PISA-Musterländle

  "Wir können alles. Außer Hochdeutsch."

Finnland war in der leidigen PISA-Debatte immer das Musterländle, und deshalb sind nach PISA massenhaft Kultusbürokraten und sonstige Bildungs-"Experten" nach Finnland gepilgert

,

um den ach so schlauen Finnen ihre pädadogischen Erfolgsrezepte abzuschauen.

Das hatte immerhin den Vorteil, dass die Kultusfuzzis auf meine Steuergelder wunderschöne Dienstreisen machen konnten:

Wie nebensächlich ist da doch der kleine Schönheitsfehler, dass die Kultusbürokraten aus ihren Dienstreisen rein gar nichts gelernt haben. Wie sollten sie auch?: sie hätten ja als erstes sich selbst abschaffen müssen:

(in Finnland gibt es keine Schulaufsicht und nur minimale Lehrpläne [vgl. ], also Freiheit!)


In seinem Film

gibt Michael Moore vor, er habe sich mit den höchsten amerikanischen Militärs getroffen, die völlig resigniert gewesen seien, weil sie seit dem Zweiten Weltkrieg keinen einzigen Krieg mehr gewonnen, sondern beispielsweise im Irak alles sogar noch

(wie mein hochverehrter Mathelehrer Beuckmann zu sagen pflegte)

verschlimmbessert hätten. Michael Moore hätte daraufhin versprochen, auf seine Art in (vor allem europäische) Länder einzumarschieren und dort das Beste für die USA zu konfiszieren:

Als er dann u.a. zeigt, wieviel bezahlten Urlaub die Italiener haben, läßt er keineswegs unerwähnt, dass Italien erhebliche (ökonomische) Probleme hat, sagt dann aber, dass es ihm bei seiner Europareise nicht um das (auch in Europa vorhandene) Negative, sondern um die "Blumen" gegangen sei.

(So böse einseitig Michael Moore ja in der Tat oftmals ist, so ist er doch gleichzeitig penetranter Optimist - und manchmal bitter nachdenklich.)

In Finnland hat er sich dann natürlich das Bildungssystem vorgenommen:


(hier in der englischsprachigen Version, weil derzeit nur diese im Internet zu finden ist)

Bemerkenswert daran ist

  1. , dass "die" Finnen reichlich wenig von standardisierten Tests halten

(ein kleiner Widerspruch ist es da allemal, dass sie dennoch an PISA teilgenommen haben;

ein großer Widerspruch ist es aber, dass die deutschen Kultuspolitiker nach ihren Finnlandreisen ausgerechnet die standardisierten zentralen Prüfungen überhaupt erst eingeführt und dann sukzessive ausgebaut haben: am liebsten hätten sie ja ein weltweites Zentralabitur, damit endlich ultimative Objektivität herrschen würde);

  1. , dass es in Finnland so gut wie keine Hausaufgaben gibt

(die eh nur den sowieso schon "guten" Schülern helfen);

  1. , dass die Finnen die weltweit wenigsten (!!!) Schulstunden pro Woche haben, weil die Schüler

(man höre und staune:)

bittschön außerschulisch ihre Kindheit und Jugend genießen sollen

(... während man in Deutschland im Rahmen von G8 die Wochenstundenzahl sogar noch erhöht hat);

  1. , dass die Finnen fassungslos darüber sind, dass in anderen Ländern (den USA) vermeintlich nebensächliche Schulfächer wie Kunst, Musik und "Poesie" (!)

(am liebsten zugunsten ökonomisch verwendbarer Fächer)

zurechtgestutzt oder sogar vollends abgeschafft wurden.


PS: Nun will ich mir das finnische Schulsystem allerdings auch nicht schön- bzw. zurechtreden

(man suche immer gezielt nach den gegenteiligen und auch unliebsamen Informationen;

ein Beispiel: bei meiner Zuneigung zur Arbeitnehmer-Mitbestimmung fällt es mir bitter schwer, den Gedanken zuzulassen, dass das Biest Maggie Thatcher mit ihrer Zerschlagung maßlos übertriebener Gewerkschaftsmacht vielleicht doch recht hatte):

"Das Bildungssystem in Finnland wird durch ein Schulgesetz und in Verordnungen festgehalten. Die Regierung beschließt die nationalen Ziele und Stundentafeln [?]. Die Rahmenpläne und Standards werden vom Zentralamt für Unterrichtswesen (finn. Opetushallitus) vorgegeben. Oberste Schulbehörde in Finnland ist das Bildungsministerium. [...] In Finnland gibt es keine spezielle Aufsichtsbehörde. Die Koordinierung und Sicherstellung der Qualität obliegt den Bildungseinrichtungen selbst. Gesetzlich festgesetzte Ziele und die statistische Erhebung ermöglichen eine effiziente Kontrolle über die Qualität.
[...]
Seit 1999 wird die Einheitsschule [!] nicht mehr in sechs Unter- und drei Oberstufenklassen eingeteilt. Stattdessen wird in den ersten sechs Jahren der Unterricht von Klassenlehrern geleitet (etwa 3000 Schulen), in den letzten drei Jahren von Fachlehrern (etwa 600 Schulen). Es gibt verbindliche Bildungsziele und Bewertungskriterien, die vom Finnish National Board of Education festgelegt werden. Die Gemeinden und Schulen erstellen auf dieser Grundlage dann einen Lehrplan. Lehrer haben die Freiheit, eigene Lehrmaterialien einzusetzen und den Unterricht nach ihren eigenen Lehrmethoden zu gestalten. Es gibt keine Bewertung in Form von Noten von der ersten bis vierten Klasse. Ab der fünften darf benotet werden, erst ab der siebten müssen Noten vergeben werden. Mindestens einmal im Jahr erhält jeder Schüler einen Bericht. Eine bestandene Abschlussprüfung der Einheitsschule ist die Voraussetzung für jegliche weitergehende Bildung. Der finnische Harvard-Professor Pasi Sahlberg beschreibt die finnische Schule mit den Worten, sie unterrichte weniger Stunden, biete mehr Ferien, fordere weniger Hausaufgaben, prüfe nur beim Abitur und basiere auf dem Sprichwort »Das ganze Dorf erzieht das Kind«.
[...]
In der allgemeinbildenden Sekundarstufe II werden die Schüler nach einer Aufnahmeprüfung drei weitere Jahre unterrichtet und in einem Kurssystem bis zum Abitur geführt. Man kann allerdings auch zwischen zwei und vier Jahren dafür in Anspruch nehmen. Über 90 Prozent aller Jugendlichen in Finnland (in Deutschland 43,1 % vgl. Abiturientenquote) erhalten das Abiturzeugnis (Ylioppilastutkinto), wobei der Anteil der Mädchen bei 60 Prozent liegt. Bei Nichtbestehen gibt es die Möglichkeit einer Wiederholungsprüfung (Uusinta). Die Abiturprüfung wird in Finnland zentral organisiert, und die jeweiligen Fachprüfungen werden in allen Gymnasien gleichzeitig abgehalten. Die Abiturprüfung umfasst obligatorisch die Muttersprache, eine Fremdsprache, Mathematik oder ein Fach aus der Geistes- oder Naturwissenschaft."
(Quelle: )