Naturkunde und Naturgeschichte
 
 

"[...] Als ich [...] in die Schule ging, [vermittelte mir] [...] der Physik- und Chemieunterricht [...] zwar ein Basiswisse[n] der Naturgesetze, die geschichtliche Entstehung und Bedeutung der grossen wissenschaftlichen Entdeckungen wurde aber leider vernachlässigt.
Ich bin deswegen der Meinung, dass es vor allem in den Schulen an folgendem mangelt:

  • [...] das Wissen der wichtigsten Entwicklungen und Ereignissen des Kosmos, des Lebens, der Entstehung des Menschen, der Errungenschaften der Kultur wie die Erfindung der Sprache, der Schrift, der Mathematik, der Wissenschaft und [deren] grösste[n] Entdeckungen durch Newton, Darwin, Einstein und vor allem der grossen noch bestehenden Rätseln der Wissenschaft und der vielseitigen Problemen der heutigen Welt.
    Solche Themen werden derzeit nach meiner Erfahrung nur sporadisch und oberflächlich behandelt zugunsten von oft langweilig[...] dargestellte[m] Basiswissen.

  • eine grundlegende Einführung in das Studium des Verhaltens von dynamische[n] Systemen in der Natur und in der Gesellschaft, damit die Schüler lernen, in Zusammenhängen zu denken [...]

Zusammenfassend möchte ich hiermit anregen, dass diese Thematik in einem neuen Fach vertieft wird, vielleicht mit dem Namen »allgemeine Naturphilosophie«, [das] neu in den Schulen eingeführt wird [...] mit den vorrangigen Zielen, die Jugend für die Wissenschaft zu begeistern und sie dazu [zu] veranlassen, in der Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen."
(Francisco Berberan, zitiert nach )


"Je mehr ich darüber nachdenke, desto klarer scheint mir, was für ein großer Fehler es war, das Wort Naturgeschichte durch den geistlosen Begriff Biologie zu ersetzen."
(Quelle:  , S. 100)


 

 

Undenkbar, dass heutzutage noch ein Physik- bzw. Mathematikbuch im Titel so philosophisch würde wie Newtons

Was für ein Titel!!!:
Philosophie
und Natur
und Prinzipien
und Mathematik!

Das empfände man heutzutage doch vermutlich als

  • anmaßend

  • oder unwissenschaftlich.

 
 
Nein, es geht mir nicht um den Mythos der "Ganzheitlichkeit", und schon gar nicht will ich leugnen,
 
  1. , dass wir nun mal in Folge der industriellen Revolution (mit all ihren Nach-, aber eben doch auch immensen Vorteilen) immer weiter von der Natur entfernt leben, ja, dass wir ihre beängstigende Allmacht glücklicherweise ein wenig einschränken konnten (wenn sie dann auch manchmal, wenn "der" Mensch allzu überheblich und naiv fortschrittsgläubig wurde, nur um so mehr "zurückschlägt");
  2. , dass Natur(-wissenschaft) nun mal immer komplexer und abstrakter wird: man kann Natur vielleicht direkt wahrnehmen, aber wenn man sie (naturwissenschaftlich) verstehen will, ist Abstraktion unvermeidbar.
 
Schon gar nicht bedeutet Natur irgendwas: so hat z.B. ein schöner Stein
 
 
keine andere (esoterische, astrologische ...) Bedeutung als eben sich selbst und seine eigene Schönheit. Weshalb wir ihn (subjektiv; oder einen Sonnenuntergang "objektiv") schön finden, steht da auf einem ganz anderen Blatt: vielleicht, weil wir Produkte der natürlichen Evolution sind und deshalb unsere "Lebensweltpartner" schön finden (aber weshalb finden dann einige Menschen z.B. Spinnen oder Schnecken ekelhaft?).
 
"a is a is a "
(Gertrude Stein):
 
eine Rose ist nichts weiter als eben "nur" eine Rose. Aber nichts ist sie so sehr wie eben eine Rose (und leider - bzw. typisch entlarvend für Computer - lässt sich hier nicht ihr phantastischer Duft wiedergeben).
Bzw. wenn eine Rose Symbol der Liebe ist, so ist das eine von Menschen vergebene Symbolik (und deshalb - wie die Tradition der katholischen Kirche - ja noch lange nicht schlecht), aber diese Symbolik ist nicht in der Rose angelegt.
 
Wenn all das - fast schon entschuldigend, aber auch, um penetranten Missverständnissen vorzubeugen - gesagt ist, kann ich aber zur anderen Hälfte kommen:
 
wir brauchen (auch und gerade in Schulen) wieder sehr viel mehr Naturkunde und Naturgeschichte oder von mir aus auch "Heimat-" bzw. "Sachkunde"!
 
Gegen die abstrakten Einzelfächer (Physik, Biologie, Chemie; und am wenigsten noch Erd"kunde") muß wieder die "Kunde" mit all ihren Aspekten gesetzt werden:
 
kund: Zu dem unter können behandelten Verb gehört die Partizipialbildung gemeingerm. kunpa - "gewusst, bekannt" [...] Das Adjektiv wird heute fast ausschließlich als Verbzusatz gebraucht, beachte z. B. kundgeben, dazu Kundgebung "Bekanntmachung, Demonstration" (19.Jh.), kundtun, kundwerden. [...] Die Substantivbildung Kunde (die) (mhd kunde, ahd chundi) wird heute gewöhnlich im Sinne von "Nachricht, Botschaft" verwendet. Der seit dem 17. Jh. übliche Gebrauch des Wortes im Sinne von "wissenschaftliche Kenntnis, Lehre" ist wahrscheinlich von niederl. kunde "Kenntnisse, Wissenschaft" beeinflußt, beachte dazu die Zusammensetzungen "Alterturnskunde, Erdkunde, Heilkunde" usw. - Das abgeleitete Verb künden (mhd. künden, kunden, ahd. kundan -bekanntmachen, [an]zeigen ) war im Nhd. lange Zeit ungebräuchlich und wurde erst durch die neuere Dichtersprache wiederbelebt. Beachte dazu die Bildungen ankünden und verkünden, daneben auch ankündigen und verkündigen. Neben "künden" existiert auch die umlautlose Form kunden (mitteld.), beachte bekunden "Zeugnisablegen, aussagen, zum Ausdruck bringen" (18.Jh.; aus der Rechtssprache Niedersachsens) und "erkunden, festzustellen suchen, auskundschaften" (spätmhd. erkunden, erkünden, Kunde zu erlangen suchen, auskundschaften), dazu Erkundung militärisch für "Untersuchung eines Geländes oder feindlicher Stellungen". Die jüngere Form erkundigen ist heute nur noch reflexiv im Sinne von "nachfragen" gebräuchlich, dazu Erkundigung. - Die Adjektivbildung kundig, älter auch "kündig" "erfahren, bewandert, gut unterrichtet, kenntnisreich" (mhd kündec, ahd. chundig "bekannt, klug, schlau") spielt heute hauptsächlich in der Zusammensetzung eine Rolle, beachte z. B. "offenkundig, ortskundig, sachkundig". Das davon abgeleitete Verb kündigen (mhd. kündigen) bedeutete früher "bekanntmachen, kundtun", beachte dazu ankündigen und verkündigen, die neben "ankünden, verkünden" (s. o.) gebräuchlich sind.
 
Am Beispiel des Mondes
 
 
(Aufgang der Erde [!], vom Mond aus gesehen)
 
lässt sich gut klar machen, was ohne "Kunde" falsch läuft: wenn Astronomie und insbesondere Sonnen- und Mondfinsternisse, aber auch die Erzeugung von Ebbe und Flut durch den Mond tagsüber in einem geschlossenen Raum (und fernab des Meeres) durchgenommen werden, bleibt die Mondbewegung völlig abstrakt:
Nun muß man ja wahrhaft nicht "wissen", wie Ebbe und Flut entstehen, und letztlich bleibt - wenn man am Meer sitzt und den Gezeiten einfach nur zusieht - das Wissen um den Zusammenhang mit dem Mond sowieso abstrakt und hübsch uninteressant.
Umgekehrt zerstört das Wissen um den Einfluß des Mondes auf Ebbe und Flut aber auch  keineswegs deren "Romantik" und Naturgewalt.
 
Vielmehr geht es mir um etwas ganz anderes: ohne solches Wissen bleibt die Natur zerrissen und nurmehr bösartig gewalttätig und muß sich der Mensch in ihr völlig verloren, ja, permanent angegriffen fühlen.
 
Das zeigt sich dann insbesondere im Halbwissen über Astronomie: als einziges von all der neuen Heliozentrik (dass die Erde um die Sonne kreist) bleibt dann über, dass der Mensch als Staubkorn am Ende des Weltalls verraten und verkauft ist und einfriert: Naturwissenschaft als Beschämung, Masochismus und Erniedrigung! Da ist mir Mondpoesie
 
An den Mond
 
Füllest wieder Busch und Tal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz;
 
Breitest über mein Gefild
Lindernd deinen Blick,
Wie des Freundes Auge mild
Über mein Geschick.
 
Jeden Nachklang fühlt mein Herz
Froh- und trüber Zeit,
Wandle zwischen Freud' und Schmerz
In der Einsamkeit.
 
Fließe, fließe, lieber Fluß!
Nimmer werd' ich froh;
So verrauschte Scherz und Kuß
Und die Treue so.
 
Ich besaß es doch einmal,
was so köstlich ist!
Daß man doch zu seiner Qual
Nimmer es vergißt!
 
Rausche, Fluß, das Tal entlang,
Ohne Rast und Ruh,
Rausche, flüstre meinem Sang
Melodien zu!
 
Wenn du in der Winternacht
Wütend überschwillst
Oder um die Frühlingspracht
Junger Knospen quillst.
 
Selig, wer sich vor der Welt
Ohne Haß verschließt,
Einen Freund am Busen hält
Und mit dem genießt,
 
Was, von Menschen nicht gewußt
Oder nicht bedacht,
Durch das Labyrinth der Brust
Wandelt in der Nacht.
(Johann Wolfgang Goethe)
 
allemal lieber!
 
(Ich bin halt allergisch gegen die penetrante Selbsterniedrigung des Menschen [oft hautnah an der Selbstüberschätzung], sei´s in der Astronomie, sei´s bei der deutschen Geschichte [sprich Nazizeit], sei´s in Sachen "Dritte Welt" [wir fressen denen andauernd die Schnitzel weg; ja, verdammt noch mal, ist eigentlich je zuvor eine Generation derart in Sippenhaft und unter Kollektivschuld gestellt worden?]. Der Mensch ist immerhin der Wahrnehmende, der Theorien Aufstellende, der Verantwortliche sowie so recht im Sinne der antiken Dramatik [aber eben nicht des penetrant katholischen Schuldspruchs, der wirkungsmächtiger denn je ist und derzeit in archaischen Gottesvorstellungen wieder hochkommt] der unschuldig Schuldige!
 
Hinter der penetranten "Selbst"[???]erniedrigung" des Menschen scheint mir Masche zu stecken: der kapitalistische Konsument ist nur herzustellen, wenn er sich einerseits schämt und all sein Glück als unverdiente Gunst erlebt und ihm andererseits - diametral entgegengesetzt - der Himmel auf Erden versprochen wird; wenn die Erfolge aufs Konto des Kapitalismus [oder gegebenenfalls auch der Naturwissenschaft] und die Misserfolge [Arbeitslosigkeit, Unglück, Einsamkeit] aufs Konto des Einzelnen, Wehrlosen gebucht werden.
 
Ein erniedrigter Mensch ist immer ein potentiell bösartiger, verzweifelt um sich schlagender Mensch.)
 
Was fehlt, ist dreierlei:
 
  1. Kants Zusammenschau von Innen und Außen (leider ohne das Zwischenglied Gesellschaft incl. Freundschaft und Liebe):
 
Kein Wunder, dass das bei solch einem fähigen Musiker wie Nick Cave wieder auftaucht:
 
The starry heavens above me
The moral law within
So the world appears
So the world appears
This day so sweet
It will never come again
So the world appears
Through this mist of tears
  1. Goethes Zusammenschau von Innen und Außen, von Körper und Weltall; vor allem aber seine (ohne jede Überheblichkeit) Betonung des Menschen und seiner Wahrnehmung:

 

Wär nicht das Auge sonnenhaft,
Die Sonne könnt es nie erblicken;
Läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft,
Wie könnt uns Göttliches entzücken.
 
Und welch phantastische Vor- und Wirkungs- und Geistesgeschichte dahinter steckt!:
 
"Wer aber die Schau unternimmt mit einem durch Schlechtigkeit getrübten Auge, nicht gereinigt, oder kraftlos, der ist nicht Manns genug das ganz Helle zu sehen, und sieht auch dann nichts, wenn einer ihm das, was man sehen kann als anwesend zeigt. Man muß nämlich das Sehende dem Gesehenen verwandt und ähnlich machen, wenn man sich auf die Schau richtet; kein Auge könnte je die Sonne sehen, wäre es nicht sonnenhaft; so sieht auch keine Seele das Schöne, welche nicht schön geworden ist." Enneade 1.6.43; Zitat von Plotin, * um 205 in Lykopolis (in ägypten), † bei Minturnae (Kampanien) 270, griech. Philosoph. Hauptvertreter des Neuplatonismus. Kernstück seiner Philosophie ist die Lehre von dem unkörperlichen, völlig eigenschaftslosen Einen, aus dem alles Seiende durch Ausstrahlung oder Emanation hervorgeht. Ausbildung in Alexandria; 242 Teilnahme an einem Feldzug des Kaisers Gordianus gegen die Perser, um die indische und persische Philosophie kennenzulernen; 244/245 in Rom, dort Gründung seiner philosophischen Schule. Der Titel des Werks (Enneaden - Neunheiten: sechs mal neun Abhandlungen sind zusammengestellt) stammt von Plotins Schüler und Biographen Porphyrius.
Neuplatonismus, philos. Richtung der griech. Spätantike (3.-6. Jh.) mit dem Ziel der Wiederaufnahme der Philosophie Platons in Verbindung mit aristotelischen und stoischen Motiven. Der N. beginnt etwa mit Ammonios Sakkas (* um 175, † um 242; Lehrer Plotins) und hat seinen Höhepunkt im umfassenden Stufensystem der Welt Plotins. Einfluß auf die christliche Mystik und die Scholastik.
Lichtmetaphysik, jede Form der Metaphysik - zumeist dualistisch konzipiert -, die behauptet: Es gibt eine ‹eigentliche›, ‹höhere› oder ‹wahrere› Form des Seins, und dieses Sein muß als Lichtquelle (oder als das Licht selbst) verstanden werden, die die ‹uneigentlichen›, ‹niedrigeren› oder ‹unwahren› Formen des Seins ‹beleuchtet›. Ein Beispiel für L. ist die Ideenlehre Platons. - Vgl. Illuminationstheorie.
Zur breiten Wirkungsgeschichte der Gedanken Plotins seien einige Beispiele gegeben: Von seinen Gedanken rühren Goethes Verse in seinen Zahmen Xenien: "Wär nicht das Auge sonnenhaft,/ die Sonne könnt es nie erblicken;/ läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft,/ Wie könnt uns Göttliches entzücken?"
(Im übrigen ging aber Goethe nicht so weit wie einige mystische Zeitgenossen, die die Fähigkeiten des Subjekts übersteigern und die Rangfolge umkehren oder in Identitätssystemen unkenntlich machen, ja er wehrte sie sogar als ungemäß ab: "Goethe, der von sich selber sagte: Ich bin als ein beschauender Mensch ein Stockrealiste, so daß ich von allen den Dingen, die sich mir darstellen, nichts davon und nichts dazu zu wünschen imstande bin, machte eines Tages auf den jungen Schopenhauer mit der nachfolgenden Bemerkung einen frappierenden Eindruck, den Schopenhauer also wiedergibt: Dieser Goethe war so ganz Realist, daß es ihm durchaus nicht in den Sinn wollte, daß die Objekte als solche nur da seien, insofern sie von dem erkennenden Subjekt vorgestellt werden. Was!, sagte er mir einst, mit seinen Jupiteraugen mich anblickend, das Licht sollte nur da sein, insofern Sie es sehen? Nein! Sie wären nicht da, wenn das Licht Sie nicht sähe!"
Bereits zu Meister Eckhart liegt die Auffassung, daß er der Auffassung einer dialektischen Verschmelzung von Gott und Mensch in der ursprünglichen Beschauung das Wort geredet habe, nicht ganz fern: (Vergleiche Meister Eckhart - Die deutschen und die lateinischen Werke. Hrsg. im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die deutschen Werke. Hrsg. und übersetzt von J. Quint. Bd. 1. Predigten. Bd. 1, Stuttgart 1958, Predigt 12: Qui audit me. 201: "Daz ouge, dâ inne ich got sihe, daz ist daz selbe ouge, dâ inne mich got sihet; mîn ouge und gotes ouge daz ist éin ouge und éin gesiht und éin bekennen und éin minnen." [...] 
Hegel zitiert Meister Eckhart in seinen Vorlesungen zur Philosophie der Religion in folgender Weise: "ältere Theologen haben diese Tiefe [des religiösen Begreifens; der Verf.] auf das Innigste gefaßt, besonders aber katholische; in der protestantischen Kirche sind Philosophie und diese Wissenschaft ganz auf die Seite gesetzt worden. Meister Eckhart, ein Dominikanermönch des 14. Jahrhunderts, sagt unter anderem in einer seiner Predigten über dies Innerste: "Das Auge, mit dem mich Gott sieht, ist das Auge mit dem ich ihn sehe; mein Auge und sein Auge ist [!] eins. In der Gerechtigkeit werde ich in Gott gewogen und er in mir. Wenn Gott nicht wäre, wäre ich nicht; wenn ich nicht wäre, so wäre er nicht. Dies ist jedoch nicht Not zu wissen, denn es sind Dinge, die leicht mißverstanden werden und die nur im Begriff erfaßt werden können." (Hervorhebung nicht im Original.) Der letzte Halbsatz wird durch Hegel Meister Eckhart wohl unterlegt.
Neben dem Motiv des Auges und der Gottursprünglichkeit des Sehens drängt sich also in der Rezeptionsgeschichte entsprechend der übrigen Wissenschaftsgeschichte das Interesse an der Kausalität in den Vordergrund. Es sollte nicht vergessen werden, daß nach der traditionellen Lehre von den Attributen Gottes - angesichts seiner Absolutheit und Vollkommenheit und unveränderlicher Ewigkeit - der aus menschlicher Sicht dominierende Unterschied zwischen (Schöpfungs-) Freiheit und  kausaler Notwendigkeit keinen Widerspruch darstellen soll. Daher trifft der Vorwurf menschlicher Hybris des Endlichen auch die neuere Rezeption nicht: Über den einmal geschaffenen Menschen wird unter gedanklich höchstem Aspekt gesprochen, nämlich insofern er Teil des göttlichen Plans ist. Insofern ist er nicht mehr wegdenkbar. Übrigens muß aus diesem Grund  bei Plotin auch das Denken über das Eine (besser: in dem Einen) mehr als nur emotional oder rational oder im endlichen Widerspruch befangen sein, sondern es muß darüber erhoben sein zu einem Sein höheren Grades [...].
Aus ähnlichen Gedanken schöpft wohl auch Angelus Silesius : (v. 1657) Gott lebt nicht ohne mich: "Ich weiß, daß ohne mich Gott nicht ein Nun kann leben,/ Werd' ich zunicht', er muß von Not den Geist aufgeben." Das Bildnis Gottes: "Ich trage Gottes Bild: Wenn er sich will besehn,/ So kann es nur in mir, und wer mir gleicht, geschehn."
Nicht hier ausgeführt werden kann, aber angedeutet werden sollen hier die wichtigen, weiter  verwandelnden Reflexe des Motivs in Sartres Theorie des Blicks in Lêtre et le Néant, Paris, Gallimard 1943, S. 310ff. Hier werden der Blick und seine Dialektik hinsichtlich der Erscheinungsformen des Zwischenmenschlichen ausgewertet.    
(Hans-H. Fortmann, 1994)

 

  1. Naturgeschichte im Sinne von Plinius dem älteren:
HISTORIA NATURALIS
(lat.; Naturgeschichte). Naturwissenschaftliche Enzyklopädie in 37 Büchern von Plinius dem älteren,  zuerst im Jahre 77 erschienen; eine erweiterte Fassung bald nach dem Tod des Autors von seinem Neffen Plinius dem Jüngeren, herausgegeben. - Das Riesenwerk des Plinius sollte eine Übersicht über den gesamten Wissensstand seiner Zeit in sämtlichen Disziplinen der Naturforschung ver­mitteln. Mit Ausnahme des ersten Buches, das neben einer kurzen Vorrede mit Widmung an den  Flavierkaiser Titus detaillierte Inhalts- und Quellenverzeichnisse zu jedem einzelnen Buch gibt, fol­gen die Bücher im Aufbau den Wissensgebieten: Astronomie und  Kosmologie (Buch 2), Geogra­phie und Ethnologie (Buch 3-6), Anthropologie und menschliche Physiologie (Buch 7), Zoologie (Buch 8-11) Botanik (Buch 12-19), Pharmakologie (Buch 20) bis 32), Mineralogie, Metallurgie, Lithurgie sowie deren Nutzung für die bildende Kunst (Buch 33-37). Die Anordnung des Stoffs innerhalb der einzelnen Bücher ist von den jeweiligen Quellen abhängig: Sie ist entweder organisch, wenn sich die Übernahme einer vorgefundenen Gliederung anbot, oder additiv, indem einfach die Angaben der verschiedenen Vorlagen aneinander­ gereiht werden. Insgesamt wurden so nahezu 500 Autoren verarbeitet, und zwar rund 100 Primär­quellen (sog. auctores  exquisiti) und fast 400 Sekundärquellen. Im Gegensatz zur sonstigen anti­ken Praxis werden sie alle namentlich angegeben, denn die "Plagiatoren" und geistigen »Plünderer« sind dem Verfasser - man vergleiche die Vorrede - verhaßt.
Ehrgeiz und Leistung des Autors bekunden sich vor allem im Umfang des in seiner Art grandiosen Werks. Der Stolz auf die Einzigartigkeit seines Mammutunternehmens spricht aus Plinius, wenn er mit gewollt provozierender Bescheidenheit in der Vorrede gerade die bekannte Wendung »meas nugas« (»meine winzigen Kleinigkeiten«) seines Landsmannes Catull für das eigene Werk in Anspruch nimmt. So beschließt er es denn auch mit einem unüberhörbaren Stoßseufzer: »Sei mir gegrüßt, Natur, Ursprung aller Dinge, nachdem ich dich als einziger Römer in allen deinen Disziplinen verherrlicht habe« (37, 205). - Die Naturgeschichte ist aber trotzdem mehr als nur das Resultat eines immensen Fleißes; sie ist zugleich Summe und Bilanz eines für die Antike höchst merkwürdigen Gelehrtenlebens. Die erhaltenen Zeugnisse (ein Abschnitt aus SUETONS Biographie und zwei Briefe des Neffen) belehren uns, daß der Berufsoffizier und spätere Flottenkommandant Plinius einer der belesensten und meistgereisten Männer des Alter­tums war. Jede freie Stunde - auch die Zeit während des Essens, im Bade und in der Sänfte - soll er der Lektüre und dem stets daran anschließenden Exzerpieren des Gelesenen gewidmet und so schließlich ein Notizenkonvolut von 160 beidseitig beschriebenen Buchrollen hinterlassen haben - wohl das Ausgangsmaterial für sein Lebenswerk. Dieses erweckt freilich den Anschein, als hätte er über dem Lesen das Denken und Beobachten vernachlässigt und mehr in den Büchern als in der Natur selbst gelebt. Jedenfalls steht er seinen Quellen absolut unkritisch gegenüber, es fehlen ihm alle Einsicht und Übersicht, die ihn befähigt hätten, das Wesentliche vom Unwesentlichen oder auch nur das offenkundig Unsinnige und Monströse vom Evidenten und Vernünftigen zu scheiden. Bis in den Stil und die Weltanschauung hinein setzt sich jeweils die blinde Abhängigkeit von der Quelle fort.
Aber gerade auf dieser Unselbständigkeit und Quellentreue beruht heute, da die meisten der be­nutzten Schriften verloren sind, der Hauptwert des kompilatorischen Sammelwerks. In mancherlei Hinsicht kann es uns einen praktisch authentischen Einblick in sonst dunkel gebliebene Seiten der anti­ken Kultur verschaffen. Dies gilt im besonderen für einen Abriß der alten Kunstgeschichte, in dem Plinius fast 200 in Rom befindliche Statuen und Gemälde aufführt, und für die pharmakologischen Teile, die einerseits bis zur Medicina Plinii (erste Hälfte des 4. Jh.s) und ins spätere Mittelalter hin­ein den Grundstock für umfassende medizinische Darstellungen abgaben, andererseits die Kontinuität heilkundlicher Tradition bis zu den frühen Griechen zurück sicherten.
(entnommen dem "Kindlers Neues Literaturlexikon"; die einseitige, arrogant moderne Verurteilung des "Unsinnige[n] und Monströse[n]" sei dabei mal vergeben)
 
Das allemal Interessanteste an diesem Buch ist eben das Verständnis der Natur als Geschichte: damals natürlich noch nicht im Sinne von darwinscher Evolution, sondern im Sinne von Entdeckungsgeschichte (begeistertes Staunen über das eigene und ererbte Wissen).
 
Kaum etwas im Leben hat mich (schulisch gesehen) so beeindruckt wie
  1. , was man damals, in meiner Grundschulzeit, "Heimatkunde" nannte und was heute wohl lächerlich abwertend "Sachkunde" heißt;
welche Feigheit, es nicht mehr "Heimatkunde" zu nennen, welche Resignation gegenüber den Rechtsradikalen und der wahrhaft bitteren Heimatmusik-Verscheißerung. Es ist wahrhaft schlimm, dass man den Reaktionären (und den allemal rechtsradikalen Studentenverbindungen) die Heimat und Geborgenheit überlässt. Denn immerhin war es ein hübsch Linker (Ernst Bloch), der sein grandioses (grandios menschliches) Buch "Das Prinzip Hoffnung [!!!]" mit folgendem Satz beendet hat:

 

"Die Wurzel der Geschichte aber ist der arbeitende, schaffende, die Gegebenheiten umbildende und überholende Mensch. Hat er sich erfaßt und das Seine ohne Entäußerung und Entfremdung in realer Demokratie begründet, so entsteht in der Welt etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat."
  1. der Erdkundeunterricht in der Oberstufe (bei einem Lehrer, dessen Namen ich leider vergessen habe) zum Thema "von der Nordsee bis zum Mittelgebirge": da habe ich enorm viel gelernt, z.B., warum Wellen immer parallel zum Strand ankommen und jene Riffel im Sand bilden!
 
Zuguterletzt: abgesehen von der Ästhetik der allemal wichtigen innermathematischen Logik muß Mathematik gerade hier, in der NaturKUNDE, ihren Platz finden.