"Der Globus quietscht und eiert,
bald ist er ausgeleiert"
oder
die Astronomie der Jahreszeiten erleben

"Der Globus quietscht und eiert,
Der Rost sitzt überall,
Bald ist er ausgeleiert,
Der alte Erdenball!
Doch wir, wir woll'n ihn schmieren,
Wer wäre nicht dafür?
Und's dann nochmal probieren!"
(Josef Mühlbauer)


ist ein besonders aufschlussreiches Beispiel für die Schizophrenie menschlicher Wahrnehmung (?) und damit für das Problem vieler (aller?) Menschen mit wissenschaftlicher Abstraktion.



Vielleicht ist Abstraktion von sinnlichen Eindrücken und dem "gesunden Menschenverstand" aber nicht (nur) ein unschönes bzw. leider unvermeidbares Abfallprodukt der Wissenschaft, sondern sogar ihre zentrale Ingredienz

(... wobei ich mit dem Begriff "gesunder Menschenverstand" meine lieben Schwierigkeiten habe:
    • er klingt mir zu sehr nach den dumpfen "Gefühlen" der angeblich "schweigenden Mehrheit" und nach anmaßender "moral majority"
["endlich darf man's wieder laut sagen"

(was schon immer laut gesagt wurde),

also das glatte Gegenteil von "political correctness"];
    • zudem unterstellt der Begriff "gesunder Menschenverstand" mit immer problematischer Krankheitsmetaphorik, dass alles, was [angeblich] nicht mit dem "gesunden Menschenverstand" übereinstimmt, ungesund, also krank [pervers ...] ist).



Die Bewegung der Erde im Weltall ist äußerst kompliziert:
  1. dreht sich die Erde

(schon gar nicht so selbstverständlich: annähernd eine Kugel)

einmal täglich um ihre Achse:

  1. (und das nur nebenbei) um"kreist" der Mond die Erde, wobei er ihr merkwürdigerweise (?) immer dieselbe Seite zuwendet:
  1. bewegt sich die Erde einmal pro Jahr um die Sonne:
,
  1. ist diese Bewegung nicht exakt kreis-, sondern leicht ellipsenförmig:

(... wobei gerade diese leichte und deshalb kaum erkennbare Abweichung vom Kreis den Astronomen bis Keppler so große Schwierigkeiten bereitet hat);

  1. ist die Ellipse auch nur eine Näherung und der Vorgang in Wirklichkeit noch komplizierter = schöner:

  1. steht die Erdachse dabei nicht senkrecht zur Umlaufebene (= Ekliptik) um die Sonne, sondern schief,  woraus sich die unten noch wichtig werdenden Jahreszeiten ergeben; dabei ist es wichtig, dass die Erdachse trotz der täglichen Drehung der Erde um diese Achse und der jährlichen Drehung der Erde um die Sonne immer in dieselbe Richtung zeigt, im Bild

also immer von links unten nach rechts oben

(ich könnte mir vorstellen, dass das am

[von mir allerdings noch lange nicht verstandenen; und so führt eine Frage zur anderen und bleibt das Leben spannend]

"Kreiseleffekt" liegt: rotierende Kreisel stabilisieren sich selbst, d.h. ihre Rotationsachse zeigt lange Zeit in dieselbe Richtung;

wieder nur nebenbei erwähnt sei, dass die Erdachse trotzdem mit einem unvorstellbar langen Zyklus von ca. 25800 Jahren pendelt bzw. "eiert":

["Präzession"]

)
;
  1. bewegt sich die Sonne
(mit ihren Planeten, also auch der Erde)

um das Zentrum unserer Milchstraße



,

so dass sich dadurch mit den Planeten zusammen folgende Tanzfigur ergibt:




"Interstellar Overdrive";
  1. bewegt sich unsere Sonne anscheinend aber nicht einfach kreis-, sondern sinusförmig ums Zentrum der Milchstraße

,

sie scheint also zu hüpfen;

  1. bewegt sich unsere Milchstraße
(und mit ihr unser Sonnensystem, also auch die Erde)

durch das Weltall; z.B. bewegen sich unsere Milchstraße und die ihr nächste Galaxie, der Andromedanebel, aufeinander zu und werden eines schönen (glücklicherweise noch sehr fernen) Tages sogar ineinander krachen:


  1. rast die ganze Chose seit dem


Urknall

auseinander und wird sie es neueren Theorien nach wohl auch in alle Ewigkeit weiter tun, wobei letztlich alle Materie verstrahlt wird

(auch nicht gerade eine schöne Aussicht: "Wärmetod"; aber vorher ist - ebenfalls nicht gerade aufbauend - ja schon unsere Sonne explodiert  und hat sie die Erde weggefegt).

Das Gesamt-Weltall sieht dann derzeit etwa so aus:


(solche netzartigen Strukturen nennt man auch "Filamente")

Hier sieht man nicht mehr einzelne Sterne, sondern die Anordnung von abermilliarden Galaxien, die aber auch nicht fest stehen, sondern sich permanent bewegen.

(All die genannten Bewegungen zusammen erinnern mich an den kosmischen Tanz Shivas:



"Tandava [...] ist ein Tanz, der vom Hindu-Gott Shiva ausgeführt wird.
Der Hindu-Mythologie zufolge ist Shivas tandava ein wilder Tanz,
und dieser Tanz ist die Quelle des Zyklus aus Schöpfung, Erhaltung und Auflösung."
[Quelle: ])


Ich finde nicht nur das Zusammenspiel all dieser Bewegungen atemberaubend

(wie eine große Symphonie


Gustav Holst: Die Planeten, Op. 32 ),

sondern ebenso auch, dass "der" Mensch, der an die Erde festgekettet ist

(bzw. - erstaunlich genug - "nur" gerade bis zum Mond gekommen ist und demnächst vielleicht auch mal den Mars erreicht ),

dennoch all diese Bewegungen herausgefunden hat:



"Der" Mensch ist also sozusagen Gott auf die Schliche gekommen bzw. Gott

(wenn es ihn denn gäbe)

hat den Menschen nach seinem Ebenbild erschaffen.

Dabei meine ich mit "der Mensch" potentiell jeden Menschen.



Die gezeigten Bewegungen finden in gigantisch unterschiedlichen

(räumlichen, zeitlichen und aus beiden folgenden "geschwindigkeitlichen")

Größenordnungen statt

(z.B. ist das Sonne-Erde-System, um das es im Folgenden geht, abermilliardenfach kleiner als das Gesamtuniversum),

sodass es schier unmöglich scheint, wie ein Gott alles auf einmal zu sehen.



Das sind teilweise hochkomplexe Erkenntnisse, weil diese Bewegungen
  • großteils für das bloße Auge gar nicht sichtbar sind

(und die Geschwindigkeiten sind zwar enorm

[z.B. bewegt sich die Sonne mit 240 km pro Sekunde (!) um das Zentrum unserer Milchstraße],

vor dem Sternenhintergrund aber dennoch kaum wahrzunehmen)
,
  • die Veränderungen nur mittels hochkomplizierter Mathematik (Computern) aus den Daten erschlossen werden können

(z.B. ist kein Foto, sondern Ergebnis einer Computersimulation])
.

Aber es geht mir im Folgenden ja
  • gar nicht um den sowieso nur abstrakt erschließbaren Makrokomos, also beispielsweise die Bewegung von Galaxien,
  • sondern "nur" um die "einfachsten" Bewegungen - und da insbesondere um die Bewegung der Erde um die Sonne sowie die daraus folgenden, endlich mal direkt wahrnehmbaren Jahreszeiten.


Es gibt (auf den ersten Blick) zwei verschiedene Formen des Wissens:
  1. die Erkenntnis aus der direkten Anschauung: z.B. geht die Sonne morgens auf

und abends unter, d.h. so gesehen dreht sich die Sonne nach wie vor um die Erde

(oder genauer: um den Beobachter);

hier ist also von der täglichen Bewegung der Sonne um die Erde

(bzw. der Erde um ihre eigene Achse)

die Rede.

(Nebenbei: für die primäre Anschauung ist die Erde tatsächlich nach wie vor flach, also eine Scheibe:

)
  1. die wissenschaftlich abstrahierte Erkenntnis: z.B. "wissen" wir alle aus der Schule, dass sich die Erde

(jetzt plötzlich in einem ganz anderen Zeitraum, nämlich einmal pro Jahr)

um die Sonne dreht

(vom irdischen Beobachter ist hier schon gar nicht mehr die Rede, weil der sich nichtmal mehr elliptisch um die Sonne bewegt, sondern da ein zusätzlicher Eiertanz ["Epizykel"] zu berücksichtigen wäre, nämlich dass sich die Erde samt Bewohner zusätzlich noch täglich um die eigene Achse dreht;

vielmehr wird hier der Beobachter gottgleich außerhalb des Sonnensystems gesetzt, von wo aus er dabei zusieht, wie die Erde sich um die Sonne bewegt:

zwischen 1. und 2. ist der Beobachter also "eben mal kurz" einige hundert Millionen Kilometer gesprungen).
  1. kennt jeder aus eigener täglicher Anschauung
(und eben deshalb ist die sprachliche Wendung "die Sonne geht auf/unter" ja so enorm haltbar),
  1. hingegen wirkt immer ein bisschen streberhaft angelesen - und klugscheißerhaft.

(Man kann Schüler wunderbar verunsichern, wenn man behauptet:

a.: die Erde ist eine Scheibe,
b.: die Sonne bewegt sich um die Erde

[geht morgens auf und abends unter],

und wer kann mir denn bittschön das Gegenteil beweisen bzw. Anhaltspunkte dafür nennen, dass es "umgekehrt" ist?)

Vielmehr ist drauf zu bestehen: 1. ist nicht falsch und 2. nicht richtig, sondern jede der beiden Perspektiven ist je nach situativem Kontext angebracht:
  • im "Alltagsleben" ist 1.
(dass sich also die Sonne um die Erde dreht)

angebracht und somit "richtig",
(dass sich also die Erde um die Sonne bewegt)

praktischer und somit "richtig".

Bemerkenswert ist aber vor allem: 1. und 2. 
  • passen wunderbar in ein und denselben Kopf
(nicht nur eines schon gründlich "verdorbenen" Wissenschaftlers),
 (wieder: zumindest auf den ersten Blick)

doch gründlich widersprechen.

Ist also der moderne Mensch, der beides weiß, schizophren?

Nun habe ich keinen blassen Schimmer von der Krankheit Schizophrenie: befindet sich ein Schizophrener in zwei "Bewusstseinszuständen" gleichzeitig - oder nacheinander mal in diesem, mal in jenem?

Mir scheint nämlich, dass wir alles in allem so prächtig mit der soeben dargestellten astronomischen "Schizophrenie" leben können, weil wir die beiden Erkenntnisweisen abwechselnd nacheinander benutzen - und enorm schnell geistig zwischen ihnen hin- und herspringen können:
  • eben noch sahen wir mit unseren realen Augen die Sonne aufgehen

(nebenbei: der Sonnenauf- und Untergang ist in der Regel auch schon eine Fiktion, weil diese Bewegungen viel zu langsam sind, um sie kontinuierlich mitzubekommen)
,
  • Sekunden später sehen wir vor unserem Inneren Auge

(und gleichzeitig aus göttlicher Perspektive und im Zeitraffer)
,

wie die Erde sich um die Sonne bewegt.

Mit den beiden Wahrnehmungen der Erde im Sonnensystem ist es wie mit sogenannten "Kippfiguren", also z.B.

:
  • sind das zwei schwarze, einander ansehende Gesichter,
  • oder ist das ein weißer "Pokal"?

Sowas heißt "Kippfigur", weil da manchmal die Wahrnehmung "kippt":
  • wenn man die Gesichter sieht, kann man den Pokal nicht sehen,
  • wenn man den Pokal sieht, kann man die Gesichter nicht sehen,
  • aber manchmal kippt die eine in die andere Wahrnehmung

(eben hat man noch die Gesichter gesehen, jetzt sieht man plötzlich den Pokal, aber nicht mehr die Gesichter [oder alles umgekehrt])
.

Nun ist es aber eben doch möglich,
  • die beiden Gesichter einerseits
  • und den Pokal andererseits
gleichzeitig zu sehen: man stelle sich vor, aus irgendeinem albernen Grund wäre der Pokal zwischen die beiden Gesichter geklemmt, geklebt oder gedübelt

(also wie die Apfelsine beim "Apfelsinentanz", der insbesondere auf Partys und in Tanzschulen verlässlich für allgemeine Heiterkeit und erotische Körperkontakte sorgt:

)
.

... womit sich die Frage stellt, ob man auch
  • die Bewegung der Sonne um die Erde
  • und die Bewegung der Erde um die Sonne
gleichzeitig sehen kann.

Anderen mag das gelingen, mir hingegen gelingt das nicht - und es scheint mir auch einen guten Grund dafür zu geben, dass das gar nicht funktionieren kann oder zumindest sehr schwierig ist: eben, wie schon gesagt, dass man gleichzeitig


Deshalb gebe ich mich hier mit weniger zufrieden:

Noch genauer: kann man die astronomische Ursache für die Jahreszeiten erleben?


Im Folgenden beschäftige ich mich ausschließlich mit

und den daraus folgenden Jahreszeiten auf der Erde.

Dabei wird das Wissen um

vorausgesetzt, d.h. es geht

(ich habe, ehrlich gesagt, keine Ahnung, wie das geschehen könnte bzw. wie Wissenschaftler früherer Zeiten "drauf" gekommen sind)



Antonio Vivaldi: Die vier Jahreszeiten

Im Folgenden zeige ich alles anhand eines "Erdachsen-Denkmals", das in Magdeburg vor dem Hauptbahnhof steht

(vermutlich "Kunst am Bau", also meistens das glatte Gegenteil von Kunst: da toben sich die Stahl- und Bronze"künstler" aus, denn Hauptsache, das Zeugs ist wetter- und vandalismusfest, "markant" - und gefällig):

Ich bin auf meine Erkenntnis ohne dieses Denkmal gekommen (s.u.), aber mit dem Denkmal kann man's besser veranschaulichen

Als Erstes schneiden wir uns die Erdachse zu anderweitiger Verwendung aus:

Nun erzeugen wir uns in Analogie zu

ein kleines Sonne-Erde-System:

(Dabei ist die Sonne im Vergleich mit der Erde absichtlich viel zu klein dargestellt, um zu symbolisieren, dass sie sehr weit von der Erde entfernt ist und deshalb ja auch tatsächlich - von der Erde aus gesehen - am Himmel sehr klein erscheint.)

Nun stellen wir das Erdachsen-Denkmal genau in die Höhe von Magdeburg:

(Bemerkenswert daran ist, dass die Stange des Erdachsen-Denkmals natürlich [???] in dieselbe Richtung zeigt wie die Erdachse bzw. parallel zu dieser ist.)

Des weiteren stellen wir zwei Männchen so auf die Erdachsen-Denkmals-Plattform, dass sie mit dem Rücken gegen die Stange lehnen und zur Sonne schauen:

Nun zeichnen wir zuguterletzt noch die Richtungen ein, in der die Männchen die Sonne sehen:

Offensichtlich


Wie nun aber habe ich das alles "festgebunden" auf der Erden erlebt - und wie kann das somit eventuell jeder erleben?

Ich hatte ja nicht das Magdeburger Erdachsen-Denkmal, geschweige dass ich "eben mal kurz" von links nach rechts halb um die Sonne kreisen oder die Erdachse bewegen konnte. Und deshalb habe ich einfach meinen Kopf zur Erdachse gemacht:

Ich habe zu einem beliebigen Zeitpunkt

(es war Winter)

und es scheinbar Sommer war,

und es scheinbar Winter war.

Das alles geschah "anfallsartig" bzw. in einem "mystischen" Augenblick, in dem mir urplötzlich immerhin ein zentraler "Mechanismus" des Weltalls anschaulich wurde.

(Vgl. auch Bild .)

Und nun

Es geht aber noch gemütlicher:

Und auf die Dauer bewege ich meinen Kopf sowieso nur noch im Kopf.