerenzer u.a.: Das Reich des Zufalls; Spektrum |
Und noch ein kleiner Tipp: Ivar Ekeland: Zufall, Glück und Chaos; Mathematische Expeditionen; dtv
Zum methodischen Vorgehen siehe "Selbstlernen radikal".
(Nebenbei: die profundeste Äußerung zu diesem Domfenster kam natürlich mal wieder verlässlich vom kölner Kardinal Meisner
[wobei es natürlich sein gutes Recht ist, dass ihm die Fenster nicht gefallen]:
"Das Fenster passt nicht in den Dom. Es passt eher in eine Moschee oder in ein Gebetshaus.")