der beste Unterricht ...
... ist noch immer ein interessanter Unterricht

Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort.
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.
(Joseph Freiherr von Eichendorff)

In seinem Buch "Was ist guter Unterricht?" (erschienen bei Cornelsen) hat Hilbert Meyer zehn Kriterien gesammelt, die wohl anerkanntermaßen zu einem guten Unterricht beitragen:

Dabei ist klar, dass nicht immer alle Kriterien gleichzeitig erfüllt sein können/müssen und dass ihre "Auswahl" je nach Veranlagung des Lehrers unterschiedlich ausfallen kann

(es gibt halt z.B. Genies des Bild "mäeutischen" Lehrervortrags, deren Unterrichtsstruktur hingegen manchmal ein bisschen schusselig-unklar ist und die die "Leistungserwartungen" völlig vergessen).

So richtig hübsch autoritär ergänze ich noch einen elften Punkt, nämlich schlichtweg Druck (Zensuren?). Aber man kann's auch freundlicher formulieren: die SchülerInnen brauchen


Der Punkt "Anforderungen" mag auch unter Hilberts Unterpunkt "Lernfördernliches Klima"

(oder unter "Individuelles fördern" oder unter "transparente Leistungserwartungen"?)

fallen, der ja sowieso (nur als Stichpunkt) arg allgemein bleibt

(in seinem Buch erklärt Meyer die Stichpunkte ja ausführlicher).

Bei "Lernfördernliches Klima" würde ich als Kriterium eines guten Unterrichts aber unbedingt "Fairness" (des Lehrers) ergänzen

(oder fällt Fairness doch besser unter "transparente Leistungserwartungen"?).


Das wichtigste Kriterium für guten Unterricht scheint mir aber noch immer zu sein, dass er interessant ist.


Und schon fahre ich mir - inzwischen fast gewohnheitsmäßig - selbst in die Parade und schiebe Relativierungen ein:

(vgl. Bild "Was ist Selbstlernen").

Aber eine Beschränkung auf äußerliches (sichtbares) Selbstlernen wäre doch allzu einseitig: beispielsweise der schon oben erwähnte Bild "mäeutische" Lehrervortrag kann eben auch interessant sein und zum Mit- und Nachdenken verführen.

Entgegen aller "Methoden"-Mode

(die manchmal ja durchaus wichtig ist)

scheint mir also, dass die Methode - im Vergleich mit der Interessantheit - letztlich sekundär ist.

Nehmen wir nur beispielsweise die neumodische Methode (?) "Stationenlernen"

(vgl.  Bild Anfragen an das "Lernen an Stationen"):

Ich bezweifle ja gar nicht, dass es da zwischen den Bergen ununterscheidbarer Arbeitsblätter auch sehr schöne Beispiele gibt und dass solch ein "Stationenlernen" beim ersten Mal auch sehr motivierend sein kann. Aber das Beste, was sich über viele Stationenzirkel sagen lässt, ist wohl, dass die Beispiele da oftmals viel interessanter sind

(und es auch im konventionellen Unterricht wären).

(das sagt sich so leicht)

  1. eine interessante Anfangsfragestellungen über die Ödnis des Übens hinweg trügt,

  2. interessante und minder interessante Phasen einander in überschaubaren Zeiträumen abwechseln

(und klar ist, wann wieder Interessantes folgen wird),

  1. (unvermeidbare) "Frustphasen" deutlich beim Namen benannt werden, statt dass immer unterstellt wird, alles sei interessant.

Am schlimmsten ist es

(und das ist vermutlich leider meistens noch der Regelfall),

wenn der gesamte Unterricht

(in einem Fach / in allen Fächern)

den SchülerInneN als eine einzige ununterscheidbare Ödnis erscheint.

(nichts "mehr", d.h. wie ist es - auch durch die Schule! - dazu gekommen?).

Bzw. für viele SchülerInnen ist (mit einigem Recht!) alles uninteressant, sobald es Schulstoff wird

(vgl. etwa  Bild ).

(z.B. "Handytarife")

Vielmehr meine ich eine Interessantheit "aus der Sache heraus".

Ich weiß, diese Interessantheit "aus der Sache heraus" lässt sich so leicht einfordern und ist doch so extrem schwer hervorzukitzeln.

(und sei's in Form eines "Spleens": SchülerInnen wissen einen Spleen durchaus zu schätzen, Hauptsache, da kann sich jemand überhaupt noch für irgendwas begeistern).

Das Schlimmste ist

(verschärft in Zeiten von Kernlehrplänen, Bildungsstandards und Bildungskanons)

ein Lehrer, der

(vgl. Bild ),

(und den Schulstoff eh "unter meinem Niveau" findet).


Einige wenige Beispiele, wie man vielleicht doch Interessantes aus der Welt bzw. einer Wissenschaft hervorkitzeln kann:

Ein einziges Beispiel: wie raffiniert Goethe es in "Der Erlkönig" offen lässt, ob die Wahrnehmung des Sohnes oder die des Vaters richtig ist.

Sieht man mal vom letzten Beispiel ab, so meine ich also, dass die Interessantheit durchaus auch "fachimmanent" hervorkitzelbar ist.


Dazu müssen aber sehr viel mehr und deutlicher als üblich die oft beglückenden, aber mindestens ebenso oft tragischen Entdeckungsgeschichten des jeweiligen Fachs herausgearbeitet werden.

Des weiteren wären fachliche Inhalte

(falls sie überhaupt nötig sind)

darauf hin zu prüfen, was das Interessante (eigentlich Markante) an ihnen ist bzw. wie man sie interessant "aufziehen" kann.

Und überhaupt wäre jedes Fach jenseits des Lehrplans nach besonders interessanten Inhalten zu suchen - für die Freiraum zu schaffen wäre.

Dabei ist Interessantes kein Luxus ("Kuschelpädagogik"), denn oftmals ist gerade das Fachtypische interessant. Nur ein Beispiel:

Bild


PS:
  1. "Interessantheit" ist eine der zentral wichtigen "Sachen", die sich durch keinen kultusministeriellen Erlass verfügen lassen.

Und umgekehrt: alle kultusministeriellen Erlasse

(so bitter diese Dauermedikamentation ja sein mag)

handeln nur von Nebensächlichem, ja machen potentiell das wirklich Wichtige unmöglich.

  1. Ich überlasse es gnädigst meinen SchülerInneN zu beurteilen, ob mein eigener Unterricht immer mal wieder für zumindest einige interessant ist.