lebensweltlich? - lebensweltlich!

Ich habe anderweitig genug gegen "eingekleidete" Pseudo-Anwendungsaufgaben gestänkert sowie gegen Aufgaben, die sich an Jugendliche anbiedern

(Musterbeispiele sind da die modischen, sich ihrerseits an eine Mode anhängenden "Handy-Tarif"-Aufgaben, die "lebensweltlich" völlig uninteressant und unpraktisch sind und auf die auch kein Jugendlicher reinfällt).

Nochmals kurz zusammengefasst:

  1. die meisten wirklichen Anwendungsaufgaben sind viel zu kompliziert, als dass man sie in der Schule durchnehmen könnte;

  2. im "normalen" Leben braucht man so gut wie keine

(ich behaupte sogar: gar keine)

Naturwissenschaften und Mathematik, und dass unsere technisierte Welt randvoll mit Mathematik ist, ist nur ein Pseudoargument: das funktioniert ja alles nur, weil der Laie die Mathematik, die in diesen Geräten steckt, nicht verstehen muss (und sowieso nicht kann): so ein Gerät ist innen Mathematik und außen eine glatte Box mit dreieinhalb Dreh- und Druckknöpfen.


Aber es gibt eine andere "Lebensweltlichkeit", auf die mich in einem (exzellenten!) Vortrag Dr. Werner Bickel vom Institut für Lehrerfortbildung in Mülheim aufmerksam gemacht hat

(ich gestehe ja immer gerne ein, dass selbstverständlich nicht alle guten Ideen auf meinem Mist gewachsen sind und wo ich fremde Ideen, die mir wichtig scheinen, geklaut habe).

So etwa sinngemäß:

die lebensweltliche Bedeutung der Naturwissenschaften/Mathematik
für große Wissenschaftler

Dabei bedeutet (für mich) "lebensweltlich"

(vgl. nur Deleuze & Guattari: der eine [welcher?] hat seine Philosophie auch "ausgelebt", der andere war "äußerlich" ein Kleinbürger).

Ich bezweifle mal, dass beispielsweise Einsteins Relativitätstheorie irgendeinen direkten Ausdruck in seinem "äußerlichen" Leben gefunden hat (finden konnte), dass sie also irgendwie in "Taten" sichtbar wurde

(oder sind seine Mähne und seine Zunge relativ?).

Aber er hat

"Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle. Es ist das Grundgefühl, das an der Wiege von wahrer Kunst und Wissenschaft steht. Wer es nicht kennt und sich nicht wundern, nicht mehr staunen kann, der ist sozusagen tot und sein Auge erloschen. Zu empfinden, dass hinter dem Erlebbaren ein für unseren Geist Unerreichbares verborgen ist, dessen Schönheit und Erhabenheit uns nur mittelbar und in schwachem Widerschein erreicht, das ist Religiosität. In diesem Sinne bin ich religiös."
(Albert Einstein)

"Für uns gläubige Physiker hat die Scheidung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nur die Bedeutung einer wenn auch hartnäckigen Illusion."
(Albert Einstein nach dem Tode seines Freundes und Kollegen Michele Besso an dessen Familie)


Ich weiß, dass das im Unterricht nicht einfach ist

(es erscheint ja beispielsweise auf den ersten Blick auch verschroben-hirnrissig, dass Robert Musil 21 [!!!] Jahre an seinem Roman "Der Mann ohne Eigenschaften" gearbeitet [und ihn dann nicht mal vollendet] hat; bzw. selbst wenn man es respektiert oder gar bewundert: woher nimmt jemand derart viel Selbstbewusstsein [der Welt was zu "sagen" zu haben] und Durchhaltevermögen?).

Aber vielleicht könnte man den SchülerInneN dennoch eine für sie (im eben genannten Sinne) "lebensweltliche Bedeutung" auf dem Umweg über die lebensweltliche Bedeutung für große Wissenschaftler (also Wissenschaftsgeschichte) vermitteln.

Zumindest scheint mir der (Um-)Weg über die lebensweltliche Bedeutsamkeit des Fachs für große Wissenschaftler (und den Lehrer!) der einzig ehrliche und letztlich wohl auch, wenn überhaupt, einzig überzeugende Weg zu sein.

Dabei schadet auch nicht das eine oder andere Anekdötchen, und überhaupt bin ich ja immer für