Ordnung ist das halbe Leben
 

... und Chaos, Kreativität und Spaß sind die andere Hälfte
 

"Wer Ordnung hält, ist nur zu faul zum Suchen."

Ich rede hier nicht "von oben herab", sondern aufgrund eigener "leidvoller" Erfahrungen

(aber man kann [darf?] anderen [SchülerInneN] wohl kaum eigene Erfahrungen ersparen).

  "Jemandem ein X für ein U vormachen

Im lateinischen Alphabet steht für U das V, das zugleich Zahlzeichen für »fünf« ist. Dieses V ist ein halbes X, das für »zehn« steht. Die Wendung bedeutet also ursprünglich, dass jemandem - beispielsweise auf der Schuldentafel - doppelt so viel berechnet wurde, wie er eigentlich zu zahlen hatte. Im umgangssprachlichen Gebrauch hat die Wendung die Bedeutung »jemanden [eventuell auch sich selbst!] auf plumpe, grobe Weise täuschen« [...]"

(Brockhaus multimedial 2002)

Es ist mir nur allzu bewusst, dass ich häufig

  1. meine eigene Schrift nicht lesen konnte und mir daher oftmals ein x für ein u oder genauer ein x für ein y vorgemacht habe

(wenn irgendjemand kompetent über eine miserable Handschrift mitreden kann und darf, dann ich!),

  1. sowieso dazu neige, mich andauernd zu verrechnen,

  2. Aufgaben bereits falsch abschreibe und somit von Anfang an klar ist, dass ich nie zu einem richtigen Ergebnis kommen werde,

  3. in längeren Rechnungen Teile völlig vergesse oder übersehe,

  4. mich sowieso verheddere, wenn ich keine Zwischenschritte oder aber wenn ich mehrere komplexe Rechenschritte auf einmal mache.


Vor einiger Zeit hatte ich die Ehre, bei einer Nachprüfung Der Große Vorsitzende zu sein. Und da war es doch fast schon tragisch, wie der zu prüfenden Schülerin wegen schlampiger Schreibweise jede Rechnung gründlich den Bach runter ging.

Immerhin hat aber die Prüfungskommission doch noch bemerkt, dass hinter all den falschen Rechnungen viele richtige Ideen steckten.

(Die Schülerin hat also die Nachprüfung dennoch bestanden.)


Ich befürchte also, dass in der Mathematik

(oder zumindest beim Lösen von Standardaufgaben)

eine gewisse Zucht & Ordnung & Sauberkeit

(also Spießer- bzw. sogar Sekundärtugenden, mit denen man auch ein KZ betreiben kann!?)

unabdingbar ist.

(Ojemine, wie weit ist es mit mir gekommen!)

Und so einige SchülerInnen werden sich selbst zu solcher Ordnung zwingen müssen, denn sie brauchen diese nicht für den Lehrer (dass z.B. er ihre Schrift lesen kann), sondern für sich selbst (damit sie ihre eigene Schrift lesen können).


Fangen wir mit 1. an, also einer (für einen selbst!) unleserlichen oder schlampigen Schrift:

Früher habe ich bei handschriftlichen Rechnungen für die beiden Variablen x und y immer (wie hier) die Druckbuchstaben benutzt. Folge war, dass ein y

und bald habe ich selbst es für ein x gehalten. Damit blieb nur noch eine Variable, nämlich x, übrig, waren also die Funktionen, um die es ging, futsch.

Als Konsequenz aus diesem mehrfach aufgetretenen Fehler habe ich mich gezwungen,

Oder ein anderes Beispiel für unsaubere Schreibweise:

(und das ist nicht nur ein [einmaliger] Rechenfehler, sondern zeugt oftmals vom völligen Unverständnis der Potenzrechnung, die mit der Multiplikation verwechselt wird).


Zu 2., also den leidigen Rechenfehlern

(wenn diese oftmals auch nicht auf Unordnung, sondern auf mangelnden Rechenfähigkeiten oder mangelnder Konzentration beruhen: ich z.B. verrechne mich häufig, weil's mir ums Prinzip, nicht aber um schnöde Ergebnisse geht).

Man kann wohl kaum vermeiden, dass einem Rechenfehler unterlaufen, wohl aber (teilweise), dass man die falschen Ergebnisse fälschlich für der Weisheit letzten Schluss, d.h. für richtig hält:

  1. eigene Rechnungen nochmals hyperkritisch nachrechnen und dabei immer überlegen: "Was wollte ich eigentlich - und was habe ich tatsächlich [evtl. gegen meine Absicht] getan?"

  2. die Probe machen, also das Ergebnis aus der letzten Zeile nochmals in die erste einsetzen;

  3. falls eine Textaufgabe vorliegt: überlegen, ob das Rechenergebnis überhaupt sinnvoll ist.


Zu 3., also dem falschen Abschreiben von Aufgaben:

Im Matheunterricht und in Mathearbeiten ist es üblich, zu allererst die Aufgaben (an die Tafel, ins Heft) abzuschreiben.

Der gute Grund dafür scheint mir zu sein, dass man damit nicht mehr permanent zwischen Aufgabenquelle (Buch, Aufgabenblatt) einerseits und Tafel bzw. Heft andererseits hin- und herspringen muss, sondern "alles beisammen" hat und sich damit voll auf eine Sache konzentrieren kann.

In der Tat ist dieses erste Abschreiben aber (auch für mich!) eine latente Fehlerquelle, und deshalb habe ich es mir angewöhnt, nach dem Abschreiben nochmals minutiös zu überprüfen, ob ich wirklich auch das scheinbar hinterletzte Detail korrekt abgeschrieben habe.

(... und es ist in der Mathematik nunmal so, dass das Weglassen bzw. die Veränderung auch des unscheinbarsten Details [z.B. eines Exponenten oder eine Klammer] zu einer völlig anderen - und ggf. unlösbaren - Aufgabe führt).

Bei solch einer minutiösen Überprüfung fahre ich sogar mit zwei Fingern an Original und Kopie entlang und spreche dabei (wie ein Betrunkener) laut (mit mir selbst).


Zu 4., dass man also in längeren Rechnungen Teile völlig vergisst oder übersieht

(bzw. eine Aufgabe systematisch verstümmelt; vgl. etwa die schillernde Standardaufgabe "Vereinfache!": da "einfach" oftmals subjektiv ist, erfüllen einige SchülerInnen diese Aufgabe durchaus, indem sie einfach [!] Sachen weglassen [z.B. brachial wegkürzen], bis am Ende nur noch z.B. eine in der Tat einfach 2 da steht):

Hier habe ich für mich zwei Verfahren entwickelt:

  1. schreibe ich alle Rechenschritte und auch die Details (z.B. Rechenzeichen) möglichst genau untereinander (hier anfangs/links farbig markiert):

Bild

(wobei hier der Sinn solch einer Aufgabe ebenso wenig diskutiert werden soll wie die Frage, ob die Aufgabe besonders intelligent-ökonomisch gelöst wurde).

  1. schreibe ich immer erst das aus der Zeile drüber ab, was ich noch nicht verändern möchte (damit ist es schon auf einer "sicheren Bank"), und fülle dann erst die Lücken mit dem auf, wo ich gerade etwas verändere:

Bild

(Nebenbei: ich habe mir - höchst ungewöhnlich - angewöhnt, auch rechts Gleichheitszeichen zu setzen. Damit ist für mich deutlich, dass die Terme nicht wegen allzu großer Länge in der nächsten Zeile weitergehen.)


Zu 5., also Zwischenschritten:

Wie viele Zwischenschritte man wirklich braucht, um korrekt zu rechnen, ist natürlich subjektiv:

(z.B. oben (8x)2 = (8x)●(8x) = 8 ● x ● 8 ● x = 8 ● 8 ● x ● x = 82 ● x2 = 64x2),

(z.B. oben (8x)2 =                                                                                   64x2).

Oftmals ist es aber so, dass SchülerInnen sich überschätzen und ihnen daher dringend zu empfehlen ist,

  1. mehr Zwischenschritte einzulegen

  2. und nicht mehrere Rechnungen gleichzeitig durchzuführen.

Das ist natürlich vordergründig erheblich mehr Schreibarbeit, beugt aber Rechenfehlern vor - und ist somit letztlich doch eine Arbeitserleichterung.

(Kommt hinzu, dass man einer ausführlicheren Rechnung im Nachhinein besser ansehen kann, wo ein eventueller Fehler unterlaufen ist.)

Der Extremfall (zumindest bei einfacheren Aufgaben) ist, dass man sämtliche Zwischenrechnungen weglässt und nur das fertige Endergebnis hinschreibt.

... was allerdings fatal ist, wenn das Endergebnis falsch ist:

in Mathearbeiten bekommt man dann keinen einzigen Punkt, während man trotz eines Fehlers für jede richtige

sehr wohl Punkte bekommen hätte.

(Und nochmals: wenn nur das falsche Endergebnis da steht, kann man auch nicht rausfinden, wo der Denkfehler unterlaufen ist.)

Kommt hinzu, dass es in Mathearbeiten meist eh verboten ist, nur das Endergebnis hinzuschreiben, denn das hätte man durch "Abgucken" vom Nachbarn erhalten können, während es schon erheblich schwieriger ist, eine längere Rechnung beim Nachbarn abzuschreiben.

Meist ist aus dem Vorunterricht halbwegs (?) klar, welche Zwischenschritte verlangt werden und welche man weglassen kann.