ich bin ein Verkehrshindernis für richtige Mathematiker

... und wäre deshalb vermutlich ein schlechter Mathe-Leistungskurslehrer.


Erst war ich versucht, "richtige" in Anführungszeichen zu schreiben, was natürlich bedeutet hätte, dass die vermeintlich "richtigen" Mathematiker

(die Sachwalter der reinen Lehre)

in Wahrheit keine (richtigen) Mathematiker sind, sondern Kleingeister, die es nie zu einer echten mathematischen Entdeckung bringen werden

(ich bin ja schon ganz leise, weil ich als tertiärer Mathelehrer  es natürlich auch noch nie zu einer anständigen mathematischen Entdeckung gebracht habe).

Vielleicht sollte ich es wirklich besser wissen, aber auch ich habe noch immer das Klischee im Kopf, dass "richtige" Mathematiker "nerds" sind:

Als mir vor einiger Zeit einige Schüler auf einem Schulflur entgegen kamen, wusste ich sofort, was sich kurz danach auch bestätigte: Mathe-Leistungskurs-Schüler!

Grund genug, dass ich auch nie einen Mathe-LK unterrichten wollte.

Dann habe ich die denunzierenden Anführungszeichen um "richtige" aber aus zwei Gründen doch weggelassen:

  1. ist der "nerd" vielleicht tatsächlich doch nur ein Klischee:


(Ausschnitt aus dem Film )

  1. sollte ich mir vielleicht schleunigst eingestehen, dass ich ein akeptabler Mathelehrer sein mag, aber sicherlich kein begnadeter Mathematiker bin - und deshalb nur auf richtige (!) Mathematiker (auch unter Schülern) neidisch bin und (ein typischer und "gesunder" Reflex!) diesen Neid durch Abwertung überspiele?

Vielleicht bin ich mit meinem Anschaulichkeits-Fimmel tatsächlich ein Verkehrshindernis für die richtigen (!) Mathematiker unter den Schülern, weil diese die Stufe der Anschaulichkeit übersprungen haben und viel besser abstrakt denken können als ich: bei Anschaulickeit und

(gar - igitt! - selbst schnöde handwerlich anzufertigenden)

Modellen langweilen sie sich nur noch zu Tode.

Ich muss solchen Schülern also

(das nehme ich mir jetzt erneut vor)

sehr viel mehr herausfordernde abstrakte Munition liefern.


Das Problem ist, dass

  1. wohl jeder Mensch und damit auch jeder Lehrer erstmal davon ausgeht, dass alle anderen Menschen (Schüler) genauso denken (lernen) wie er selbst: vielleicht kann ein Lehrer andere Lerntypen (akustisch, haptisch, visuell, abstrakt) gar nicht wirklich "gleichberechtigt" unterrichten

(da hilft ein Lehrerwechsel alle zwei Jahre; und man sollte - das derzeitige pädagogische Modewort: - "individuelle Förderung" ja zumindest doch versuchen).

  1. ich gemischte Klassen aus

unterrichten muss

(was sich auch daran zeigt, dass ich mich andauernd verpflichtet fühle, bei den beiden letztgenannten Gruppen [vergeblich?] für die Mathematik zu werben, während ich damit bei der ersten Gruppe nur offene Türen einrenne).

Und in der Tat fühle (stilisiere?) ich mich ja  vornehmlich als

  ,

d.h. als Anwalt der mittelprächtigen und schlechten Mathematiker unter den Schülern

(die für so einige Mathelehrer nur leider unvermeidbarer Ballast sind):

die richtigen Mathematiker gehen ja sowieso ihren Weg (?).