die Hetzjagd auf Lehrer beginnt

Natürlich müssen sich auch Lehrer Kritik gefallen lassen. Und doch ist es besonders gefährlich, wenn die Hetzjagd auf Lehrer beginnt:

wo, wenn nicht in der Schule, sollen Jugendliche denn die Auseinandersetzung mit anderen Meinungen und kritisches Denken (Abwägen und dann Entscheiden) lernen!?


Es ist mit der AfD ja so eine Sache:

  1. muss sie sich natürlich (wie jede andere Partei) ggf. harsche Kritik gefallen lassen (solange diese nicht den Tatbestand der Beleidigung und üblen Nachrede erfüllt),
  2. hat sie dieselben Rechte wie jede andere Partei (solange sie nicht offiziell als verfassungsfeindlich eingeordnet wird),
  3. ist inzwischen aber wohl der Zeitpunkt für „mitgefangen, mitgehangen“ erreicht: am 1.9.2018 hat die AfD

(oder genauer: ein Teil von ihr unter Führung des sattsam bekannten Björn Höcke)

in Chemnitz Seit‘ an Seit‘ mit Pegida und Rechtsradikalen demonstriert:

Spätestens seit diesem Schulterschluss mit Rechtsaußen kann keiner (kein AfD-Mitglied) sich mehr mit der notorischen Entschuldigung herausreden, er habe „es“ nicht gewusst.

Und doch muss der Fairness halber auch erwähnt werden:


Nochmal kurz zu 2., also „[die AfD] hat [...] dieselben Rechte wie jede andere Partei  (solange sie nicht offiziell als verfassungsfeindlich eingeordnet wird)“:

Die AfD hatte also laut Gericht dasselbe Recht, in einer Schule zu tagen, wie jede andere (nicht als verfassungsfeindlich eingeordnete) Partei auch.

Und selbstverständlich hat jeder Bürger das Recht, vor dem Tagungsort der AfD (friedlich) zu demonstrieren:

Nun mag es gute Gründe dafür geben, dass Parteien überhaupt in Schulen tagen dürfen. Als solch einen Grund könnte ich mir beispielsweise vorstellen, dass die Stadt nicht genug außerschulische Tagungsorte für (Partei-)Veranstaltungen hat.

Dennoch meine ich, dass Parteiveranstaltungen (egal, welcher Partei) ganz grundsätzlich nichts in Schulen zu suchen haben

(nebenbei: genauso wie Reklame oder Firmenlogos von Sponsoren).


Das Neutralitätsgebot der Schule bedeutet eben nicht, dass Lehrer niemals ihre politische Meinung (u.a. zur AfD) sagen dürfen:

(dort dürfen sich Lehrer - wie jeder andere Bürger auch - selbstverständlich parteipolitisch engagieren, weshalb ja z.B. auch der Bundestag angeblich randvoll mit Lehrern ist: „die haben ja nichts Besseres zu tun“);

(was allerdings schwierig zu definieren ist).

Manchmal müssen Lehrer sogar im Unterricht ihre politische Meinung sagen: beispielsweise darf sowas Gefährliches wie die AfD-Demo in Chemnitz in Schulen gar nicht unkommentiert bleiben, und überhaupt haben die Schüler ein Recht darauf, sich an politischen Meinungen der Lehrer zu reiben und ihre rhetorischen Messer zu wetzen.

(Im Politikunterricht muss aber sehr wohl auch der empathische Versuch gemacht werden zu verstehen, wie es zur AfD und ihrer zunehmenden Radikalisierung kommen konnte.)


Auch die derzeitige Aktion mehrerer AfD-Landesverbände gegen Lehrer ist zwiespältig zu bewerten:

Ich kann nur hoffen, dass zügig rechtsstaatliche Mittel gefunden werden (können), den AfD-Landesverbänden die Nennung unliebsamer Lehrern auf ihren Internetseiten zu verbieten.


Denn eines ist für mich allemal klar: die AfD-Landesverbände eröffnen da eine brandgefährliche Hetzjagd auf Lehrer:


(A. Paul Weber: Der Denunziant)

„Verpestet ist ein ganzes Land,
Wo schleicht herum der Denunziant.
[…]
Der Menschheit Schandfleck wird genannt
Der niederträcht’ge Denunziant.“
(Max Kegel, 1884)

„Der größte Lump im ganzen Land,
das ist und bleibt der Denunziant.“
(Volxweisheit)

Natürlich bin ich gegen Denunziation, aber es wäre doch lustig, wenn es eine Internetseite gäbe, auf der umgekehrt AfD-nahe Lehrer geoutet würden: das fände die AFD dann wohl gar nicht mehr lustig, und vermutlich wäre das Thema damit schnell gegessen.

Nebenbei: wenn ein Lehrer durch die AfD denunziert wird, kann man das ja auch als ansehen.


Besonders hübsch wehtun wird der AfD der Vergleich ihrer Aktion mit dem Aushorchen von Lehrern durch den türkischen Moscheeverband Ditib:

Ich kann da keinen großartigen Unterschied entdecken.


Und jetzt geht´s los - und bleibt hoffentlich kein Strohfeuer, sondern hat schulpolitische und juristische Konsequenzen:

(beide Artikel aus den Westfälischen Nachrichten vom 12.10.2018;

nebenbei: ich schlag´ mir auf die Schenkel:
da bin ich doch ausnahmsweise und überhaupt erstmals einer Meinung
mit einer Vorsitzenden der Kultusministerkonferenz und
- man höre und staune!: -
sogar mit der FDP-Kultusministerin von NRW)


Das Pack legt weltweit los:


Mag sein, dass zu Beginn der "Corona-Krise" im Jahr 2020 schnelle und einsame Entscheidungen etwa der Bundeskanzlerin unvermeidbar waren. Inzwischen sollten aber

(was allerdings leider nicht geschehen ist)

sowohl im Bund als auch in den Ländern parlamentarische Wege gefunden worden sein, um "Lockdowns" und andere Vorschriften (z.B. Maskenpflicht" zu diskutieren und ggf. zu beschließen.

Ansonsten graut es mir aber, wenn ich im Internet lese, dass Eltern von der Initiative "Querdenken" angestiftet werden, Strafanzeige wegen Nötigung gegen Lehrer zu erstatten, die die vorgeschriebene Maskenpflicht durchsetzen:


(Eben solch ein Strafantrag ist in meinen Augen Nötigung!)

Beim zugehörigen Video schaue man sich vor allem mal die Kommentare an: da schaut man in verschwörungsgläubige Abgründe - und kann einen das nackte Entsetzen packen.