Bild :es ist doch nur ein Bild !

"Ein Würfel ist ein Würfel ist ein Würfel."
(frei nach Gertrude Stein)

"Ein Würfel ist ein Würfel
und wird es auch wohl immer bleiben."
(frei nach Robert Musil)

Ein Lehrer gab seinen SchülerInnen als Hausaufgabe auf, 500 (!) Mal mit einem normalen ("fairen", gleichverteilten, "regulären") Würfeln zu würfeln und dabei die absolute und relative häufigkeit der Ergebnisse 1 bis 6 zu ermitteln

(also z.B.:

Da wird man sich doch mal fragen dürfen, was solch eine stumpfe Herkulesarbeit eigentlich sollte, d.h. was der Lehrer damit beabsichtigt haben mag:

  1. die SchülerInnen hatten im Unterricht viel "Quatsch gebaut" und wurden nun mit einer Stumpfsinnsarbeit bestraft;
  2. die SchülerInnen sollten überprüfen, ob ihr scheinbar fairer Würfel auch wirklich fair war:

es könnte sich ja etwa herausgestellt haben, dass beispielsweise die 4 viel seltener als erwartet auftrat, also z.B. statt 500/6 ≈ 83 mal nur 32 mal

- was dann zu interpretieren bzw. genauer zu untersuchen wäre: war der Würfel nur scheinbar fair, d.h. zeigte sich bei genauerem Hinsehen eine Macke?:

Bild
Produktionsspur an einem Würfel

  1. Wollte der Lehrer auf das "schwache Gesetz der großen Zahlen"

(vgl. Bild )

hinaus, das so etwa besagt?: je öfter man würfelt, um so mehr werden sich die Ergebnisse

(genauer: die absoluten und relativen häufigkeiten)

angleichen

(vgl.   ).

Mag also sein, dass beispielsweise die 5 eine gewisse Zeit lang dominiert, aber auf die Dauer (bei immer mehr Würfen) wird sich ihr Anteil doch auf ein Sechstel einpendeln.

Trotzdem scheint mir die Aufgabe eine sinnlose Beschäftigungstherapie zu sein, und zwar

  1. , weil die industriell gefertigten "normalen" Würfel alle annähernd fair sind

(es ist ein echtes Problem, dass heutzutage alles perfekt ist),

also kaum eine Abweichung zu erwarten war; vgl. etwa

Bild
Präzisionswürfel mit scharfen Kanten (razor edge);

  1. , weil ja gerade das schwache Gesetz der großen Zahlen

Mich hätte doch mal interessiert, wie die SchülerInnen die genannte Aufgabe

(falls überhaupt; denn jemand - und nicht gerade der Dümmsten einer - könnte sich ja auch rund weigern, solch eine Stumpfsinnsarbeit zu erledigen, oder eh höchst unregelmüßig Hausaufgaben machen)

erledigt haben:

  1. Haben sie ganz brav und stumpf 500 mal gewürfelt

("dem Lehrer bzw. einer guten Zensur zuliebe würden wir sogar 500 mal pupsen")?

  1. War jemand (halb-)schlau genug, z.B. nur 50 mal zu würfeln und dann alle Ergebnisse mit 10 zu multiplizieren?
  2. War jemand gänzlich schlau und hat einfach 500 Würfelwürfe erfunden oder - noch kürzer - z.B. folgende Tabelle angelegt?:
oben liegende Augezahl absolute häufigkeit
1 79
2 85
3 76
4 83
5 88
6 89

Nun hat ein Lehrer zwar gar nicht die Zeit, die Hausaufgaben aller SchülerInnen inhaltlich zu überprüfen, aber interessanter wäre schon, wie er SchülerInneN, die sich die Arbeit verkürzt haben, auf die Schliche kommen könnte:

  1. Alle Ergebnisse sind, da mit 10 multipliziert, auch durch 10 teilbar, enden also auf 0.
  2. Evtl. ergibt die Summe der absoluten häufigkeiten nicht 500, oder der Lehrer argumentiert gegen den Schüler eben mit dem (allzu erwartbaren) schwachen Gesetz der großen Zahlen, dass also evtl. die absoluten häufigkeiten allzu unterschiedlich ausfallen.

Umgekehrt hat ein Schüler, der sich die Liste in b. "ermogelt" hat, ja schon allerlei begriffen.

Zudem könnten die SchülerInnen ja immer noch argumentieren, dass durch puren Zufall eben doch immer nur Vielfache von 10 oder eine arg unregelmüßige Verteilung herausgekommen sei, und wenn die Summe der relativen häufigkeiten nicht 500 ergeben hat, könnte ein Schüler einfach sagen, er habe sich halt beim ewig langen Würfeln verzählt.

Und vollständig erfundene Würfellisten könnte der Lehrer wohl daran erkennen, dass Menschen üblicherweise Muster wie z.B. 6 6 2 2 6 6 oder 1 2 3 4 5 6 meiden, die der pure Zufall ab und zu sehr wohl erzeugt.

Fast schon lustig (und allemal lehrreich) wäre es aber, wenn der Lehrer von den SchülerInneN erst gar nicht verlangen würde, 500 mal zu würfeln, sondern von Anfang an mit ihnen durchnähme, wie sie sich die Arbeit erleichtern und dennoch überzeugende Ergebnisse zustande bekommen könnten.


Nein, 500 mal würfeln ist sowieso eine Zumutung - und allemal mit einem "fairen" Würfel, wenn also schon von Anfang an klar ist, was herauskommen wird.

Schon ein wenig interessanter sind da doch jene im Handel erhältlichen Würfel, die nur eine andere, oft größere Seitenzahl haben, aber eben doch wieder fair sind, also z.B. Bild

(vgl. Bild ).

Bzw. interessant an solchen anderen Würfeln ist

  1. , dass es eben auch andere faire "Würfel" als nur den Standardwürfel gibt,
  2. ihre Ästhetik (Bild platonische Körper!),
  3. wenn das veränderte Aussehen bzw. die veränderte Seitenzahl nicht bloß Schnickschnack ist, sondern in einem Spiel einen speziellen Zweck erfüllt.

Es wäre also eine durchaus interessante Unterrichtsidee, das allzu Naheliegende zu tun, nämlich die Würfel ihrem eigentlichen Zweck, d.h. dem Spielen, zuzuführen - und also die SchülerInnen spielen zu lassen. Nicht umsonst wird ja auf der oben bereits zitierten Internetseite Bild immer wieder die Verwendung spezieller Würfel in Rollenspielen erwähnt

(und Rollenspiele faszinieren ja durchaus so einige Jugendliche, ja, da kennen sie sich erheblich besser aus als wir LehrerInnen;

dabei sollte es einen nicht überraschen, wenn die SchülerInnen beim erwünschten Spielen auch tatsächlich spielen, wenn's also im ansonsten so kontemplativen Matheunterricht plötzlich hoch und laut hergeht; und eine ganz andere Frage ist, wie man das Spielen dann mathematisch "rückbindet").

Viel interessanter sind allerdings irreguläre "Würfel" wie z.B. - ein nettes Schmankerl - Bild : also "Würfel", bei denen

Aber warum in die Ferne schweifen (kaufen), wo das Gute liegt so nah? Die einfachsten irregulären Würfel sind doch

Bild

(vgl. BildBild)

Bei solchen Lego®steinen lässt sich schnell feststellen, dass

aber die genauen Verhältnisse der Wahrscheinlichkeiten lassen sich doch nur ungefähr erahnen - und diese Ahnung kann einen

(ein pädagogisch wichtiger Effekt!)

ganz erheblich trügen.

Es hilft also nichts, man wird mit solchen Lego®steinen oftmals

(wenn auch sicherlich nicht blödsinnige 500 mal)

würfeln müssen!

Aber das alles ist doch "nur" mathematisch

(also für viele SchülerInnen vermutlich gar nicht)

interessant, denn man könnte sich allemal fragen, was das Würfeln mit solch schwachsinnig irregulären Würfeln denn überhaupt soll.

Interessant wird's doch erst, wenn für die irregulären Würfel spezielle Spielideen entwickelt werden.

Dann wäre etwa zu überlegen, dass

SchülerInnen entwickeln solche Spielideen und Belohnungssysteme durchaus gerne und kreativ, aber wenn sie a priori festgelegt werden, muss doch immer noch in realem Spiel ausprobiert werden, ob die Gewinnchancen denn tatsächlich annähernd gleich sind, und gegebenenfalls nachgebessert werden.

(Nebenbei: durch die Spielplanung wird natürlich erreicht, dass nicht mehr von risikoscheu bzw. -freudig die Rede sein kann, sondern die Gewinnchancen sollen natürlich immer gleichhoch sein.)


Aber auch der simple gleichverteilte Standardwürfel Bild ist schon "an sich" faszinierend. Vgl. etwa die vielfältigen Aspekte, die in Bild aufgezeigt werden

(wie ja die Internetseite Bild "Mathematische Basteleien" überhaupt sehr empfehlenswert ist, denn im Unterricht wird bislang viel zu wenig gebastelt, also veranschaulicht).

Solche Aspekte, die regelrecht nach einer Parallelbehandlung im Kunstunterricht schreien, sind


PS: schöne Würfel, darunter auch Bild pseudo-irreguläre oder Bild gänzlich irreguläre, gibt's unter Bild  .

PPS: vgl. auch .