mathematische Langeweiler

 

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"Ohne Phantasie wird man nie Mathematiker [...]"

Prämissen:

  1. Auch in der ach so objektiven Mathematik gibt es verschiedene Stile, und auch in der Mathematik denke man nicht: "Es gibt nur zwei Meinungen [Stile]: meine[n] - und die [den] falsche[n].": beispielsweise ist das "Knobeln" noch lange nicht keine Mathematik, nur weil es mir nicht liegt.

  2. Als LehrerIn sieht man (vielleicht glücklicherweise) immer nur die kleine Spitze des Schülereisbergs bzw. der Schülerindividualität. Entsprechend vorsichtig sei man mit Bewertungen - und ist doch (in Form von Zensuren) zu ihnen gezwungen - was wiederum dafür sorgt, dass man Vieles (auch an Leistungspotentialen) an SchülerInneN übersieht.

Es gibt eine gewisse Schülerklientel, die vielleicht sogar sehr gut im Rechnen ist, einem darüber hinaus jedoch jegliche Unterrichtsdramatik kaputt machen kann, weil sie immer mit Angelesenem antwortet, aber nie nachfragt, wie man drauf kommt.

Ein Beispiel: Wenn man fragt, wie denn die Kreisfläche zu berechnen sein könnte, antwortet sie mit π r2, obwohl das noch nie im Unterricht vorkam. Und sie sagt auch wohlweislich nicht dabei, dass sie es angelesen hat, sondern gibt es als eigene Erkenntnis aus.

(Eins der fatalsten Probleme für LehrerInnen ist es, dummen [!], aber redseligen SchülerInnen den Unterschied zwischen der Quantität und der Qualität ihrer mündlichen Beteiligung klar zu machen. Und das ist so fatal, weil es ein bodenloser Verdacht ist.)

Nun könnte natürlich schon die Kurzfrage nach der Kreisflächenberechnung die (ja tatsächlich richtige) Antwort "Bildr2" provoziert haben. Aber solche SchülerInnen sind auch auf Nachfrage bereit und fähig, sich auf den Weg dorthin "einzulassen", bzw. es interessiert sie auch gar nicht. Für sie fällt alle Mathematik fertig vom Himmel.

Man könnte die Schülerklientel, von der hier die Rede ist, auch als miese kleine Streberleichen bezeichnen - wenn die Schule sie nicht geradezu fordern und fördern würde:

  1. steht da vielleicht jemand unter enormem Zensurdruck (z.B. durch das Elternhaus) und tut nun in seiner Not alles dafür, eine gute Zensur zu bekommen;

  2. ist solch einE SchülerIn vielleicht wirklich mathematisch interessiert und hat gerade deshalb zu Hause vorgearbeitet.

Das Problem ist aber noch grundsätzlicher: (fast) alle SchülerInnen denken so:

  1. "Ich bin unter Notendruck gezwungen

[und habe deshalb - selbst wenn es mich eigentlich anwidert und unter meiner Würde ist - auch nicht das mindeste schlechte Gewissen],

derart auf mich aufmerksam zu machen, und einer guten Note zuliebe würde ich dem Lehrer alles erzählen und gegebenenfalls auch meine Großmutter verkaufen."

  1. ist es einfach schade, dass oftmals gar kein Unterricht ohne Vorwissen möglich ist: irgendjemand weiß "es" immer schon, irgendjemand verrät "es" immer.
    (Ganz fatal ist da nebenbei, dass die Taschenrechner immer schon alles "können" und allzu suggestive Ergebnisse ausspucken);

  2. sorgt der übliche Mathematikunterricht ja überhaupt erst dafür, dass nur noch die Ergebnisse, nicht aber die Wege dorthin interessieren.
    (In Klausuren werden ja tatsächlich meist nur Ergebnisse [Formeln] und Rechnungen abgeprüft; und ich wette: die mathematischen Langeweiler [also Gar-nicht-Mathematiker], bei denen sich mir die Nackenhaare sträuben, wenn ich ihnen eine relativ gute Zensur geben soll/muss, füllen bei vielen anderen LehrerInnen die Leistungskurse.)

  3. gewöhnt der übliche Mathematikunterricht den SchülerInneN systematisch das vormathematische und anschauliche Fragen ab: sie können gar nicht mehr einfach und praktisch denken, für sie ist und bleibt Mathematik abstrakt (Formeln).