wie findet man heraus, ob eine Gerade gerade ist?

Oder anders gefragt: wie findet man heraus, ob ein Gebilde, das zumindest auf den ersten Blick wie eine Gerade aussieht, auch wirklich eine Gerade ist, ob sie also

(streng mathematisch gesehen)

überhaupt den Namen "Gerade" verdient?


Allerdings stellt sich diese Frage eigentlich nie:

(da ragt noch immer hier und da ein Atom heraus: )

Die Mathematiker ziehen daraus eine seltsame Konsequenz:

(und - so zumindest Platon - die äußere Wirklichkeit nur ein schaler Abklatsch der idealen Gedankenwelt ist).

So seltsam solch eine Denkweise zumindest auf den ersten Blick erscheinen mag, so gute Gründe gibt es doch für sie:

Für Mathematiker stellt sich also gar nicht die Frage, ob eine Gerade wirklich gerade ist. Sie setzen vielmehr einfach voraus, dass ein

(nur im Kopf existierendes)

Gebilde eine (perfekte) Gerade ist: für Mathematiker

  1. gibt`s ja fertige Lineale  zu kaufen, die zudem in industrieller Produktion so exakt hergestellt werden, dass nichtmal mit einer Lupe eine Abweichung von einer idealen Gerade erkennbar wäre;

und weil diese Lineale so perfekt angefertigt sind, verlassen wir uns

(wie wir unten sehen werden: manchmal allzu leichtfertig)

auf sie, ja, setzen geradezu

(wie die Mathematiker!)

voraus, dass sie gerade sind;

  1. : und selbst wenn so ein Lineal ein ganz klein wenig schief wäre: "so genau kommt`s doch im Alltagsleben nie"

(und überhaupt: wann muss ein Normalsterblicher [außerhalb des Mathematikunterrichts] denn mal eine Gerade zeichnen?!).

Mit dem Satz "so genau kommt`s doch im Alltagsleben nie" wird auch klar, dass Otto Normalverbraucher das Bemühen der  Mathematiker um absolute Exaktheit (u.a. ideale Geraden) als völlig esoterische Korinthenkackerei, also als Spielwiese für Nerds erscheinen muss

("habt ihr eigentlich sonst keine Probleme?!"

Nebenbei: gibt es auch eine nicht-absolute Exaktheit?)



Vorsicht:

(also z.B. )

benutzt,

Zu beachten ist auch ein entscheidender Unterschied zwischen Alltags- und mathematischer Sprache:

(vgl. etwa „Eine Rennstrecke ist eine abgegrenzte Strecke, auf der Geschwindigkeitswettbewerbe ausgetragen werden.“

[Quelle: ]),

(ein beidseitig begrenzter Geradenausschnitt).

Vielleicht ist es also geradezu gefährlich

(führt es zu massiven Missverständnissen bei Schülern),

dass die Mathematik oft alltägliche (deutsche) Begriffe benutzt, mit ihnen aber eine andere (sehr enge) Bedeutung verbindet.




Wenn‘s schnell gehen muss und vielleicht gar kein Lineal zur Hand ist, macht man oft nur freihand „Planskizzen“ von Geraden

(genauer: von Strecken, da Geraden ja [noch so eine Abstraktion:] in beide Richtungen unendlich weiter gehen, also eh niemals vollständig gezeichnet werden können),

also z.B.
.
(Nebenbei: von "Planskizzen" spricht man wohl, weil man da etwas [z.B. Geraden] nur plant - aber nie zur endgültigen Ausführung kommt. Und letztlich sind alle [auch sehr genauen] mathematischen Zeichnungen nur "Planskizzen".)

Obwohl offensichtlich keine dieser Linien eine (perfekte) Gerade ist, wird vermutlich doch jeder zustimmen, dass mit all diesen Linien (perfekte) Geraden gemeint sind.

Hingegen wird wohl kaum jemand bereit sein, in

oder gar

noch Geraden zu sehen

(im zweiten Gebilde aber vielleicht einen Kreis).

Da stellt sich doch die Frage, wie weit eine Linie von einer (perfekten) Geraden abweichen muss, um nicht mehr als Planskizze einer Geraden akzeptiert zu werden.

Ist das eine rein subjektive Entscheidung, oder läßt sich zumindest statistisch ein „Abweichungsmaß“ herausfinden, ab dem eine Linie von den meisten Leuten nicht mehr als Gerade akzeptiert wird?

Keine Ahnung, ob es dazu schon Untersuchungen gibt.

Immerhin könnte ich mir aber Folgendes vorstellen: man nimmt als Abweichungsmaß die Fläche, die zwischen einer ungeraden Linie und einer idealen Strecke entsteht:


  "Was ist also die Zeit? Wenn mich niemand darüber fragt, so weiß ich es; wenn ich es aber jemandem auf seine Frage erklären möchte, so weiß ich es nicht. Das jedoch kann ich zuversichtlich sagen: Ich weiß, daß es keine vergangene Zeit gäbe, wenn nichts vorüberginge, keine zukünftige, wenn nichts da wäre. Wie sind nun aber jene beiden Zeiten, die Vergangenheit und die Zukunft, da ja doch die Vergangenheit nicht mehr ist und die Zukunft noch nicht ist?"
(Augustinus Aurelius [354 - 430 n. Chr.], Bischof von Hippo, Philosoph, Kirchenvater und Heiliger)

Was eigentlich ist eine Gerade?

(... und "ein Kreis ist rund").

Dabei ist "eine Gerade ist gerade" natürlich ein Zirkelschluss wie z.B. auch "Regen ist, wenn es regnet"

(ein Ausländer wird dann noch immer nicht wissen, was das deutsche Wort "Regen" bedeutet).

"Eine gerade, unendlich lange, [noch eine weitere Abstraktion:] unendlich dünne und in beide Richtungen unbegrenzte Linie nennt man eine Gerade"

oder kurz

"Eine gerade [...] Linie nennt man eine Gerade"

heißt, was doch wohl derselbe Zirkelschluss ist, den auch Laien begehen.

Schon besser gelingt den Mathematikern die Definition der Strecke, also eines beidseitig durch die Endpunkte A und B begrenzten Geradenausschnitts:

Weil da zwei Punkte (nämlich A und B) vorgegeben sind, läßt sich sagen:

"Die kürzeste Verbindung zweier Punkte [A und B] ist gerade und wird als Strecke bezeichnet."

(Bei einer in beiden Richtungen unbegrenzten Geraden gibt es solche zwei Endpunkte natürlich nicht, und zwischen zwei nicht vorhandenen Endpunkten kann es auch keine kürzeste Verbindung geben.)

Jetzt aber ein längerer Auszug des Wikipedia-Artitels über Geraden:

"Eine gerade Linie oder kurz Gerade ist ein Element der Geometrie. Die kürzeste Verbindung zweier Punkte ist gerade und wird als Strecke bezeichnet. Eine gerade, unendlich lange, unendlich dünne und in beide Richtungen unbegrenzte Linie nennt man eine Gerade. Moderne axiomatische Theorien der Geometrie nehmen darauf jedoch keinen Bezug (Synthetische Geometrie). Für sie ist eine Gerade ein Objekt ohne innere Eigenschaften, lediglich die Beziehungen zu anderen Geraden, Punkten und Ebenen sind von Bedeutung. In der Analytischen Geometrie wird eine Gerade als eine Menge von Punkten realisiert. Genauer: In einem affinen Raum ist eine Gerade ein eindimensionaler affiner Unterraum.

Synthetische Geometrie


In seinen Elementen hat Euklid eine explizite Definition einer Geraden gegeben, die dem anschaulichen Bild entspricht. Für Sätze und ihre Beweise spielt diese Definition jedoch keine Rolle. Moderne Axiomensysteme verzichten daher auf eine solche Definition.

Eine Gerade ist in diesem Fall ein Begriff, auf den die einzelnen Axiome Bezug nehmen. Ein Beispiel ist das erste Axiom aus Hilberts Axiomensystem:

Zwei voneinander verschiedene Punkte P und Q bestimmen stets eine Gerade g.

Die Bedeutung des Begriffs Gerade ergibt sich aus der Gesamtheit der Axiome. Eine Interpretation als eine unendlich lange, unendlich dünne Linie ist nicht zwingend, sondern nur eine Anregung, was man sich anschaulich [???] darunter vorstellen könnte.

In der projektiven Ebene sind die Begriffe Punkt und Gerade sogar vollständig austauschbar (Dualität). Damit ist es hier möglich, sich eine Gerade als unendlich klein und einen Punkt als unendlich lang und unendlich dünn vorzustellen.

Analytische Geometrie

In der analytischen Geometrie wird der geometrische Raum als n-dimensionaler Vektorraum über den reellen Zahlen dargestellt. Eine Gerade wird dabei als eindimensionaler affiner Unterraum dieses Vektorraums definiert, d. h. als Nebenklasse eines eindimensionalen linearen Unterraumes.

In drei Dimensionen erfüllt der Geradenbegriff der analytischen Geometrie alle Bedingungen, die Hilbert in seinem Axiomensystem der Geometrie voraussetzt. In diesem Fall ist eine Gerade somit auch eine Gerade im Sinne Hilberts."

(Quelle: )

Na, alle Klarheiten beseitigt? Und überhaupt finde ich den Satz

"In der projektiven Ebene sind die Begriffe Punkt und Gerade sogar vollständig austauschbar (Dualität). Damit ist es hier möglich, sich eine Gerade als unendlich klein [wenn man eine Gerade von vorne sieht, sie also wie ein Pfeil auf einen zukommt - und durch einen hindurch geht] und einen Punkt als unendlich lang und unendlich dünn vorzustellen [nämlich als von vorne gesehene Gerade]."

urkomisch: derart herrlich verdreht können doch nur Mathematiker denken!

Bemerkenswert an dem Wikipedia-Artikel ist aber auch der Satz

„Moderne Axiomensysteme verzichten daher auf eine solche Definition [der Geraden].“

Wenn ich das richtig verstehe, bedeutet es doch, dass die Mathematiker es sich einfach machen bzw. längst resigniert haben, nämlich nicht mal mehr zu sagen versuchen, was eine Gerade denn eigentlich ist

(dass sie also ganz locker mit ungedeckten Schecks arbeiten?).

Und der Satz

Zwei voneinander verschiedene Punkte P und Q bestimmen stets eine Gerade g.

des großen Mathematikers David Hilbert scheint mir (bei allem Respekt) ja auch nicht sonderlich intelligent zu sein.

Vielleicht muss man aber auch gar nicht definieren, was eine Gerade ist, da das sowieso jeder (egal, ob Laie oder Mathematiker) intuitiv weiß.

Vielleicht ist die (perfekte) Gerade also eher ein Axiom:

“Ein Axiom (von griechisch ἀξίωμα: „Wertschätzung, Urteil, als wahr angenommener Grundsatz“) ist ein Grundsatz einer Theorie, einer Wissenschaft oder eines axiomatischen Systems, der innerhalb dieses Systems nicht begründet oder deduktiv abgeleitet wird.“
(Quelle:   )

Nun riecht mir „als wahr angenommener Grundsatz“ aber sehr nach „gesundem [???] Menschenverstand“ (auch des Laien!) und dieser wiederum nach „moral majority“, und gerade die Mathematik

(samt ihren Anwendungen, also z.B. der Physik oder Astronomie)

hat doch gezeigt, dass dieser „gesunde Menschenverstand“ oftmals trügt

(was - nebenbei gesagt - einer der Hauptgründe dafür ist, dass Mathematik zur  Allgemeinbildung gehört).

Andererseits kommt aber auch die Mathematik nicht ohne unbewiesene Grundannahmen aus: auf irgendein Fundament muss man nunmal sein Haus bauen. Dabei


Das Brauchbarste, was wir haben, scheint also die Definition der Strecke

(also eines beidseitig durch die Punkte A und B begrenzten Geradenausschnitts)

zu sein:

„Die kürzeste Verbindung zweier Punkte ist gerade und wird als Strecke bezeichnet.“

Mich erinnert das an den großen Physiker Richard Feynman - oder genauer an sein „Alle-Wege-Modell“:

“Feynman formulierte [...] in seinem Buch »QED - Die seltsame Theorie von Licht und Materie« eine These, nach der ein Quantenobjekt [z.B. ein Elektron] auf dem Weg von Ort A zu Ort B alle denkbaren Wege (mit z. T. unterschiedlichen Intensitäten) zwischen den Orten nutzt [und eben nicht nur auf kürzestem Weg von A nach B »fliegt«].“
(Quelle: )

(Nebenbei: diese Grafik erinnert mich wiederum an „Pfadlabyrinthe“, wie sie manchmal in Kreuzworträtselheften erscheinen:

„Welche Maus rennt nicht in ihr Verderben?“)

Dass in die Strecke

(oder von mir aus auch „Luftlinie“)

von A nach B

scheint intuitiv klar - und ist doch allzu suggestiv:

wie zeichne ich denn diese Strecke - wenn ich kein Lineal zur Hand habe? Oder anders gefragt: wie erschaffe (baue) ich mir denn ohne Vorlage selbst ein (gerades) Lineal?


Ich würde diesen Text nicht hier veröffentlichen, wenn ich mir „wie findet man heraus, ob eine Gerade gerade ist?“ nicht als (Mini-)Unterrichtsprojekt im Rahmen meines Groß-Projekts vorstellen könnte.

Die Frage

„wie erschaffe (baue) ich mir denn ohne Vorlage selbst ein (gerades) Lineal?“

wäre somit als konkrete Arbeitsanweisung an die Schüler zu verstehen:

„erschaffe (baue) ohne Vorlage ein (gerades) Lineal!“

Oder von mir aus auch:

„finde in den kürzesten Weg von A nach B!“

Mit dieser Aufgabe kann aber zweierlei gemeint sein:

  1. : "Finde den kürzesten der vorhandenen Wege!"

Die beiden kürzesten Wege sind da offensichtlich Weg 2 und Weg 4, aber ich bin mir auf Anhieb gar nicht sicher, welcher von diesen beiden Wegen denn nun wirklich der kürzeste ist

(oder ob sie vielleicht gleich lang sind).

Die Frage

(der hier allerdings nicht weiter nachgegangen werden soll)

wäre hier also, wie man das herausfinden könnte.

  1. : “Finde den überhaupt kürzesten [evtl. noch nicht vorhandenen] Weg von A nach B!“
Hier wird wohl jeder (Schüler) sofort die Strecke zwischen A und B nennen / einzeichnen:

Es ist also anscheinend intuitiv klar, dass die Strecke die  kürzeste Verbindung zwischen den beiden Punkten A und B ist.

(Und wenn kein Lineal zur Hand ist, wird man doch immerhin eine halbwegs [?] gerade Freihand-Linie von A nach B zeichnen können:

)


„Der“ Mensch hat also ein erstaunlich gutes Gespür für kürzeste Verbindungen (Strecken) - was dazu führt, dass er keine Notwendigkeit sieht, „kürzest“ mal zu hinterfragen.


  “Das retardierende Moment (frz. retarder „verzögern“) bezeichnet eine Szene im Handlungsverlauf eines Dramas, die nach dem Höhe- und Wendepunkt das Ende der dramatischen Handlung hinauszögert, indem sie kurzzeitig einen anderen Ausgang als erwartet möglich oder wahrscheinlich macht. Dadurch steigt die Spannung vor dem unweigerlichen Ende erneut an.

(Quelle: )

Ein Autofahrer befindet sich gerade am Punkt • vor diesem Schild und will zu seinem Zuhause, dem Punkt • . Zwischen dem Punkt • und dem Punkt •  ist derzeit eine Baustelle und die Straße deshalb nur einspurig befahrbar (und das auch nur für Anlieger). Eine Ampel mit sehr langen Wartezeiten regelt dort den Verkehr.

Als Anlieger darf unser Autofahrer sowohl Weg 1 als auch Weg 2 fahren.

Die Frage ist nun, welcher der beiden Wege "kürzer" ist - und was man mit "kürzer" eigentlich meint:

Ein anderes, nun aber rein geometrisches Beispiel

(jetzt also ohne den „Faktor Zeit“):

Dieser Berg ist hier übertrieben als   dargestellt, und außerdem sei völlig unrealistisch, unser Problem aber sehr vereinfachend angenommen, dass dieser Berg nicht auf Serpentinen "erklommen", sondern entlang des Bergkamms befahren wird:

Diese Fahrt über den Bergkamm ist ca. 1,5 mal so lang wie die "Luftlinie" (der direkte Weg ohne Berg), womit Weg 1 nun auch räumlich länger als  Weg 2 sein könnte

(mal ganz abgesehen davon, dass das Erklimmen des Bergkamms wohl nur mit sehr geringem Tempo möglich wäre, die Fahrt auf Weg 1 also auch dadurch noch viel länger dauern würde als die auf Weg 2 ).

Solche "Berge" haben also durchaus Konsequenzen dafür, was man geometrisch unter "kürzest" versteht.

Vgl. .


Nun steht allerdings noch immer die Frage im Raum, wie man eine (möglichst genaue) Gerade bzw. Strecke zeichnen kann, wenn man kein Lineal zur Verfügung hat

(als "Lineal" gelten hier auch alle [industriell sehr genau hergestellten] geraden Gegenstände, also z.B. ).

Ein nicht schon vorweg gerades Hilfsmittel ist das "Senkblei":

Entscheidend dabei ist, dass der Bindfaden rechts weich und somit nicht schon vorweg gerade ist.

Wenn man nun das Senkblei an einem Punkt  (z.B. Gerüst) aufhängt, richtet es sich "automatisch" entlang einer Geraden (!) durch eben den Punkt und den Schwerpunkt der Erde, also ihren Mittelpunkt aus:

("Der Massenmittelpunkt (auch Schwerpunkt oder manchmal zur Unterscheidung vom Formschwerpunkt auch Gewichtsschwerpunkt genannt) eines Körpers ist das mit der Masse gewichtete Mittel der Positionen seiner Massepunkte. Für kontinuierliche Masseverteilungen wird das Ortsmittel der Dichte als Massenmittelpunkt definiert. Bei einem homogenen Körper (d. h. bei überall gleicher Dichte) stimmt der Massenmittelpunkt mit dem geometrischen Schwerpunkt überein. [...]
Das Konzept des Massenmittelpunktes dient in der Physik der Reduktion eines komplexen ausgedehnten starren Körpers auf einen einzigen Massepunkt zur einfacheren Berechnung seiner Bahnkurve bei Einwirkung einer Kraft."
[Quelle: ]

Nebenbei: das Senkblei wird gerne von Maurern benutzt, um zum Boden senkrechte, gerade Mauern zu bauen. Vorteile des Senkbleis sind, dass es wegen der aufrollbaren Schnur leicht transportierbar ist und mit ihm denoch sehr lange [gerade] Strecken herstellbar sind:



Und noch "nebenbeier": so ganz stimmt es auch nicht, dass ein Senkblei sich automatisch auf den Erdmittelpunkt ausrichtet. Sondern es gibt oftmals wegen des uneinheitlichen Aufbaus des Erdinneren und der Erdoberfläche, z.B. beim Bau einer Mauer aber vernachlässigbar kleine Abweichungen. Vgl. .)

Eine interessante Variante des Senkbleis ist die „Schlagleine“ bzw. auf Englisch „chalk [= Kreide] line“:

(Quelle:  )

Es mag einem fast wie eine Form der Intelligenz vorkommen: ein gespannter Faden (oder auch ein Gummiband) sucht sich von selbst den kürzesten (= geraden?) Weg.

(Im Falle des frei hängenden Senkbleis wird der Faden durch die Schwerkraft gespannt.)


Manchmal kommt es aber doch auch in der Praxis sehr genau, d.h. man (?) braucht ein möglichst gerades Lineal - und bekommt einige Probleme, wenn es nicht gerade ist.

Ein Beispiel:

für ist es manchmal nötig, dass ich Plexiglasplatten aus dem Baumarkt

(in den vorgegebenen Größen  50 cm x 50 cm, 100 cm x 50 cm und 125 cm x 50 cm)

zuschneide.

Am liebsten hätte ich dafür ja eine exakt justierbare Schneidemaschine, aber bislang ist es die beste Methode, die Platten "händisch" mit einem scharfen Cuttermesser an einem Stahllineal entlang zu schneiden.

(Vorsicht: schnittfeste Handschuhe tragen und es sich zur dringenden Gewohnheit machen, die Klinge nach jedem Gebrauch sofort wieder einzufahren und das Messer nie auf dem Boden rumliegen zu lassen!)

Beim geraden (!) Schneiden einer Plexiglasplatte mit einem Cuttermesser an einem Lineal entlang gibt es drei mehr oder weniger gute Methoden:

  1. : man schneidet die Platte komplett von einer Seite aus durch. Das hat oftmals den Nachteil, dass die Platte beim letzten Schnitt bröckelt und somit eine teilweise unschöne Schnittfläche entsteht.
  2. : man schneidet die Platte von einer Seite ungefähr bis zur Hälfte durch und bricht sie dann über eine (Schreibtisch-)Kante. Nachteile dabei sind, dass
  1. : den saubersten Schnitt erhält meiner Erfahrung nach, wenn man die Platte von beiden Seiten aus jeweils etwa zur Hälfte anschneidet.

Gesagt, getan: nach einigen ungünstigen Vorerfahrungen habe ich Plexiglasplatten immer von beiden Seiten (halb) geschnitten.

Und doch hat dieses (dritte) Verfahren nur selten zu meiner vollen Zufriedenheit gewirkt: die Schnittfläche fiel eben doch immer ein wenig "krümelig" statt glatt aus.

Jahrelang habe ich das so hingenommen, weil es anscheinend nicht besser ging. Aber eines Tages habe ich doch mal genauer hingeschaut, und dann ist mir aufgefallen, dass der Schnitt beim beidseitigen Schneiden in der Mitte rau, an den Enden hingegen glatt war:

Derart „hellhörig“ geworden, habe ich mir (endlich mal) mein Schneideverfahren genauer angesehen:

und die Plexiglasplatte am Stahllineal entlang bis zur halben Dicke der Platte durchgeschnitten:

Dabei ist zu ergänzen, dass die Markierungen A und B derart dünn waren, dass dort die Schnitte (der von der Vorder- und der von der Rückseite) exakt übereinander lagen.

(der eine von der Vorder-, der andere von der Rückseite)

also übertrieben dargestellt so:

Daraus folgte aber sofort, dass das Stahllineal ungerade-gebogen war:

(gelbe Linie: Kante des Stahllineals,
schwarze Linie: Gerade,
hellblaue Fläche: Abweichung der Linealkante von der Geraden)

Vergrößert sah das in der Mittel des Lineals also so aus:

Dabei war

(bei einem 1 m langen Schnitt)

Das mag einem bei einer Gesamt-Lineal-Länge von 1 m vernachlässigbar gering erscheinen - und ist es bei vielen Anwendungen

(die es für den Normalsterblichen gar nicht gibt)

wohl auch. Bei meinem Modellbau hatte es aber eben doch zur Folge, dass

(Da mag man einwenden, dass es [bei meinem Modellbau] „so genau doch gar nicht kommt“ und kleine [für den Betrachter manchmal gar nicht erkennbare] Unregelmäßigkeiten gar nicht stören.

Nun ist es aber fast mein "Bauhaus-Credo", dass auch und gerade in der Mathematik

oftmals Hand in Hand gehen, und es hat mich insbesondere gefreut, wenn Freunde und Bekannte, die den mathematischen "Hintersinn" meiner Modelle nichtmal kannten/verstanden, diese [dennoch] so schön fanden, dass sie sich diese sogar im Wohnzimmer aufhängen wollten.

Und ich hadere noch immer mit den handwerklichen Ungenauigkeiten, die ich produziere, und hätte am liebsten einen professionellen [von wem bezahlten?] Modellbauer, der meine Vorschläge perfekt umsetzt.)

war eigentlich schon Beweis genug, dass mein jahrelang bentztes Stahl-"Lineal" krumm & schief war. Dennoch habe ich dann aber mal das Stahllineal und ein Aluminiumlineal nebeneinander gehalten, und in der Tat ergab sich dabei eine Lücke zwischen beiden, was allerdings dreierlei bedeuten konnte:

  1. das Stahllineal war gerade (was allerdings eben schon widerlegt wurde), das Aluminiumlineal war krumm,

  2. umgekehrt war das Aluminiumlineal gerade und das Stahllineal krumm (was ja eben schon bewiesen wurde),

  3. beide waren krumm (was ja eben schon für das Stahllineal bewiesen wurde, aber auch für das Aluminiumlineal gelten könnte):


(aus der exzellenten Fernsehserie ;
Preisfrage: worin besteht Monks Denkfehler?)
(aus der exzellenten Fernsehserie ;
Preisfrage: worin besteht Monks Denkfehler?)

Da ich aber schon wusste, dass das Stahllineal krumm war, stellte sich mir die Frage, ob ich es durch das Aluminiumlineal ersetzen sollte. Vielleicht war dieses ja auch krumm (vgl. 3.). Wie also konnte ich herausfinden, ob zumindest das Aluminiumlineal gerade war?

Einerseits hat sich beim Schneiden einer Plexiglasplatte mit dem Stahllineal gezeigt, dass es schief war.

Andererseits darf man aber nicht den Umkehrschluss ziehen:

Um das zu verstehen, stellen wir uns folgendes "Lineal" vor:

(Oder noch besser: wir basteln uns solch ein reales „Lineal“ und hantieren dann mit ihm herum.)

Wenn wir die Vorderseite einer Plexiglasplatte an diesem "Lineal" entlang einschneiden, ergibt sich die grüne Schnittlinie:

Nun

Und siehe da: es passt wieder exakt an die grüne Schnittlinie:

Obwohl also bei diesem Verfahren keine Lücke entsteht, ist das „Lineal“ dennoch krumm.

Aber sobald wir das „Lineal“ auf der Rückseite ein wenig vertikal verschieben, ergeben sich eine Lücke

und ist somit das „Lineal“ offensichtlich nicht gerade.

Anders gesagt: die Unterkante von ist nicht gerade, weil man damit sägen (statt schneiden) kann.

(Und umgekehrt: man kann mit der Unterkante von sägen [statt schneiden], weil sie nicht gerade ist.)