aus einer Anwendungs(?)aufgabe wird eine Anwendungs(!)aufgabe

Vgl. auch .

1. Beispiel:

so steht's in einem Mathe-Schulbuch:

Bild

Da liegt doch offensichtlich - wie man in der Germanistik sagt  - ein "Bildbruch" vor:

Die Katachrese (griechisch κατάχρηση, katáchrissi – der Missbrauch, die Unterschlagung, Veruntreuung) ist eine rhetorische Figur. Der Begriff hat in der Fachliteratur zwei unterschiedliche Bedeutungen.

1. Bildbruch: Bezeichnung für eine unstimmige, zuweilen widersprüchliche Verbindung mehrerer sprachlicher Bilder in einer Texteinheit. In der Antike war dies, mit dem Ziel, Komik zu erzeugen, erlaubt. Heute wird dieses Stilmittel eher selten eingesetzt (bspw. im Wirtschaftsteil der Frankfurter Rundschau oder der Titelseite der taz).

Geschieht eine Katachrese ungewollt (z.B. durch den Prozess des Versprechens als Kontamination aus zwei oder mehreren Redensarten), so betrachtet man sie hingegen als eher peinlichen oder komischen Stilfehler.

Beispiele:

[...]

Der Literaturwissenschaftler Jürgen Link hält die Katachrese hingegen für das grundlegende Prinzip, mit dem (insbesondere in den Massenmedien) verschiedene Spezialdiskurse (Wissenschaft, Ökonomie, Medizin, u. s. w.) und komplexe Sachverhalte mit einem Bild verknüpft werden können, das unmittelbar plausibel ist und vom Rezipienten automatisch verstanden wird.

[...]

(Quelle: Bild )

Genauso bei der obigen Aufgabe:

(und wenn er sich für schwarze Schafe interessieren würde, könnte er bei der kleinen Grundmenge von zehn Schafen die Anzahl dieser schwarzen Schafe per Augenschein/Abzählen herausfinden, bräuchte also überhaupt keine Stichprobe zu "ziehen"),

Das schwarze Schaf

In einer Schafherde sind die schwarzen und gefleckten Schafe weniger erwünscht, weil man einheitlich weiße Wolle gewinnen möchte, die sich bei der weiteren Verarbeitung nach Wunsch färben lässt. Schon in der Bibel wird bei Moses (1. Buch, 30, 32) darauf Bezug genommen: »Ich will heute durch alle deine Herden gehen und aussondern alle gefleckten und bunten Schafe und alle schwarzen Schafe (...)«. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird in einer Gruppe diejenige Person als schwarzes Schaf bezeichnet, die sich nicht einordnet, unangenehm auffällt: Seine Cousine war schon immer das schwarze Schaf der Familie.[...]

(Der Brockhaus in Text und Bild Edition 2002)

Kein Bildbruch läge also nur dann vor, wenn z.B. schwarze Schafe bekanntermaßen krankheitsanfälliger wären.

(Aber dann würde der Tierarzt ja gar nicht eine Stichprobe aus allen Schafen "ziehen", sondern nur aus den schwarzen.)


Nun liegt es mir normalerweise (?) fern, sämtliche Formulierungen (lieblos) auf die Goldwaage zu legen:

  1. passieren solche unfreiwilligen Bildbrüche ab und zu jedem,
  2. können sie ja sogar - wie der Wikipedia-Ausschnitt oben gezeigt hat - Absicht, ja sogar erkenntnisfördernd sein.

Aber ist der Bildbruch in der Mathe-Aufgabe nicht eben doch bezeichnend bzw. entlarvend?: dass da wieder mal ein rein mathematischer Sachverhalt frisch-fromm-fröhlich-frei in irgendeine x-beliebige, evtl. kaum passende "Anwendung" verpackt wurde.


Dabei wäre - bei ein wenig Aufmerksamkeit - aus der vermeintlichen Anwendungs(?)aufgabe ja mit Leichtigkeit eine echte Anwendungs(!)aufgabe herstellbar, indem man eben einfach nur "schwarz" durch "krank" und "weiß" durch "gesund" ersetzen würde:

1 Eine kleine Schafherde besteht aus 10 Schafen, sieben gesunden und drei kranken. Der Tierarzt wählt bei einer Routinekontrolle zufällig drei Schafe aus, um sie zu untersuchen.

Berechne die Wahrscheinlichkeit, daß der Tierarzt

a) zwei kranke Schafe und ein gesundes, b) ein krankes Schaf und zwei gesunde, c) kein krankes Schaf auswählt.


Gleich vorweg: da bleibt einiges unstimmig, nämlich

  1. : wieso wählt der Tierarzt rein zufällig (?) genauso viele Schafe aus, wie es kranke Schafe gibt (was er ja noch nicht wissen kann)?

(Oder weiß er, dass im Schnitt drei von zehn Tieren krank sind - und ist jetzt so naiv zu meinen, wenn er drei beliebige Tiere auswähle, seien das auch schon automatisch die drei kranken?)

  1. : woher weiß der "auktoriale Erzähler" (der in jede Schafsseele hineinschauen kann) schon vorweg, wie viele kranke Schafe in der Herde sind?

Aber in der neuen Version wirkt die Aufgabe doch immerhin ansatzweise realistisch:

(gibt es - hier nicht weiter behandelt - Kriterien für die Güte eines solchen Kompromisses oder ist das letztlich reine Willkür)?

Auch in der neuen Version sind die Aufgabenteile a) und b) völlig uninteressant: spannend wird's erst bei c):

mit welcher Wahrscheinlichkeit merkt der Tierarzt gar nicht, dass eine eventuell für Mensch und Tier gefährliche und hochansteckende Krankheit vorliegt?

In c) ergibt sich 21/40 1/2  50 %:

  1. in der ursprünglichen Schwarz-/Weiß-Aufgabe ist das eine völlig uninteressante Erkenntnis

(der Tierarzt muss ja regelrecht mit Blindheit geschlagen gewesen sein, dass er die schwarzen Schafe - wenn er denn nach ihnen gesucht hat - nicht erkannt hat),

  1. in der Krank-/Gesund-Aufgabe ist das Ergebnis hingegen wirklich alarmierend: fast ein Drittel der Herde ist infiziert, und dennoch bemerkt der Tierarzt bei seiner Stichprobengröße mit 50 % Wahrscheinlichkeit nichts davon

(eben auch, weil man den Tieren die gesuchte Eigenschaft ja nicht, wie in A., äußerlich ansehen kann; denn könnte man ihnen die Krankheit ansehen, müsste der Tierarzt ja gar keine Stichprobe mehr nehmen).



2. Beispiel:

Bei einer "richtigen" Anwendungs(!)-Minimaxaufgabe muss vor aller Mathematik lange "unmathematisch" gedacht werden - und hinterher auch wieder.

Beispiel sei da folgende Aufgabe aus einem Mathe-Schulbuch:

Bild

Hier wäre zu überlegen, ob die mathematische Forderung "rechteckige Spielfläche maximal" überhaupt "sportlich" sinnvoll ist, denn immerhin prallen da (auf den ersten Blick) zwei völlig unterschiedliche und vielleicht gar nicht miteinander zu vereinbarende Anforderungen aufeinander:

  1. wollen die Leichtathleten für ihre "Königsdisziplin" 100-Meter-Lauf an den beiden Seiten des Stadions gerade 100-Meter-Strecken haben und verteilen dann die restlichen 200 Meter (für den 400-Meter-Lauf) nur auf die Kurven - womit die Form des Stadions inkl. der "Spielfläche" komplett vorgegeben wäre, die Fußballspieler sich damit zufriedengeben müssten und jegliche Maximierungsfrage sinnlos wäre.

(Nebenbei: es hätte ja - u.a. als Kompromiss mit den Fußballern sinnvoll sein können, nicht eine Gesamt-Laufbahnlänge von 400, sondern z.B. von 500 Metern zu wählen.)

  1. werden die Fußballspieler ja in der Tat vermutlich eine möglichst große Spielfläche haben wollen. Kommt hinzu: ist die Größe eines Fußballfeldes aus alter Tradition (und unabhängig vom Anliegen der Leichtathleten) fix vorgegeben - und passt diese fixe Vorgabe nur zufällig in die Laufbahn der Leichtathleten? Mehr noch: ist die maximale Spielfeldgröße überhaupt "fußballtechnisch" sinnvoll? Es könnte doch immerhin sein, dass das maximale Spielfeld sehr schmal, dafür aber sehr lang wäre - so dass kaum Pässe möglich wären, sondern alle Spieler hübsch hintereinander antreten müssten :-)

(oder das maximale Spielfeld wäre sehr breit, dafür aber sehr kurz, so dass alle Spieler nebeneinander antreten müssten und die beiden Tore fast voreinander stünden :-).

Summa summarum: sind die Forderungen der Leichtathleten einerseits und die der Fußballspieler andererseits überhaupt miteinander vereinbar? Ganz offensichtlich sehr wohl, denn es gibt massenhaft "Kombi"-Stadien der Form

Bild

(Neuerdings werden allerdings massenhaft reine Fußball-"Arenen" ohne Laufbahn außendrum gebaut, damit die Fans näher am Geschehen sitzen können:

Bild )

Aber sind die beiden Interessen im Kombi-Stadion vielleicht nur vereinbar, wenn die Fußballspieler ein - zumindest mathematisch gesehen -"suboptimales", eben nicht flächenmäßig maximales Spielfeld erhalten?


Eine zweite, schon ein bisschen "mathematischere" Vorüberlegung sieht folgendermaßen aus:

man könnte auf den allerersten Blick ja meinen, dass alle - bei der Vorgabe 400 m - entstehenden Spielflächen gleichgroß sind, also gar kein "Minimax"-Problem entstünde

(nunja, wenn die Aufgabe so in einem Schulbuch im Kapitel "Minimax"-Aufgaben steht, ist wohl klar, dass sie garantiert auf ein "Minimax"-Problem hinauslaufen wird; aber genau das ist das Problem bei vielen Schulbüchern: sie liefern immer genau diejenigen Aufgaben, die zum derzeitigen Thema passen).

Es lohnt sich also, vorweg gerade die Extreme zu betrachten:

  1. Möglichkeit (s.o.): das Spielfeld wird sehr schmal, aber lang, sieht also etwa folgendermaßen aus:

Bild

Und im Extremfall bleiben dann oben und unten gar keine Kurven, aber auch kein Spielfeld mehr über:

Bild

Dem Mathematiker könnte das schnurzpiepegal sein, aber "sportlich" hieße das:

  1. Möglichkeit (s.o.): das Spielfeld wird sehr breit, aber kurz, sieht also etwa folgendermaßen aus:

Bild

Und im Extremfall bleiben dann nur noch Kurven, aber wieder kein Spielfeld über:

Bild

Dem Mathematiker könnte auch das wieder schnurzpiepegal sein, aber "sportlich" hieße das:

(aber keine geraden 100-Meter-Strecken mehr):

Bild
(Bildquelle: www.pixelio.de)

(Sie wären also so oder so "gekniffen" bzw. hätten die "Arschkarte".

Und doch ist dieser Fall hochinteressant, wenn man die Anfangsfrage anders stellt, also nicht [bei in beiden Fällen vorgegebenem Umfang 400 m] nach der maximalen inneren Spielfläche Bild , sondern nach der maximalen Größe des Gesamtstadions Bild fragt.

Dann nämlich

[das sei hier allerdings nicht näher erklärt und führt zu einigen zusätzlichen mathematischen Schwierigkeiten, nämlich einer gebrochen rationalen Funktion]

ergibt sich mathematisch, dass diese maximale Größe des Gesamtstadions in genau dem Fall eintritt, dass nur die Halbkreise, aber keine rechteckige Spielfläche mehr übrig bleiben bzw. bleibt, dass also das Stadion wirklich rund ist.

Anders gesagt: der Kreis [die Kugel] hat u.a. den allemal ERSTAUNLICHEN Vorteil, bei gegebenem Umfang [gegebener Oberfläche] die maximale Fläche [das maximale Volumen] zu haben: alles andere ist umweltbelastende Materialvergeudung bzw. Mogelpackung bzw. anderweitig zu begründen [beispielsweise einfachere Herstellbarkeit und bessere Standfestigkeit]!)

Jetzt erst wird klar: es gibt zwei "Rand-Minima". Weil aber zwischen diesen Extremen durchaus Spielfelder (mit einer Fläche größer als Null) entstehen, ist die "Minimax"-Aufgabe sehr wohl sinnvoll, d.h. muss irgendwo dazwischen ein (?) Maximum liegen.

(Nebenbei: für einen Mathematiker gibt es durchaus auch ein Spielfeld mit der Fläche Null, für Nicht-Mathematiker hingegen ist das aber überhaupt kein Spielfeld.)

für die Quintessenz, dass zwischen den beiden Minima ein (?) Maximum liegen muss, muss man (noch) nichtmal wissen, dass die das Problem beschreibende mathematische "Zielfunktion" stetig ist, sondern das ist anschaulich klar, da man die Breite kontinuierlich verändern kann und sich in Abhängigkeit davon (!; s.u.) auch die Länge kontinuierlich verändert (oder umgekehrt).

(Es wäre eine hübsche Aufgabe [für eineN versierteN SchülerIn?], diese kontinuierlichen Veränderungen zwischen den beiden Extremen mal mit einem mechanischen Modell [?] oder einem Computerprogramm zu illustrieren.)


Es kann auch nicht schaden, sich vorweg zu überlegen, wo vermutlich das Maximum liegt:

(Und das passiert nicht nur mathematischen "Dummies", sondern auch geübten MathematikerInneN: die Mathematik widerspricht oftmals unvermeidbar dem "gesunden Menschenverstand" - und hat doch schlichtweg recht!)

Denkbar wäre z.B., dass das maximale Spielfeld ein Quadrat ist, denn das Quadrat hat in der Tat einige "minimax-technische" Vorzüge

(... ist in Analogie zum o.g. Kreis bzw. der Kugel unter allen Rechtecken das mit der größten Fläche bei vorgegebenem Umfang;

kleiner Vorverweis: nach aller Rechnung sollte man das Ergebnis mal mit der eigenen vorherigen Einschätzung vergleichen; s.u.).


Jetzt erst beginnt - und auch das erst nur langsam - die eigentliche Mathematik, indem eine "Zielfunktion" gesucht wird, die von einer (!) Variablen abhängt und dann zwecks Maximumbestimmung "ableitbar" ist.

Um überdeutlich zu betonen, dass der mathematische nur ein kleiner und dennoch allzu oft überbetonter Teil der GesamtÜberlegung ist, lasse ich hier die einschlägigen Rechnungen völlig weg.

Wichtiger ist mir, dass auch hier noch "halbmathematische" Überlegungen eingehen müssen, nämlich

  1. die Erkenntnis, welche Variablen überhaupt sinnvoll sind

(leider ist eine Variable, nämlich x, in der ursprünglichen Aufgabe aber schon verraten: Bild ;

schade daran ist auch, dass die Variable höchst konventionell als x und nicht, wie es doch erstmal nahe läge, als r Radius benannt wurde

[so sorgt man dafür, dass SchülerInnen überhaupt nur mit x rechnen können und auf dem Schlauch stehen, wenn die Variable mal anders heißt];

aber immerhin wurde nicht auch die zweite Variable, nämlich die Höhe h des Rechtecks, verraten und bleibt somit eine Beziehung zwischen beiden Variablen überhaupt erst zu finden;

und überhaupt hätte ich nicht das abstrahierte Bild Bild, sondern eine Luftaufnahme eines richtigen Stadions genommen: gerne auch aus der Schrägansicht, so dass die [allgemein bekannten] Halbkreise und das rechteckige Spielfeld erst hinzuzufügen wären);

  1. der Zusammenhang zwischen den beiden Variablen h und x, so dass man die eine durch die andere ausdrücken und somit aus der "Zielfunktion" rauswerfen kann, womit dann endlich nur noch eine (!) Variable übrig bleibt

(die einzige Möglichkeit, überhaupt weiter zu rechnen!).

Dieser Zusammenhang war aber oben schon durch die Überlegungen zu Bild und Bild nahegelegt worden.

Wichtig dabei ist allerdings die alles entscheidende "Randbedingung"

(die SchülerInnen im Laufe der Überlegung allzu leicht vergessen),

dass der Gesamtumfang fest mit 400 Metern vorgegeben ist. Ohne diese Randbedingung ist

Nebenbei: das sind so Überlegungen, die man ausdrücklich anstellen sollte!

  1. sind natürlich zwei Gleichungen anzusetzen, in denen beides Mal h und r vorkommen, und zwar

Bemerkenswert dabei ist, dass

Und die erste Gleichung U(r, h) = 400 m ist überhaupt nur dazu da, h und r in Abhängigkeit voneinander ausdrücken und damit aus der zweiten, also F(r, h), eine der beiden Variable "rauswerfen" zu können, so dass nur noch F(r) oder fallweise F(h) übrig bleibt.

Die Gleichung U(r, h) = 400 m ist also "nur" eine

(allerdings dennoch enorm wichtige, weil die Randbedingung berücksichtigende)

Hilfsgleichung, während die Gleichung F(r) die "Zielfunktion" ist, die nun weiter behandelt (mittels Ableitung auf ein Maximum hin untersucht) werden kann.

Anders gesagt: es liegt ein Gleichungssystem aus zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten vor, so dass man eine Variable eliminieren kann

(für die Behandlung von Gleichungen mit zwei Variablen sind wir zu dumm, bzw. da ist auch kein eindeutiges Ergebnis möglich;

genau genommen gibt es aber auch in F(r) zwei  Variable, nämlich F und r; und wir sind nur zu dumm, Gleichungen mit drei Variablen zu behandeln).

Man kann es ja gar nicht deutlich genug sagen:

  1. : eine Gleichung wie F(r) mit zwei Variablen besagt, dass und wie genau die beiden Variablen wechselseitig voneinander abhängig sind

(z.B. beschreibt y = x2, wie man das y aus jedem beliebigen x erhalten kann, nämlich durch Quadrieren des jeweiligen x; aber es kommen eben keine klaren Lösungen für x bzw.  y heraus);

  1. : erst wenn eine der beiden Variablen wegfällt, also nur noch die andere übrigbleibt, ist die Gleichung (eventuell) lösbar

(z.B. ergibt

  •   4 = x2 die beiden Lösungen x = 2 oder x = -2,
  • - 4 = x2 aber - zumindest innerhalb der reellen Zahlen - gar keine Lösung).

Die gesuchte eindeutige Lösung, also dasjenige r, bei dem F(r) maximal wird, erhalten wir aber erst, indem wir die Ableitung F'(r) gleich Null setzen und somit nur noch eine Variable (die damit zu einer vorerst noch Unbekannten geworden ist) auftaucht.

(Erstaunlich dabei ist, dass wir da "nur" erfahren, für welches r die Fläche maximal wird, nicht aber, wie groß dann die Fläche ist. für Letzteres ist dann wieder ein Einsetzen des gefundenen r in die Ausgangsgleichung F(r) nötig: da dann r nicht mehr variabel ist, kommt dann auch eine eindeutige Fläche heraus.)


Wie schon angedeutet, spare ich mir hier alle Rechnungen und nenne nur das Ergebnis für den Fall, dass man als einzige Variable r belassen hat. Es ergibt sich für die größtmögliche Spielfläche

Bild

oder mit Maßeinheit ungefähr 31 Meter.

Dabei ist Bild mathematisch gesehen ein bildschöner Wert

(und immerhin deutet sich da schon - s.o. - die für Kurzstreckenläufer so wichtige Zahl 100 an!),

aber genauso wie 31,83 ein anschaulich wenig aussagekräftiger Wert.

Und gleiches gilt für das Doppelte 63,66, also die Breite des Spielfelds.

Auch wenn die Rechnung mit r fast ausreicht, kann es dennoch nicht schaden, auch noch die Höhe h zu berechnen, und da ergibt sich dann ERSTAUNLICHERWEISE

h = 100 Meter.

(Auch hier ist die Aufgabe zu "eng" gestellt, indem nach x und nicht nach der maximalen Spielfläche gefragt wird. Um aber letztere zu berechnen, bleibt einem gar nichts anderes, als nach der Bestimmung von r auch noch h auszurechnen. D.h. aber doch, dass den SchülerInnen durch die allzu enge Aufgabenstellung das Staunen vorenthalten bzw. sogar geraubt wird.

Nebenbei: es lohnt sich, vom Ergebnis ausgehend mal rückwärts zu verfolgen, wie die 100 überhaupt rechnerisch

[durch allerlei Kürzen, und zwar insbesondere von Bild ]

zustande kommen.)

Erstaunlich an dem Ergebnis "h = 100 Meter" ist aber doch zweierlei:

  1. und noch eher innermathematisch: dass nach ellenlanger und wohl auch nicht ganz einfacher Rechnung und dem höchst schrägen Zwischenwert Bild für h letztlich so eine hübsch einfache Zahl herauskommt;

  2. schon außermathematisch-"sportlich": dass sich, ausgehend von der Flächenmaximierung, ausgerechnet (!) jene 100 Meter lange Seitengerade ergibt, die die Leichtathleten unbedingt haben möchten.

Ich finde, man darf den SchülerInneN dieses doppelte Staunen nicht rauben!


Ich habe die Anfangsfrage

"[...] ist die Größe eines Fußballfeldes aus alter Tradition (und unabhängig vom Anliegen der Leichtathleten) fix vorgegeben - und passt diese fixe Vorgabe nur zufällig in die Laufbahn der Leichtathleten?"

nicht vergessen: nach aller Rechnung wollte ich doch unbedingt wissen, ob das maximale Fußballfeld auch tatsächlich den Vorschriften für die Größe eines Fußballfeldes entspricht bzw. ob solch ein Fußballfeld nur rein zufällig in eine 400-Meter-Bahn passt

(denn dass es passt, beweisen ja viele Stadien).

Da fand ich folgende Erklärung doch zum Schmunzeln:

"Die Länge der kurzen Seiten (Torlinie) sollte zwischen 45 und 90 Meter, die der langen Seiten (Seitenlinie) zwischen 90 und 120 Meter betragen (üblich sind 68 auf 105 Meter wegen der in Leichtathletikstadien umlaufenden 400m-Kunststoffbahn mit 100m Gerade, diese Spielfeldgröße muss auch in einigen Europacupwettbewerben exakt eingehalten werden). Bei Länderspielen muss das Feld in der Länge zwischen 100 und 110 Meter, in der Breite zwischen 64 und 75 Meter sein."
(zitiert nach Bild ; rote Hervorhebung von mir, H.St.)

Das heißt aber doch, dass

Aber doch überhaupt erst durch solche nicht-mathematischen Vor- und NachÜberlegungen wird die "Sache" spannend und erscheint die gebrauchte Mathematik hilfreich.

Innermathematisch interessant ist doch "nur" das hübsch einfache Endergebnis h = 100 m, und doppelt schön ist es natürlich, dass das auch "sportlich" so gut "hinkommt", ja sogar Leichtathleten und Fußballer gleichzeitig befriedigt.

Noch schöner: erst die Mathematik kann zeigen, dass die beiden Forderungen

  • 100 Meter Seitengerade für die Leichtathleten,

  • möglichst großes Spielfeld für die Fußballer

so wunder(!)sam miteinander vereinbar sind.


Nicht vergessen habe ich auch die obige Vermutung, dass das Quadrat ideal sein könnte, was sich inzwischen natürlich als falsch erwiesen hat.

Im Nachhinein wird sogar auf zwei Arten deutlich, weshalb die Vermutung falsch war:

Damit stellt sich aber auch die Frage nach der Länge jedes der Halbkreise - und die Antwort ist

(trotz des höchst schrägen Radius Bild)

erschütternd einfach: wenn die jeweils 100 Meter langen Seitengeraden abgezogen werden, bleiben für die beiden Halbkreise nur noch 200 Meter, ist also jeder Halbkreis auch (!) 100 Meter lang.

(A propos "trotz des höchst schrägen Radius": letztlich ist - jetzt rein mathematisch gesehen - das einfache Ergebnis für die Halbkreislänge so erstaunlich nun auch wieder nicht, da sich in der Umfangsformel 2 π r für den Vollkreis das π gerade deshalb so elegant rauskürzt, weil r so schräg ist, nämlich im Nenner auch ein π enthält.)


Ich höre schon die gar nicht so unberechtigten Einwände gegen solch ein ellenlanges vor- und nachmathematisches Vorgehen

(und die ja auch nicht ganz kurze eigentliche Mathematik hatte ich mir ja sogar noch vollständig gespart):

  1. sei wegen des Stoff- und Klausurdrucks solch eine langwierige Behandlung von Aufgaben gar nicht möglich,

  2. müssten die SchülerInnen ja auch anhand vieler Aufgaben lernen, geeignete Verfahren schnell anzuwenden.

Eine Pseudolösung scheint es mir da zu sein, eine Aufgabe (z.B. die Stadion-Aufgabe) ausführlich (also auch vor- und nachmathematisch) zu besprechen und sich das bei den dann folgenden Aufgaben zu sparen

(mal abgesehen davon, dass solch ein ausführlich-angewandter "Einstieg" ja oftmals nur ein Alibi ist - und deshalb von vielen LehrerInneN konsequenterweise gerne weggelassen wird, die dann sofort zur "einzig wahren" Mathematik übergehen).

Sicherlich (hoffentlich?) kommen SchülerInnen nach einiger Übung schneller auf den eigentlich mathematischen Kern, aber ich bezweifle dennoch, dass sie (Pseudo-)Anwendungsaufgaben überhaupt verstehen und mathematisieren können, wenn sie nicht eben doch (immerhin kurze) vormathematische Überlegungen anstellen.

Und sie werden nur rechnen, aber nicht staunen, wenn sie keine nachmathematischen Überlegungen anstellen, sondern das Ergebnis - das sie ja sowieso nicht interessiert - (auch innermathematisch) nur hinnehmen.