Hiermit ist es 
bei Strafe der Bastonade
mit der Nilpferdpeitsche

auf dem Schulhof
in einer großen Pause
 
 
strengstens verboten!

 
  vorweg das erschröcklich Ende
diese Textes zu lesen.
 

Aufgabe:

"Eine Fernsehserie hatte im letzten Jahr eine mittlere Einschaltquote von 10% . Das Management des Senders vermutet, dass die Beliebtheit der Serie im letzten Quartal des Vorjahres sogar etwas zugenommen hat. Weitere Serien sollen dazugekauft werden, wenn die Beliebtheit der Sendung tatsächlich zugenommen hat. Dazu sollen 200 Personen mittels einer Telefonaktion befragt werden. Man ist sich auch der Zufälligkeit von Stichprobenergebnissen bewusst und gibt sich mit einer Sicherheit von mindestens 95% des Befragungsergebnisses zufrieden. Erstelle einen Hypothesentest."
(zitiert nach )

Lösungsweg:

A. Vorüberlegungen

1. Liegt eine Binomialverteilung vor?

Im vorliegenden Fall liegt glücklicherweise tatsächlich eine Binomialverteilung vor, da es nur zwei Alternativen gibt:

2. Problemklärung

Es lohnt sich immer, Extremfälle durchzudenken, weil man an ihnen besonders deutlich grundsätzliche Probleme erkennen kann:

Sicherheit (also die Wirklichkeit aller Zuschauer) werden wir nie haben

(vgl. "Man ist sich auch der Zufälligkeit von Stichprobenergebnissen bewusst"),

aber immerhin doch mathematische, also halbwegs objektive Kriterien für unsere Entscheidung.

3. Herausdestillieren der Mathematik aus der Textaufgabe

             10% entspricht 0,1 , Stichprobenumfang n = 200 , 95% entspricht 0,95

Man möchte überprüfen, ob die Beliebtheit der Sendung tatsächlich zugenommen hat, ob also die Vermutung p > 0,1  zutrifft.

Bei der Aufstellung der Hypothesen geht man so vor:

·  Alternativhypothese H1 = das, was gezeigt werden soll,

                                                        im vorliegenden Fall also H1: p > 0,1  ,

·           Nullhypothese H0 = das Gegenteil dessen, was gezeigt werden soll,

                                                        im vorliegenden Fall also H0: p  0,1  .

  Vorerst ohne Erklärung: wir testen

        (merkwürdigerweise „Alternativhypothese“ genannt),

(Eselsbrücke: die erste Hypothese, die wir aufstellen, nennen wir passend H1, und von da aus gehen wir noch einen Schritt zurück zu H0.)

Bei Ablehnung der Nullhypothese H0  wird unsere Alternativhypothese H1 angenommen.

(Das ist erstmal so um die Ecke gedacht, wie wenn man beweist, dass ein Elefant außerhalb eines Kühlschranks ist, indem man zeigt, dass er nicht in diesem ist.)

 Im vorliegenden Fall also:

(und dann kaufen wir die nächste Staffel).

H0 soll im Folgenden durch die Telefonumfrage getestet werden.

Die geforderte Sicherheit von 95% bzgl. der Nullhypothese H0 bedeutet, dass wir

(also keine zusätzlichen Sendungen kaufen),

(und zu Unrecht neue Sendungen kaufen).

Man spricht dann auch vom „Signifikanzniveau a ≥ 5%“. 

Insgesamt liegen wir also mit einer Wahrscheinlichkeit von nur 5% falsch, wenn wir unsere Alternativhypothese H1: p > 0,1 annehmen.

(und neue Sendungen kaufen, was dann allerdings viel rausgeschmissenes Geld bedeuten  würde).

Nun müssen wir noch die Entscheidungsbereiche bzgl. H0  definieren:

(H1 also ablehnen),

(also H annehmen).

Die bisherigen Überlegungen müssen allesamt stattfinden, bevor die Umfrage durchgeführt wird. Es muss also immer schon vorher feststehen, wie man mit späteren Umfrageergebnissen umgehen wird, egal, wie die Umfrage dann ausfällt. Sonst könnte man ja hinterher eine Rechnung erfinden, mit der unliebsame Umfrageergebnisse nachträglich schöngerechnet werden.

B. Mathematisierung

Dieser Teil handelt  ausschließlich von der Nullhypothese H0: p 0,1 . Auf unsere ursprüngliche Alternativhypothese H1: p > 0,1  werden wir erst im Teil D. zurückkommen.

Aus der Aufgabenstellung und den Vorgedanken oben entnehmen wir folgende Werte:

(ab hier rechnen wir also nicht mehr mit einem schwammigen 0,1 , sondern mit einem exakten Wert, nämlich p = 0,1 ;
zu diesem alles entscheidenden Übergang von p 0,1  zu p = 0,1 siehe die Schlussbemerkung ganz am Ende dieses Textes)

Als einzige Formeln, die wir bei Binomialverteilungen brauchen, haben wir:

                                                                =                       n • p • (1 – p)    ,

Damit sind wir vollständig in der Mathematik – und können für einige Zeit die Aufgabe bzw. den Anwendungsanlass vergessen.

Insbesondere ist an der Aufgabe alles bloße Verzierung (und absichtliches Versteckspiel?), was im Folgenden frech durchgestrichen ist:

Eine Fernsehserie hatte im letzten Jahr eine mittlere Einschaltquote von 10%. Das Management des Senders vermutet, dass die Beliebtheit der Serie im letzten Quartal des Vorjahres sogar etwas zugenommen hat. Weitere Serien sollen dazugekauft werden, wenn die Beliebtheit der Sendung tatsächlich zugenommen hat. Dazu sollen 200 Personen mittels einer Telefonaktion befragt werden. Man ist sich auch der Zufälligkeit von Stichprobenergebnissen bewusst und gibt sich mit einer Sicherheit von mindestens 95% des Befragungsergebnisses zufrieden.“

Wirklich mathematisch an der Aufgabenstellung ist also nur  

„… 10%. … zugenommenzugenommen 200 … Sicherheit von mindestens 95% ….“ 

Daran wird aber deutlich, wodurch die typischen Schwierigkeiten mit Textaufgaben zustande kommen:

man sieht

(in der vorliegenden Aufgabe bei 10%, 200 und 95%   ),

(in der vorliegenden Aufgabe bedeutet „zugenommen“ das mathematische Zeichen > [größer] und „mindestens“ das Zeichen  [größer oder gleich]).

Alles im Folgenden Berechnete gilt für sämtliche Binomialverteilungen, in denen dieselben Werte

vorkommen

(also auch, wenn statt von Zuschauerzahlen beispielsweise von kaputten Schrauben die Rede ist) .

Mehr noch: da das Prinzip der Rechnungen dasselbe bleibt, wenn man andere Anfangswerte einsetzt

(z.B.

gelten die folgenden Rechnungen im Prinzip für alle Binomialverteilungen bzw. sind die Rechnungen leicht (?) auf Binomialverteilungen mit anderen Anfangswerten übertragbar.

(Das ja eben ist der Grund

dass sie

Z.B. ist

C.   rein innermathematischer Teil

Wenn man erstmal derart in die reine Mathematik entfleucht ist, braucht man eigentlich nur noch die mathematische Symbolsprache. Leserfreundliche Autoren fügen  aber - je nach Vorkenntnissen ihrer Zielgruppe - doch noch einige knappe „Regieanweisungen“ bzw.  überleitende Erklärungen hinzu. Insgesamt sieht das dann z.B. so aus:

Alle Klarheiten beseitigt?

Gehen wir die zitierte Passage also ein bisschen langsamer, d.h. mit längeren bzw. mehr Zwischenerklärungen an:

 

                     m   =     n   • p    =

                          = 2000,1  =  20

oder kurz

                     m   =                      20 ;

 

 

o  Varianz    σ2 =  m   • (1 –  p  ) =

                                  = 20   (1 –  p  ) =

                                  = 20  • (1 0,1) =

                                  = 20  •     0,9      =            18

               oder kurz

              Varianz    σ2 =                                     18


(Es sei kurz daran erinnert, dass die
Varianz keine aussagekräftige Bedeutung hat, sondern nur ein notwendiger rechnerischer Zwischenschritt auf dem Weg hin zur Berechnung der bedeutsamen Standardabweichung ist:)

o  Standardabweichung    σ   =   4,26

             oder kurz

            Standardabweichung    σ   =                ≈ 4,26

 

Wiederum ohne Begründung: um eine 95%ige Sicherheit zu erreichen, legen wir um den Erwartungswert  m   =  20  den Annahmebereich mit dem Radius

 

              r = 2    σ    =

                = 2 •      =

                ≈  2 •  4,26 =

                =     8,52

  oder kurz

              r ≈   8,52

 bzw. aufgerundet

             r =        9   .

(Vgl.  

 ;

Es ist zudem anzumerken, dass wir mit der 2σ-Regel eine einfachere Regel verwenden als der Aufgaben-Autor mit seiner 1,64σ-Regel und dass wir daher auch zu anderen Ergebnissen kommen werden als er.)

Mit r = 9 ergibt sich

  • als linke Grenze       L des Annahmebereichs

                                          L = m    r  =

                                             = 20 9  =

                                             =    11
        oder kurz

                                         L =    11 , 

  • als  r echte Grenze R des Annahmebereichs
                                         R = m   + r  =

                                            = 20  + 9 =

                                            =    29

        oder kurz

                                         R =    29 .

(Durch das Aufrunden von r auf 9 sind zum Annahmebereich zusätzlich die beiden Randzahlen 11 und 29 hinzugekommen.)

Schauen wir uns nun die 200er-Stichprobe und daran vergrößert den besonders wichtigen Annahmebereich an:

Wenn wir nun in den vergrößerten Bereich die oben berechneten Werte eintragen, ergibt sich

   

und somit (vorerst) als Annahmebereich der Nullhypothese das Intervall [ 11 29 ] .

Machen wir uns nach all den Rechnungen nun aber klar, was das im Hinlick auf die Nullhypothese bedeuten würde:

(also von einer schlechten Akzeptanz der Fernsehserie ausgehen und daher keine neue Staffel kaufen),

wenn zwischen 11 und 29 der insgesamt 200 befragten Zuschauer die Serie anschauen;

(also unsere ursprüngliche Alternativhypothese annehmen und somit eine neue Staffel kaufen würden),

        wenn

  1. entweder weniger als 11 Befragte, also zwischen 0 und 10 Befragte     (Bereich BL  )

  1. oder        mehr      als 29 Befragte, also zwischen 30 und 200 Befragte (Bereich BR )

die Serie anschauen:

Nun würde der Fall a. aber bedeutet,  dass wir

Dazu müssten wir z.B. denken:

"Wenn besonders wenige Leute die Serie angucken, kaufen wir die neue Staffel aus purem Trotz erst recht. Uns schert also nicht im mindesten die geringe Nachfrage der Zuschauer, bzw. wir werden durch ein vermehrtes Angebot eine höhere Nachfrage überhaupt erst erzeugen.“

Mag sein, dass einige Fernsehsender tatsächlich so denken, aber wieso machen sie dann überhaupt eine Umfrage?!

Da der Bereich BL somit ein unsinniger Ablehnungsbereich ist, schlagen wir ihn tolldreist zum ursprünglich berechneten Annahmebereich der Nullhypothese und erhalten als neuen

Annahmebereich der Nullhypothese das Intervall [ 0 ; 29 ] :

 

Für den Ablehungsbereich der Nullhypothese bleibt dann nur noch der Bereich BR, also das Intervall [30 ; 200] :

Da uns das mathematische Ergebnis links also gar nicht interessiert, spricht man auch von einem „rechtsseitigen“ Hypothesentest

(in anderen Fällen gibt es auch links- oder beidseitige Hypothesentests).

In diesem Kapitel B. war mit einer einzigen kleinen Ausnahme nur von der Nullhypothese  die Rede. Da nun aber alle wichtigen Werte bzgl.  der Nullhypothese berechnet sind, können wir endlich zu unserer ursprünglichen, also der Alternativhypothese zurückzukehren

(bzw. um das Elefantenbild von oben nochmals zu bemühen: vom Nichtvorhandensein des Elefanten innerhalb des Kühlschranks auf seine Anwesenheit außerhalb des Kühlschranks zu schließen): 

D.  Rückkehr zur ursprünglichen Alternativhypothese und zum "Fernsehproblem"

Bei einer Binomialverteilung, bei der es nur zwei komplementäre Möglichkeiten gibt

(hier

    •   10%, also keine neue Staffel kaufen,

    • > 10%, also   eine neue Staffel kaufen) ,

 ist

  •                         der Annahmebereich         der ursprünglichen Alternativhypothese
  • eben gerade der Ablehungsbereich BR der                                  Nullhypothese

        (und umgekehrt) .

In unserem Fall ist der Annahmebereich der ursprünglichen Alternativhypothese also BR , d.h. das Intervall [30 ; 200]:


Wenn in dem Telefoninterview zwischen 30 und 200 Interviewte sagen, dass sie (regelmäßig) die Fernsehserie gucken, halten wir unsere Alternativhyothese für hinreichend (mit einer Sicherheit von 95%) belegt -  und kaufen wir also die nächste Staffel.

95%ige Sicherheit bedeutet dabei, dass wir bei mehrfacher Wiederholungen dieses Entscheidungsverfahrens nur in 5% aller Fälle

(also bei nur einer von zwanzig Entscheidungen)

falsch lägen

(hier wurde der Konjunktiv benutzt, weil das Entscheidungsverfahren vielleicht nur ein Mal angewandt wird, nämlich bei der vorliegenden Fernsehserie).

Dabei ist es natürlich durchaus möglich (aber doch unwahrscheinlich), dass wir bereits bei der ersten (und evtl. einzigen) Entscheidung falsch liegen.


Im Nachhinein wird auch klar, wieso man nicht direkt die Alternativhypothese angeht, sondern den Umweg über die Nullhypothese einschlägt:

  1. ein philosophisch-psychologischer Grund:

in der Aufgabenstellung heißt es:

"Das Management des Senders vermutet, dass die Beliebtheit der Serie im letzten Quartal des Vorjahres sogar etwas zugenommen hat." 

Das heißt aber doch, dass das Managment nicht unvoreingenommen an die Sache rangeht, sondern eine vorgefasste Meinung (Vermutung) hat.

(Allerdings scheint das Managment

Solch ein Vorurteil ist aber immer gefährlich, da es schnell betriebsblind gegenüber jenen Aspekten macht, die der vorgefassten Meinung widersprechen. Deshalb sollte nach dem Philosophen Karl Popper (nicht nur) jeder Wissenschaftler sogar gezielt nach jenen Aspekten suchen, die seiner vorgefassten Meinung widersprechen. In unserem Fall ist aber eben die Nullhypothese  das Gegenteil der ursprünglichen (Alternativ-)Hypothese. 

  1. mathematische Gründe:

    1. erster mathematischer Grund:

Letzteres bedeutet aber, dass wir unsere ursprüngliche Alternativhypothese nur unter sehr strengen Bedingungen akzeptieren, unserer vorgefassten Meinung gegenüber also sehr kritisch sind.

    1. ein  zweiter mathematischer oder fast schon wieder philosophischer Grund wird erst unten in der Schlussbemerkung sichtbar.

 Wieder ohne Nachweis: im Regelfall kommt

(sogar dann, wenn man nicht rundet)

nicht derselbe Annahmebereich der Alternativhypothese heraus, wenn man diesen direkt bestimmt, also ohne Umweg über die Nullhypothese.


Schlussbemerkung

... zum tieferen Verständnis unseres obigen Vorgehens wie überhaupt der gesamten Wahrscheinlichkeitsrechnung:

wir waren oben von  p 0,1  zu p = 0,1 über- oder genauer zurückgegangen. Auf den ersten Blick diente das allein der Arbeitserleichterung, da mit Gleichungen viel einfacher gerechnet werden kann als mit Ungleichungen.

In Wirklichkeit ist diese Arbeitserleichterung aber "nur" ein (höchst willkommenes) Abfallprodukt viel fundamentalerer Überlegungen

(und damit ist die Arbeitserleichterung nicht bloße, evtl. sogar mathematisch falsche oder zumindest doch ungenaue Willkür) :

"fundamental", weil hier überhaupt erst klar wird,

Die weise Selbstbeschränkung besteht darin, ausschließlich mit der einzig bekannten Tatsache zu argumentieren, von der man aus der Vergangenheit

(und nur diese ist sicher!)

weiß: dass bislang genau 10% der Zuschauer die Fernsehserie geguckt haben.

Nun verlängert man diese exakt 10% in  die Gegenwart und Zukunft , d.h. man geht davon aus, dass

Nun können wir aber niemals das Fernsehverhalten aller Zuschauer in der Zukunft herausbekommen, sondern nur eineTelefonumfrage mit n = 200 Personen machen.

Bei dieser zukünftigen Telefonumfrage spielt nun aber der unplanbare Zufall, können nämlich z.B. auch die oben genannten, höchst irreführenden Extremfälle eintreten.

Deshalb gehen wir der Einfachheit halber davon aus, dass die Befragten in der zukünftigen Telefonumfrage weiterhin mit der aus der Vergangenheit bekannten Wahrscheinlichkeit von p gleich 0,1 Zuschauer unserer Sendung sind. Und diese Annahme (dass sich nichts ändern wird) ist eben die Nullhypothese!

Nun messen wir in einem Gedankenexperiment wir den Ausgang der zukünftigen Telefonumfrage an einem fiktiven Zufallsexperiment, bei dem völlig zufällige Antworten erfolgen, allerdings mit der altbekannten Wahrscheinlichkeit p gleich 0,1.

Zwar vermuten und hoffen wir mit den Managern des Fernsehsenders, dass

Für Vermutungen mag es ja immerhin noch Indizien geben

(die im Aufgabentext allerdings nicht genannt werden),

während Hoffnungen zwar immer ehrenwert, aber sicherlich keine - wie man neudeutsch sagt - "belastbaren" Fakten sind.

Eben deshalb klammern wir uns an das einzige, aus der Vergangenheit bekannte Faktum, nämlich p = 0,1 , was sozusagen die halbe Nullhypothese ist.

       

(Drei kurze Ergänzungen:

  1. kann der Mensch im Grunde ja sowieso nur mit seinen Erfahrungen aus der Vergangenheit auf die Zukunft schließen,

  2. könnte man die Unterstellung, dass sich nichts ändert, auch als "konservativ" bezeichnen,

  3. ist das soeben Gesagte der zweite, oben nur angedeutete mathematische Grund dafür, nicht mit der ursprünglichen Alternativ-, sondern mit der Nullhypothese anzufangen.)

 

In der Gegenwart können wir nur rechnen, und zwar anhand eines Gedankenexperiments, das folgendermaßen aussieht:

      

(also sozusagen die halbe Nullhypothese),

(Man kann sich das auch so vorstellen, dass wir Kugeln aus einer Urne ziehen, wobei 10 % der Kugeln grau sind und 90 % z.B. orange.

Unsere Frage ist nun, wieviele der gezogenen Kugeln bei 200fachem rein zufälligem Ziehen [mit Zurücklegen] vermutlich grau sein werden.

Genau dies ist aber die Rechnung, die wir oben lang und breit durchgeführt haben

[und hier endlich sei drauf hingewiesen, dass wir oben

Als entscheidende Erkenntnis haben wir dort herausgefunden:

die Anzahl der grauen Kugeln wird mit 95%-iger Sicherheit im Annahmebereich der Nullhypothese liegen, d.h. im Intervall [ 0 ; 29 ] :

)

Und nun nehmen wir uns vor, die zukünftige Telefonbefragung nach ihrem Abschluss an diesem rein zufälligen Gegenwarts-Gedankenexperiment zu messen:

  1. Möglichkeit: in der Telefonbefragung tritt nur das ein,

(mit 95%-iger Sicherheit)

bei rein zufälligem Vorgehen zu erwarten war

(allerdings unter der Voraussetzung, dass p unverändert gleich 0,1 ist),

 

Für dieses erste Ergebnis gibt es zwei Interpretationsmöglichkeiten

(man höre und staune: in der Wahrscheinlichkeitsrechnung sind genauso [letztlich außermathematische und immer unsichere] Interpretationen unvermeidbar bzw. nötig wie bei der Behandlung von Literatur im Deutschunterricht):

 
  1. die Hypothese, dass auch in der Zukunft p gleich 0,1 sein wird, wurde              bestätigt, weil tatsächlich auch dann p noch gleich 0,1 oder sogar kleiner war;

  2. die Hypothese, dass auch in der Zukunft p gleich 0,1 ist, wurde nur scheinbar bestätigt, weil

    • zwar nur wenige der zufällig ausgewählten Befragten die Serie guckten,

    • dieses Ergebnis aber nicht repräsentativ ist,

    • sondern in Wirklichkeit inzwischen mehr Menschen die Serie gucken.

Nun haben wir aber keine Chance herauszufinden, was alle Zuschauer tatsächlich bzw. in Wirklichkeit gucken, woraus wir sozusagen mangels Masse folgern, dass

  • a. (und nicht b.) zutrifft, also

  • die Nullhypothese nach wie vor richtig ist, weil

  • auch zur Zeit der Telefonumfrage noch immer genau 10 % (oder sogar weniger) die Serie gucken,

weshalb wir keine neue Staffel kaufen.

  1. Möglichkeit: in der Telefonbefragung ergeben sich mehr Seriengucker, als bei rein zufälligem Vorgehen zu erwarten war, nämlich

 

Auch für dieses zweite Ergebnis gibt es zwei Interpretationsmöglichkeiten:

 
  1. die Hypothese, dass auch in der Zukunft p gleich 0,1 sein wird, wurde widerlegt, weil p tatsächlich größer als  0,1 geworden ist;

  2. die Hypothese, dass auch in der Zukunft p gleich 0,1 ist, wurde nur scheinbar widerlegt, weil

    • zwar mehr als 10 % der zufällig ausgewählten Befragten die Serie guckten,

    • dieses Ergebnis aber nicht repräsentativ ist,

    • sondern in Wirklichkeit inzwischen immer noch 10 % aller Menschen oder sogar weniger die Serie gucken.

Nun haben wir aber auch hier wieder keine Chance herauszufinden, was alle Zuschauer tatsächlich bzw. in Wirklichkeit gucken, woraus wir sozusagen mangels Entscheidungsalternativen folgern, dass

  • a. (und nicht b.) zutrifft, also

  • die Nullhypothese inzwischen falsch ist, weil

  • zur Zeit der Telefonumfrage mehr als 10 % die Serie gucken,

weshalb wir neue Staffel kaufen.

Bei beiden möglichen Ergebnissen der Telefonumfrage glauben (!) wir diese also. Wir

(wobei immer die Gefahr besteht,

[so entstehen dann pauschalisierende Vorurteile wie z.B.: zwei Juden sind geldgierig ⇒ alle Juden sind geldgierig],

(neue Staffel kaufen oder nicht kaufen).

Dabei

                 (das Umfrageergebnis spiegelt dann korrekt die Gesamtwirklichkeit),

(das Umfrageergebnis spiegelt dann nur  scheinbar [ohne dass wir das merken] die Gesamtwirklichkeit).

Siehe dazu .

Hier nun aber muss zum zweiten Mal eine letztlich nichtmathematische Interpretation erfolgen:

(und hätten wir besser von Anfang an eine 3σ-Umgebung für  99,7%-ige Sicherheit gewählt!).

Das alles Entscheidende an unserem Vorgehen besteht darin, dass wir

Kürzer: dass wir uns anschauen,

Ultrakurz: indem wir alle konkreten Ergebnisse mit dem reinen Zufall vergleichen.

(in der Medizin beispielsweise durch Placebo-, also völlig unwirksame Tabletten).

Dabei ist zu beachten:

(vgl.:

Unser gesamtes Vorgehen wäre ja auch völlig witzlos, wenn auch das Umfrageergebnis völlig zufällig wäre. Vielmehr vertrauen (!) wir doch darauf, dass es

(wenn auch mit einem gewissen "Restrisiko")

das reale, also nicht zufällige Zuschauerinteresse spiegelt.

Wir müssen also genau festhalten:

[z.B. die ersten 200 im berliner Telefonbuch],

sondern haben da vorweg gewisse Auswahlregeln 

[z.B. einen Querschnitt durch die Generationen]).

Es sind sogar Fälle denkbar, bei denen überhaupt kein Zufall vorliegt, z.B.

(früher nannte man sowas );

(und seien sie noch so zufällig ausgewählt)

die Serie gucken

(und werden wir die neue Staffel kaufen).

Nur werden wir leider nie erfahren, was für einen Volltreffer wir mit der Telefonbefragung gelandet haben,
  • dass nämlich die Telefonbefragung nicht nur ziemlich genau, also halbwegs repräsentativ ist, sondern sogar exakt die Gesamtbevölkerungt widerspiegelt,
  • dass also tatsächlich alle Menschen nicht nur in der Telefonumfrage, sondern auch in der Gesamtbevölkerung die Serie gucken.
Vielmehr könnte es ja auch sein, dass
(vgl.: Prinz William wird nie

[zumindest nicht mit mathematischer Sicherheit]

erfahren, dass

[nicht "ob"]

Kate Middleton tatsächlich ihn liebt und nicht bloß sein Geld und seinen Status teilen will; da bleibt ihm nur etwas völlig unmathematisches: Vertrauen).


die Zeitenfolge

In der Mathematik ist

Da die Gegenwart sich durch die Zeit bewegt,  schauen wir uns hier zwei Gegenwarten an:

1. Gegenwart , z.B. 25.10.2012

(wobei es höchst fraglich ist, ob dieses vergangene Ereignis wirklich sicher war, entstammte es vermutlich doch auch schon einer mehr oder minder repräsentativen Umfrage),

Nun vergeht die Zeit, und irgendwann sind wir in der

2. Gegenwart , z.B.15.12.2012 :

(z.B. "42 der 200 Befragten haben angegeben, dass sie die Serie gucken"),

d.h. Umfrage und Auswertung liegen inzwischen auch schon in der Vergangenheit und sind somit unabänderlich-sicher;

                     (die inzwischen sozusagen Vorvergangenheit geworden ist)

aufgestellt hatten: das ist der eigentliche Hypothesentest

(weil 42 im Annahmebereich der Alternativhypothese liegt, würden wir entscheiden: "es gucken tatsächlich inzwischen mehr als 10 % der Zuschauer die Serie, und deshalb kaufen wir die neue Staffel").


"Mrs. Black and White
She's never seen a shade of grey"
(Amy McDonald)

'[...] you're hot then you're cold
You're yes then you're no
You're in then you're out
You're up then you're down
You're wrong when it's right
It's black and it's white [...]"
(Katy Perry)

Unsere Aufgabe ist ein Musterbeispiel für Binomialverteilungen, an denen aber auch wirklich alles  "bi" ist: sie funktionieren ausschließlich nach der zweiwertigen, gnostischen Logik von

                  ("es gibt nur zwei Meinungen: meine und die falsche"),

(Pablo Picasso, was ja nur seine eigenen Komplexe zeigt; und bei Männern gibt es nicht mal mehr zwei Möglichkeiten, sondern nur noch eine: )

                   (auch "Schwarzweißdenken" genannt):

"tertium non datur", d.h. eine dritte

(oder gar vierte, fünfte ...)

Möglickeit gibt es nicht, also

Solch zweiwertiges Denken macht die Welt natürlich hübsch einfach

(auch einfach oder sogar überhaupt erst zu berechnen)

und führt doch schnell zu Betriebsblindheit - und Fanatismus

(weshalb inzwischen sogar die Mathematiker manchmal zu


[es gibt also angeblich drei Kategorien: dreckig, sauber und rein]

übergehen)

 

jeder einzelne Zuschauer guckt entweder die Sendung 

oder guckt sie nicht

 

Es gibt also nicht die Kategorien "guckt sie manchmal" oder "hat sie nur einmal geguckt - und danach nie wieder". 

 

 

entweder gucken mehr als 10% die Sendung (p > 0,1)

oder es gucken genau 10% oder weniger die Sendung (p 0,1)

 

Da bleibt im Intervall [0;1] kein anderes p über.

 

 

es gibt die Alternativhypothese

und die Nullhypothese

 

aber keine dritte Hypothese.

 

 

jede der beiden Hypothesen hat einen Annahmebereich

und einen Ablehnungsbereich

 

Beide Bereiche überschneiden sich nicht, ergänzen sich aber zur Gesamtmenge {0, 1, 2 ... 200}, so dass kein Platz für einen dritten Bereich übrig ist.

 

 

der Annahmebereich der einen Hypothese

ist der Ablehnungsbereich der anderen Hypothese

 

 

 

es gibt nur die Entscheidung, die neue Staffel zu kaufen

oder sie nicht zu kaufen

 

aber nicht die Möglichkeit, sie z.B. teilweise zu kaufen.

 

 

unser Hypothesentest ist entweder richtig

oder falsch
(vgl.  )

 

aber nicht z.B. "ungefähr richtig".

 

 

solche mathematischen Überlegungen wie in diesem Aufsatz interessieren einen

oder man findet sie allzu lang(weilig) bzw. hasst sie sogar.

"It don't matter
if you're black or white"
(Michael Jackson)

"Ebony and ivory
live together in perfect harmony"
(Paul McCartney & Stevie Wonder)


Wenn du auf ehrlichem Weg hierhin gelangt bist

(also nachdem Du brav  den ganzen Text durchgeackert hast),

springe zur Belohnung hierhin.

 

Wenn Du trotz strengen Verbots sofort vom Anfang hierher gesprungen bist:

Selbstverständlich würde ich das Folgende niemals vorweg verraten, denn das würde doch alle von der vollständigen Lektüre des Textes abhalten, die

nie zuvor ist mir der Unterschied

(oben die mickrigen Passagen, die schwarz eingerahmt    sind)

(der Gesamttext)

so deutlich geworden wie bei der obigen langwierigen Behandlung der anfangs zitierten Aufgabe:

                      (und doch ist handwerkliches Können unabdingbare Voraussetzung aller Kunst),

 (überhaupt kann man anhand eines einzigen, an sich völlig uninteressanten Bespiels

                                  [gibt es etwas Langweiligeres als Fernsehserien?!]

die halbe Welt verstehen).

Das Rechnen wird man später in den allermeisten Berufen nie wieder brauchen

(zumindest nicht das Berechnen von Hypothesentests),

aber

 (und Gymnastik treibt man zwecks körperlicher [hier geistiger] Fitness und Wendigkeit, aber nicht, um irgendwas zu "behalten") 

ist ein Teil der Allgemeinbildung, der zum Erlangen der "allgemeinen HochschulREIFE" verlangt werden darf - und sollte, weil die Mathematik nun mal eine bedeutende und

(ob's einem gefällt oder nicht)

enorm wirkungsvolle Kulturleistung ist.

Man kann natürlich auch streng nach dem Motto