Lehrer können nicht denken
(Lehrerschelte 2. Teil)
Alle nur denkbaren Relativierungen gleich vorweg:
Es gibt natürlich in allen Berufen Leute, die nicht (selbstständig) denken können.
(Ein Freund klagte mal, dass er in seinem Beruf [Bank- und Computergewerbe] auch nur "von Blödheit ummauert" sei; und mein Bruder sagte während seines Studiums mal, er sei der einzige intelligente Maschinenbauer, nämlich der einzige, der während der Vorlesungen keine Bildzeitung lese.
Ich habe also umgekehrt auch keine Ahnung, ob unter LehrerInneN[wegen der Verbeamtung?]
besonders viele "Pfostenmenschen" sind
Vielleicht denken viele LehrerInnen nur anders als ich.
Bei vielen Leuten frage ich mich, ob sie tatsächlich gar nicht denken oder nur - wie klischeemäßig alle Männer - ihren Gedanken keinen sprachlichen Ausdruck geben können
(es sind eben nicht alle - wie ich es ohne Verdienst u.a. bin - Deutschlehrer, und selbst Deutschlehrer kriegen's oft nicht aufs Papier).
Vielleicht können viele Produzenten von Unterrichtsmaterial nicht denken, vielleicht erwarten dessen Rezipienten das aber auch gar nicht: viele LehrerInnen sind aufgrund der hohen Stundenbelastung "Jäger & Sammler", d.h. sie suchen nach sofort einsetzbarem (am besten nur noch für die SchülerInnen auszudruckendem) Unterrichtsmaterial, und da haben ihnen Reflexionen gerade noch gefehlt. Dennoch:
Ich kenne durchaus Ausnahmen vom (provokativ übertriebenen) Diktum "(alle) Lehrer können nicht denken".
Und sowieso bin ich mir voll bewusst, wie arrogant all das klingt
(denn selbstverständlich zähle ich mich kackendreist selbst zu den Ausnahmen :-).
Last but not least hege ich allerdings auch den leisen Verdacht, dass viele derjenigen LeherInnen, die (anscheinend) nicht denken, dennoch (oder sogar gerade deswegen?) einen grundsoliden (wenn auch langweiligen?) Unterricht abhalten.
Nicht (selbstständig) denken, d.h. vor allem
Vor allem fehlen andauernd
pädagogische Begründungen
(beispielsweise für die Auswahl von Aufgaben und Methoden; bzw. solche Begründungen bleiben oftmals nichtssagend, nämlich etwa, wenn von einem Arbeitsblatt nur gesagt wird, dass es "gut strukturiert" sei),
konkrete Fallbeispiele aus dem Unterricht,
Überlegungen zu den Gründen von Problemen, und zwar bei den SchülerInneN, aber auch bei den LehrerInneN selbst,
sowie Reflexionen, was man (warum) im Nachhinein anders machen würde.
Kommt hinzu, dass die allermeisten einschlägigen Veröffentlichungen, aber auch viele Reden nur "Hochglanzprospekte" sind, d.h. die ganz normalen (!) Probleme des ganz normalen (!) Unterrichts werden nie benannt bzw. zugegeben
(ganz zu schweigen von Problemen in wirklich schwierigen Klassen).
Man scheint eine Heidenangst davor zu haben, diese ganz normalen Probleme zuzugeben und dann von besserwisserischen KollegInneN oder gar Vorgesetzten schief angemacht zu werden.
(Ist diese Angst vielleicht einer der Hauptgründe dafür, dass das eventuell durchaus vorhandene [differenziert-selbstständige] Denken dann doch nicht artikuliert wird?)
Da lobe ich mir jenen Kollegen, der öffentlich (und enorm mutig!) eingestand, dass sein Versuch, in einer Klasse "selbstreguliertes" Lernen einzuführen, zu Beschwerden der SchülerInnen und Eltern bei der Klassen- und Schulleitung geführt habe, und der sogar (öffentlich) zugab, selbst Fehler gemacht zu haben. |
Schon gar nicht denken können (über das rein Fachliche hinaus) die meisten MathelehrerInnen.