zum Zweiten:
und

Vgl. .

Der Sternenhimmel ist übersäht mit diversen antiken ("heidnischen") Göttern und Sagengestalten:

Wo aber das Christentum ansonsten so gründlich antike Religionen ausgemerzt hat und überhaupt lange Zeit so kulturimperialistisch aufgetreten ist

(auch mit westlicher Wissenschaft),

ist es doch erstaunlich, dass es meines Wissens keinen Planeten „Jesus“  und keinen Gasplaneten „Heiliger Geist“ gibt.

Ein Grund dafür, dass es

könnte sein, dass

(z.B. war Poseidon bzw. Neptun der Gott des Meeres),

Eine Ausnahme scheint gestattet, wenn nicht Gott selbst, sondern "nur" Maria Namensgeber*in ist:



Und dann hat man

und

entdeckt.

Wie aber mag es zu diesen Namen gekommen sein, wo sich Wissenschaft und Religion seit dem Fall Galilei doch immer weiter auseinander entwickelt haben und die allermeisten Wissenschaftler (Astronomen)

Atheisten sind?

(Nebenbei: so simpel, wie es sich z.B. der fanatische Flachphilosoph Richard Dawkins in seinem Buch vorstellt, ist es nun wahrhaft nicht: selbstverständlich schließen sich Religion und Wissenschaft keineswegs gegenseitig aus. Vgl. nur etwa .)

  1. zu :

Der Helixnebel ist mit einer Entfernung von etwa 650 Lichtjahren einer der nächsten planetarische Nebel und damit einer der mit dem größten scheinbaren Durchmesser. Daher können in seiner Hülle auch Details der Gasstruktur aufgelöst werden.

Mit dem Hubble-Teleskop war es 1996 sogar erstmals möglich, Knoten in der Hülle aufzunehmen, die vorher unbekannt waren und neue Rückschlüsse auf die Entstehung planetarischer Nebel erlaubten. [...]

Der Nebel wird auch als Auge Gottes bezeichnet, insbesondere seit nach der Veröffentlichung einer Hubble-Aufnahme des Nebels 2003 sich im Internet das Gerücht verbreitete, dass die Aufnahme des Nebels ein Ereignis zeigte, das nur alle 3000 Jahre auftrete."
(Quelle: )

Mit "due to the nebula's resemblance to a human eye" wird klar, weshalb der Helixnebel "Auge" genannt wird:
        1. ist das als Name ungeeignet,
        1. ist die Metapher "das ist ein Auge" oder kurz "Auge" prägnanter und schlagkräftiger,
        1. funktioniert unser Gehirn oftmals anders: wir

Nun sieht vielleicht nicht jeder in auf Anhieb ein Auge, aber es gibt doch überzeugende Gründe für diese Sichtweise:

Wie aber mag der anonyme „admirer of the photograph“ auf den zweiten Wortbestandteil „Gottes“ gekommen sein - und weshalb hat sich „Auge Gottes“ dann allgemein durchgesetzt, ist also aus dem kryptischen “Helixnebel“ bzw. dem Fachchinesisch „NGC 7293“ der auch bei Laien gängige Begriff „Auge Gottes“ geworden?

(Nebenbei:

Ich vermute, dass er den Begriff "Auge Gottes" nicht selbst erfunden, sondern auf einer uralten, ihm vielleicht nur in Bruchstücken bekannten Tradition aufgebaut hat:

„Das Auge der Vorsehung (auch allsehendes Auge, Auge Gottes oder Gottesauge) ist ein Symbol, das gewöhnlich als das Auge Gottes interpretiert wird, das alles sieht. Dargestellt wird es als ein von einem Strahlenkranz umgebenes Auge und ist meist von einem Dreieck umschlossen, das auf die Trinität verweist. Dieses Dreieck schließt auch die Aspekte mit ein, die der Zahl Drei nachgesagt werden, die von alters her als Annäherung an die Kreiszahl bekannt war und daher als heilige, „göttliche“ Zahl galt. [Welch schöne Mischung von Religion und Mathematik!]
[...]
Auch in der Bibel erscheint das Auge als Symbol der Allgegenwart Gottes. So heißt es im Alten Testament in Spr. 15,3 EU: »An jedem Ort sind die Augen des Herrn, sie wachen über Gute und Böse.«

[…]

[Aber diese Tradition war keineswegs nur christlich, sondern reicht von den alten Ägyptern bis hin zu den Freimaurern:]

1782 wurde das Auge der Vorsehung Teil der Symbolik auf der Rückseite des Siegels der Vereinigten Staaten und wurde von dem 1776 mit dem Entwurf betrauten Komitee vorgestellt. Die Idee der Verwendung des allsehenden Auges im Strahlenkranz geht auf einen Vorschlag des künstlerischen Beraters Pierre Eugène du Simitière zurück. Die Pyramide (ohne das allsehende Auge) stammt von Francis Hopkinson, der diese 1778 ursprünglich für einen 50-Dollar-Schein entwarf, der zu jener Zeit im Umlauf war. William Barton fügte schließlich 1782 diese beiden Symbole zum Auge der Vorsehung über der Pyramide zusammen. Das Wappen wird auf Dokumenten der Vereinigten Staaten verwendet. Ebenfalls befindet sich das Auge der Vorsehung auf der Rückseite der Ein-Dollar-Note.

 

[…]“
(Quelle: ; vgl. auch )

Vielleicht war der „admirer of the photography“ also US-Amerikaner und hat einfach nur an die 1-Dollar-Baknote gedacht. Allerdings muss er zusätzlich den Begriff "Gottes Auge" dafür gekannt haben.

Vielleicht liegt das auch daran, dass dieses Auge

Denkbar ist aber auch ein anderer Weg zum "Auge Gottes":

im geozentrischen Weltbild  gab es jenseits der äußeren Sternensphäre das Empyreum:

"Das Empyreum bzw. Empyrion (von altgriechisch ἔμπυρος émpyros, deutsch ‚im Feuer befindlich‘) war in der Kosmologie des Mittelalters der höchste Teil des Himmels über der Erde und wird als der Bereich des Feuers oder des Lichtes und die Wohnung der Seligen bezeichnet.

So heißt es in Godeschalcus und Visio Godeschalci mit deutscher Übersetzung: »Man behauptet, dass der Himmel ‚Empyreum‘, d. h. ‚ganz aus Feuer‘ heiße, und zwar allein nach seinem Strahlenschein, nicht auch nach der Hitze; und das sei auch, so will man, der ‚Dritte Himmel‘, zu dem Paulus nach seinem Selbstzeugnis« [2. Kor. 12,2] »entrückt worden ist; denn man setzt als ersten den Luftraum, als zweiten das Firmament und diesen als dritten in der Reihe.« Nach Aristoteles war das Empyreum vom Äther erfüllt.

Im Christentum galt das Empyreum als Aufenthaltsort Gottes und der Seligen. Als solches wird das Empyreum u. a. in Dantes Göttlicher Komödie erwähnt.
[...]."
(Quelle: )

Wenn nun aber Gott

so erscheint es als logisch, dass sein Auge irgendwo durch die Sternensphäre schaut.

Für viele Menschen und wohl insbesondere Wissenschaftler ist

(vgl. ).

Die Metapher „Auge Gottes“ ist für sie „verblasst“ oder sogar tot:

Und mit dem nicht (mehr) vorhandenen Gott sind dann auch theologische Fragen unnötig:

ein Gott, der einen permanent beobachtet und alle Sünden („[sogar] in Gedanken, Worten und Werken“) mitschreibt, um im später Jüngsten Gericht


(Peter Paul Rubens)

die Gerechten von den Sündern zu trennen, ist  nichts besser als .

"Der Begriff Vorsehung bezeichnet allgemein eine höhere Macht, die das Schicksal der Menschen und den Lauf der Weltgeschichte beeinflusst. Die genauen Beschreibungen der Vorsehung sind u. a. aufgrund verschiedener Gottesvorstellungen unterschiedlich und teilweise widersprüchlich.

Der Heidelberger Katechismus (Antwort 27) versteht unter der Vorsehung Gottes:

Die allmächtige und allgegenwärtige Kraft Gottes (Apg 17,25-28 EU), durch die er Himmel und Erde samt allen Kreaturen, gleichwie mit seiner Hand, noch immer erhält (Hebr 1,3 EU) und so regiert, dass Laub und Gras, Regen und Dürre, fruchtbare und unfruchtbare Jahre, Essen und Trinken (Jer 5,24 EU; Apg 14,17 EU), Gesundheit und Krankheit (Joh 9,3 EU), Reichtum und Armut (Spr 22,2 EU), überhaupt alles, nicht aus Zufall, sondern von seiner väterlichen Hand uns zukommt.

[…]

Vorsehung im Christentum

Die Vorsehung (lat. providentia) kommt dem allmächtigen und allwissenden Gott zu, insofern er den Verlauf des Welt- und Heilsgeschehens ordnet und gegebenenfalls schon im Voraus weiß.

[…]

Die augustinische Lehre von der Prädestination oder Vorherbestimmung handelt davon, welche Menschen dafür vorgesehen sind das ewige Leben zu erreichen. Die Prädestination des Menschen war zu keiner Zeit Teil der römisch-katholischen Glaubenslehre, weil die Vorherbestimmung den freien Willen des Menschen letztlich widerspricht, während die Vorsehung dem freien Willen des Menschen breiten Raum lässt. Seit der Neuzeit greift vor allem die protestantische Rechtfertigungslehre diese Idee auf.

[...]"
(Quelle: )

Dieser Gott lässt die Menschen gegebenenfalls ins offene Messer laufen, weil er schon im Voraus weiß, was den Menschen noch verborgen ist.

Dieses Erbe des Heiligen Augustinus wie des ehemaligen Augustinermönchs Luther halte ich

(bei meinem beschränkten theologischen Wissen)

für fatal.

„[Micha Brumlik:] »Das mich überzeugendste Erklärungsmuster ist das des Philosophen Hans Jonas [...]: Wenn man intellektuell redlich sein will, dann muss man von den klassischen Prädikaten Gottes Allgüte, Allwissen und Allmacht die dritte Eigenschaft streichen.«

sieht dann den Menschen ohnmächtig mitleidend zu.
  1. zu :

Normalerweise fassen Naturwissenschaftler den Begriff "Schöpfung" nichtmal mit der Kneifzange an, weil

(selbst wenn es die Schöpfung gegeben haben sollte)

die Erschaffung der Welt durch einen übernatürlichen Gott grundsätzlich kein naturwissenschaftliches Argument sein kann

(nebenbei: genauso wie das Wort "ich" niemals ein Argument sein kann - außer bei privaten Themen).

Aber es gibt eine Ausnahme:

Säulen der Schöpfung ist der Name einer Formation, die mit dem Hubble-Weltraumteleskop im etwa 7000 Lichtjahre entfernten Adlernebel fotografiert wurde. Das Bild wurde am 1. April 1995 aufgenommen, die verantwortlichen Astronomen waren Jeff Hester und Paul Scowen von der Arizona State University.
[…]
Der Name beschreibt einerseits die säulenförmige Struktur und bezieht sich andererseits auf die Entstehung von Sternen innerhalb der Formation.“
(Quelle: ;

nebenbei: ist zehn mal so weit entfernt wie und etwa genauso [für menschliche Maßstäbe] gigantisch groß.)   

Die Erklärung des Namens „Säulen der Schöpfung“ ist da allerdings unbefriedigend: nur weil da etwas entsteht, ist es noch lange nicht eine „Schöpfung“. Und überhaupt entstehen andauernd irgendwo im Weltall Sterne aus "Formationen" (vgl. z.B. ).

Hilfreicher ist da schon der entsprechende Artikel in der englischsprachigen Wikipedia:

„The name is based on a phrase used by Charles Spurgeon in his 1857 sermon »The Condescension of Christ« :

In calling the Hubble's spectacular new image of the Eagle Nebula the Pillars of Creation, NASA scientists were tapping a rich symbolic tradition with centuries of meaning, bringing it into the modern age. As much as we associate pillars with the classical temples of Greece and Rome, the concept of the pillars of creation – the very foundations that hold up the world and all that is in it – reverberates significantly in the Christian tradition. When William Jennings Bryan published The World's Famous Orations in 1906, he included an 1857 sermon by London pastor Charles Haddon Spurgeon titled »The Condescension of Christ«. In it, Spurgeon uses the phrase to convey not only the physical world but also the force that keeps it all together, emanating from the divine: »And now wonder, ye angels," Spurgeon says of the birth of Christ, »the Infinite has become an infant; he, upon whose shoulders the universe doth hang, hangs at his mother's breast; He who created all things, and bears up the pillars of creation, hath now become so weak, that He must be carried by a woman!«“
(Quelle: )

Nun halte ich Astronomen zwar keineswegs für ungebildet

(einer meiner ehemaligen Schüler hat die Traum-Kombination Astronomie / Philosophie studiert;

andere Traumkombinationen: Mathe / Philosophie, Mathe / Theologie),

aber mir scheint doch zweifelhaft, dass der Namensgeber von den Text des heute weitgehend vergessenen Autors Charles Spurgeon kannte.

Andere Erklärungen für den Namen könnten sein:

(oder eine Kralle?: );

(natürlich bald verfilmter)

Welt-Bestseller bzw. in der deutschen Übersetzung .

Wenn nun aber die kleine Erde nur kleiner Säulen (Fundamente) bedürfte, würde die gesamte Schöpfung gigantischer Säulen bedürfen: .

(Aus einer falschen Voraussetzung kann man frohgemut alles folgern.) 

Mit wird also sogar noch das Machwerk getoppt!


PS:  der „Spiegel“ ist sonst ja nicht gerade Speerspitze der Religiosität, aber zum Friedensfest Weihnachten

(oder im Sommerloch)

erlaubt man sich da auch mal Positives fernab der Weltprobleme, und so kann es dann auch mal eine astronomische Aussage aufs Titelbild schaffen (23.12.2022, also die Weihnachtsausgabe), und zwar insbesondere dann, wenn sie so religiös aufgeladen ist:

  • Jesus, „das Licht [die Hoffnung] der Welt“, wurde als Hoffnung mitten in die finsterste Winternacht geboren;
  • der Stern von Betlehem legt Astronomie nahe;
  • eigentlich heißt es im (neutestamentlichen) Johannes-Evangelium ja „Am Anfang war das Wort“, aber am ersten (alttestamentlichen) Schöpfungstag hat Gott das Licht von der Finsternis getrennt: