was einen Lehrer so richtig strubbelglücklich macht

Lehrer sind ausgesprochen genügsame Pflänzchen
und schon mit ganz wenig Wasser glücklich.

  1. natürlich auch das Gefühl, bei den SchülerInneN "anzukommen" - und zwar nicht durch Anbiederung, sondern durchaus mit Ansprüchen

(wenn SchülerInnen also Spaß beispielsweise an einem Gedicht oder einem schwierigen mathematischen Beweis finden);

Solch ein Glücksgefühl hat man nicht immer, ja manchmal kommt man aus dem Unterricht und weiß genau: das habe ich mal wieder völlig verbockt

(wenn´s mal wieder schief geht, sind ja nicht immer nur die "doofen" SchülerInnen schuld - und manchmal liegt´s nicht mal an schlechter Vorbereitung, sondern schlichtweg an einer falschen Einschätzung der Lage durch den Lehrer).

Aber solch ein Glücksgefühl hat man immer mal wieder - bzw. reimt es sich ab und zu aus Schüleraugen zusammen.

  1. aber und vor allem etwas, was SchülerInnen sowieso nicht glauben werden:

wenn "die Vier hinten rechts am Fenster"

("der Blinddarm von Zimmer 3")

sich

  • als intelligenter herausstellt, als lange Zeit unterstellt bzw. vermutet,

  • und überhaupt als Mensch (!) mit ganz eigenen Interessen und Fähigkeiten.

(Mag sein, dass es einige dauerhaft farblose und dumme SchülerInnen gibt

[wobei natürlich immer zu fragen wäre, wie sie dazu gemacht worden sind].

Aber das Hauptproblem in Schulen ist doch, dass die Klassen derart groß sind [immer so ca. 30 SchülerInnen], dass die LehrerInnen gar keine Chance haben [und irgendwann auch das Interesse verlieren?], die Individualität aller SchülerInnen zu erkennen. Nein, da wird notgedrungen frontal verwaltet, und dann gibt es

Bild

SchülerInnen, mit denen in den zwei Jahren, die man eine Klasse unterrichtet, kein einziges Mal eine Kontaktaufnahme gelingt

[wenn man mal vom "Vorführen" absieht]

 - was man dann der Einfachheit halber "mündlich mangelhaft" nennt.

Vgl. Bild )

Welch ein Glücksgefühl, wenn einE SchülerIn, die/der sonst nie etwas sagt, in einer Schulstunde plötzlich einen Geistesblitz hat - und äußert!

Da verlässt man als Lehrer dann jubelnd die Schule, und der ganze Nachmittag erscheint einem glücksdurchströmt.

Aber man lobe nicht allzu heftig: auch solches Lob nehmen SchülerInnen gerne krumm, weil sie nur raushören: "ansonsten bin ich aber dumm".

Welch ein Glücksgefühl, wenn ich bei meinem anonymen Korrigieren von Klassenarbeiten einen wohlbegründeten neuen Gedanken finde

(am besten einen, den ich selbst nicht hatte),

vorne auf dem Heft nach dem Namen des Erzeugers schaue und dann sehe, dass sie/er einE ansonsten "schlechteR" SchülerIn ist!

Und es freut mich sogar fast, wenn (wohlgemerkt bei meinem anonymen Verfahren) ansonsten "gute" SchülerInnen mal schlechte Arbeiten schreiben, beweist das doch (niemand anderem als mir selbst) meine Objektivität.

Welch ein Glücksgefühl, wenn ansonsten bzw. bislang unauffällige SchülerInnen plötzlich durch überhaupt irgendein besonderes Interesse bzw. irgendeine besondere Fähigkeit auffallen, also Farbe gewinnen!

Das können Leistungen in anderen Schulfächern, aber auch außerschulische Leistungen bzw. einfach nur Interessen sein.

(Ich fand es mal bitter schade, erst nach dem Abitur zu erfahren, wie belesen eine Schülerin auch schon vorher war.)

Man muss SchülerInnen sehr viel mehr außerschulisch, also z.B. auf Klassenfahrten erfahren.

Oder immer wieder anregend finde ich es, SchülerInnen in nicht-kognitiven Fächern mal ganz anders zu erleben - und zu merken: sie leben, sie drücken sich aus - nur anderswo - und dann vielleicht doch auch mal in Mathematik oder Deutsch?

(Vgl. z.B. Tanztheater: "Jugend hat gut zuzuhören und gut auszusehen, am besten beides auf einmal [...]" [Max Goldt])

Welch ein Glücksgefühl, wenn man einzelne SchülerInnen langfristig mehr und mehr aufwachen, erwachsen und zunehmend wissenschaftlich interessiert und differenziert werden sieht!

Ich hatte mal einen Schüler, der in der Oberstufen die Halbjahrsnoten 4, 3, 2, 1 und dann in der Abiturklausur eine 1+ hatte.

All solche Glücksgefühle sind Geschenke, nicht Verdienste: als Lehrer kann man ein Pflänzchen im besten Fall gießen, die Kraft muss es aus sich selbst und weiterem Boden ziehen.

 

Solche (seltenen) Glücksgefühle sind überhaupt erst das Salz in der Suppe des Lehrerberufs.

Manchmal könnte man vor lauter Glück in den erstbesten Sonnenstrahl beißen!