Crashkurs Exponentialfunktionen 

benötigtes Vorwissen

Exponentialfunktionen


benötigtes Vorwissen:
  1. Potenzen
Einen mathematischen Ausdruck der Form nennt man „Potenz . Die Zahl a unten heißt „Basis“, die Zahl b oben heißt „Exponent“.

(Dringend empfohlen sei auch die Wiederholung der Potenzgesetze!)

  1. Funktionsarten
Der Begriff der „Funktion“ ist einer der absolut zentralen Begriffe der Mathematik und Naturwissenschaften seit über 400 Jahren:

 

 


Eine Funktion ist eine eindeutige Zuordnung, d.h. jedem x wird genau ein y zugeordnet (und nicht mehrere y).

Es gibt verschiedene Funktionsarten mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften

(die Funktionsgraphen sehen ganz anders aus und die verschiedenen Funktionsarten werden völlig unterschiedlich abgeleitet).

Deshalb darf man die verschiedenen Funktionsarten auf keinen Fall verwechseln: eine Gefahr, die insbesondere dann naheliegt, wenn

(wie bei der )

verschiedene Funktionsarten in einer Aufgabe kombiniert sind.

Bevor man also losrechnet, überprüfe man insbesondere, ob die Variable x UNTEN in der Basis oder OBEN im Exponenten einer Potenz steht.

Hier einige in der Schule behandelten Funktionsarten:

Von diesen verschiedenen Funktionsarten sollen uns hier nur die farbig markierten interessieren, also
    1. Potenzfunktionen,
    2. ganzrationale Funktionen,
    3. Exponentialfunktionen.
Zu A., also den Potenzfunktionen:

Potenzfunktionen haben Funktionsgleichungen der Form y = c , wobei n eine natürliche Zahl (inkl. 0) ist. Entscheidend dabei ist, dass das x unten in der Basis der Potenz steht

(während das x bei den unten ausführlicher behandelten Exponentialfunktionen oben im Exponenten der Potenz steht).

Beispiele für Potenzfunktionen sind

     

Hier lernen wir auch schon die „Faktorregel“ für Ableitungen kennen, die für alle Funktionen gilt

(unten also auch für Exponentialfunktionen):

  Faktorregel:

wenn ist, gilt für die Ableitung , d.h. die dranmultiplizierte Konstante a wird beim Ableiten einfach unverändert mitgeschleppt.

Ein Beispiel:   , also und . Dann ist und folgt:

Zu B., also den ganzrationalen Funktionen:

Eine erste Möglichkeit, mehrere Funktionen zu einer zusammenzusetzen, ist die noch sehr einfache Addition oder Subtraktion, also .

Die zweite Ableitungsregel, die auch wieder für alle Funktionen gilt
(unten also auch für Exponentialfunktionen),
ist
 

die „Summenregel“: man leitet die Summe (oder Differenz) mehrerer Funktionen ab,

  • indem man die einzelnen Funktionen ableitet
  • und dann alles addiert (oder subtrahiert).

Oder anders gesagt: man schleppt „+“ und „-“ beim Ableiten einfach unverändert mit:


Ein Beispiel, in dem wir schon drei Funktionen addieren, und zwar die bereits oben genannten Potenzfunktionen i: y = x2,  h: y = 6x und g: y = 8:
 
Dann gilt für die Ableitung

Addierte (oder subtrahierte) Potenzfunktionen nennt man "ganzrationale Funktionen"

(im Gegensatz zu "gebrochen rationalen Funktionen; s. ).

Die ganzrationale Funktionen sind spätestens seit der 8. Klasse immer wieder durchgenommen worden. Insbesondere wurden an ihnen durchgenommen

(lineare und quadratische Funktionen sind [mit ganz wenigen Ausnahmen] die einzigen ganzrationalen Funktionen , die wir lösen können [wenn sie überhaupt lösbar sind], und alle Funktionen höheren Grades müssen [z.B. durch Polynomdivision] zu diesen einfachen Funktionen zurechtgestutzt werden),

 

Besonders wichtig sind die Bedingungen für Minima, Maxima und Wendepunkte, denn diese Bedingungen gelten genauso für auf andere Art zusammengesetzte Funktionen und Exponentialfunktionen:


Zu diesen Bedingungen siehe .
 
   Bedingungen für Minima, Maxima und Wendepunkte muss man gründlich auswendig kennen und anwenden können!!!

Die Funktionsgraphen aller ganzrationalen Funktionen

(außer den linearen)

sind

(evtl. mit einigen "Schlenkern" in der Mitte)

Jede ganzrationale Funktion kommt links von und geht rechts nach .


Exponentialfunktionen:

  • wie schon oben gesagt: Potenzfunktionen haben Funktionsgleichungen der Form y = c , wobei n eine natürliche Zahl (inkl. 0) ist. Entscheidend dabei ist, dass das x UNTEN in der Basis der Potenz steht.
  • Bei Exponentialfunktionen ist es umgekehrt: sie haben Funktionsgleichungen der Form y = , wobei a eine positive reelle Zahl ist. Entscheidend dabei ist, dass das x OBEN im Exponenten der Potenz steht.

(Im Folgenden behandeln wir

[mit Ausnahmen ganz am Ende]

nur die „nackten“ Exponentialfunktionen , bei denen im Exponenten nur x und nichts anderes steht. Bei der werden wir hingegen auch „zusammengesetzte“ Exponentialfunktionen sehen, bei denen im Exponenten mehr als nur das x steht.)


Zwei Beispiele:

Wenn man nicht weiß, wie der Graph einer Funktion aussieht, oder wenn man wissen will, warum er eine bestimmte Form hat, ist es ratsam, eine Wertetabelle aufzustellen. Dazu wähle man für einfache Rechnungen ganzzahlige x rund um 0, weil alle in der Schule durchgenommenen Funktionsgraphen sich dort besonders markant verhalten:

Damit ergeben sich die beiden folgenden Funktionsgraphen:

Daran sind bereits markante Eigenschaften aller Exponentialfunktionen der Form g: y = erkennbar:
allgemein: die Graphen der Exponentialfunktionen g: y = gehen

(nur dass er für große x sehr viel rasanter ansteigt als jede Parabel, weshalb Exponentialfunktionen viel gefährlicher sind),
(Man sagt auch, dass
Dass der Graph unendlich nah an die x-Achse heran geht, sie aber dennoch nicht erreicht, kann man sich mit folgender Überlegung veranschaulichen:
Dann ergibt sich

Auf diese Weise kommt man immer näher an die Wand, erreicht [berührt bzw. durchstößt] sie aber nie.)

Allgemein: die Graphen von Exponentialfunktionen  g: y =   gehen asymptotisch

Ein Beispiel aus der Coronakrise im Jahr 2020: die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen, die viele Regierungen der Welt verhängt haben, dienen dazu, die Neuansteckungen zu verringern - oder mathematisch gesagt: die "Reproduktionszahl" R kleiner als 1 zu halten.

Die Graphen der Exponentialfunktionen  g: y =   bleiben also vollständig oberhalb der x-Achse (die y-Werte also immer positiv), woraus folgt, dass Exponentialfunktionen KEINE Nullstellen haben

(was Rechnungen insbesondere in erheblich vereinfachen wird).
(wenn man mit x wie immer von links nach rechts geht )
reine Linkskurven , woraus sofort folgt, dass sie KEINE Wendepunkte haben.
  Und wo nix ist, gibt's auch nix zu berechnen. So gesehen sind Exponentialfunktionen also extrem schülerfreundlich.

(wie oben gezeigt)

mit P ( 0 | 1 ) und Q ( 1 | a ) zwei schöne Fixpunkte, mit denen man die Zeichnung des Funktionsgraphen beginnen kann,

 

(ein Fehler, den Computer gerne machen: )

Ich würde daher Graphen nur so weit zeichnen, dass der asymtotische Trend deutlich wird, aber noch ein geringer Abstand zur x-Achse bleibt.

Exponentialfunktionen hingegen kommen / gehen

(jedoch nie von / gegen - )

(Auch hier gibt‘s also nix zu berechnen!)

(Man kann also beliebig oft ableiten [oder integrieren], es kommt immer dasselbe raus. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leiten sie noch heute ab [oder integrieren].

Nebenbei: die e-Funktion ist die einzige Funktion im gesamten Funktionenuniversum, deren Ableitungsfunktion identisch mit der Ausgangsfunktion ist.)

Mit der Einfachheit der e-Funktion handelt man sich aber auch eine Schwierigkeit ein:

für die "Eulersche Zahl" e gilt

Sie ist eine irrationale Zahl, also weder endlich noch periodisch hinter dem Komma, und das hat zur Folge, dass man sie

Deshalb belassen wir es in der Regel bei dem Buchstaben "e", von dem wir eigentlich nur wissen müssen, dass sich dahinter eine feste Zahl verbirgt

(dass e also keine Variable bzw. Unbekannte wie x oder y ist).

Wenn wir aber doch mal die Dezimalzahl brauchen, reicht meistens e ≈ 2,7182 oder sogar nur e ≈ 2,7 , und wir überlassen es gnädigst dem Computer, mit sowas Fiesem zu rechnen.

(e ist eine enorm wichtige Zahl:

[vgl. z.B. ]

"die e-Funktion ist die einzige Funktion im gesamten Funktionenuniversum, deren Ableitungsfunktion identisch mit der Ausgangsfunktion ist."

Daraus folgt, dass das Ableiten bei anderen Exponentialfunktionen (also z.B. y = ) nicht ganz so einfach ist.

Glücklicherweise kann man aber diese anderen Exponentialfunktionen auf die e-Funktion zurückführen

Es gilt nämlich allgemein

 

... wobei ln bzw. der „natürliche (!) Logarithmus“ die Umkehrfunktion der e-Funktion ist, diese also rückgängig macht

(genau so, wie

Hier soll der (natürliche) Logarithmus nicht genauer besprochen werden

(und man muss ihn glücklicherweise auch gar nicht verstehen, sondern es reicht

[wie auch weiter unten bei anderen Logarithmen],

wenn man es mit letzter Kraft noch schafft, auf dem Taschenrechner die ln-Taste zu drücken).

Nur soviel:

    1. gibt es verschiedene Logarithmenarten, also z.B. auch den Zehnerlogarithmus, der auf Rechnern meist mit „lg“ abgekürzt ist. Man lasse den Finger von dieser lg-Taste!
    1. sind die meisten Logarithmen auch wieder fiese irrationale Zahlen

(s.o. bei der Eulerschen Zahl e),

so dass auch die meisten Computerergebnisse hinten abgehackt, also ungenau sind, weshalb man nur noch mit einem ≈ statt einem = weiterrechnen dürfte.

Und überhaupt: wer hat schon Lust, immer wieder z.B. die Zahl 0,69314718 aufzuschreiben?!

Da ist es doch einfacher, den Ausdruck "ln(2)" mitzuschleppen, auch wenn man keinen blassen Schimmer hat, welche Zahl sich dahinter verbirgt.

Wenn man dann aber doch mal die Dezimaldarstellung von ln(2) braucht, reichen meistens die ersten vier Nachkommastellen, also 0,6931.

Aber zurück zu . Damit lässt sich nun auch die Funktion f: y = ax ableiten

(die Herleitung mit der Kettenregel [vgl. ] spare ich mir hier mal)

 

 f: y = ⇒ f ' (x) =

bzw.

Wo wir aber schon dabei sind, hier auch eine Stammfunktion zu f: y = ax :

f: y = ⇒ F (x) =

bzw.

Und wo wir aber gerade so schön beim Logarithmus sind, hier auch noch eine andere wichtige Anwendung des Logarithmus:

angenommen mal, wir haben die Funktionsgleichung f: y = 2x

    1. : wir wollen wissen, welche Zahl y die Gleichung y = 210 löst. Dazu geben wir sehr einfach 210 in den Rechner ein und erhalten y = 1024.
    1. : wir wollen umgekehrt wissen, welche Zahl x die Gleichung 512 = 2x löst. Um das herauszufinden, müssen wir x aus dem Exponenten nach unten in die Basis bekommen. Das geht mit dem einzigen Logarithmusgesetz, das man heute im Zeitalter der Taschenrechner überhaupt noch braucht: 
 

bzw.

Machen wir uns damit an die Lösung der Gleichung 512 = 2x :


Probe: wenn wir 29 in den Taschenrechner eingeben, kommt tatsächlich 512 raus.