Gleichungen lösen:
zuerst beseitigen, was am weitesten vom nackten entfernt ist

"Man muss die Dinge so einfach wie möglich machen.
Aber nicht einfacher."
(Albert Einstein)


Gleich vorweg: sogar die sonst so neunmalkluge Mathematik kann nicht alles, denn es gibt auch Gleichungen, die

(zumindest mit der Schulmathematik)

nicht lösbar sind.

Ein Beispiel: x2 = -1 :

Das Quadrat einer beliebigen Zahl ist nämlich immer null oder positiv und kann daher nicht die negative Zahl -1 ergeben:
(z.B. (+2)2 = (+2)•(+2) = +4 ),
(z.B. (-2)2 = (-2)•(-2) = +4 ).

Im folgenden geht es aber ausschließlich um Gleichungen, die lösbar sind.

  • Wieso wird an Tankstellen immer der Preis für einen (einzigen) Liter Sprit angezeigt ,
  • obwohl da doch niemals jemand nur einen (einzigen) Liter tankt?
Antwort:

es bedarf eines Standards, damit die Kunden auf einen Blick die
  • Preisveränderungen von Tag zu Tag
  • und Preisunterschiede zwischen verschiedenen Tankstellen
erkennen können.

Viel zu schwierig wäre der Preisvergleich hingegen, wenn es z.B.
  • an der einen Tankstelle „hier kosten 5 Liter Diesel 6,65 €“
  • und an der anderen Tankstelle „hier kosten 4 Liter Diesel 5,36 €“ hieße
(wobei der Standard „[ein] Liter“ hier durchaus auch vorhanden ist).

Zudem könnten Kunden darauf reinfallen, dass im zweiten Fall der Gesamtpreis geringer ist, obwohl der Literpreis höher ist.

Und der benötigte Standard ist an Tankstellen nunmal „1 Liter“.

Es ist auch für die Tankstelle günstig, mit diesem Standard zu hantieren, da so zur Berechnung des Preises einer Tankfüllung nur eine simple Multiplikation (statt einer schwierigen Division) nötig ist. Z.B. kosten 60 Liter Diesel schön einfach das 60fache des Grundpreises für einen Liter Diesel.

Das Ganze ist “demokratisch“:
  • jeder, der am selben Tag an derselben Tankstelle tankt, zahlt pro Einheit (1 Liter) gleich viel,
  • und wer doppelt (drei Mal, vier Mal ...) soviel tankt, muss auch doppelt (drei Mal, vier Mal ...) soviel bezahlen
(mathematisch nennt man das „Proportionalität“).

Und so
  • interessieren ganz allgemein beim Einkauf nicht nur die Preise teils höchst raffinierter Packungsgrößen,
  • sondern hat der Staat es zwecks Preisvergleichs vorgeschrieben, immer auch den Preis pro Einheit (im Folgenden kg) anzugeben:

In der Mathematik ist es genauso: bei Gleichungen interessiert vor allem 1 • x = x , wofür im Folgenden oft als Symbolbild der nackte David von Michelangelo benutzt wird:

Der einzige Unterschied zwischen Mathematik und Alltagsleben ist, dass es in der Mathematik beim Lösen von Gleichungen manchmal mehrere Lösungen für gibt

(z.B. bei quadratischen Gleichungen; s.u. 3.).

Beim Lösen von Gleichungen geht es in der Regel darum, herauszufinden, welche Zahl(en) hinter der Unbekannten x bzw. dem nackten steckt (stecken).
Noch eine Kleinigkeit vorweg: der Einheitlichkeit wegen sollen die x bzw. die nackten immer auf der linken Gleichungsseite stehen.
  1. ein noch sehr einfaches Beispiel:

         x   - 4 = 0

- 4 = 0

Schauen wir uns zuerst nur die linke Seite der Gleichung an, also - 4 :

Also stört links noch - 4, das wir beseitigen können, indem wir auf beiden (ganzen) Seiten das Gegenteil, also + 4, rechnen:

Damit wissen wir nun also, dass hinter der Unbekannten von Anfang an die Zahl 4 gesteckt hat.

Halten wir noch fest:

  Das Lösen von Gleichungen sieht immer so aus:
 
 
 

Ziel ist es immer, dass am Ende der Rechnung

  • auf der linken Seite der Gleichung NUR NOCH das nackte
  • und auf der rechten Seite der Gleichung die Lösung steht.
  1. ein mittelschweres Beispiel:
    2•  x   -8 = 4

2•
-8 = 4

Schauen wir uns zuerst wieder nur die rechte Seite der Gleichung an, also 2• -8 :
  • wir wissen aus der Anfangsgleichung 2• -8 = 4 bereits, dass die linke Seite 2• -8 gleich 4 ist,
  • aber wir wollen ja nicht wissen, was 2 • -8 ist,
  • sondern wissen, was das nackte ohne allen anderen Schnickschnack ist,
  • d.h. auf der linken Seite, also in 2• -8 , stört noch alles außer dem nackten , d.h. es stören
    • 2• vor dem  
    • und -8 nach dem .
In 2 • -8  stören also sowohl 2 • als auch -8 , und wir müssen beide beseitigen, so dass auf der rechten Seite der Gleichung nur noch das nackte steht.

Aber wie erreichen wir das - und in welcher Reihenfolge?

(Nie alles auf einmal machen!)

Hier hilft die Anweisung

„Immer vom x aus rechnen!“

Angenommen mal, das Rechnen mir der Unbekannten x ist uns noch viel zu schwierig, und deshalb setzen wir in 2• x -8 für x erstmal irgendeine zufällig gewählte konkrete Zahl ein, also z.B. 3.

(Diese zufällig gewählte Zahl 3 ist
  • NICHT automatisch die Lösung der Anfangsgleichung 2•x - 8 = 4 .
  • sondern nur ein Versuch, überhaupt erstmal das Rechnen in 2•x - 8 zu verstehen.)
Dann ergibt sich

2• x -8
2• 3 -8

Wenn wir jetzt 2• 3 -8 ausrechnen wollen, müssen wir uns an die Regel „Punktrechnung vor Strichrechnung“ erinnern, also
  • zuerst 2• 3 rechnen (1. Rechnung)
  • und können erst danach vom Ergebnis die 8 abziehen (2. Rechnung).
Also

  2• 3 -8 =           
               
(1. Rechnung)
=   6  -8 =
               
(2. Rechnung)
=    -2

(: die zufällig gewählte Zahl 3 war also NICHT die Lösung der Anfangsgleichung 2•x - 8 = 4 , denn wir haben auf der linken Gleichungsseite NICHT 4, sondern -2 erhalten;

und damit vergessen wir die konkrete Zahl
3 auch schon wieder und kehren zu der Unbekannten zurück.)

Beim Lösen von 2• -8 = 4 gehen wir nun genau umgekehrt vor und beseitigen zuerst die zweite, von entferntere“ Rechnung -8 :

      2• -8    = 4            | +8

2• -8 +8 = 4  +8     

2•        =  12                   

Beim Lösen von Gleichungen gilt also die Faustregel:

 

zuerst beseitigen, was am weitesten vom nackten entfernt ist

Und jetzt erst können wir auf der linken Gleichungsseite auch noch die erste, „nähere“ Rechnung 2• beseitigen:

 

  1.  ein schwieriges Beispiel:

     3• (   x   -4 )2 -75 = 0

     3• ( -4 )2 -75 = 0

 
(Anderweitig ist durchaus wichtig, was uns hier nicht interessieren soll:

  1. , dass y =  3• (   x   -4 )2 -75 die „Scheitelpunktsform“ einer quadratischen Funktion ist, aus der sich sehr leicht der Scheitelpunkt der Parabel als SP (4 | -75) ablesen lässt,
  2. , dass mit 3• (   x   -4 )2 -75 = 0 die Nullstellen dieser Parabel berechnet werden.)

Ziel ist es wie immer auch hier wieder, das nackte zu berechnen.

Schauen wir uns dazu die linke Seite der Gleichung genauer an, also 3• ( -4 )2 -75 .

Was (außer ) stört da? Doch offensichtlich alles andere, nun rot Markierte:

           3• ( -4 )2 -75 .

All dieses rot Markierte muss auf die Dauer auf der linken Gleichungsseite verschwinden, so dass da nur noch das nackte übrigbleibt.

Damit stellt sich aber die Frage, in welcher Reihenfolge wir die verschiedenen rot markierten Details auf der linken Gleichungsseite verschwinden lassen müssen

(womit unterstellt wird, dass die Reihenfolge nicht beliebig ist).

Um die einzig richtige Reihenfolge herauszufinden, setzen wir in 3• ( x  -4 )2 -75  für x probeweise eine zufällig gewählte Zahl ein, also z.B. 6 , und erhalten

3• ( 6  -4 )2 -75  .

(Die zufällig gewählte Zahl 6 ist

Da in   3• ( 6  -4 )2 -75 keine Unbekannte mehr vorkommt, können wir es komplett ausrechnen. Dabei beginnen wir ausgehend von der 6 :

   6  -4          =    2

(   2    )2      =    4

   3•     4              =  12

      12           -75 = -63

(: die zufällig gewählte Zahl 6 war also NICHT die Lösung der Anfangsgleichung 3• ( x  -4 )2 -75 =  0 , denn wir haben auf der linken Gleichungsseite NICHT 0, sondern -63 erhalten;
und damit vergessen wir die konkrete Zahl 6 auch schon wieder und kehren zu der Unbekannten zurück.)

Fassen wir nun die Reihenfolge der Rechenschritte kurz zusammen:

Nach der Faustregel

 

zuerst beseitigen, was am weitesten vom nackten entfernt ist

beseitigen wir nun die einzelnen Rechnungen im umgekehrter Reihenfolge, also

     

Die Rechnung sieht dann so aus:

            3• ( -4 )2 -75         =     0                          | +75 

        ⇔ 3• ( -4 )2 -75 +75 =     0 +75                 

        ⇔ 3• ( -4 )2                =           75                 | :3 

        ⇔ 3• ( -4 )2 :3           =          75 :3       

       ⇔       ( -4 )2                 =           25                |  

       ⇔                =       

      ⇔             -4                       =       5                  | +4

      ⇔       +4  -4                       = +4  5

      ⇔                                       = +4  5

     ⇔                                       = +4  +  5     oder    = +4  -  5

     ⇔                                       =       9         oder    =      -1

Obwohl wir immer nach dem nackten gesucht haben, hat sich am Ende als Zwillinge herausgestellt: