für die Lehrer der !
Gibt's was
Erbärmlicheres
als Lametta?
Ich hacke in meinen Texten ja (allzu?) oft auf dem üblichen Schulunterricht und dem gängigen Schulsystem herum. Da wird‘s Zeit, auch mal Positives zu erwähnen:
(was immer noch die wichtigste Voraussetzung für den Lehrerberuf ist!),
(oft bis an die Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit - und darüber hinaus)
im Rahmen des Schulsystems
(und teilweise auch durch stillschweigende Überschreitung der durch dieses gesetzten Grenzen)
fachlich, methodisch und didaktisch hervorragenden Unterricht machen.
Es wäre an der Zeit, für sie ein Denkmal
zu errichten
(und zwar insbesondere für jene Lehrer, die sich an Schulen in sozialen Brennpunkten abrackern; wobei z.B. Blankenese oder der Prenzlauer Berg auch soziale Brennpunkt [anderer Art] sind;
und dann bräuchten wir noch ein Denkmal des unbekannten Installateurs, Verwaltungsangestellten … oder einfach eine „Dankbarkeitskultur“).
„»Mr. Flexners Schule«, wie sie genannt wurde, war ein
außerordentlicher Erfolg. Flexner nahm jeden Schüler an, ganz gleich, wie
begriffsstutzig oder aufsässig er war, und versprach gleichzeitig den Eltern, er
würde ihre Kinder so auf Zack bringen, daß sie in Princeton, Harvard oder
sonstwo studieren könnten. Das Erstaunliche daran war, daß Flexner Erfolg hatte
und sein Ziel ohne Drohungen, Gewalt oder Druck erreichte. »Ich hatte schon viel
früher gelernt [!], daß ich nichts durch Zwang erreichen konnte»,
sagte er später.
»Die Schule erreichte ihr Ziel ohne Vorschriften,
ohne Prüfungen, ohne Schülerakten und ohne Zeugnisse.«
Wie später die Professoren am [von Flexner gegründeten] Institute for Advanced
Study [in Princeton, an dem auch Einstein gearbeitet hat]
mußten die Schüler an
Mr. Flexners Schule keine Rechenschaft über ihr Tun ablegen.
»Keine Pflichten, nur Möglichkeiten«, war immer Flexners Einstellung. Seine Schüler konnten zum
Unterricht kommen oder ihm fernbleiben. Sie konnten teilnehmen, wenn sie
wollten, und soviel oder so wenig tun, wie sie wollten. Vielleicht überraschte
es ihn selbst, daß seine Schüler selbst am schulfreien Sonnabend kamen, einfach,
um mehr zu lernen. Dabei war keine Zauberkraft am Werk: Flexner erreichte das
durch seine Persönlichkeit und seine echte Begeisterung für das Lernen."
(Quelle:
; vgl. auch
und
)
„[…] Da sein
[= ] Herz immer noch am
Lehrerberuf hing, nahm er erhebliche Gehaltseinbußen in Kauf, um schließlich
1974 an der Garfield High School in East Los Angeles anzufangen, einem
sozial schwachen, vor allem von hispanischen Einwanderern bewohnten
Stadtteil.
Irritiert über das schlechte Lernniveau der Schüler und
die unzureichende Ausstattung der Schule, spielte Escalante zunächst mit dem
Gedanken, wieder in seinen alten Beruf zurückzukehren. Entschlossen, diesen
Zustand zu ändern, musste Escalante die ersten Schüler überzeugen, dass sie
ihr Schicksal durch Bildung selbst in die Hand nehmen könnten. Er versprach
ihnen, dass sie Jobs in der Technik-, Elektronik- oder Computerbranche
bekommen könnten, wenn sie Mathe lernen würden:
»I’ll make a deal with you. I’ll teach you math, and that’s your language. With that you’re going to make it. You’re going to go to college and sit in the first row, not in the back, because you’re going to know more than anybody.«
»Lass uns eine Vereinbarung treffen: Ich werde dir Mathe beibringen, das ist deine Sprache. Damit wirst du es schaffen. Und du wirst dann aufs College gehen. Du setzt dich dann in die erste Reihe, nicht ganz hinten, denn dann kannst du mehr lernen als jeder andere.“
Bald erwarb er sich den Ruf, selbst schwer zu
motivierende Schüler für das Lernen zu begeistern.
Andererseits hatte Escalante in den ersten Jahren auch mit Widerstand,
vor allem von seiten der Schulverwaltung, zu kämpfen. […]
Escalante
bot 1978 im Rahmen des »Advanced Placement« (AP) den ersten
Calculus-Kurs an […] und begann den ersten Kurs mit fünf Schülern. Zwei von
ihnen bestanden den AP-Test. Im darauffolgenden Jahr hatte der Kurs bereits
neun Schüler, und sieben bestanden die Prüfung. Im Jahre 1981 wuchs der Kurs
auf 15 Schüler an, und 14 kamen durch den Test. Escalante räumte dem Test
höchste Priorität ein und ermunterte seine Schüler ständig dazu, sich mit
den Lerninhalten zu beschäftigen, um den Test zu bestehen. Er organisierte
mehrwöchige Nachhilfekurse in den Sommerferien, die an der East Los Angeles
College von Mathematikstudenten durchgeführt wurden. Auch wurden die
zuweisenden Schulen dazu ermuntert, bereits in den unteren Klassen Algebra
zu lehren. […]
1982
nahmen bereits 69 Schüler der Garfield High School an den AP-Prüfungen teil,
darunter auch in Spanisch und Geschichte. Escalante kam in den Focus der
Öffentlichkeit, als alle 18 Schüler seines Kurses den Advanced Placement
Calculus Test für Fortgeschrittene bestanden, davon sieben mit der Bestnote
5. Die externe Prüfungskommission (Educational Testing Service) bemängelte
das Ergebnis, da es eine auffällige Übereinstimmung bei Fehlern gab und bei
einer Frage alle dieselben unüblichen Namen für Variablen verwendeten. Aus
dieser Gruppe wurden 14 Schüler gebeten, den Test erneut zu schreiben. Zwölf
von ihnen stimmten zu und bestanden die Prüfung erneut.
Bis 1983
hatte die Zahl der Teilnehmer weiter zugenommen und die Anzahl derer, die
den Test bestanden, hatte sich verdoppelt. In diesem Jahr nahmen 33 Schüler
an der Prüfung teil, von denen 30 bestanden. Bis 1987 schafften 73 Schüler
die AB-Version des Tests und 12 die BC-Version für Fortgeschrittene. Das war
bislang der absolute Höhepunkt seines Programms, da in den 1970er Jahren nur
etwa 3 % aller Schüler in den USA den Test bestanden.
[…]
Auf die Frage, nach den Gründen für seinen Erfolg antwortet […] [Escalante]:
“The key to my success with youngsters is very simple and a
time-honored tradition: hard work for teacher and student alike.”
„Der Schlüssel [für meinen Erfolg mit den jungen Menschen] ist
sehr einfach und hat eine lange Tradition: harte Arbeit, sowohl für
den Lehrer als auch den Schüler.“
[…]“
Der Öffentlichkeit bekannt geworden ist Escalante
im Jahr 1893 durch das Buch
Dieser Film ist aber, was man heute ein „biopic“ nennt: da man keine Original-Filmaufnahmen von Lehr- und Lernprozess an der an der Garfield High School in East Los Angeles hatte
(und heute kaum jemand mehr liest, sondern den funktionalen Analphabeten alles bebildert werden muss?),
hat man alles mehr oder weniger frei (fiktiv) mit Schauspielern nachgestellt.
Der Film heißt auch in der deutsch synchronisierten Version „Stand and deliver“
(wobei ich erst an gedacht habe).
Allerdings war mir erst nicht klar, was „Stand and deliver“ eigentlich bedeutet: „Sei standhaft und liefere [Schulleistung]?“
Erst als ich merkte, dass „Stand and deliver“ eine fest gefügte Redewendung ist , habe ich dann auch die Bedeutung gefunden:
"[»Stand
and deliver was« said in the past by
highwaymen [Straßenräuber im Wilden Westen] when they
stopped a
carriage (= a
vehicle
pulled by
horses) on a
road to
demand
objects of
value from the
travellers"
(Quelle:
)
Auf Deutsch bedeutet dass so etwa, dass die Kutsche anhalten und alles Wertvolle abgegeben werden soll; eine Forderung, der durch vorgehaltene Waffe freundlich Nachdruck verliehen wird
(aber wie soll ein deutscher Kinobesucher auf diese Bedeutung kommen?):
Im Hinblick auf die Schule könnte das bedeuten: in der unumgänglichen staatlichen Abschlussprüfung (= vorgehaltene Waffe) hat man Leistung zu liefern!
(Nicht im Hinblick auf , sondern allgemein gesagt: da mag der Vorunterricht noch so spannend oder [wegen der staatlichen Prüfungsvorgaben] noch so langweilig oder gar abstoßend gewesen sein.)
"unerreichbare pädagogische Genies" (s.o.) kann ja doch eine feine Ausrede sein:
"die waren so überragend, dass
jeder Versuch müßig ist, ihnen nachzueifern,
und man deshalb am besten alles beim Alten belässt."
(Noch schlauer: man glaubt Flexners und Escalantes Erfolge einfach nicht: "was nicht wahr sein darf, das nicht wahr sein kann".)
Dabei würde es sich doch lohnen, sich mal genauer anzuschauen, wie Flexner und Escalante gearbeitet haben, und da immerhin die eine oder andere gute Idee zu klauen.
Der Film ist hingegen ein Dokumentarfilm, d.h. für ihn wurde die non-fiktionale Wirklichkeit mit den realen Personen,
(also ohne Schauspieler)
an der “berlin rebel high school“ dar-, also nicht nachgestellt.
(„nicht nachgestellt“ bedeutet, dass der Film in „Echtzeit“ zeigt, was gerade dann, wenn die Kamera da ist, passiert.
Dennoch filmt auch ein Dokumentarfilm natürlich nicht völlig objektiv ab::
auch Dokumentarfilme werden zusammengeschnitten, sortieren also aus,
auch in Dokumentarfilmen werden ästhetisch-filmtechnische Mittel benutzt
und überhaupt verändern Menschen ihr Verhalten, sobald eine Kamera da ist, d.h. der Beobachter verändert [wie in der Quantenphysik] das Beobachtete.)
Der Filmtitel ist natürlich
(zumindest auf den ersten Blick)
spitzendämlich:
(was sich allerdings nur halb so sexy anhört);
(vorher an anderen Schulen)
nicht Rebellen im Sinne von
„Die Ausdrücke Rebell (von lat.
rebellis, ‚aufständisch‘) und Aufständischer bezeichnen
jemanden, der an einem individuellen oder kollektiven Aufstand (Rebellion)
beteiligt ist oder diesen in Gang zu setzen versucht.“
(Quelle:
),
oder wenn doch, dann höchstens im individuellen Sinn
(also von Anfang an zum Scheitern verurteilt?).
Das Wort „Rebell“ ist mir zu romantisch heldenhaft oder fallweise zu brutal, weil es mich an , , oder mörderische Privatarmeen irgendwelcher Warlords denken lässt
(die wohl eher Terroristen sind).
Vielmehr waren die Schüler der aus verschiedenen Gründen
(Langeweile, Faulheit, Mobbing, Schwierigkeiten mit den autoritären Strukturen des üblichen Schulsystems …),
was oft schlicht und einfach „Schulversager“ genannt wird.
Und doch gibt es einen guten Grund für den Filmtitel : die gemeinte Schule heißt in Wirklichkeit schnöde , und wer würde schon freiwillig in einen Film mit dem sterbenslangweiligen Titel gehen?!
(Nebenbei: der Film-Untertitel „Nur das Ziel ist im Weg“
[also eine Abwandlung des ausgelutschten angeblichen Konfuzius-Bonmots „Der Weg ist das Ziel“]
ist [gelinde gesagt] wenig hilfreich:
ein Zuschauer, der den Film noch nicht gesehen hat, weiß nicht, dass mit dem Ziel vermutlich das Abitur gemeint ist,
und wenn man den Film bereits gesehen kennt, weiß man, dass keineswegs die Abiturprüfung das größte Problem ist - sondern das übliche Schulsystem.)