oder Schulen sind

"Schulen", und das heißt doch wohl "alle Schulen" (und in diesen alle LehrerInnen)?

"Ganz Gallien ist von den Römern besetzt... Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten."

Und dementsprechend gab und gibt es ganze Schul"systeme" (wie z.B. die Reformpädagogik) und sicherlich auch viele EinzellehrerInnen, die anders zu handeln versuchen.


  "Aber wie wahrscheinlich ist es, dass ein junger Mensch heute seine Talente so zu nutzen lernt, wie es dem Meister aus Vinci gelang? Was wäre aus Leonardo geworden, hätte er eine heutige Schulbildung durchlaufen? Er müsste ein standardisiertes Unterrichtsprogramm absolvieren; die Lehrer würden ihm Wissen und Denkansätze vermitteln, die auf Sprache und logischen Operationen aufbauen. Doch für Anlagen, die von der Norm abweichen, ist dieses System kaum ausgerichtet. Seine hohe visuelle Begabung käme dem jungen Leonardo heute wenig zugute; zahllosen Kindern mit ungewöhnlichen Talenten dürfte es ähnlich ergehen. Sie haben schlechte Chancen, sich die Welt nicht nach vorgegebenen Rezepten, sondern auf Basis ihrer ganz speziellen Fähigkeiten anzueignen.
Für den historischen Leonardo mag es ein Glücksfall gewesen sein, dass er nie eine höhere Schule besuchte."
( , S. 256f)

Worum's geht, ist, dass Schulen "außerschulische" Kompetenzen von SchülerInneN herzhaft egal sind, solange sie nicht auch (und zwar direkt) "fachlich" relevant sind. 

Es gibt vier Gründe für solche Ignoranz der Schulen:

  1. Bild schon allein wegen der aberwitzig großen Klassen

(soviel - auch arg pauschal - zur modischen Pauschalforderung "individuelle Förderung");

  1. gibt es wohl tatsächlich Privatangelegenheiten von SchülerInnen, die die LehrerInnen "einen feuchten Kehricht" angehen

(man nehme nur mal als Maßstab, welche Privatangelegenheiten [und das müssen ja keineswegs irgendwelche Peinlichkeiten sein] der LehrerInnen tatsächlich oder angeblich umgekehrt die SchülerInnen  nichts angehen);

vielleicht gibt es aber auch eine falsche Berührungsangst gegenüber dem Privatleben der SchülerInnen (und LehrerInnen), die eventuell sogar auf dem fatalen Irrtum basiert, dass das "Leben" eh nichts mit der Schule zu tun hat;

  1. es ist ja vielleicht auch gut, dass Einiges dem Zugriff der Schulen und damit der permanenten Bewertung entzogen bleibt;
  2. - und wie schon angedeutet - scheinen viele außerschulischen Interessen von SchülerInnen (wie z.B. Briefmarkensammeln) im Hinblick auf die klassischen Unterrichtsfächer völlig irrelevant, wenn sie nicht sogar ex- oder implizit abgewertet werden.

(Man stelle sich nur mal vor, die Goethe-Vorliebe des Lehrers würde von SchülerInnen genauso entwürdigend bewertet wie beispielsweise "ihr Idioten sitzt doch den ganzen Tag nur vor Ballerspielen").

Besonders wichtig an Letzterem ist mir das Wörtchen "scheinen".


Ein Beispiel - und überhaupt der Anlass für diesen Text: 

Freunde haben einen Sohn im vierten Schuljahr, der wegen mittelprächtiger Leistungen in den ach so wichtigen "Kernfächern" Mathematik und Deutsch vermutlich nicht die "Gymnasialempfehlung" bekommen wird.

Und schon fangen für "bildungsbürgerliche" Eltern (und zwar eventuell zum ersten Mal) die Sorgen an. 

(Es ist nunmal nicht von der Hand zu weisen, dass

Mich freut allerdings diebisch der neueste Trend, dass Eltern Widerstand gegen G8 leisten, indem sie ihre Kinder vermehrt an Gesamtschulen anmelden.)

Nun hat der Sohnemann der Freunde aber eine wahrhaft bemerkenswerte Fähigkeit auf mechanischem Gebiet

(was hier nur exemplarisch für viele andere Fähigkeiten stehen soll):

er

(es gibt nämlich sehr wohl höchst anspruchsvolle Computerspiele wie z.B. auch , wenn mir auch das reale Bauen allemal lieber ist;

und anscheinend kann man viele dieser Computerspiele nicht "nur" nachspielen, sondern auch - wenn ich es überhaupt richtig verstanden habe - auch eigene "Levels" entwickeln),

Nur weiß das keineR seiner LehrerInnen, bzw. eine Lehrerin empfahl den Eltern dann mal, der Junge solle halt Automechaniker werden

(und das in einem abwertenden Unterton, obwohl Automechaniker doch ein höchst ehrenwerter [und unterbezahlter] Beruf ist).


Nun verlange ich ja gar nicht, dass (was ja sowieso utopisch wäre) jedes Einzelhobby zum Schulfach avanciert

(ich finde den üblichen Fächerkanon der Schulen ja durchaus gut, wenn diese Fächer auch allzu sehr voneinander und von der Außenwelt abgeschottet sind; und sowieso ist es ja unmöglich, jeden späteren Beruf [Ökonomie!] zum Schulfach zu machen;

aber warum nicht doch in einer durchgehenden Stundenplanleiste immer mal wieder auch Technik?).

Immerhin wäre aber doch mal zu fragen, inwieweit einige Hobbys an existierende Schulfächer angegliedert werden können

(was ja nicht bei jedem Hobby möglich sein mag)

So bin ich mir doch felsenfest sicher, dass mechanische Fähigkeiten bestens zu den Naturwissenschaften passen würden und diese auch erheblich bereichern könnten:

ich habe genug Biografien großer Physiker gelesen, für die Basteleien im Kindes- und Jugendalter der entscheidende Einstieg in die (später dann auch theoretische) Naturwissenschaft waren.

Ich glaube aber auch, dass ein technisches Hobby bestens zur Mathematik passen würde, und zwar nicht so sehr wegen mathematischer Anwendungen, sondern weil technisch-mechanisches Verständnis die Mathematik anschaulicher machen würde

(vgl. ).

Ein Beleg dafür aus einem scheinbar meilenweit entfernten Zusammenhang:

"Die Erbauer solcher Kreise [wie Stonehenge] brauchten beträchtliche Fähigkeiten oder zumindest einen ausgeprägten Sinn für Symmetrie."
(Marcus Du Sautoy in "Die Mondscheinsucher")

Was doch wohl heißt, dass anschauliches Gespür und mechanisches Können durchaus mathematisches Wissen ersetzen bzw. fördern können.

Vgl. auch .

Ich glaube sogar, dass mechanisches Können echte Mathematik sein kann. Beispielsweise die Konstruktion (Herstellung) einer geometrischen Abbildung ist ja bereits die ganze Abbildungsgeometrie.

Und allemal schult Konstruieren das dreidimensionale Denken.

Sowas herrlich Durchgeknalltes kann also durchaus mathematisch sinnvoll sein

... und kommt viel zu selten im "reinen" (sterilen) Matheunterricht vor:

(vgl. )

Ich bin ja sowieso ein großer Fan von "mathematischem Basteln". Es müssen ja beispielsweise bei Lego® keineswegs die hochkomplizierten Sets sein, mit denen sogar Wissenschaftler arbeiten, sondern es reichen die simplen kubischen Steine. Vgl. BildBild.


 
Im Kindergarten meines Sohnes heißen diejenigen Kinder, die im folgenden Jahr auf die Schule gehen werden, "Tüftelkinder" - und werden nach Strich und Faden "frühgefördert":

tüfteln "schwierige, kleinliche Arbeit leisten; grübeln": Das erst seit dem 18. Jh. bezeugte Verb ist dunkler Herkunft. Abl.: Tüftelei "Arbeit, die besondere Geschicklichkeit erfordert, schwierige Überlegung" (19. Jh.); Tüft[e]ler "jemand, der gerne tüftelt", (18. Jh.); tüft[e]lig "kleinlich, übergenau bei der Arbeit" (19. Jh.). Beachte auch die Zusammensetzungen austüfteln "herausfinden" (19. Jh.), herumtüfteln "an einer Sache langwierig arbeiten" (20. Jh.).
(Duden Herkunftlexikon)

Nach ausgiebigem Konsum des Computer"spiels" ("Erde - Wasser - Luft") hat mein fünfjähriger Sohn seinen Berufswunsch "Betonmischerfahrer" nun in

(so hat er sich ausgedrückt, und das hat er bestimmt nicht bei mir aufgeschnappt)

"Welterklärer" (wohl etwa im Sinne von "Populärwissenschaftler") und "Sachenmacher" (= Sachenbauer) abgeändert.

Schade, dass Kinder das bald vergessen bzw. abgewöhnt bekommen.

(Schade auch, dass das "Basteln", das natürlich im besten Sinne Spiel bleiben soll, allzu schnell als kindisch [bzw. für das "Kind im Manne"] abgetan wird.)

Und dann hat mein Sohn prompt mit der Erklärung losgelegt, warum verschiedene Dinge (nicht) schwimmen:

 


Heutzutage wird andauernd in stramm nationalistischen Tönen geklagt, dass zu wenige SchülerInnen nach dem Abitur Ingenieure werden und Deutschland deshalb - schnief! - im Rahmen der Globalisierung auf dem absteigenden Ast sei. Wundert einen das, wenn Technik (als unreine [?] Wissenschaft) in Schulen überhaupt nicht vorkommt und nie gezeigt wird, wie atemberaubend viele technische Erfindungen sind - und wie dankbar wir für sie sein können?:

Fatal ist vor allem der Eindruck der absoluten Perfektion: es muss den SchülerInnen so erscheinen, als wenn sie gar keine Chance mehr hätten, etwas zu erfinden bzw. zu entdecken.

Meine liebste geniale Erfindung ist nebenbei eine Wäschespinne, bei der beim Zusammenklappen die Seile alle automatisch in einem Wetterschutz verschwinden:

Da möchte man die Wäschespinne doch gleich auseinandernehmen, um herauszufinden, wie das funktioniert!


Bemerkenswert scheint mir aber auch, wie gut der oben genannte Viertklässler den Bau seiner Modelle erklären kann: seine sprachliche Begabung ist halt nur anders gelagert, als es vielleicht im üblichen Deutschunterricht verlangt wird - und überhaupt komme man älteren (männlichen!) Schülern vielleicht eher mit (eigene Konstruktionen erklärenden) Sachtexten als mit - igitt! - Lyrik.