gegen die zunehmende Lehrerweinerlichkeit

Bevor hier irgendwelche berechtigten Anlässe für Lehrerklagen genannt werden, sei doch unbedingt

(ohne nähere Erklärungen bzw. jetzt schon Erwähnung der gängigen Klischees über das Lehrerdasein; s.u.)

erwähnt, dass der Lehrerberuf im Vergleich mit vielen anderen Berufen auch enorme Vorteile hat und

(pädagogisch wichtige, aber auch auszunutzende!; aber wie lange noch?)

Freiheiten gewährt, die man als LehrerIn nicht für selbstverständlich halten und für die man wirklich dankbar sein sollte.

(LehrerInnen sollten um die Zustände in der "freien" Wirtschaft wissen, aber dass es anderen teilweise schlechter geht, kann und darf doch nicht heißen, dass es LehrerInnen auch schlechter gehen soll:

"Wenn die anderen Fieber haben, möchte ich auch die Cholera haben" in Abwandlung der allseits beliebten Denkweise "Wenn ich Fieber habe, sollen die anderen auch Cholera haben".)

Insbesondere habe ich einen Heidenrespekt vor den massenhaft sterbenslangweiligen und körperlich harten Berufen.

(Es wäre doch mal eine nette Idee, Berufe stramm marktwirtschaftlich auszuschreiben:

Zumindest aber gebührt Leuten, die in solchen - oftmals fundamental wichtigen! - Berufen arbeiten

(ohne herablassende Arbeiter-Romantik),

Respekt und Dank!

(Aber Vorsicht bei einer schnell aufkommenden Arroganz: Berufe sind noch lange nicht für die sie Ausübenden langweilig oder gar unwürdig, nur weil sie mir so erscheinen. Es wird viele geben, die mit mir [einem Lehrer] nicht tauschen wollten.)


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(... und überhaupt outet man sich ja nicht gerne
- peinlich, peinlich! -
als LehrerIn,
sondern sagt lieber: "ich bin im Bildungsbereich tätig")

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(Focus, 3.5.2004)
Das wurde ja auch langsam mal Zeit
... und diesmal berichtet ja sogar der "Focus" mal fair!


"Natürlich hat es die Klagen schon immer gegeben; sie sind höchst menschlich und gehören zum Lauf der Welt. Einzig die Diktatoren wollen nichts als Loblieder hören, organisieren die Jubelchöre und verfolgen die Nörgler. Unter halbwegs demokratischen Vorzeichen aber beschweren sich alle [...]
Mit der Wehleidigkeit hat es indessen eine eigene Bewandtnis. Sie stellt sich träumerisch oder als eine Konsequenz zerstörter Traumwelten dar, und als Massenerscheinung ist sie neu, obwohl Vorläufer schon im Zeitalter der Romantik auftauchen. Keine Einzel- oder Gruppeninteressen werden eingeklagt, sondern man entwirft oder erfindet möglichst allgemeine, hochedle, menschheitliche Anliegen und durchrührt, verquirlt sie sodann mit dem ganz persönlichen Engagement, mit der Betroffenheit. Das Seelengebräu, das auf diese Weise in wechselnden Mischungsverhältnissen entsteht und aufkocht, trägt man gewissermaßen auf dem Silbertablett, in einer dampfenden Weiheschale des Herzens vor sich her durch die Menge, das Schulterklopfen, den Zuspruch aller guten Menschen, das heißt der Gleichgesinnten erwartend. Die Intensität, mit der die Wehleidigkeit sich darstellt, ist wichtig, denn sie erscheint als ein Maßstab der Glaubwürdigkeit. Darum ruft die Wehleidigkeit nach ihrer Inszenierung. [...]
Hingegen kommt es auf die Zahl der Zustimmenden weniger an; wenn man in die Minderheit gerät, kann man sich sektenartig um so fester gegen den Rest der Welt zusammenschließen, um wider das Böse zu kämpfen, das zur Herrschaft gelangt ist."
(Christian Graf von Krockow)


"Also Freunde, Ihr wisst doch genau, was das für Bild  sind"
(Gerhard Schröder [Ex-Bundeskanzler] über LehrerInnen)

Über die faulen Hunde bzw. schwarzen Schafe, die es in jedem Beruf, also auch unter LehrerInneN gibt, rede ich erst gar nicht.

(Allerdings ist beispielsweise - um mal ein Klischee zu bedienen - ein Kunstlehrer, für den meistens um 14 Uhr tatsächlich sämtliche direkt schulischen Verpflichtungen aufhören, der aber selbst malt und sich fachlich fit hält, keineswegs faul, sondern er tut das Beste, was ein Lehrer überhaupt tun kann, ja wofür er geradezu bezahlt wird.)
 


"also ich finde die seite ziemlich gut. gut gestaltet und auch sehr unterhaltsam. allerdings fehlen hier nach meiner meinung einige ganz zentrale kritikpunkte gegen lehrer, beispielsweise dieser ganze diktatoren-komplex. die ständige kritik der lehrer ist ja keine weinerlichkeit, sondern sie stellen sich bewusst und absichtlich in die opferrolle, um ihre extreme machtfülle im neokommunistischen sed-lehrerstaat noch weiter auszubauen. ich könnte diese typen den ganzen tag nur anschreien und in den arsch treten." (zitert nach Bild )
 


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(, 20.5.03)

JedeR hat mal Tage voller Selbstmitleid

("Keiner versteht mich": das legt sich früher oder später meist auch wieder),

und überhaupt hat jedeR das gute Recht, auch mal feste und befreiend zu klagen

("Klage nicht, denn anderen geht's noch viel schlechter" und "suche die Schuld immer nur bei dir selbst" sind auch schöne kapitalistische Maschen.)

Hier aber geht's um die mehr oder minder öffentlichen Äußerungen.

Vertu ich mich oder hab ich Recht mit folgendem, sich in letzter Zeit bei mir zunehmend verschärfenden Eindruck:

Egal, ob LehrerInnen unter sich sind
oder öffentlich auftreten:
sie klagen.

Und zwar klagen sie

Solch ein Gejammer ist erst mal durchaus verständlich:

Aber dieses Selbstmitleid wird zum bloßen Klischee und einer penetranten Marotte (und bleibt letztlich reiner Masochismus)

(und die berechtigte Kritik verliert sowieso alle Durchschlagskraft, da sie dann nur noch als [eingebildete] "Berufskrankheit" erscheint),

wenn nichts daraus folgt.

Also - WAS TUN?

(... und zwar unter realistischer Einschätzung der Möglichkeiten. Man warte also nicht, bis alle KollegInnEn sich einig sind, denn da kann man ewig warten, denn Mitläufer und [mit gutem Grund!] ängstliche gibt's immer. Und man warte schon gar nicht auf die Gewerkschaften, die nicht nur stillschweigen, sondern sogar teilweise ins selbe Horn des Schwachsinns pusten.)

  1. Erst mal (als conditio sine qua non) im stillen Kämmerlein ganz für sich allein klarstellen, ob man den Lehrerberuf denn überhaupt mag:
    also (abgesehen von unvermeidbaren Misserfolgserlebnissen hier und da) die eigentliche unterrichtliche Tätigkeit und den Umgang mit jungen Leuten - aber doch bittschön nicht

Kommt hinzu:

"[...] der Lehrer muss sozusagen sein Interesse am Fach, am Lernen, an erkenntnisfördernden Verfahren und Zugängen vorleben."
(Manfred Spitzer in
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  1. Sicherlich wird auch der Lehrerberuf sich (manchmal durchaus ironische) Kritik gefallen lassen müssen.

(LehrerInnen [ich kann da mitreden, weil ich einer bin] haben natürlich - wie andere Berufsstände auch - ihre ganz spezifischen Macken, nämlich z.B.

Das kann einen auch gar nicht wundern, wenn man einen Großteil seines Wachlebens damit verbringt, ja dafür bezahlt wird. Lehrer müssen [vermeintlich] alles "besser wissen" - und [ätsch!] wissen tatsächlich vieles besser!)

Aber bei Leuten, die prinzipiell über die ach so faulen und unfähigen Lehrer stänkern

(die also ganz eindeutig noch nicht über ihre eigene Schulzeit hinweg gekommen sind und sich dementsprechend wie kleine quengelnde Kinder verhalten),

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  • LehrerInnen haben
    vormittags recht
    und nachmittags frei;
  • LehrerInnen sind immer schon um zwei Uhr im Baumarkt

(wer ist auch da, um es bemerken zu können???)

- und tun danach erst recht nichts mehr;

  • LehrerInnen arbeiten morgens und machen nachmittags ein Lehrernickerchen;

  • zwischen den Ferien "arbeiten" LehrerInnen manchmal sogar;

  • der Lehrerberuf ist der höchstbezahlte Teilzeitjob der Welt;
  • LehrerInnen sind (was alles sagt) Beamte;
  • Quintessenz: ich würde sofort (wieder) Lehrer werden!

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(Um aber nicht in Verfolgungswahn auszubrechen: die meisten Leute haben - nach anfänglicher Ironie - einen Heidenrespekt vor der ach so schwierigen Tätigkeit von LehrerInnen.)

 

Wer sich nicht wehrt,
der lebt verkehrt:

 
  1. Wenn schon meckern, dann im Rahmen der Möglichkeiten öffentlich und möglichst laut
    (denn sonst stirbt man nur an innerer Vergiftung).

Aber bittschön nicht nur gebetsmühlenartig die Folgen beklagen, sondern auch die klar identifizierbaren Urheber benennen, die immerhin ein (letztes) Recht darauf haben, davon zu erfahren.

Insbesondere ausgehend von einer positiven Antwort auf 1.

(dass man also den eigentlichen Lehrerberuf nach wie vor gerne macht)

frohgemut und dennoch penetrant darauf hinweisen, dass die Grenzen der Reglementierung, Formalisierung, Arbeitsbelastung und allgemein des Stresses nicht bald erreicht werden, sondern längst überschritten sind.

  1. Bzgl. sämtlicher Formalitäten (aber nicht gegenüber SchülerInneN) soweit wie nur irgend möglich "Dienst nach Vorschrift" fahren (dann kann einem keiner was nachweisen).
    Gesetze sind vor allem dazu da, systematisch ihre Lücken zu suchen (alleine, mit KollegInnEn oder - wohl eher utopisch - mit ganzen Kollegien).

Aber auf keinen Fall darauf warten, dass andere das für einen tun. Von anderer Seite aus werden (immer vollmundig versprochene) Arbeitserleichterungen garantiert nicht kommen. Im Gegenteil!

Nach den Lücken zu suchen, impliziert insbesondere, nicht alles für unabwendbar zu halten - und schon gar nicht für sinnvoll.

(Ein Beispiel an Privatschulen:

Oder: selbstverständlich schreiben wir - wie vorgeschrieben - ein "Schulprogramm": das wird ein herrliches Blabla [vgl. sämtliche vorhandenen Beispiele], sowas hacke ich in zehn Minuten in den Computer.)

Insbesondere gewöhne man sich etwas typisch Beamten- bzw. Lehrerhaftes ab, nämlich allen vorauseilenden Gehorsam, auf den sich die "Mächtigen" so prächtig verlassen können.

(Das schönste Beispiel, so recht ein Fressen für mich, ist da die "Profilbildung" in der Oberstufe in NRW: erst wurde sie [die verbindliche Kopplung zweier Fächer aneinander] vorgeschrieben, und reflexartig haben viele Lehrerkollegien sich zu Tode konferiert. Inzwischen hat aber sogar das Kultusministerium bemerkt, dass alles unausgegoren war - und alles freiwillig gestellt, also sang- und klanglos zurückgezogen. Vgl. Bild )

LehrerInnen machen sich das Leben ja schon schwer, bevor es ihnen vorgeschrieben wird.

(Vgl. Bild )

Und wenn man schon etwas tun muss, was man aber für blödsinnig hält, so protestiere man wenigstens vernehmlich "auf dem Dienstweg", damit "die da oben" erfahren, dass die SchulpraktikerInnen (!) das für blödsinnig halten.

Allerdings wird der stille (intelligentere?) Protest garantiert so laufen, dass alles nur pro forma mitgemacht wird.

  1. Konsequent denken lernen:

Da sagte z.B. letztens ein Mathematiklehrer an einer anderen Schule,

Ja was denn nun? Beides auf einmal geht nicht bzw. kann man nicht haben.

Ich frage mich vielmehr, ob dieser Kollege denn tatsächlich Freiheiten will - oder nur von ihnen redet, solange er sie nicht hat.

 

Wenn ihr Schiss vor der Freiheit habt,
lasst euch doch verwurschten.

 
  1. ein gesundes Selbstbewusstsein:

Wenn "die Jugend unsere Zukunft ist"

(was mir allerdings viel zu hochtrabend klingt),

dann sind LehrerInnen vorderste gesellschaftliche Avantgarde!

(Tut ungemein wohl, sich ab und zu derart selbst auf die Schulter zu klopfen. Die Restgesellschaft muss das nur auch noch merken - und viele wissen es schon.)

PS:

Bei all dem bin ich der Allererste, der weiß, dass es KollegInnEn gibt, die derart ausgepowert sind, dass sie gar keinen Gedanken mehr darauf verwenden können, sich zu wehren oder Denkalternativen zu entwickeln.