je weniger messbar ist,
desto mehr wird gemessen
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Wenn die Zeiten (tatsächlich oder angeblich) immer unsicherer werden, greift man zu den Zahlen (der Mathematik) da da alles noch so schön sicher ist. |
Von wegen
(wobei ja mit dem "wieder" wohl unterstellt wird, dass sich Leistung lange Zeit nicht
[und bei der FDP ist damit natürlich immer nur gemeint: finanziell]
gelohnt habe):
in seinem dringend empfohlenen Buch zeigt der Autor Christian Baron anhand verschiedener Quellen, dass hohe Bezahlung (was jemand "verdient") keineswegs automatisch auf hoher Leistung beruht und dass
(für mich allemal erstaunlich)
(und wenn doch, dann nur als nachträgliche Selbstlegitimation: "wenn ich so viel Geld habe, muss ich wohl auch viel geleistet haben"),
(was natürlich wunderbar systemstabilisierend ist).
Baron zitiert u.a. das Forschungsprojekt "»Leistung« in der Marktgesellschaft - Erosion eines Deutungsmusters" unter Federführung der Soziologen Sighard Neckel und Irene Somm.
Eines der Ergebnisse dieses Forschungsprojekts sei, dass (insbesondere in Spitzenpositionen)
"[...] [die] sogenannte[n] Soft Skills immer wichtiger geworden [seien]. Dazu gehören beispielsweise soziale Kompetenz oder Kreativität
[also dieses (vordergründige?) Blabla, das durch derzeitige Stellenanzeigen wabert].
Und die sind schwer messbar, sie entziehen sich einer Möglichkeit zur leistungsgerechten Bewertung. Als Folge, so fanden Neckel und Somm mit ihrem Team heraus, gewinnen die objektiv überprüfbaren nackten Zahlen aus Umsatzstatistiken, Kostenrechnungen und Renditezahlen einen noch höheren Stellenwert als jemals zuvor: »Die Ausweitung und Subjektivierung der Leistungsdefinitionen hat gleichzeitig zu einem wachsenden Bedürfnis nach objektiver Messbarkeit und Vergleichbarkeit geführt - und zwar ganz offensichtlich sowohl auf der Seite der Unternehmensleitung als auch bei den Beschäftigten.«"
Also:
je weniger messbar ist, desto mehr wird gemessen.
Weil alle kapitalistischen Trends irgendwann auch in der Schule ankommen
(denn da läßt sich zuguterletzt auch noch Geld verdienen, und überhaupt wird die Schule ja immer mehr als die Kaderschmiede des Kapitalismus verstanden),
wird inzwischen auch in der Schule immer mehr gemessen
(nationale und internationale Vergleichstests, Zentral[abitur]klausuren ...):
(z.B. Allgemeinbildung),
(was dann mit Bildung rein gar nichts mehr zu tun hat).
Baron weist an anderer Stelle noch darauf hin:
"Unser Gemeinwesen ist von einer Gesellschaft der Versprechen zu einer Gesellschaft der Drohungen geworden. Es gilt die Devise: Sei cool, entspannt und selbstbewusst, dann regelt sich schon alles irgendwie. Fahre aber stets die Ellbogen aus gegen die anderen, denn immer mehr Menschen machen Abitur. Und: Beklage dich niemals! Denn wenn du dich im Konkurrenzkampf nicht durchsetzt, dann landest du schnell im Zwangsregime namens Hartz IV!"
Wenn also immer mehr Schüler das Abitur machen, ist es (angeblich) immer weniger wert. Und damit kann man (d.h. das Bürgertum) auf drei verschiedene Weisen umgehen:
(worin Deutschland fast Weltmeister ist: ),
(was bessere Berufschancen suggeriert, obwohl doch nur der Maßstab verschoben wird: heute zählt nicht mehr die 1 vor dem Komma, sondern die erste Nachkommastelle;
die Aufhübschung der Abiturnoten hat aber angeblich gar nicht stattgefunden:
(vgl. die inzwischen grotesk aufwendigen Abiturfeiern; und siehe ebenfalls:
Nochmals zu "je weniger messbar ist, desto mehr wird gemessen": heutzutage wird ja
(auch außerhalb von Schulen)
alles und jedes "gerankt" und "geratet":
...
Bei und denke ich allerdings nur: die Gewinner sind vielleicht trotzdem gute Lehrer.
Und genauso kann eine Schule, die bei der "Qualitätsanalyse" als "Leuchtturmschule" herausgekommen ist oder gar erhalten hat, ja trotzdem eine gute Schule sein.
Es wundert mich noch immer, dass viele Leute diesen ganzen Messbarkeits- und Ranking- und Rating-Quatsch (auch in Schulen) tatsächlich glauben.
Das ist schade bei Otto Normalverbraucher - und gefährlich bei schulpolitischen und -bürokratischen Entscheidungsträgern.