oder
Muster in Zufallsergebnissen

  "[…] [Ella] hatte sich das Wundern abgewöhnt, das musste man, wenn man ein Kind wie Marret hatte. Und man begrub am besten auch den Wunsch, es zu verstehen. Man wurde selbst verrückt, wenn man versuchte, ein vertrautes Muster zu erkennen oder einen roten Faden. Es war so sinnlos wie im Kaffeesatz zu lesen oder am Strand die angespülten Muscheln zu sortieren. Marret war wie etwas Flüchtiges, Verwehtes, das ständig seine Form veränderte, Sanddüne, Wolke, Quecksilber, sie hatte keine Grenzen. Keine feste Haut, so kam es Ella manchmal vor. Sie hatte lange Zeit gesucht nach einem Sinn in dem, was Marret sagte oder tat, nach einer Ordnung, einer Formel, die ihr dieses Kind begreifbar machen sollte. Sie hatte aber aufgehört damit, es brachte nichts. Man flog nur wie ein Brummer krachend an die Scheibe, immer wieder. Ein Kind wie Marret war ein Spiel mit komplizierten Regeln, und man bekam es ohne Anleitung. Also spielte Ella Feddersen, obwohl sie nichts verstand. Sie würfelte. Gewöhnte sich das Wundern ab, als wäre es ein Laster."
(Quelle: )


„Die Frage, ob es das Böse wirklich gibt, in einer reinen, sich selbst nährenden Form, ist altmodisch, quasireligiös und gewiss zu gar nichts gut. Man kann alles erklären, mit der Kindheit, mit der Armut, vor allem mit erlittener Gewalt, die sich ja wirklich, wie schon die Bibel wusste, fort- und fortzeugt. Jedenfalls ist zu akzeptieren, dass in seltenen Fällen ungünstige Umstände mit ausgeprägt schlechten Neigungen so zusammentreffen, dass ein Mensch entsteht wie eine scharfe Waffe. Wo später auch bei genauester Betrachtung gar kein Abzweig im Lebenslauf zu erkennen ist, kein Innehalten, keine Weggabelung, die, wenn schon nicht in die Tugend, doch in etwas harmlosere Gefilde geführt hätte. So einer war Horka, Vorname Georg, geboren am Ende der ersten Dekade des Jahrhunderts, in einer Hütte am Rande von Zwick. Der Horka-Schorsch. Geschlagen von dem Trunkenbold, der ihn zweifellos gezeugt hatte, geschlagen, getreten, gewürgt und Ärgeres von den Brüdern, die in der Kleinhäusler-Kate übereinanderkletterten im Kampf um Sauerstoff, Aufmerksamkeit, Nahrung. Unvorstellbare hygienische Bedingungen. Unvorstellbare soziale, psychische, sexuelle Bedingungen. Töchter gab es keine, oder es waren gnädigerweise die Töchter, die allesamt früh verstarben, denn auch tote Kinder hatten sie in dieser Siedlung mehr als genug. Horka war der Jüngste. Nach seiner Geburt gab die Mutter auf, obwohl sich dieses Aufgeben über ein paar Jahre erstreckte. Der jüngste Horka aber kam irgendwie durch, und das war, was er besser konnte als viele andere: durchkommen, gegen jede Wahrscheinlichkeit. […] Der jüngste Horka war keineswegs dumm. Er war sogar der Schlaueste von seinen Brüdern, bis auf einen, den Ältesten, mit dem aber genau genommen der Vergleich fehlt. Dieser hatte nicht nur die Kate, nicht nur die Gegend, sondern auch Land und Kontinent so bald wie möglich verlassen und darüber hinaus den Namen gewechselt. Es ist zwar unwahrscheinlich, aber denkbar, dass einer der späten Nachfahren dieses ausgewanderten Bruders, ein pausbackiges Mädchen aus Litchfield/Ohio oder ein weißblonder Junge aus Irving/Arizona, dort, am anderen Ende der Welt, Geschichte studiert, den Fall Dunkelblum entdeckt und einen privilegierten Augenblick lang vor moralischer Abscheu gezittert hat.
[…]
Was sich bewegte, darauf wurde geschossen, die Namen der Opfer stehen in der Ortschronik, Theresia Wallnöfer, Aloysia Malnitz, Hubert Gstettner, Eduard Balaskó und ein Kind, die achtjährige Edwine Grubar, mit a. Keiner von ihnen hatte sich ergeben wollen, herauskommen wollen, die leeren Handflächen über dem Kopf. Selbst dabei, beim Sichergeben, waren welche erschossen worden, von den Russen oder von den Eigenen, von hinten in den Rücken. Nicht hier, aber anderswo. Das war alles bekannt. Sterben war derzeit auch für die Zivilbevölkerung in der Wahrscheinlichkeitsrechnung dem Überleben sehr nahe gerückt.“
[...]
hier schien sich die typische Zusammenballung von Unwahrscheinlichkeiten zu vollziehen, etwas, was alle Versicherungsmenschen kannten und worüber sie Stillschweigen bewahrten. Ihr Beruf beruhte auf Wahrscheinlichkeiten. Alles war Mathematik, aber gerade die Mathematiker hatten oft einen Hang zu Religion oder Esoterik, und zwar aus guten Gründen. Wenn ein Flugzeug abstürzte, fiel bekanntlich nur kurz darauf das nächste vom Himmel. Das war eigentlich immer so. Genauso mit Erdbeben und anderen Naturkatastrophen. Eins geschah, und kurz darauf das zweite. Anders als bei Bluttaten konnte man nicht mit dem Nachahmungseffekt argumentieren. Das gibt’s doch gar nicht, sagten die Leute bestürzt, und die Versicherer versicherten, dass das nur ein Zufall sei, denn insgesamt geschehe ungefähr gleich viel Gutes und Schlechtes. Dazu lachten sie gekünstelt. Sie lernten das in der Ausbildung. Aber sie wussten es besser. Es gab Zusammenballungen und lange Friedenszeiten. Sobald einem aber auffiel, dass schon lange Zeit nichts mehr passiert war, und man sich innerlich für ein Ereignis wappnete, war sehr wahrscheinlich, dass weiterhin nichts passierte. Es täuschte einen, es hielt einen am Schmäh. Wer? Wer ist es? Ja, das hätte Berneck auch gern gewusst, aber er hatte es weder mit Gott noch mit dem Schicksal. Es ist eben so, hätte er gebrummt, wenn er je mit jemandem darüber gesprochen hätte."

(Quelle: ; rote Hervorhebungen von mir [H.St.])

Im Asterix-Band taucht das Bild auf: als zunehmend Römer aus der benachbarten Stadt

(oder genauer: dem ersten Haus dort)

im gallischen Dorf einkaufen, und zwar insbesondere Fisch und Antiquitäten, eröffnen die geschäftstüchtigen Dorfbewohner eben Fisch- und Antiquitätengeschäfte, und zwar natürlich nicht hübsch nebeneinander

(erst alle Fisch-, dann alle Antiquitätenläden),

sondern zufällig verteilt. Diese zufällige Verteilung wollte der Zeichner Uderzo wohl auf dem Bild darstellen - und hat dazu folgende Reihenfolge von links nach rechts gewählt:

Fische - Antiquitäten - Antiquitäten - Fische - Antiquitäten

oder kurz

F - A - A - F - A.

Angenommen, er hat links mit F angefangen. Dann durfte als nächstes natürlich kein F folgen, denn sonst würden wir ja schon ein Muster (Dopplung) vermuten, nämlich die Dopplung F - F. Also blieb nur

F - A

(was natürlich auch ein - wenn auch weniger auffälliges - Muster andeutet, nämlich die alternierende Reihenfolge F - A - F - A - ...).

Als nächste Möglichkeiten ergäben sich

  1. F - A - F oder
  2. F - A - A .

Beide enthalten wieder Muster, nämlich

  1.  ein alternierendes, nämlich F - A - F - A - F ... ,

  2. eine Dopplung.

Uderzo hat 2. gewählt, also

F - A - A .

Danach blieb ihm aber nur die Fortsetzung

F - A - A - F ,

die zwar (vorerst) ein neues Muster, nämlich Symmetrie, ergibt, aber immerhin nicht eine dreifaches A wie bei der Alternative

F - A - A - A .

Ausgehend von

F - A - A - F

musste Uderzo nun möglichst schnell die Symmetrie wieder zerstören und hatte dazu die beiden Möglichkeiten

  1. F - A - A - F - A und
  2. F - A - A - F - F .

Mit dem 2. Fall deutet sich nun aber ein weiteres neues Muster an, nämlich F - A - A - F - F - A - A - F - F - A - A - F - F ..., d.h. (abgesehen vom Einzelfall des Anfangs) eine "Doppel-Dopplung". Also blieb Uderzo nur die Version

F - A - A - F - A

(Natürlich kann man auch da den Anfang eines weiteren neuen Musters vermuten: F - A - A - F - A - A - F - A - A  ...)

Und so lässt sich (halbwegs überzeugend) logisch erklären, wie hier Zufall simuliert wurde.

(wobei "Zufall simulieren" ein Widerspruch, den man sich doch auf der Zunge zergehen lassen sollte!)

Bemerkenswert ist aber vor allem, nach wie wenigen (anfangs nur zwei, insgesamt fünf) Ereignissen wir schon Muster vermuten

(vgl. z.B. auch ):


Wir Menschen scheinen Mustererkennungs-, -vermutungs- und -unterstellungswesen zu sein,

wobei "Musterunterstellungswesen" bedeutet, dass wir im Zweifelsfall sogar Muster entdecken, wo gar keine sind:

Oder funktioniert´s genau andersrum?: es gibt anscheinend ziemlich wenige Fälle, in denen Muster vorhanden

(oder zumindest erkennbar)

sind, und deshalb halten wir Muster für die absoluten Ausnahmen.

So halten wir beispielsweise im Lotto

(obwohl sie durchaus nach einem [wenn auch nicht auf den ersten Blick ohne Rechnen deutlichen] Muster funktioniert, denn jede Zahl ab der dritten ist die Summe der jeweils beiden vorherigen, d.h. hier liegt der Anfang der berühmten Fibonacci-Folge vor).

Mir scheint, wir unterstellen, dass Muster nur durch Absicht zustande kommen können und deshalb unwahrscheinlicher sind.

(Eine [nicht manipulierte] Lottomaschine hat keine Absicht, wird also seltener 2 - 4 - 6 - 8 - 10 - 12 als 1 - 2 - 3 - 5 - 8 - 13 - 21 produzieren?)


Mich interessiert hier insbesondere die Otto-Normal-Verbraucher-Psychologie

(und letztlich ist auch jedeR MathematikerIn erstmal Otto-Normal-Verbraucher)

bei mehr oder minder zufallsbedingten Mustern, also die Frage, ob unsere alltägliche Einschätzung, dass Muster sehr selten seien, denn überhaupt stimmt.

(Wenn ein Lehrer so blöd fragt, ist es garantiert eine rhetorische Frage, und zwar hier mit der Antwort "nein".)

Untersucht sei das an einem einfachen Beispiel, nämlich sozusagen einem dreiseitigen "Würfel" mit den Zahlen 1, 2 und 3

(z.B. ein normaler Würfel mit zwei 1er-, zwei 2er- und zwei 3er-Seiten),

der drei Mal hintereinander geworfen wird.

(Aber Vorsicht: bei wenigen Fällen ergeben sich viel öfter Muster. Ein Zwischen-Beispiel ist da ein Würfel mit nur zwei Zahlen [1 und 2], der zwei Mal geworfen wird. Er nämlich ergibt immer Muster:

Beim dreiseitigen „Würfel“ ergeben sich folgende Möglichkeiten

(und jetzt zähle ich als Muster nur solche, die ohne Rechnen offensichtlich sind; wobei "Muster" natürlich letztlich Interpretationssache ist):

  • 1 - 1 - 1 = Dreier
  • 2 - 1 - 1 = Doppel
  • 3 - 1 - 1 = Doppel
  • 1 - 1 - 2 = Doppel
  • 2 - 1 - 2 = symmetrisch
  • 3 - 1 - 2 = kein Muster?
  • 1 - 1 - 3 = Doppel
  • 2 - 1 - 3 = kein Muster?
  • 3 - 1 - 3 = symmetrisch
  • 1 - 2 - 1 = symmetrisch
  • 2 - 2 - 1 = Doppel
  • 3 - 2 - 1 = absteigend
  • 1 - 2 - 2 = Doppel
  • 2 - 2 - 2 = Dreier
  • 3 - 2 - 2 = Doppel
  • 1 - 2 - 3 = aufsteigend
  • 2 - 2 - 3 = Doppel
  • 3 - 2 - 3 = symmetrisch
  • 1 - 3 - 1 = symmetrisch
  • 2 - 3 - 1 = kein Muster?
  • 3 - 3 - 1 = Doppel
  • 1 - 3 - 2 = kein Muster?
  • 2 - 3 - 2 = symmetrisch
  • 3 - 3 - 2 = Doppel
  • 1 - 3 - 3 = Doppel
  • 2 - 3 - 3 = Doppel
  • 3 - 3 - 3 = Dreier

Das aber heißt, dass nur in 4 von 27 Fällen (anscheinend) kein Muster vorliegt, oder umgekehrt, dass Muster eher die Regel als die Ausnahme sind.


Wenn man bei seiner Bank eine Online-Überweisung vornehmen möchte, muss man sich aus Sicherheitsgründen

(damit kein Fremder eine Überweisung tätigen kann)

doppelt identifizieren:

  1. mit seiner PIN (Persönlichen Identifikationsnummer), sobald man eine Online-Verbindung mit der Bank aufnehmen möchte.

Diese PIN

  1. mit einer TAN (Transaktionsnummer), die

Eine TAN ist also eine Einmal- bzw. Wegwerfzahl.

TANs sind sechsstellige sogenannte "Zufallszahlen" - womit sich die Frage stellt, wie die Banken solche zufälligen Zahlen erschaffen.

Dafür gibt es sogenannte "Zufallszahlengeneratoren":


(Quelle: )

Weil eine eindeutige Rechnung vorgenommen wird, ist das Ergebnis keine echte, sondern eine "Pseudozufallszahl": sie sieht nur zufällig aus, ist es aber in Wirklichkeit nicht.

Solch ein deterministischer Pseudozufallszahlengenerator ist z.B.

An den von mir rot unterstrichenen Stellen wird da deutlich, wie die (Pseudo-)Zufallszahlen mittels relativ einfacher, allerdings hier nicht erklärter Rechnungen ermittelt werden.

(Dennoch ist der gezeigte [Pseudo-]Zufallszahlengenerator im Unterricht sehr hilfreich, um mal mit ihm rumzuspielen und eine Liste von [Pseudo-]Zufallszahlen aufzustellen, die im Unterricht genauer angeschaut wird.

U.a. ergibt sich dabei die Frage, ob man an den Ergebnissen erkennen kann, dass es sich nur um Pseudozufallszahlen handelt; s.u.)

"Ein gutes Beispiel für echten Zufall in der Physik ist der radioaktive Zerfall. Stellen wir uns etwa ein einziges radioaktives Atom vor. Von diesem Atom wissen wir, dass es irgendwann zerfallen wird, und wir können die Wahrscheinlichkeit angeben, mit der es beispielsweise innerhalb der nächsten zehn Minuten zerfällt. Der konkrete Zerfall wird jedoch zu einem bestimmten Zeitpunkt auftreten, und wir haben keinerlei Möglichkeit, diesen Zerfall vorauszusagen. Die Quantenphysik sagt, dass es für den Zeitpunkt des einzelnen Zerfalls keinerlei Grund gibt, nicht einmal einen verborgenen. Man spricht hier von einem objektivem Zufall.

Der Zufall tritt aber nicht deshalb auf, weil noch Eigenschaften des Kerns unbekannt wären, sondern weil kein objektiver Grund vorhanden ist. Also keine (lokalen) Ursachen existieren.

Dieser objektive Zufall ist wahrscheinlich eine der profundesten Entdeckungen der Naturwissenschaften in unserem Jahrhundert."
(Quelle: )

Schauen wir uns nun mal eine TAN-Liste

(wie man sie früher noch von seiner Bank ab und zu postalisch zugesandt bekam)

an:

(Der Kunde hat schon die drei von ihm durchgestrichenen TANs für drei Überweisungen verbraucht.)

Von dieser TAN-Liste soll uns hier nur die erste Spalte interessieren, also

.

Da sind durchaus Muster erkennbar:

(bis hier fällt auf, dass die 1 sehr oft vorkommt, der Algorithmus also 1-lastig zu sein scheint);

(wenn man nur die 755210 und die vorherige Zahl 315451 hätte, könnte man also eine 5-Lastigkeit vermuten),

und außerdem werden die Ziffern immer kleiner;

(so langsam könnte man vermuten, dass der Algorithmus dazu neigt, Ziffern mehrfach auszuspucken);

(die soeben aufgestellte Vermutung wird also bestätigt);

An dieser Liste fällt vor allem auf, dass da sehr unterschiedliche, jeweils dem Einzelfall angepasste Muster erkannt werden, darunter teilweise sehr freie Interpretationen

(z.B. „werden die Ziffern immer kleiner und folgt am Ende mit der 9 wieder die größte Ziffer“ und „folgen zweimal nacheinander je drei ansteigende Ziffern“).

Der Mensch scheint halt geneigt zu sein, überall Muster hineinzusehen: im vorliegenden Fall nämlich in 14 Beispiele auch 14 Muster.

Der Mensch ist also nicht nur ein Muster erkennendes, sondern ebenso auch ein Muster schaffendes Wesen: er scheint (manchmal spitzfindig) alles zu tun, um nur ja kein Chaos (puren Zufall) hinnehmen zu müssen.

(Neben dem „horror vacui“ [der Angst vor der Leere] scheint es auch einen „horror zufalli“ zu geben - und das mit gutem Grund: der Zufall kann zu totaler Desorientiertheit und zu fürchterlichen Schicksalsschlägen führen.

Eine Möglichkeit, den Zufall zu beseitigen, besteht darin, hinter ihm eine [wenn auch unergründliche] Kausalität und dann schnell auch Absicht [Gottes] zu erkennen: der Zufall wird dann also personifiziert. Darüber mag man sich lustig machen, aber „Zufall“ ist niemals eine befriedigende Antwort - und letztlich auch nur eine atheistische Version von Gott?

Und nennen wir nicht oftmals „Zufall“,

[z.B. bei der obigen Zahlenreihe ein deterministischer Algorithmus],

[z.B. wenn eine mikroskopisch kleine Körperzelle zu einer Krebszelle mutiert; oder bei der Evolution des Lebens]?

Aber solche Fragen tauchen natürlich in keinem „seriösen“ Mathematikunterricht auf.)

Das einzige oben vielfach auftauchende Muster ist das mehrfache Auftauchen von Ziffern. Man könnte also vermuten, dass der Algorithmus, der die 14 Zahlen erzeugt hat,

Aber nehmen wir doch mal an, der Algorithmus hätte tatsächlich echte Zufallszahlen ausgespuckt: wie hoch ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass in einer sechsstelligen Zahl Ziffern mehrfach auftauchen?

Vorweg sollten wir uns einen wichtigen Unterschied klar machen: es geht

  1. nicht darum, dass eine bestimmte Ziffer mehrfach vorkommt (z.B. nur die 1),
  2. sondern darum, dass eine beliebige der zehn Ziffern 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 oder 9 mehrfach vorkommt

(was nicht ausschließt, dass andere Ziffern auch mehrfach vorkommen wie z.B. in 112233).

Hier ist also die noch zu berechnende Wahrscheinlichkeit im Vergleich mit a. schon erheblich erhöht.

Außerdem sollten wir uns klar machen, dass „mehrfach“ bedeutet: eine beliebige Ziffer kommt

… was die Wahrscheinlichkeit erheblich gegenüber der reinen Dopplung erhöht.

Und noch eins: die mehrfach vorkommende beliebige Ziffer

  1. muss nicht (kann aber) direkt hintereinander vorkommen

(wie z.B. die 1 in 111234 oder 211134 oder 781119),

  1. sondern sie kann auch durch andere Ziffern getrennt sein

(wie z.B. die 1 in 121314 oder 112134 oder 117189).

Auch hier erhöht sich die Wahrscheinlichkeit ganz erheblich.

So langsam ahnen wir vielleicht schon

(bislang ohne jedes Rechnen!),

dass die Wahrscheinlichkeit für das mehrfache Vorkommen einer beliebigen Ziffer nicht so verschwindend klein ist, wie man anfangs vermutet haben könnte.

Um eine Vorstellung von der Wahrscheinlichkeit zu bekommen, mit der in einer sechsstelligen Zahl beliebige Ziffern mehrfach vorkommen, ist es naheliegend, die Liste nochmals auszuwerten:

Daraus folgt:

in 11 von 14 Fällen tauchen Ziffern mehrfach auf, d.h. die relative Häufigkeit dafür ist ≈  0,78 ≈ 0,8 bzw. 80 % !  

Hier wurde nur die relative Häufigkeit bei den ersten 14 Zahlen ermittelt. Diese "Momentaufnahme" kann natürlich auch nur purer Zufall sein, und bei weiteren (in der Gesamt-TAN-Liste 98) sechsstelligen Zahlen kann sich schon ein ganz anderes Bild ergeben

(also z.B. herauskommen, dass mehrfache Ziffern sehr selten vorkommen;

bemerkenswert ist hier schon, dass wir intuitiv

[also ohne Kenntnis des mathematischen „Gesetzes der großen Zahlen“]

wissen:

oder um es mit einem ziemlich verschwurbelten Satz zu sagen:

Dennoch können wir immerhin die Vermutung aufstellen, dass die Wahrscheinlichkeit für das mehrfache Vorkommen einzelner Ziffern ca. 80 % beträgt

und es daher sehr wahrscheinlich ist, dass in den sechsstelligen Zahlen einzelne Ziffern mehrfach vorkommen.

Das aber widerspricht wohl allen anfänglichen Erwartungen - und zeigt, dass uns für anspruchsvollere Zufallsereignisse jegliche Anschauung fehlt.

Weil wir eben nur eine Momentaufnahme aus 14 Zahlen hatten und weil uns für kompliziertere Zufallsereignisse jegliche Anschauung fehlt, bleibt jetzt eigentlich nur noch eine Berechnung der Wahrscheinlichkeit für das mehrfache Auftauchen einzelner Ziffern in sechsstelligen Zahlen.

"Berechnung der Wahrscheinlichkeit [bei einem Zufallsexperiment]" scheint aber doch ein Widerspruch in sich zu sein: wie kann man etwas berechnen, was rein zufällig ist???

Die jetzt eigentlich nötige Berechnung der Wahrscheinlichkeit spare ich mir hier aber, weil es mir hier um einen anfänglich anderen, anschaulichen Zugang zu Mustern geht.

(Nebenbei: in 5 von 14 Fällen kommen sogar mehrere Ziffern jeweils mehrfach vor, also mit einer relativen Häufigkeit von immerhin auch satten ≈ 0,35 bzw. 35 % .)

Dennoch: die Mathematik im engeren (üblichen) Sinne würde natürlich erst mit der Rechnung beginnen

(oder genauer: mit der Aufstellung eines geeigneten Rechenverfahrens).

Zwei weitere TAN-Listen:

Hier fällt auf den ersten Blick auf, dass alle Zahlen mit einer 1 beginnen. Das ist bei einer echten Zufallszahlenliste zwar durchaus möglich, aber doch sehr unwahrscheinlich.

Wenn man außerdem merkt, dass die Liste zeilenweise zu lesen ist, und jetzt mal auf die jeweils zweite Ziffer der TANs schaut, stellt man fest, dass da nacheinander die TAN-Anfänge 11, 12, 13, 14, 15, 16 und 17 vorkommen, was bei zufällig erzeugten TANs zwar auch wieder möglich, aber noch unwahrscheinlicher ist.

So langsam schwant einem

(und bestätigt sich, wenn man genau hinschaut),

dass die TANs streng der Größe nach geordnet sind. Auch das ist bei zufällig erzeugten TANs möglich, aber nun endgültig extrem unwahrscheinlich.

Es sieht also sehr danach aus, dass die Liste

Aber die Liste ist insofern echt, als sie tatsächlich mal von einer Bank ausgegeben wurde. Vgl. .

Wenn man diese Liste erstmals (in diesem Fall spaltenweise) durchliest, bemerkt man vielleicht bereits bei der vierten Zahl eine Wiederholung:

Das wäre bei einer echten Zufallsliste zwar möglich, sollte einen aber doch skeptisch machen.

Und erstmal skeptisch geworden, könnte man nachschauen, ob die Zahl 451849 in der weiteren Liste nochmals vorkommt. Und siehe da:

Wenn man sich nun aber die Liste mal im Hinblick auf alle mehrfach auftauchenden Zahlen anschaut, so ergibt sich:

Da sind

Spitzenreiter ist die Zahl 894894, die geschlagene neun mal auftaucht!

Solch eine fast durchgehende Wiederholung von Zahlen ist nun aber extrem unwahrscheinlich.

Mehr noch:

Insgesamt hat der Autor der Liste anscheinend also nicht nur einzelne sechsstellige Zahlen, sondern sogar ganze Zahlenfolgen sowie Bestandteile von Zahlen kopiert.

(... und der zentrale Fehler des Autors bestand dann darin, das in so früh zu tun, so dass es einem schon bei einem ersten Blick auf die Liste auffällt.)

Auch hier sieht es also wieder sehr danach aus, dass die Liste

Allerdings wurde die Liste niemals von einer Bank ausgegeben, sondern war nur ein (schlechtes) Beispiel. Vgl.


Nochmals zu der obigen Liste

  • 1 - 1 - 1 = Dreier
  • 2 - 1 - 1 = Doppel
  • 3 - 1 - 1 = Doppel
  • 1 - 1 - 2 = Doppel
  • 2 - 1 - 2 = symmetrisch
  • 3 - 1 - 2 = kein Muster?
  • 1 - 1 - 3 = Doppel
  • 2 - 1 - 3 = kein Muster?
  • 3 - 1 - 3 = symmetrisch
  • 1 - 2 - 1 = symmetrisch
  • 2 - 2 - 1 = Doppel
  • 3 - 2 - 1 = absteigend
  • 1 - 2 - 2 = Doppel
  • 2 - 2 - 2 = Dreier
  • 3 - 2 - 2 = Doppel
  • 1 - 2 - 3 = aufsteigend
  • 2 - 2 - 3 = Doppel
  • 3 - 2 - 3 = symmetrisch
  • 1 - 3 - 1 = symmetrisch
  • 2 - 3 - 1 = kein Muster?
  • 3 - 3 - 1 = Doppel
  • 1 - 3 - 2 = kein Muster?
  • 2 - 3 - 2 = symmetrisch
  • 3 - 3 - 2 = Doppel
  • 1 - 3 - 3 = Doppel
  • 2 - 3 - 3 = Doppel
  • 3 - 3 - 3 = Dreier

Auch die "kein Muster?"-Fälle können ein logisches Muster andeuten und damit Anfänge regelmäßiger Reihen sein. Gezeigt sei das hier nur an dem Beispiel "1 - 3 - 2":

Besonders interessant sind da die erste und die dritte Möglichkeit, wenn wir die vorkommenden Zahlen als Nachkommaziffern benutzen:

Halten wir also nochmals fest:

irrationale Zahlen

  • haben hinter dem Komma unendlich viele Ziffern,

  • sind dort nicht (ab einer beliebigen Nachkommastelle) periodisch

,

  • können aber durchaus andere Muster haben, nämlich z.B.

.

(Aber in einem „seriösem“ Mathematikunterricht werden natürlich niemals schnöde Textilmuster durchgenommen.)