und die Quadratur des Kreises ist doch möglich:

Vgl. auch


"Und sie [= die Erde] bewegt sich doch."
(Galilei [in den Mund gelegt])

Mit "Quadratur des Kreises" ist ein geometrisches Verfahren gemeint, mit dem man zu einem gegebenen Kreis ein Quadrat mit gleichgroßer Fläche konstruieren kann.

Keine Ahnung, was man davon "hat", aber

"Die Quadratur des Kreises gehört zu den populärsten Problemen der Mathematik. Jahrhundertelang suchten neben Mathematikern auch immer wieder Laien vergeblich nach einer Lösung. Der Begriff Quadratur des Kreises ist in vielen Sprachen zu einem Symbol für eine unlösbare Aufgabe geworden."
(Quelle: )

"unlösbare Aufgabe", denn

"Ferdinand von Lindemann konnte 1882 schließlich beweisen, dass π nicht algebraisch, sondern transzendent ist [was hier nicht erklärt werden soll]. Deshalb ist p [...] nicht konstruierbar und die Quadratur des Kreises unmöglich."
(Quelle: )

Nun ist der Volksmund aber keineswegs so rigide, wie es mit

"Der Begriff Quadratur des Kreises ist in vielen Sprachen zu einem Symbol für eine unlösbare Aufgabe geworden."

behauptet wird. Nur ein Beispiel:

.

Da erscheint die Quadratur des Kreises zwar als enorm schwierig, aber dennoch möglich

(sie ähnelt dem Zerschlagen des gordischen Knotens:

 

).


Ist also vielleicht auch mathematisch die Quadratur des Kreises möglich

(allerdings "mit unkonventionellen Mitteln")?

Nun ist es natürlich müßig, einem mathematischen Beweis

(im vorliegenden Fall dem Lindemanns)

zu widersprechen

(es gibt genug einsame Spinner, die behaupten, Methoden zur Quadratur des Kreises und anderen mathematischen Unmöglichkeiten gefunden zu haben; vgl. etwa   ).

Aber


"there's a crack in everything,
that's how the light get's in"
(Leonard Cohen)

Hat Lindemanns Beweis also vielleicht solch einen "crack"? Erstaunlicherweise ist das tatsächlich der Fall: dieser Beweis beweist eben nur die Nicht-Konstruierbarkeit der Kreisquadratur mit den Lieblingsspielzeugen schon der alten Griechen, nämlich Zirkel (= dem perfekt Runden) und Lineal (= dem perfekt Geraden).


Nun gibt es andere klassische geometrische Probleme, die nachweislich auch nicht mit Zirkel und Lineal lösbar sind:

"Der Legende nach befragten die Bewohner der Insel Delos (Griechenland) während einer Pestepidemie ihr Orakel um Rat. Das forderte sie auf, das Volumen des würfelförmigen Altars im Tempel des Apollon zu verdoppeln. Für damalige Mathematiker bedeutete dies, dass die Seitenlänge eines Würfels mit dem doppelten Volumen unter ausschließlicher Verwendung von Zirkel und Lineal konstruiert werden sollte."
(Quelle: )

Natürlich war die Aufgabe des Orakels gemein: da die Würfelverdopplung nicht möglich ist, hörte auch die Pest nicht auf.

(Nebenbei: der Beweis der Unmöglichkeit der Würfelverdopplung durch Évariste Galois erfolgt wie der Beweis, dass die Quadratur des Kreises unmöglich ist, algebraisch, obwohl doch [zumindest auf den ersten Blick] ein rein geometrisches Problem vorliegt. Und das finde ich doch allemal erstaunlich!)

Die Winkeldreiteilung und die Würfelverdopplung sind also zwar nicht mit Zirkel und Lineal, sehr wohl aber

(was ich leider allzu lange nicht wusste)

mit der Papier-Falttechnik "Origami" möglich.

Man kann also fragen, ob vielleicht auch die Qudratur des Kreises "immerhin" mittels Origami möglich ist.

Die Antwort ist da allerdings "zwiespältig":

 

(Wie die Quadratur des Kreises durch "nichtgradlinige Falze" konkret aussieht, konnte ich aber auf die Schnelle nicht rausfinden.)


Es gibt allerdings auf einem anderen "unkonventionellem Weg" sehr wohl eine Lösung für die Quadratur des Kreises, und zu dieser Lösung bedurfte es wohl des Megagenies Leonardo da Vinci:

Der Hintergrund:

Vitruv hat seine Proportionevorstellungen allerdings nur schriftlich festgehalten, und verschiedene Künstler haben seine Vorschläge schon vor Leonardo visuell umzusetzen versucht:

Die Besonderheit von Leonardos Skizze, die dann wohl auch zu ihrem Erfolg beigetragen hat, liegt aber darin, dass er den Menschen in zwei Körperhaltungen gleichzeitig, nämlich

gezeichnet hat. Was da im Bild gleichzeitig erscheint, wäre aber eigentlich nur durch Bewegung nacheinander möglich, was der Zeichnung wohl ihre besondere Dynamik gibt, die ein Tätowierkünstler schön erkannt und weitergedacht hat:

(Mit der Darstellung

in einem Bild [Foto] war Leonardo seiner Zeit weit voraus: erst 400 Jahre später hat Picasso mit "sowas" experimentiert:

Da sieht man das Gesicht der Frau gleichzeitig von vorne und von der Seite . Aber es ist sogar noch merkwürdiger: während diese Gesichtshälfte nach

[vom Betrachter aus gesehen]

rechts schaut, schaut ihr Auge nach links, wodurch man die Frau sogar von drei Seiten gleichzeitig sieht

[keine Ahnung, was das "soll"; und wie sagte mein Vater so schön?: "Picasso konnte nichtmal »richtig« malen."])

Leonardo hat noch einen kleinen Trick benutzt:

wenn der Oberkörper des dargestellten Menschen bei der oben dargestellten "Bewegung" fest bzw. identisch bleiben soll, müssen seine geschlossenen Beine tiefer nach unten reichen als seine gespreizten Beine, woraus folgt: während der Mittelpunkt des Kreises im Bauchnabel liegt, befindet sich der Mittelpunkt des Quadrats etwas tiefer beim Schniedelwutz

(womit ein Mann vollständig definiert ist),

was bei mir den Eindruck erweckt, der dargestellte Mensch würde abheben:


"Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügrl aus"
(Joseph Freiherr von Eichendorff)

(Bemerkenswert ist auch, dass in beiden Positionen jeweils ein Fuß nach vorne, der andere aber zur Seite zeigt. Die zur Seite zeigenden Füße sehen dabei aus, als wenn der Mensch ginge

 ,

was in meinen Augen den Eindruck der Dynamik noch erhöht.)

Nun kann man schon mit bloßem Augenmaß erkennen

,

vor allem aber durch kurzes Nachmessen an Leonardos Zeichnung und knappe Rechnungen herausfinden, dass sein Kreis keineswegs exakt dieselbe Flächengröße hat wie sein Quadrat, sondern ein wenig größer (ca. 1,2 mal so groß) ist

(es läßt sich zeigen, dass das durchaus Leonardos Absicht war und keineswegs nur mangels eines Verfahrens zur Quadratur des Kreises geschah: ).

Mir scheint sowieso, dass sich Leonardo mit seinem Kreis und Quadrat

(einem mathematischen Problem, das ihm aber vermutlich durchaus bekannt war).

Dennoch scheint er mir aber bewusst eine Quadratur des Kreises zu suggerieren.

Man könnte ihm da also eine Vorspiegelung falscher Tatsachen vorwerfen.

Aber solch ein Vorwurf ist nur dann denkbar, wenn man die Mathematik zum einzigen Maßstab hochstilisiert: mathematisch gesehen ist Leonardos Bild

(wenn es denn überhaupt eine Quadratur des Kreises zeigen soll)

einfach nur falsch, aber das ist ja im Hinblick auf Kunst ein seinerseits falsches (!) und unsachliches Argument.


Leonardos Skizze ist zu einer Ikone der (Populär-)Kultur geworden:

 

Interessant ist auch die 3D-Version, also die "Würfelur der Kugel":

 

(Ich kenne nur wenige andere "klassische" Bilder, die derart zu internationalen [?] Ikonen geworden sind: )

Fragt sich nur, warum Leonardos Skizze so weltberühmt geworden ist. Ohne nun über Geschmack (Ästhetik) streiten zu wollen, liegt es vielleicht doch vor allem daran, dass Leonardo tatsächlich

(wenn auch in nichtmathematischem Sinn)

die Quadratur des Kreises gelungen ist!

(Dabei ist es unerheblich, ob der Betrachter [Laie] das mathematische Problem der Quadratur des Kreises überhaupt kennt.)


Ist Leonardo die Quadratur des Kreises gelungen - oder Gott?

Keine Ahnung, inwieweit Leonardo (christ-)gläubig war, aber für einen Menschen seiner Zeit war es fast unvorstellbar, dass er nicht "irgendwie doch noch" gläubig war

(wenn auch die Renaissance, deren prominenter Teil Leonardo ja war, sich gerade nicht mehr allein auf [Glaubens-]Autoritäten verlassen wollte).

Wenn es also stimmt, dass Leonardo

"eher an den Proportionen des Menschen orientiert und [...] gar nicht an einer echten [= mathematischen] Quadratur des Kreises interessiert"

war, und wenn der Mensch nunmal eine Schöpfung Gottes war, dann hat Leonardo "nur" auf geniale Weise auf den Punkt gebracht, was Gott in seiner unendlichen Weisheit geschafft hat: die Quadratur des Kreises (Menschen).

Nicht Leonardo, sondern der allmächtigen Gott hat dann die absolute Perfektion erschaffen.

Der Mensch kann dann diesem Gott dankbar, aber auch stolz auf seine eigene Perfektion sein: ein neues Selbstbewusstsein in der Renaissance, das auch in Dürers Selbstbildnis deutlich wird, das in damals geradezu blasphemischer Art in typischer Christus-Manier gemalt ist

(... wobei es bemerkenswert ist, dass auch Dürer ein geometrisches Element der Perfektion, nämlich den Goldenen Schnitt, benutzt hat; und Leonardo hat diesen ebenfalls benutzt:

Mit dem Goldenen Schnitt wird - nebenbei gesagt - ein höchst interessantes weiteres Unterrichtsprojekt deutlich:   )

Nochmals dazu, dass Leonardo vielleicht

"eher an den Proportionen des Menschen orientiert und [...] gar nicht an einer echten [= mathematischen] Quadratur des Kreises interessiert"

war: dann

(... wobei der von Leonardo gezeichnete Mensch vielleicht auch idealisiert ist, um überhaupt in Kreis und Quadrat zu passen; also etwa so, wie antike Statuen keine realen Menschen zeigen, sondern nach dem Goldenen Schnitt konstruiert sind: ).

Dass aber der Mensch Kreis und Gerade nicht entdeckt

(vgl. die platonischen "Ideen"),

sondern erfindet, ist ein ungemein moderner Gedanke!

 


Das Bild

ist also echte Renaissance:

Der Mensch

(das Universalgenie Leonardo da Vinci selbst?)

wird da

(solange noch ein Schöpfergott mitgedacht ist)

zur Krone der Schöpfung bzw. zu deren höchstem Ziel: ein teleologischer Anthropozentrismus, der später dann wieder gründlich zerstört wurde:


(wobei der Satz "Die Krone der Schöpfung, das Schwein, der Mensch" ursprünglich von Gottfried Benn stammt)

Und doch bleibt, wie die ungebrochene Popularität von zeigt, der enorme Anspruch "Der Mensch ist das Maß aller Dinge" als weitere Denkmöglichkeit unverändert präsent

(z.B. auch, weil der Mensch zwar nicht mehr das Zentrum der Welt

ist, auf das Gott seine gesamte Schöpfung ausgerichtet hat, aber vermutlich doch das bislang einzige bekannte Wesen ist, das die Welt ansatzweise verstehen kann, d.h., dass die Welt überhaupt erst in seinem Kopf "zusammenwächst").

Überhaupt bleibt jeder Mensch "das Maß aller Dinge", weil er notgedrungen egozentrisch ist, nämlich die Welt nur aus seiner subjektiven Perspektive sehen kann:

> > :

eine Subjektivität, die in den Schul-Naturwissenschaften fast nie vorkommt und doch durch die Quantentheorie "re-inthronisiert" wurde

(die allerdings insbesondere in esoterischen Kreisen für jeden Blödsinn herhalten muss:

   

  und  wirklich zum Schreien blöd ):



Was dieser Aufsatz eigentlich "soll"? Er will zeigen,


PS:


Andere berühmte Gemälde, die ebenfalls zu Ikonen wurden:

    1. natürlich [auch von Leonardo]:

 

                 ,

    1. : ebenfalls von Leonardo:

[= die Emanzipation der Apostelinnen oder doch wohl eher nur ein feuchter Männertraum und billiger Werbegag für Jeans],

    1.       und genial auf den Punkt gebracht ,
    1. der Inbegriff süßlichen Kitschs: ,
    2. , allerdings wohl nur in den USA Allgemeingut:

Der (auch kommerziellen) Omnipräsenz dieser Ikonen scheint man ab und zu durch einen parodistischen Bildersturm entgegentreten zu müssen.


PS:

PPS: vgl. auch

PPPS: wie ich erst m Nachhinein erfahren habe, hat Leonardo wohl wirklich geglaubt, die Quadratur des Kreises gefunden zu haben.

(Quelle: )

PPPPS:

                

                  

PPPPPS: