Die Mitte der Welt ist anscheinend immer der eigene Bauchnabel, und deshalb definieren sich im politischen Spektrum insbesondere halbrechte Parteien gerne als "bürgerliche Mitte"
(mit
"bürgerlich"
meinen sie dabei nicht den citoyen,
sondern den bourgeois).
Und von außereuropäischen Kulturen (u.a. dem "Reich der Mitte") soll hier gar nicht erst (ausführlicher) die Rede sein.
Im europäischen Mittelalter lag das Zentrum einiger Weltkarten in Jerusalem
(also der heiligsten Stadt des Christen- und Judentums, aber auch einer der heiligsten Städte des Islams).
Wohl schönstes Beispiel dafür ist die "Ebsdorfer Weltkarte":
(vgl.
;
das Original hat einen Durchmesser von 3,57 m!)
Oder mathematisch gesagt:
bzw.
bzw. wenn man die Karte nordet
Ein anderes Beispiel ist die Weltkarte von Heinrich Bünting:
oder mathematisch ausgedrückt
bzw.
(Die Weltkarte Heinrich Büntings ist allerdings offensichtlich nicht mehr mittelalterlich, sondern frühneuzeitlich, da auf ihr links unten bereits Amerika zu sehen ist - und damit die Zentrierung um Jerusalem nicht mehr so ganz funktioniert. Und in der Tat ist die Karte 1581 entstanden.)
In seinem Roman spitzt Harry Mulisch die Theorie, dass Jerusalem die Mitte der Welt sei, noch zu und läßt eine der Zentralfiguren nach der "Mitte der Mitte" suchen - und sie auf dem
Tempelberg in Jerusalem
und dort im
Felsendom
finden, also da, wo zu alttestamentarischen Zeiten im
inneren Tempel
die
Bundeslade
gestanden haben soll, in der die
Tafeln Moses'
gelagert gewesen sein sollen. Wieder mathematisch gesagt:
Für die Mitte der Welt oder gar die Mitte der Mitte gilt also:
"Im ganzen Erdkreis ist kein Ort
heiliger als dieser"
(und in der Tat spielt dieser Raum in Rom [!] in Mulischs Roman
ebenfalls eine zentrale Rolle)
Auf die Genialität des Koordinatensystems bin ich bereits früher eingegangen
Leider hatte ich mich da aber nicht um "die Mitte der Mitte", also um den
(die Mathematiker nennen ihn tatsächlich so:)
"Ursprung" des Koordinatensystems, gekümmert:
Es gibt zwei Arten, das Koordinatensystem zu zeichnen:
entweder
beginnt man mit einer der beiden Achsen, also z.B. der x-Achse,
,
wobei sich der Ursprung erst nachträglich als Schnittpunkt der beiden Achsen ergibt:
In diesem Fall ist der "Urspung" also sekundär oder sogar tertiär - und somit im Grunde gar kein Ursprung.
Oder man nimmt den Ursprung beim Namen und
fängt mit ihm an:
,
,
und danach ebenfalls durch den Ursprung senkrecht zur ersten die zweite (y-)Achse:
Eine Variante dieses zweiten Verfahrens
(bei dem alles mit dem Ursprung beginnt]
besteht darin, dass die beiden Achsen nach und nach aus dem Ursprung heraus wachsen:
Wenn aber alles (!) aus einem einzigen, unendlich kleinen Punkt (einer Singularität) entsteht, so erinnert das an den Ur(!)knall:
"Singularität
(lateinisch singularis ‚einzeln‘, ‚vereinzelt‘, ‚eigentümlich‘,
‚außerordentlich‘; Adjektiv singulär)"
(Quelle:
)
"Als Singularität
bezeichnet man in Physik und Astronomie Zustände, bei denen die
betrachteten Raumzeiten [...] in einem einzigen Punkt [...] nicht mehr
definiert werden können."
(Quelle:
)
"Bittet, so wird euch gegeben; suchet [an der richtigen Stelle], so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da [an der richtigen Stelle] sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan." (Matthäus 7, 7-8) |
Nehmen wir uns nun eine beliebige der im Unterricht üblichen Funktionen, also z.B. f: y = x3 - 3x2 -x + 3 bzw. f: y = 1•x3 - 3•x2 -1•x + 3 :
um "Kurvendiskussionen", d.h. die Bestimmung aller markanten Eigenschaften von Funktionen, nicht zusätzlich mit komplizierten Rechnungen zu belasten, werden für die Koeffizienten üblicherweise
einfache, d.h. ganzzahlige,
und zudem kleine
Zahlen gewählt
(im vorliegenden Fall 1, -3, -1 und 3).
Der Funktionsgraph zur Funktionsgleichung f: y = 1•x3 - 3•x2 -1•x + 3 sieht so aus:
An diesem Graph zeichnen wir nun alle markanten Punkte ein:
Diese markanten Punkte sind
die drei Nullstellen, also die Schnittpunkte mit der x-Achse,
der (einzige!) Schnittpunkt mit der y-Achse,
das Maximum,
das Minimum
und der Wendepunkt, in dem die Rechts- in eine Linkskurve übergeht.
Bemerkenswert daran ist, dass all diese markanten Punkte
bei der Wahl kleiner Koeffizienten
in einem engen Umkreis um den Ursprung
liegen bzw. dass sich alles Wesentliche in der Nähe des Ursprungs abspielt:
Wenn man also bei den im Unterricht üblichen Funktionen nach den markanten Punkten sucht, suche man im engen Umkreis um den Ursprung, also
hier
aber nicht z.B.
hier
oder hier .
Ich hatte oben den Ursprung des Koordinatensystems mit dem Urknall verglichen. Wenn wir bei diesem Bild bleiben, findet also alles Wesentliche im "Umkreis" des Urknalls, d.h. in zeitlicher Nähe zu diesem statt: