(zu) späte pädagogische Reue

Ich habe (nur) zwei Sachen mit dem Terroristen Christian Klar gemeinsam:

  1. hatte er nach 26 Jahren Haft einen ersten Haftprüfungstermin. Bei mir war es (bis zu meiner krankheitsbedingten Frühverrentung) nur ein Jahr mehr.
  2. bereue ich wie er nichts!

Nichts? Nun, ich habe ein gesundes pädagogisches Selbstbewusstsein und bin mir sicher, dass ich "meinen" Schülern eine Menge beigebracht habe

(und zwar auch über das rein Fachliche hinaus).

Aber jetzt, wo ich frühpensioniert bin und endlich mal Zeit zur Reflexion habe, fällt mir doch ein Manko meines Unterrichts auf: ich

(und damit schon ein wenig lächerlich!: )

vor allem gegen die gängige Stumpfmathematik in Schulen gekämpft, aber

(Ansage der Inhalte von Klassenarbeiten, Vorbereitungsmaterial, mündliche Noten, Zensurenstand ...).

Da würde ich mich im (wohl nicht mehr eintretenden) Wiederholungsfall erheblich mehr am Riemen reißen.


Lange nach meiner Frühpensionierung hat mir jemand mal gesagt, ich hätte in den letzten Jahren meiner Berufstätigkeit wohl das "Kerngeschäft" der Schule übersehen

(wobei "[...]geschäft" schon entlarvend ist: heutzutage ist alles "Kapitalismus pur":     ).

Fragt sich nur, was denn eigentlich das "Kerngeschäft" von Schule ist:

(wobei hier mal dahingestellt sei, was "gut" da eigentlich bedeutet),

In den letzten Jahren meiner Berufstätigkeit als Lehrer schien es mir wohl

(benebelt durch meine Krankheit und Medikamente),

dass

sich gegenseitig ausschlössen und ich mich kompromisslos gegen „die dunkle Seite der Macht“ entscheiden müsse

(so gesehen bin ich - arg pathetisch stilisiert - ein Märtyrer des „Systems“: ).

Folge war, dass

(pars pro toto "[...] das[s] [S]ie in meiner gesamten Schullaufbahn der für mich am interessantesten und durch ihren anregenden Unterricht der wohl beste Lehrer waren[,] den ich je hatte."),

(wovon ich allerdings erst im Nachhinein erfahren habe)

viele Beschwerden von Eltern über mich bei der Schulleitung gegeben hat

(wobei ich der Schulleitung sehr dankbar bin, dass sie mich noch so lange „mitgetragen“ hat).

Mir sind dann gegen Ende meiner Berufszeit viele „schulorganisatorische“ Fehler unterlaufen, so dass ich

(wofür ich im Nachhinein sogar dankbar bin)

“ehrenhaft“ frühpensioniert werden musste

(es hätte genauso gut höchst unangenehme Dienstaufsichtsverfahren gegen mich geben können).

Ich habe es keineswegs auf meine Frühpensionierung angelegt, hätte aber

(das sagt sich im Nachhinein so leicht)

ahnen können, wohin meine Einseitigkeit führen musste.


Es ist schon bitter, Jahre später von einem „Informanten“ zu hören, ich sei in den letzten zwei oder drei Jahren meiner Lehrertätigkeit “vom besten zum schlechtesten Lehrer“ geworden.