der des Lebens
kann gar nicht ernst genug sein

Bei einem abendlichen Treffen mit Freunden wurde Folgendes erzählt:

auf einem großen Indoor-Kletter-Turnier

(die Teilnahme daran war - das wird unten noch wichtig - streng freiwillig)

mussten Kinder auf einem vorweg markierten Weg eine 17 m hohe Wand erklimmen. Wer zwischendurch versehentlich einen anderen Weg einschlug, musste

(was wohl enorm schwieirig ist)

bis dort zurückklettern, ab wo der Fehler passiert war, und verlor damit allemal so viel Zeit, dass er keine realistische Siegchance mehr hatte.

Vor allem aber: jedes Kind durfte nur ein einziges Mal starten. Wenn es also z.B. schon auf den ersten Metern ein einziges mal ausrutschte oder sich "vergriff", waren damit sofort alle Chancen auf einen Sieg vergeben.

Als das im Freundeskreis erzählt wurde, hob ich ganz leise zu reden an:

die rigide Regelung, dass jedes Kind nur ein einziges Mal starten durfte, sei

  1. bei über 100 teilnehmenden Kindern vermutlich unvermeidbar gewesen

(sonst hätte das Turnier mindestens doppelt so lang gedauert und vielleicht gar nicht mehr in einen Tag gepasst),

  1. aber doch gleichzeitig für Kinder, die einen kleinen Fehler gemacht hätten, bitter schade gewesen:

300 km angereist - und dann schon nach wenigen Sekunden ausgeschieden

(sogar in der Champions-League gibt es [außer im Finale] immer ein Hin- und ein Rückspiel).

Ich hatte also mit der "Präambel" (1.) signalisiert, dass es mir nicht um eine Kritik des Turniers, sondern "nur" um ein "Denkmodell" ging. Und schon gar nicht ging es mir um die vollständige Abschaffung aller Wettbewerbe.

Die drei außer mir anwesenden Freunde waren sich aber prompt einig:

das Turnier sei nunmal ein Wettbewerb gewesen, und die Kinder müssten halt gegebenenfalls

(notfalls - das gestanden die Freunde durchaus ein - auch unter Tränen)

das Verlieren lernen 

(man könnte auch sagen [was aber keiner der drei Freunde tat]: da die Teilnahme an dem Turnier freiwillig war, kannte ja jedes Kind die Regeln vorweg - und musste es dann eben evtl. die Suppe auslöffeln).

Als mir so geballt die Meinung der drei Freunde entgegenschlug, gab ich noch kurz zu bedenken, dass ich ganz allgemein ein ungutes Gefühl bei allen punktuellen Prüfungen (z.B. auch im Abitur) hätte,

aber das ward gar nicht mehr gehört - und ich habe dann bei soviel Unverständnis nur noch geschwiegen.


(aus dem Buch )

Wir leben nunmal in einer Ellenbogengesellschaft,
heutzutage ist alles "ranking",
das Leben ist kein Zuckerschlecken -
und das können Kinder gar nicht früh genug merken.

(Laut Walter Moers in sollte man sein Kind auf den Namen "Joghurt" taufen,
damit es gleich von Anfang an merkt, wie übel einem das Leben mitspielen kann;
und was uns nicht tötet, macht uns hart.)


Seit mein Sohn in einem Fußballverein ist, bewundere ich das enorme ehrenamtliche Engagement vieler Leute (Trainer ...) dort

(wie auch wohl in vielen anderen Sportvereinen).

In diesem Verein gibt es in jeder Altersklasse

(was nicht völlige Ehrgeizlosigkeit bedeutet: der Trainer meines Sohnes "bestraft" z.B. - auch das finde ich gut!: - Zuspätkommen, unvollständige Klamotten, Unfairness innerhalb der eigenen Mannschaft, aber auch verlorene Spiele mit einem wenn auch minimalen Obulus, der in eine gemeinsame Kasse fließt, aus der später z.B. eine Weihnachtsfeier bezahlt wird).


Was sind Freunde?

Ich lasse bei der Beantwortung dieser Frage mal alle privaten Dimensionen der Freundschaft weg und auch sowas Unklares wie "Sympathie".

Mit Freunden verbinden einen keineswegs primär gleiche Interessen, sondern eher ähnliche "Denkweisen". Für mich heißt das: Freunde müssen (?) ähnlich liberal

(nicht mit der FDP zu verwechseln, die nur wirtschaftsliberal ist)

und offen sein, aber fallsweise auch so probeweise rabiat kritisch wie ich denken und den advocatus diaboli spielen können

("in der Theorie fundi, in der Praxis realo")

- und ab und zu noch liberaler und offener als ich

(und ich eventuell dann und wann mehr als sie),

d.h. sie müssen mich ab und zu bei Denkblockaden erwischen und von Gehirnverstopfung befreien.

(Das alles ist keine Frage der "formalen" Bildung bzw. des Schulabschlusses: [Halb-]"Akademiker" war noch nie eine Garantie für Intelligenz, Liberalität und Einfühlungsvermögen, sprich: Intellekt.

Jüngst hatte ich z.B. auf einer Stehparty 

[so eine merkwürdige Erfindung alter Säcke, die nicht mehr tanzen können oder wollen; warum setzt man sich dann nicht gepflegt?]

das zweifelhafte Vergnügen, mit einem Juristen 

[nunja, was will man da erwarten? - obwohl ich ansonsten doch immer nur die Ausnahmen von Berufsklischees (näher) kennenlerne]

aneinander zu geraten, der rabiater Kapitalismusbefürworter war 

[und zwar nicht etwa, weil der Kapitalismus nunmal (angeblich) Sachzwang ist oder doch auch (für einige / uns) echte Vorteile hat, sondern aus überdeutlicher Überzeugung].

Wie kann man 

[nicht erst seit der letzten großen Wirtschaftskrise]

denn so blöd und vor allem herzlos sein?!)