Bildoder simple Quellenkritik

"Kritik: Anfeindung, Besprechung; eine gute Kritik bekommen / erhalten, gute Kritiken haben, eine Kritik schreiben besprechen; Kritik üben beanstanden; unter aller Kritik minderwertig, schlecht; unter jemandes Kritik zu leiden haben beanstanden."
(Duden - Die sinn- und sachverwandten Wörter)

Ich meine mit "Kritik" eher "gesunde Skepsis".



Gestern (27.5.08) habe ich in Radionachrichten eine gekürzte Fassung gehört von:

Bild
(, 28.5.08)

Erst hatte ich vor, diese Meldung unkommentiert auf meiner Internetseiten zu veröffentlichen. Denn zwar bin ich ja, wie meine anderen Webseiten zeigen, (negativ) kritisch gegenüber der gesamten derzeitigen Bildungspolitik, aber andere können ja schließlich auch (teilweise) Recht haben - und sollen ruhig mal gelobt werden.

Leicht skeptisch gemacht hat mich allerdings schon

"»Politik-Check Schule« des Instituts der deutschen Wirtschaft".


Noch skeptischer wurde ich, als die "Westfälischen Nachrichten" im zugehörigen Kommentar schrieben:

Bild
(, 28.5.08)

Bislang also nichts als Zukunftsmusik! Da kann man nur in Abwandlung von Lichtenberg sagen:

"In [NRW] gärt es, ob [es] Wein oder Essig werden wird, ist ungewiß."


"Die Quellenkritik versucht Herstellung, Intention und Autorenschaft von Quellen festzustellen."
(Quelle: Bild  )

Solche Quellenkritik bedeutet also auch (zäumen wir das Pferd von hinten auf), die Autoren eines Textes bzw. eines Gutachten herauszufinden.

So bringe ich´s ja immer auch meinen SchülerInnen bei, und zwar insbesondere, seit sie alle Weisheiten aus dem Internet saugen:

Die erste Skepsis verfliegt da allerdings bald, wenn man auf der Eingangsseite liest:

Bild

(und damit den Rechten überlassen wurden);

und weshalb es erst (und dann sehr spät) solcher Bücher bedurfte wie   Bild und Bild .

Wenn man dann aber mal im Internet nach "Bombenkrieg" sucht und prompt auf der Internetseite Bild www.bombenkrieg.net landet, sollte man hinter der professionellen Aufmachung doch sehr schnell (auf der nächstfolgenden  Seite Bild ) erkennen:

"eine Initiative der Wochenzeitschrift  © JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de"

Und prompt tritt dasselbe Problem wieder auf: "Junge Freiheit" hört sich rundrum positiv an, wenn man nicht vorweg weiß:

"Die Junge Freiheit ist eine deutsche Wochenzeitung für Politik und Kultur. Sie versteht sich als unabhängiges, konservatives Medium. Politologen ordnen sie mehrheitlich als Sprachrohr der „Neuen Rechten“ mit einer „Scharnier-“ oder „Brückenkopf“-Funktion zwischen demokratischem Konservatismus und Rechtsextremismus ein."
(Quelle: Bild )

Der Internetseite Bild www.bombenkrieg.net ist also keine sachliche Darstellung zuzutrauen.



Ein bisschen skeptisch war ich ja doch, dass der bewusste "Politik-Check Schule" laut "Westfälischen Nachrichten" vom "Institut für deutsche Wirtschaft" erstellt wurde.

Nun, seien wir nicht naiv:
  1. mischt sich die Wirtschaft ja derzeit massiv in die Schulpolitik ein

(schließlich ist die OECD, die PISA veranstaltet, auch eine Wirtschaftsorganisation; und so einige Schulgutachten  waren ja von Unternehmensberatungen [z.B. von Kienbaum]),

  1. ist es sogar das gute Recht der Wirtschaft wie jeder anderen gesellschaftlichen Gruppe, sich Gedanken über die Schulen zu machen

(und doch reden mir viel zu viele über Schule mit, die davon keinen blassen Schimmer haben).

Eine erste Internetrecherche zum "Politik-Check Schule" ergibt prompt:

Bild Bild

(Nebenbei: hier Bild  kann man auch sehen, wofür NRW ausgezeichnet worden ist.)

Der "Check" ist also vom "Institut für deutsche Wirtschaft" angefertigt worden, aber im Auftrag der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)".

Und da dann wird´s überhaupt erst richtig interessant, denn diese "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" ist doch allemal - gelinde gesagt - ein bemerkenswerter Verein. Vgl. Bild und dort insbesondere die Kritik Bild .

Mich wundert an diesem Verein mit dem schön euphemistischen Namen "Initiative Neue Soziale (???) Marktwirtschaft" nichts - außer dass sich "Lord" Ralf Dahrendorf nicht dazu zu schade ist (vgl. Bild ).

Eins ist allemal klar: wenn ich von der "Initiative Neue Soziale  Marktwirtschaft" gelobt würde, würde ich mich fragen, was ich falsch oder zumindest missverständlich ausgedrückt habe.


Auch zwei andere derzeitig die Schulen überschwemmende Trends sind bemerkenswert:

  1. Bild "Das Steuerungsinstrument „SEIS“ (Selbstevaluation in Schulen)",
  2. Bild "Lions-Quest" bzw. "Erwachsen werden".

Bei Letzterem hört man ja vielleicht noch den Urheber, nämlich die Bild Lions-Clubs, heraus, während ersteres völlig neutral klingt, in Wirklichkeit dahinter aber die Bild Bertelsmann-Stiftung steckt.

Diese Hinweise auf die Hintergründe bzw. Autoren sind erstmal völlig neutral, und ich wette, viele sind sich der Hintergründe gar nicht bewusst - und sie sind ihnen auch egal.

Kommt hinzu, dass ja nicht automatisch schlecht ist, was aus den Häusern "Lions-Clubs" und "Bertelsmann-Stiftung" hervorquillt.

Man kann aber probeweise doch auch mal kritisch dran gehen:


Wenn man die Kriterien von vor 25 Jahren

(die ja auch nicht rundrum richtig waren)

anwenden würde, müsste einem bei "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft", "Lions-Clubs" und "Bertelsmann" aber doch reihenweise schlecht werden.

Aber wer von "uns" hätte sich denn vor 25 Jahren in seinen übelsten Träumen vorstellen können, dass beispielsweise Roland Koch mal Ministerpräsident von Hessen werden könnte

(vgl. Bild ; aber solche Witze macht man nicht)?