wie man Mathearbeiten schreibt
LehrerInnen sagen ja auch "ich schreibe heute eine Mathearbeit" (statt "ich lasse heute eine Mathearbeit schreiben"), denn letztlich müssen die LehrerInnen ja all die Arbeiten lesen. "Kopieren statt entdecken – der Lösungsweg war nie ein neuer und persönlicher Weg unter vielen, vielen denkbar anderen, sondern der Weg des Lehrers, der einzig seligmachende Weg, breitgetreten von unzähligen Schülergenerationen, die schon zuvor so und nur so zur Lösung getrieben wurden. Wer vom »rechten Weg« abkam, wurde mit roten Kommentaren ermahnt, denn nur so lassen sich Schularbeiten per Schablone verbessern – wie einfach – wie einfallslos!" |
Wohlgemerkt:
hier ist von den Mathearbeiten in der üblichen
(man könnte auch sagen: phantasielosen)
Standardform die Rede,
nicht von dem, was Mathearbeiten auch sein könnten
SchülerInnen sollten wissen
(und das deutlich zu sagen, ist kein "Vaterlandsverrat", sondern einfach nur ehrlich),
wie simpel, aber auch verlässlich diese üblichen Mathearbeiten "gestrickt" sind.
(Und vermutlich wissen sie es längst: wenn in NRW Mathematik das meistgewählte Abiturfach ist, dann vielleicht nicht [nur] deshalb, weil das Fach so beliebt ist, sondern [auch]
, weil es eins der ganz wenigen "Kernfächer" ist, die man sowieso bis zum Abitur belegen muss,
, weil es so [stumpfsinnig] verlässlich ist?
Ein Beispiel für die Verlässlichkeit von Klausuren ist das Matheabitur: da kommt doch fast mit Sicherheit
in der Analysis eine Funktionenschar,
in der Vektorgeometrie eine Kugel,
und, wenns so richtig "anspruchsvoll", nämlich eine Art Hochzeit aus Analysis und Vektorgeometrie werden soll, eine Kugelschar.)
Der folgende Text hört sich manchmal zynisch an, d.h. er klingt,
als wenn LehrerInnen die SchülerInnen bewusst reinlegen würden
und sowieso (fast) alle SchülerInnen dumm wären.
Aber
das ist nicht mein Zynismus, sondern ich möchte den SchülerInnen nur zeigen, wie "der Hase läuft",
und auch die allermeisten LehrerInnen, die "solche" Arbeiten stellen, sind nicht zynisch und verachten auch nicht ihre SchülerInnen, sondern sie handeln schlichtweg nach unreflektiertem Gewohnheitsrecht sowie unter vorgegebenem Stoff- und Prüfungsdruck.
Man wird zudem hoffentlich auch eine Portion Selbstironie heraus hören, denn ich bin auch "nur" Lehrer und stelle oftmals auch nicht intelligentere Klassenarbeiten.
Noch zwei Dinge seien vorweg erwähnt:
folgen unten Beispiele aus vielen Bereichen der Schulmathematik bis hinein in die Oberstufe. Man muss aber nicht alle Details dieser Beispiele verstehen, um den jeweilige Beispielcharakter für den Umgang mit Klassenarbeiten zu verstehen.
Im Folgenden ist also von Standard-Mathearbeiten die Rede: da mag es Ausnahmen geben - und sicherlich Variationen:
Mathearbeiten sind - vielleicht im Ausgleich für oben genannte Verlässlichkeit - immer viel zu lang
(mindestens ein DIN-A-4-Blatt randvoll: die SchülerInnen sollen [?] schon beim ersten Blick einen Schrecken bekommen),
so dass sogar die Besten kaum fertig werden: ein feines Mittel, um das Zensurniveau ein wenig zu deckeln!
Die übertriebene Länge von Klassenarbeiten ergibt sich oftmals auch daraus, dass die LehrerInnen in einer Art Vollständigkeitswahn den gesamten Vorunterricht abprüfen wollen.
Mathearbeiten in Deutschland beziehen sich
(abgesehen von Grundfähigkeiten wie z.B. Bruchrechnung, Termumformungen und Gleichungslösen - was eine enorme Hypothek sein kann: es gibt SchülerInnen, die immer wieder am alten, nicht am neuen Stoff scheitern: ein Unterschied, den einE LehrerIn im Eifer von eventuell gar nicht bemerkt - und sowieso nicht, wenn dieseR LehrerIn rein ergebnisorientiert bewertet)
immer auf den direkt vorher durchgenommenen Stoff.
(Auch hier regiert also die o.g. Verlässlichkeit: wenn die Prozentrechnung in der 6. Klasse dran war, kommt sie später garantiert nie wieder dran. Kein Wunder also, dass "die" SchülerInnen sie später nicht beherrschen - und nachgerade verlangen, dass nie wieder alter Stoff drankommt.)
Wenn also einE LehrerIn mal so richtig hübsch gemein sein will, prüft sie/er mitten drin alten Stoff ab. Angenommen also mal, derzeit sind (in der 9. Klasse) quadratische Gleichungen das Thema. Dann mischt man doch gerne mal eine lineare Gleichung (Stoff der 8. Klasse) unter - und prompt versuchen 80 % der SchülerInnen (natürlich erfolglos), diese wie quadratische Gleichungen zu lösen, weil sie gar nicht erkannt haben, dass keine quadratische Gleichung vorliegt, und außerdem gar nicht mehr wissen, wie lineare Gleichungen gelöst werden: in rein gegenwartsbezogener Betriebsblindheit beherrschen sie nur noch das (relativ) Komplizierte, aber nicht mehr das Einfache.
(Wirklich gemein ist das Einflechten alten Stoffs allerdings nur, wenn das erstmals in der Klassenarbeit geschieht, also im Vorunterricht nie vorkam.
Dass SchülerInnen Altes oder Abweichendes nicht erkennen, sondern alles gnadenlos nach einem Schema "runterrechnen", liegt oftmals am fehlenden "Parser"-Blick [s.u.].)
Mathearbeiten gehen den Stoff in derselben Fachsystematik durch wie der Vorunterricht. Beispielsweise kommt da (in einer 10. Klasse) garantiert der Sinus vor dem Cosinus.
(Angenommen also, im Vorunterricht sind nur Sinus und Cosinus durchgenommen worden und die Mathearbeit besteht aus genau zwei Aufgaben. Dann wird doch die erste garantiert mit dem Sinus und die zweite mit dem Cosinus lösbar sein - und niemals umgekehrt.)
Mathearbeiten gehen den direkt vorher durchgenommenen Stoff von "leicht" nach "schwer" durch, d.h.
Die erste Aufgabe dient netterweise zum "Warmlaufen", d.h. sie ist üblicherweise so angelegt, dass sogar die leistungsschwächsten SchülerInnen sie noch können, damit sie erstmal Sicherheit gewinnen.
Üblicherweise sind diese ersten Aufgaben reine Rechenaufgaben (nach einem Schema), wie man ja überhaupt meint, "mittelprächtige" SchülerInnen bräuchten einen - immer rechnerischen - "Sicherungsteil".
(Da ist ja was dran - und doch scheint mir, dass gerade das blinde Rechnen oft zu Fehlern führt: ohne ein echtes [sowohl innermathematisches als auch anwendungsbezogenes] Verständnis
sehen die SchülerInnen auch nicht die Besonderheiten der Aufgabe,
rechnen sie also auch falsch
bzw. können sie mit den Ergebnissen rein gar nichts anfangen.)
Die letzte Aufgabe verlangt einen Transfer, d.h. man kann sie zwar mit den im Unterricht durchgenommenen Mitteln lösen, braucht aber doch noch ein wenig eigenen Gehirnschmalz dazu
(was sämtliche vorherigen Aufgaben als reines Rechnen nach Schema F denunziert?!).
Oftmals dient diese letzte Aufgabe auch dazu, schon zum Stoff überzuleiten, der nach der betreffenden Klassenarbeit im Unterricht ansteht.
Man nennt diese letzte Aufgabe auch "Einser-Aufgabe", denn sie scheidet "die Spreu" vom "Weizen": wer diese letzte Aufgabe nicht löst, kann keine "Eins" mehr bekommen - aber immerhin in der Regel noch ein "gut".
(Im Prinzip finde ich das sogar richtig: man sollte mit "Einsen" - genauso wie mit "Fünfen" und "Sechsen" - sparsam sein. Und doch: Verlangen wir für eine "Eins" nicht oftmals allzu viel, nämlich fast schon die Perfektion eines Hochschulabschlusses?)
Anders gesagt: es ist wahrhaft kein Beinbruch, wenn man die letzte Aufgabe nicht lösen kann.
(Nur ist dies letztlich doch ein schwacher Trost: ein "gut" kann man nur dann bekommen, wenn man den gesamten Rest weitgehend fehlerfrei gerechnet hat, was doch vermutlich nur sehr leistungsstarken SchülerInneN gelingen wird [die also auch eine reelle Chance haben, die letzte Aufgabe zu lösen]. Kommt hinzu, dass die SchülerInnen während der Klassenarbeit ja weitgehend im Ungewissen darüber sind, ob sie "alles" richtig gerechnet haben, zudem damit ja nicht nur das richtige Ergebnis, sondern auch die Vorgehensweise der Lehrkraft verlangt wird.)
Es gibt
grobe Unterschiede zwischen den Hauptaufgaben (also zwischen 1., 2., 3. ...),
feine Unterschiede zwischen den Teilaufgaben (also z.B. zwischen 1a., 1b. 1c. ...)
Beispielsweise handelt dann
Aufgabe 1 (mit allen Unteraufgaben 1a., 1b., 1c. ...) vom Sinus,
Aufgabe 2 (mit allen Unteraufgaben 2a., 2b., 2c. ...) vom Cosinus
...
Aber
1a. wird eine noch ganz einfache Aufgabe zum Sinus sein,
während 1b., 1c. ... zunehmend schwierigere Aufgaben, aber alle noch zum Sinus sind.
Manchmal handeln Aufgaben auch vom selben Stoff nur mit anderen Zahlenwerten, wofür es einen doppelten Grund gibt:
einE SchülerIn, die/der sich bei der ersten Aufgabe verrechnet hat, soll eine zweite Chance haben;
man setze nur schwierigere Zahlen (z.B. Brüche statt ganzer Zahlen) ein oder nenne die Variablen um (z.B. t statt x), und schon werden drei Viertel der SchülerInnen einen Aussetzer haben.
Man sollte also (wie auch bei Klassenarbeiten in anderen Fächern) niemals sofort loslegen, sondern sich erst mal umschauen. Es ist also äußerst ratsam, während einer Mathearbeit nicht sofort loszurechnen, sondern sich
zumindest alle Teilaufgaben (z.B. 1a., 1b., 1c. ...) einer Hauptaufgabe (hier 1.)
oder sogar erst die Gesamtarbeit (1., 2., 3. ...)
anzusehen.
Und dazu bedarf es eines "Parser"-Blicks: ein "Parser" ist ein Computerprogramm, das mathematische Ausdrücke (z.B. Terme) auf ihre speziellen Eigenarten hin untersuchen kann
(engl. to parse = grammatisch untersuchen, analysieren;
vergleichbar ist das mit einem Texterkennungsprogramm, das Texte nicht nur - was ganz einfach ist - kopieren, sondern auch - insbesondere bei Handschriften enorm schwierig - die Einzelbuchstaben erkennen kann).Solch ein "Parser" erkennt also z.B., dass
in 5(x+3) das Distributivgesetz angewandt werden muss
(woran man nebenbei sehr schön erkennen kann, dass das Parser-Programm keineswegs - ein typischer Schülerfehler - von links nach rechts wild drauflosrechnen darf, sondern erst mal den Term 5(x+3) bis zum Ende betrachten muss, um auch das Ende der Klammer zu erkennen),
(3x - 4z)2 mittels der zweiten binomischen Formel gelöst werden kann,
3·x2-7x ein quadratischer Term und der zugehörige Funktionsgraph gestreckt ist.
Wie dieser "Parser"-Blick angewandt werden kann, sei an einem Beispiel aus dem Schulbuch (dort S. 119) vorgeführt:
Das Buch ist hier relativ "nett", weil es
(das aber auch nur bei der ersten Anwendung des direkt vorher Gelernten)
ansatzweise "verrät", was überhaupt zu tun ist: "Löse" bedeutet (im Gegensatz zu "forme um" oder "vereinfache"), dass nach dem bzw. den x gefragt ist, die die jeweiligen Gleichungen (!) lösen,
mit "Bruchgleichungen", "Wurzelgleichungen" und "Biquadratische Gleichungen" "verrät", um welches Grundproblem es in den jeweiligen Aufgaben geht, also die Unterschiede zwischen den Aufgaben ausdrücklich nennt.
Solche "Nettigkeit" ist allerdings keineswegs üblich, und deshalb muss man die Unterschiede oftmals erst selbst herausfinden:
in Aufgabe 1 und 2 besteht die Schwierigkeit in den Brüchen
(genau genommen darin, dass Variable in Nennern auftauchen),in Aufgabe 3, 4 und 5 besteht die Schwierigkeit in den Wurzeln,
in Aufgabe 6 geht es um biquadratische Gleichungen
(was nebenbei - eine erste Gemeinheit - keineswegs bereits in a), sondern erstmals in e) offensichtlich ist: ein schönes erstes Beispiel dafür, dass man alle Teilaufgaben von 6 gelesen haben sollte, bevor man mit a) anfängt).
Der "Parser"-Blick sollte einem allerdings als Allererstes verraten
(und man sollte kurz überprüfen, ob da nicht doch irgendwo eine Ausnahme vorliegt),
dass in sämtlichen Aufgaben Gleichungen vorliegen, womit auch ohne ausdrückliche Nennung insgeheim "Löse" gemeint ist (s.o.) und der Lösungsweg garantiert immer folgendermaßen aussieht:
Term 1 = Term 2
Term 3 = Term 4
... = .... (die Terme werden von oben nach unten immer einfacher)
[ein] x = Zahl
(wobei hier davon abgesehen sei, dass
verschiedene x Lösungen sein können,
die vorliegenden Aufgaben erste Beispiele dafür sind, dass nicht mehr standardmäßig das Äquivalenzzeichen benutzt werden darf).
Anhand von Aufgabe 1 sei auch noch kurz untersucht, wo der Unterschied zwischen den Teilaufgaben (a, b, c ...) einer Hauptaufgabe (hier 1) besteht:
in 1b taucht die Variable erstmals in zwei Nennern auf,
in 1c taucht links zwischen den Brüchen ein Minus auf,
in 1d tauchen zum ersten Mal Kombinationen in den Nennern auf (also x - 1 und x +2)
...
Wer aber diese nur scheinbar nebensächlichen kleinen Unterschiede nicht bemerkt, sieht auch nicht, wie das systematisch neue bzw. variierte Schwierigkeiten eingebaut sind, rechnet also alles gleich - und somit falsch.
Ein weiteres, diesmal vektorgeometrisches Beispiel (aus einer Abiturprüfung) dafür, wie sinnvoll es ist, den "Parser"-Blick einzuschalten:
An den beiden gegebenen Geraden sollte einem mittels "Parser"-Blick als Allererstes auffallen, dass nicht nur sehr einfache, nämlich ganze Zahlen, sondern vor allem Nullen auftauchen.
Warum?
sicherlich, um die Rechenarbeit für die SchülerInnen, aber auch die Korrekturarbeit für die Lehrkraft zu minimieren.
aber auch und wohl vor allem, weil dadurch sehr einfache Geraden zu erhalten, deren Aussehen schnell klar ist: der Richtungsvektor von g liegt parallel zur yz-Ebene, der von ht in parallel zur xy-Ebene.
In der entsprechenden Abiturklausur zeigte sich dann auch schnell, was oben schon angedeutet worden war: dass SchülerInnen kaum eine rechnerische Chance zur Lösung hatten, die keine ersten anschaulichen Vorstellungen von den beiden Geraden gefunden hatte.
Bemerkenswert - das sei an diesem Beispiel auch noch erwähnt - sind auch noch zwei andere Details dieser vektorgeometrischen Aufgabe:
ist ht in schöner Verlässlichkeit eine Geradenschar (vergleiche oben die Kugelschar),
ist für die weiteren Teilaufgaben das Zwischenergebnis (t = 1) angegeben. Sinn ist da natürlich, dass auch diejenigen SchülerInnen, die eventuell a) nicht lösen konnten, dennoch die (hier nicht mit abgedruckte) Aufgabe b), die auf a) aufbaut, behandeln können.
Zur richtigen Lösung von a) darf das angegebene Ergebnis t = 1 allerdings natürlich nicht einfach übernommen, sondern muss es hergeleitet werden. Immerhin weiß man aber (wieder), was rauskommen muss, und hat somit eine Chance, eventuelle eigene Rechenfehler zu erkennen.Es gibt noch einen anderen Grund, vor allem Rechnen wenn schon nicht die gesamte Klassenarbeit, so doch zumindest alle Teilaufgaben einer Hauptaufgabe durchzulesen.
Gezeigt sei das - erstens - anhand eines "staatlichen" Vorschlags für sogenannte "Parallelarbeiten" in der 10. Klasse:
"[Ein] Dach [muss] neu gedeckt werden. Dazu werden rechteckige Dachziegel von 30 cm Breite und 40 cm Höhe verwendet.
Wegen der Dichtigkeit liegt jeder Dachziegel auf dem nächstfolgenden darunter liegenden ein Stück weit auf. Diese Überlappung macht 12,5 % der Ziegelfläche aus. Wieviel cm liegen die Ziegel demnach übereinander?
Jeder Dachziegel liegt auch auf seinem rechten »Nachbarn« 5 cm weit auf. Berechne, wie viele cm Dachfläche jeder Ziegel (außer am Rand des Daches) effektiv abdeckt."
Da ist es natürlich eine kleine Gemeinheit, dass erst in b. ganz unscheinbar die Antwort für a. auftaucht: "Jeder Dachziegel liegt auch auf seinem rechten »Nachbarn« 5 cm weit auf." D.h. doch, dass die Dachziegel sich auch horizontal - also in Aufgabe a. - um 5 cm überlappen.
(Nun muss man zwar das Ergebnis in a. noch herleiten, darf es also nicht einfach aus b. übernehmen, aber immerhin weiß man schon, was in a. rauskommen muss, nämlich 5cm.)
Ein zweites Beispiel, diesmal zu quadratischen Funktionen:
"a) Zeige, dass der Graph der Funktion y = x2 -5x + 6,25 die x-Achse berührt.
b) Zeichne den Funktionsgraphen von y = x2 -5x + 6,25 in ein Koordinatensystem."Wenn erst in b) nach der Zeichnung gefragt wird, kann "zeige" in a) nicht "zeichnen" bedeuten, ist in a) also wohl eine rechnerische Lösung gemeint.
Oder ein drittes Beispiel aus einer Abiturprüfung:
"Gegeben ist die Funktion f mit f(x) = 1/4x4 - x2 + 1.
Berechne den Inhalt der Fläche, die der Graph von f mit der Parabel mit der Gleichung g(x) = 1/4 x2 einschließt.
Betrachte nun die Funktion gk mit gk (x) = 1/4 x2 + k.
Wie kann man k wählen, damit der Graph von f und der Graph von g nur eine Fläche gemeinsam einschließen?"Auch hier erfolgt der entscheidende Tipp für Aufgabe a. erst in b., nämlich "nur eine"
(was der Lehrer, der diese Aufgabe gestellt hat, mittels Fettdruck und Unterstreichung sogar doppelt betont hat).
Da die Funktion g in a. nur ein Spezialfall von gk in b. ist, lagen also in a. mehrere Flächen vor
(obwohl da doch auch nur nach "der" Fläche gefragt war: der allemal gute Grund für solche sprachliche Unsauberkeit besteht darin, dass nicht zwischen "Fläche" und "Flächenmaß" unterschieden wurde, um nicht allzu sehr verwirren;
kurz ergänzt sei allerdings noch, dass die gezeigten Nachträge fast schon hinterhältig erscheinen).
weitere Tipps für Klassenarbeiten:
Man darf Klassenarbeiten in beliebiger Reihenfolge lösen, muss der Lehrkraft aber immer deutlich klarmachen, wo man gerade ist (Aufgabennummer).
Wenn man eine angefangene Aufgabe woanders fortsetzt, muss man sehr deutlich machen, wo es weitergeht. Also z.B.:
„Fortsetzung auf der übernächsten Seite"
und auf der übernächsten Seite dann: „Fortsetzung von Aufgabe 3 b)".
Wenn die Lehrkraft eine Aufgabe oder deren Fortsetzung nicht findet, ist das nicht ihr Problem, sondern das der Schülerin/des Schülers.
Es kann (insbesondere bei Loseblattordnern in der Oberstufe) sinnvoll sein, pro Aufgabe ein neues Blatt zu beginnen. Dann kann man später noch immer Nachträge anbringen. Wenn man aber derart mit losen Blättern arbeitet, wird man sich am Ende einer Klausur die Zeit nehmen müssen, die Blätter zu sortieren (am besten durchzunummerieren) und in richtiger Reihenfolge abzuheften.
Bei sehr langen Termen und Gleichungen ist es manchmal ratsam, ein Blatt quer zu nehmen, damit der mathematische Ausdruck vollständig aufs Blatt passt und nicht durch eine Zeilentrennung unübersichtlich wird.
Auch zu einer Mathearbeit (wie zu jeder Klassenarbeit) gehört eine gewisse Zeitplanung. D.h. insbesondere, dass man sich nicht allzu lange an einer Aufgabe "festbeißen" darf. Da stelle man sie lieber für einige Zeit zurück, löse erst mal andere Aufgaben - und komme dann später auf die Problemaufgabe zurück.
Überhaupt würde ich immer erst die Aufgaben rechnen, bei denen ich sicher bin, dass ich sie beherrsche.Es ist ratsam, Texte mit einem Füller zu schreiben, geometrische Zeichnungen aber mit einem Bleistift anzufertigen. Wenn einem nämlich eine Zeichnung noch nicht auf Anhieb gelingt, kann man sie dann immer noch schnell verbessern. Empfehlenswert ist es zudem, jede Zeichnung erst nur ganz dünn auszuführen und erst dann, wenn man sich ihrer sicher ist, deutlicher nachzuzeichnen oder z.B. auch verschiedene Elemente verschiedenfarbig zu zeichnen.
Bei unübersichtlich langen Termen und Gleichungen ist es hilfreich, sich gleichartige und somit zusammenfassbare Elemente farbig zu markieren:
x2 - 7x + 9 -3x2 + 18 - 23x
Das hat zudem den Vorteil, dass man bei vielen Teiltermen keinen übersieht.
Auf saubere Schrift achten: was die Lehrkraft nicht lesen kann, gilt als nicht geschrieben.
Auf klare Unterscheidbarkeit achten: z.B. darf ein x nicht wie ein + aussehen
(all das macht man keineswegs nur der Lehrkraft zuliebe, sondern vor allem zum Selbstschutz: ich habe in meiner Schulzeit allzu oft falsch gerechnet, weil ich selbst nicht mehr mein x von meinem y unterscheiden konnte).
Nach dem Abschreiben einer Aufgabe als allererstes überprüfen, ob man auch wirklich alles richtig abgeschrieben hat
(es ist doch einfach nur ärgerlich, wenn man mit einem Fehler anfängt und dann keinerlei Chance mehr hat).
Aufgabenstellung genau lesen: was muss ich erledigen, was ist freiwillig?
Man achte genau auf den Wortlaut der Aufgabenstellungen und da insbesondere auf die nur scheinbar unwichtigen Signalwörter.
(Ein Beispiel:
"Zeichne in jeweils ein Koordinatensystem die Funktionsgraphen der Funktionen
f(x) = - 3x +2,
g(x) = x2."
"jeweils ein" heißt ja wohl, dass
in 1. ein Koordinatensystem zu zeichnen ist und in 2. ein zweites, neues,
1. und 2. also nicht in dasselbe Koordinatensystem gezeichnet werden sollen.
Und der Plural "FunktionsgraphEN" macht doch überdeutlich, dass zwei Graphen zu zeichnen sind, nämlich 1. derjenige von f und 2. derjenige von g.)
MathelehrerInnen strukturieren manchmal
(in der [falschen?] Annahme, das sei besonders einfach)
überaus logisch, und diese Logik gilt es klar zu durchschauen.
(Beispiel sei da die soeben schon anzitierte, jetzt aber vollständige Aufgabe:
"a) Zeichne in jeweils ein Koordinatensystem die Funktionsgraphen der
Funktionen
f(x) = - 3x +2,
g(x) = x2.
b) Erkläre anhand des Graphen von g, wie dem Wert x = 3 der zugehörige y-
Wert zugeordnet wird."Da bezieht sich die Aufgabenstellung in a) offensichtlich auf die Funktionen f in 1. und g in 2., während in b) nur noch von g aus 2. die Rede ist.
Und nebenbei: man achte hier auch wieder auf die Signalwörter "anhand des Graphen" in b): da wird offensichtlich eine zeichnerische, aber nicht eine rechnerische Herleitung erwartet.)
Allgemeine Aufgaben wie z.B.
"Zeige, was eine Funktion ist!"
(also die "Frage" nach der Definition von FunktionEN, hier allerdings zweideutig gestellt, da ja nach "einer" [!] Funktion "gefragt" ist),
"Beweise den Satz des Pythagoras!"
sind auch allgemein zu bearbeiten, d.h. da können einige konkrete Beispiele
zwar ein guter Hinweis sein, dass eine Aussage tatsächlich allgemein gelten könnte,
und auch deutlich machen, wie der allgemeine Beweis laufen könnte,
aber konkrete Beispiele können den allgemeinen Beweis nicht ersetzen.
(Merke: sobald ein einziger konkreter Zahlenwert eingesetzt wird, ist ein Beweis bzw. eine Definition nicht mehr allgemein.)
Matheaufgaben sind meistens sehr suggestiv, d.h. sie geben oftmals die Antworten schon vor.
(Erstes Beispiel:
"Eine Pizza mit dem Radius 30 cm kostet 3 €, eine Pizza mit dem Radius 40 cm kostet 4 €. Bei welcher bekommt man mehr fürs Geld?"
Wenn einE MathelehrerIn schon so "blöd" fragt, ist doch wohl klar, dass falsch ist, was ein Laie denken könnte, nämlich dass man bei beiden Pizzas gleich viel fürs Geld bekommt.
Mathematisch ausgedrückt: das Verhältnis Preis/Pizzagröße ist nicht konstant.
Zweites Beispiel:
"Entscheide, ob die gegebene Fläche endlich ist; schätze gegebenenfalls ihre Größe ab."
Da ist doch mit dem zweiten Teilsatz die Frage des ersten Teilsatzes fast schon beantwortet: Die Fläche lässt sich sowieso nur abschätzen, wenn sie endlich ist.)
In Textaufgaben alle mathematischen Informationen unterstreichen und evtl. durchnummerieren; später überprüfen, ob man auch wirklich alle mathematischen Informationen benutzt hat. Bedenke: es gibt direkte (Zahlen) und indirekte (z.B. „genauso groß wie") mathematische Informationen.
Ich selbst habe mir angewöhnt, in Analogie zur Ampel alles Bekannte grün und alles Unbekannte/Gesuchte rot anzustreichen.Meistens sind MathematiklehrerInnen insbesondere bei (scheinbaren) Anwendungsaufgaben so nett, nur die zur Rechnung wirklich nötigen, also keine überflüssigen oder doppelten Informationen zu geben. Daraus folgt aber, dass man zur Lösung der Aufgaben garantiert alle gegebenen Informationen braucht.
(Ein Beispiel: Wenn die Aufgabe lautet
"Die Eichmarke eines kegelförmigen Sektglases ist 10 cm hoch. Ein Barkeeper füllt jedoch nur bis 1,5 cm unter diese Marke. Wie viel Prozent des Sektes »spart« er dabei?",
so ist zur Lösung dieses Problems offensichtlich die Breite des Sektglases unnötig bzw. wird trotz verschiedener Breiten immer derselbe Prozentsatz gespart.)
Oftmals sind geometrische Informationen nur rein sprachlich gegeben. Dann zeichne man sich ein (zweidimensionales) Bild oder bastele sich sogar schnell einen (dreidimensionalen) Körper, um überhaupt eine Anschauung zu bekommen.
(Das ist keineswegs so utopisch, wie man meinen mag: Papier, Schere, ein Apfel [als Kugel] sowie Stricknadeln reichen.
Kleiner Tipp: bei dreidimensionalen Körpern
erst solch einen dreidimensionalen Körper bauen
und dann eine zweidimensionale Projektion davon zeichnen
[in der man einige benötigte Hilfslinien oft leichter entdeckt].)
Benötigte Formeln erstmal aufschreiben.
(Ein Beispiel: wenn ich (3x + 4)2 umrechnen soll und erkannt habe, dass da die erste binomische Formel hilfreich ist, dann schreibe ich sie erst mal drunter:
(3x + 4)2
( a + b)2,
womit immerhin schon mal klar ist, dass im vorliegenden Fall a = 3x und b = 4 ist.
Nun schreibe ich erst mal allgemein (a + b)2 = a2 + 2ab + b2 und setze dann in a2 + 2ab + b2 wieder 3x und für b die 4 ein.)
Es gibt ein „Gewohnheitsrecht" aus dem Unterricht: Aufgaben sind in aller Regel in genau der Form zu lösen, die im Unterricht üblich war.
(Das ist natürlich einerseits genau jene Engstirnigkeit, die Yogeshwar im Zitat oben bemängelt hat, aber es gibt auch mehr oder minder "gute" Gründe dafür:
es vereinheitlicht die Schreibweisen, sorgt also für bessere Vergleichbarkeit [Objektivität?] und vereinfacht die Korrektur - macht sie aber auch langweiliger;
es gibt den SchülerInnen ein Schema an die Hand,
die Aufgabenstellungen können kürzer ausfallen, weil z.B. mit "löse!" schon der gesamte Weg klar ist.)
Manchmal geben Mathelehrer "Tipps" zu Aufgaben, die zwar oft hilfreich sind, aber nicht befolgt werden müssen: evtl. führen auch ganz andere Wege als die in solchen Tipps vorgeschlagenen zum Ziel.
Besser einige Zwischenschritte zu viel als viele auf einmal und alles falsch.
(Auch Zwischenschritte mache man nicht der Lehrkraft zuliebe, sondern zum Selbstschutz:
es weiß doch jeder, wie leicht er sich verrechnet, wenn er Mehreres "in einem Abwasch" versucht;
angenommen,
eine Aufgabe besteht aus neun Zwischenschritten, die jeder mit einem Punkt bewertet werden
[und einen zehnten Punkt bekommt man, wenn man ausnahmslos alles richtig hat];
man macht bei all den Zwischenschritten nur einen einzigen Fehler;
dann erhält man doch immerhin noch acht Punkte für die restlichen richtigen Zwischenschritte);
Zwischenschritte sind auch wichtig, um der Lehrkraft zu zeigen, dass man selbst drauf gekommen ist und das Ergebnis nicht nur irgendwo "ermogelt" oder erraten hat.
Es reicht also niemals das nackte Zahlenergebnis - und auf Fragen ist immer im Sinne der Frage in ganzen Sätzen zu antworten.
Was man nur halb oder auch falsch gerechnet hat, streiche man erst dann durch, wenn man eine ganze bzw. richtige Lösung hat, denn auch für Halbes gibt es Teilpunkte. Allerdings darf man nicht zwei Lösungswege gar noch mit verschiedenen Lösungen stehen lassen
(also nach dem Motto: "LiebeR LehrerIn, suche dir doch gefälligst selbst aus, was dir gefällt bzw. richtig ist").
Wenn man etwas durchstreicht, dann bitte ordentlich (evtl. mit einem Lineal), nicht in wildem Gekrackel.
Jede erledigte Teilaufgabe auf dem Aufgabenzettel abhaken, also z.B.
3
a(erledigt)
b(erledigt)
c (noch nicht erledigt)Erst wenn man alle Teilaufgaben erledigt hat, auch die Gesamtaufgabe abhaken, also z.B.
3a(erledigt)
b(erledigt)
c(erledigt), also (jetzt erst) Gesamtaufgabe erledigt.
Vor Abgabe der Arbeit überprüfen, ob man alle Aufgaben abgehakt oder nicht vielleicht doch etwas übersehen hat.
Wenn man noch Zeit hat: sämtliche Rechnungen nochmal durchlesen. Dann helfen einem besonders Ordnung und frühere Selbstkommentare
(z.B. | · 2 bedeutet dann: ich wollte beide ganzen Seiten mit 2 multiplizieren; habe ich es denn auch tatsächlich getan?).
Auch wenn es Papierverschwendung zu sein scheint: immer untereinander rechnen:
Aufgabe 1a. hat nichts neben 1b. zu suchen
(dann ist der Bezug der Rand-Korrektur der Lehrkraft zur jeweiligen Aufgabe nicht mehr deutlich);
möglichst auch alle Gleichungsumformungen untereinander ausführen, damit man selbst immer klar sieht, was man unverändert mitgeschleppt hat und was man an welcher Stelle verändert hat.
(Beispielsweise bei der quadratischen Ergänzung sieht das dann im Idealfall folgendermaßen aus:
.Daran kann man genau sehen,
was von Schritt zu Schritt unverändert geblieben ist,
wo Veränderungen stattgefunden haben
und wie das Neue aus dem Alten hervorgegangen ist.)
Damit SchülerInnen nicht meinen, dass alles nach einem Schema ablaufe, bauen MathelehrerInnen gerne Fallen ein, also z.B. mitten in quadratische Funktionen eine lineare Funktion (s.o.) oder mitten in lösbare Gleichungen plötzlich eine unlösbare Gleichung.
Leider ist es in der Mathematik oftmals unvermeidbar, dass man mit schwierigen Zahlen in den Aufgabenstellungen anfängt und daraus einfache Lösungen erhält - oder umgekehrt. Mir persönlich ist da die erste Möglichkeit lieber - und einfache Ergebnisse sind meistens ein gutes Kriterium für Richtigkeit.
(Nebenbei sei erwähnt, wie LehrerInnen bzw. SchulbuchautorInnEn so verlässlich auf Aufgaben mit einfachen Ergebnissen kommen:
sie probieren natürlich nicht 10 000 Aufgaben durch, bis endlich vielleicht doch eine mit einfachen Lösungen darunter ist [oder überhaupt lösbar ist],
sondern sie gehen umgekehrt vor: sie rechnen von einfachen Lösungen aus "rückwärts" zu schwierigen Anfangsaufgaben, die dann von den SchülerInnen wieder zu einfachen Lösungen umgerechnet werden müssen.)
Taschenrechner dürfen nicht weitergegeben werden
(denn damit kann man ja auch Ergebnisse weitergeben).
Wer also seinen Taschenrechner vergessen hat, muss alles "zu Fuß" rechnen.
Klassenarbeiten gehören in ein Heft oder einen ordentlichen Ordner (mit Namen drauf!); „abgewrackte" Ordner und Loseblattsammlungen führen zu Punktabzug oder werden manchmal erst gar nicht angenommen.
Der Rand des Klassenarbeitsheftes "gehört" der Lehrkraft.