hier spricht der "think tank"
"think tanks", auf Deutsch auch großspurig "Denkfabriken" genannt, sind Vereinigungen von Wissenschaftlern (?), die sich in mehr oder minder freier Umgebung interdisziplinär zusammentun und Hintergründe, Zusammenhänge, Entwicklungen und Perspektiven überdenken.
Die berühmtesten Beispiele sind wohl:
das legendäre "Institute for Advances Studies" in Princeton/USA, an dem nicht nur Einstein gearbeitet hat;
die seit Jahrzehnten ungeheuer einflussreiche amerikanische Rand-Corporation .
Sie ist einfach nur stramm konservativ bzw. - weil das eine Beleidigung der großen Konservativen ist - geradezu reaktionär: es gibt seit 50 Jahren kaum eine militärische oder ökonomische Schweinerei, die nicht von "Rand" vorgedacht worden ist.
Die "Chicago School of Economics" ist wohl DIE Denkschmiede zur erneuten Einführung des Manchester-Kapitalismus, ihre Folgen erweisen sich immer mehr als gemeingefährlich.
(Dagegen würde ich doch glatt die intelligentere Hälfte der Globalisierungskritiker einfliegen: jene, die nicht nur die katastrophalen Folgen der derzeitigen Wirtschaftsdoktrin zeigen, sondern auch, dass sie keineswegs ein Sachzwang ist, sondern es durchaus Alternativen gäbe.)
vielleicht die derzeit überhaupt wirkungsmächtigste Denkfabrik der "neocons" (Neokonservativen) - mit fatalen Folgen.
"Wissenschaftskolleg zu Berlin; Institute for Advanced Study"
(wie anbiedernd-anmaßend an 1. doch der Untertitel ist!)
Eine schöne exemplarische Definition:
"Im Wissenschaftskolleg zu Berlin haben international anerkannte Gelehrte, vielversprechende jüngere Wissenschaftler sowie Persönlichkeiten des geistigen Lebens die Möglichkeit, sich frei von den Zwängen und Verpflichtungen für ein Akademisches Jahr (Oktober-Juli) auf selbstgewählte Arbeitsvorhaben zu konzentrieren. Die rund 40 Fellows bilden eine Lerngemeinschaft auf Zeit, die durch Fächervielfalt, Internationalität und Interkulturalität gekennzeichnet ist. Die Institution sorgt für optimale Bedingungen, damit die Fellows sich ganz ihrer intellektuellen Aufgabe widmen und dabei von dem Anregungs- und Kritikpotential einer herausragenden Gelehrtengemeinschaft profitieren können.
»Wissenschaft entsteht im Gespräch.«
(Peter Wapnewski)»Das Wissenschaftskolleg gehört zu jenen - abnehmenden - Inseln des Nicht-Kommerziellen, von denen aus die Konsequenzen der vorherrschenden technisch-ökonomischen Rationalität überhaupt noch unabhängig beobachtet und beurteilt werden können.«
(Dieter Grimm)"
Die Beispiele 2. - 4. beweisen: "think tank" heißt oftmals eben gerade nicht automatisch "intellektuell", sondern oftmals nur "eiskalt intelligent" ("get it while you can").
Überhaupt darf man sich (große) "think tanks" keineswegs rundweg kreativ und innovativ vorstellen.
Um also mal in den Vermutungs- und Unterstellungsjargon des "Spiegel" zu verfallen: wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen verlautbart
(also von frustrierten und daher destruktiven Hinterbänklern?),
ist die Leitung der Max-Planck-Gesellschaft letztlich auch nur eine versteinerte Bürokratie
- und (wie João Magueijo sagen würde) ein Beschäftigungsfeld alternder, also nicht mehr selbst kreativer Wissenschaftler
(wobei João Magueijo allerdings nicht bedenkt, dass er auch mal altern wird).
Ich bin ja keineswegs pauschal politik- und politikerfeindlich: solcher Unterton ist ja nur das Ventil der Dummen und Ressentimentbeladenen, die nicht verstehen,
wie komplex unsere Massengesellschaft ist
und dass Demokratie "Verhandlungen" bedeutet.
Und die Bezeichnung des Parlaments als "Quatschbude" hat schon die Weimarer Republik kaputt gemacht.
(Dennoch kann ich mir natürlich Verbesserungen vorstellen:
Parteien sind wichtig - und doch ist ihr Einfluss rabiat zu beschneiden;
der [nie offizielle] Fraktionszwang in Parlamenten ist schlicht verfassungswidrig.)
Also: wenn ich Politiker wäre, so würde ich zu allererst einen "think tank" um mich scharen - nur anders geartet als die oben genannten Beispiele 2. - 4.:
keine "paritätische", also zur Agonie verurteilte Kommission, sondern eine freie Auswahl von Wissenschaftlern ganz nach meinem Geschmack,
Wissenschaftler jeder Denkrichtung (von stramm konservativ bis links außen), die aber bewiesen haben, dass sie denkoffen sind.
Am liebsten wären mir die "großen alten", souveränen Leute: lebt eigentlich John Kenneth Galbraith, 1908- ? noch?
Und überhaupt wäre mein "think tank" natürlich international besetzt, um allen kleinstaatlichen Parteiinteressen zu entkommen.
Ich würde den Leuten deutlich sagen: "spart euch die Standardantworten der Parteien und Verbände, denn die [und deren Gruppenegoismus] langweilen mich längst zu Tode; und ich will auch nichts »Neues auf Teufel komm raus«, sondern das ominöse »tertium comparationis«".
Ein inhaltliches Beispiel: wenn´s um die "Sozialsysteme" ginge, bräuchte ich Leute, die
den immensen Wert des Generationenvertrags erkennen und überhaupt immer an die ärmsten der Armen denken,
aber gleichzeitig die Gefahr der derzeitigen Lage erkennen würden.
ich würde den Leuten vor allem sagen: "ich brauche von euch diejenigen Informationen und Differenzierungen, für die meine Bürokraten und Parteibonzen zu dumm (ideologisch fixiert) sind bzw. die sie mir systematisch vorenthalten"
(denn ich will schließlich nicht enden wie der seinerzeitige Verteidigungsminister Apel, der [natürlich mal wieder nachher] sagte, die Militärs hätten ihn systematisch falsch oder zumindest lückenhaft informiert).
zuguterletzt würde ich den Leuten sagen: das ist alles allein zur höheren Ehre Gottes , ihr kriegt also nix dafür außer Übernachtung und Frühstück, eine Pizza umme Ecke, eine Flug- bzw. Bahnkarte (2. Klasse!) - und die Ehre der Teilnahme.
Ich kenne meine Grenzen: ich bin im besten Falle "Universaldilettant " (Egon Friedell).
Aber
ich würde mir allemal zutrauen, die richtigen (topintelligenten) Leute zusammen zu kriegen (zur Teilnahme zu reizen). |
(Das höchst undankbare rein Organisatorische [Finanzkram] überließe ich einer mir Bekannten, die sowas prächtig beherrscht.)
All das interessiert mich hier aber "nur" bzw. vor allem im Hinblick auf pädagogische "think tanks". |
|
Solch ein pädagogischer "think tank" wird verlässlich nicht funktionieren, wenn er unter staatlich-bürokratischer Kontrolle steht.
In einem pädagogischen "think tank" hat keiner jener Hohlköpfe was zu suchen, die karrieregeil verzapfen.
Nicht brauchbar in solch einem pädagogischen "think tank" sind auch all jene LehrerInnen
(wie sie allüberall auf Fortbildungen und in Projekten auftauchen),
die
verständlicherweise nur noch überarbeitet sind ... und als Folge davon
Anregungen erwarten statt welche zu geben,
immer nur nach den Zaunpfählen ("Erlassen") schielen - statt nach den Lücken,
Standardunterricht abhalten oder nach Standard"neuerungen" ("Stationenlernen") schnappen,
einfache Macher ohne jede Reflexion sind - und letztere mit (Negativ-)Kritik verwechseln,
streng nach dem Motto handeln: "Eine Krähe kratzt der anderen kein Auge aus."
Es werden "headhunter" durchs Land geschickt, die nach kreativen LehrerInneN suchen (davon gibt´s hunderte!):
diese Leute werden eingesammelt und zusammen gebracht,
sie werden auf verdammt konkrete Unterrichtsprojekte angesetzt,
sie müssen nach einem Jahr einzeln oder zusammen konkrete Ergebnisse liefern
und erhalten dafür eine halbe Unterrichtsbefreiung.
(Mit "kreativen" Leuten meine ich nebenbei gerade nicht die Computerfuzzis [alles nur Nachbeter!], sondern die orginären [Mathematik-]Pädagogen - die vielleicht auch Ahnung von Computern haben.)
PraktikerInnen mit Überblick werden eingesetzt, um jeden Monat eine Din-A-4-Seite über
(gerade das "brauchbar" ist das Problem: zumindest im Fach [Schul-]Mathematik sind 99,9 % der Internetseiten
entweder brave Linksammlungen
[da verweist die eine Nichtigkeit auf die andere]oder von Computeranbetern
[der Computer als Allheilmittel des Mathematikunterrichts])zusammen zu stellen und im einem "newsletter" zu versenden.
Es wird also ernst gemacht mit "bottom up" (Hintern hoch! :-) statt dem bisher üblichen "top down" der Bildungsbürokratie.