die Zielfunktion
für Klara
Vgl. auch |
Textaufgaben wie die unten behandelte
Zaun-Aufgabe(n) sind immer in drei Schritten zu behandeln:
Spätestens da verschwinden alle nichtmathematischen Details der Aufgabe und tauchen wir für einige Zeit in die reine Mathematik ab: von Textt :
|
Mit der Zielfunktion hat man also
Um es mit einem Bild zu sagen: man hat nach langem mühsamem Aufstieg zwar den Gipfel eines Berges erreicht
aber es bleibt noch der (wenn auch einfachere) Wieder-Abstieg in die Niederungen der Anwendung.
Das größte Problem besteht meistens darin, aus der Aufgabenstellung die Zielfunktion zu destillieren. Wenn man diese erstmal hat, wird's einfacher, weil dann nur noch
(hoffentlich inzwischen sicher beherrschte)
Standardrechnungen (z.B. Ableitungen, Nullstellenbestimmung) folgen.
Das Finden der Zielfunktion
ist vergleichbar mit Luke Skywalkers rasantem Flug durch die "Äquator-Rinne" des "Todessterns" .Am Ende der Rinne muss ein klitzekleines Ziel getroffen werden, das die Achillesferse des Todessterns ist. Wenn Luke dieses klitzekleine Ziel trifft, explodiert der gesamte gigantische Todesstern:
Wenn im Unterricht die rein innermathematische Bestimmung von Extrem- und Wendepunkten abgeschlossen ist, kommen irgendwann passende (Pseudo-)Anwendungs-Aufgaben, die alle ebenfalls auf die Bestimmung von Extrem- und Wendepunkten hinauslaufen, nur jetzt mit Anwendungsbezug.
Und
(den Ausdruck muss man sich mathematisch auf der Zunge zergehen lassen:)
“mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ kommt dann
(wie wir noch sehen werden: mit gutem Grund)
folgende Aufgabe:
„Die Kleine Klara möchte auf einer Wiese für ihren Hottemax namens Iltschi eine Koppel anlegen. Als sie ihren Vater MAX danach fragt, ob sie zusammen den Zaun kaufen können, antwortet er erst missmutig: »Kommt gar nicht in in die Tüte.« Dann aber hat er einen Freundlichkeitsanfall und sagt: »Aber ich habe noch 100 m
Maschendrahtzaun
im Keller, den kannste von mir aus haben.«
»Herzlichen Dank, lieber Papa«, haucht Klara untertänigst, »und dafür berechne ich dir auch ein schönes MAXimum«
[man verzeihe mir den Kalauer, aber er ist doch allzu schön; vgl. ].
Und dann stellt sich die Kleine Klara die tiefsinnige Frage, wie sie den Zaun für eine rechteckige Koppel spannen muss, damit die eingezäunte Fläche am größten ist und ihr Hottemax somit möglichst viel Auslauf hat.
Seien Sie so freundlich und helfen Sie der Kleinen Klara bei ihren Überlegungen."
Der geneigte Leser wird sicherlich bemerkt haben, dass ich die Aufgabe ein wenig ironisch aufgepeppt habe
(... eine Ironie, die allemal angebracht ist, weil die Aufgabe doch eine an den Haaren herbeigezogene Pseudo-Anwendungsaufgabe ist).
In seriösen Schulbüchern kommt natürlich niemals (Selbst-)Ironie vor, sondern diese Bücher sind immer bierernst (laut Duden "übermäßig, unangemessen ernst"), denn es wäre doch Blasphemie, wenn bei so einer toternsten Sache wie der Mathematik mal gelacht würde.
In seriösen Schulbüchern lautet die Aufgabe daher z.B. so:
„Achmed möchte ein rechteckiges Feld umzäunen. Dafür hat er 100 m Zaun. Berechnen Sie, für welches Rechteck das Feld die maximale Fläche hat."
Diese witzlose, dafür aber viel kürzere Aufgabenstellung läuft
(wie wir noch zeigen werden)
mathematisch auf dasselbe hinaus wie mein viel längerer Aufgabenvorschlag, womit schon klar wird, was der mathematische Kern beider Aufgabenstellungen ist - und was nicht.
Damit kommen wir zu den im eigentlichen Sinne mathematischen Überlegungen:
A. Anwendungsteil 1 . 1. a. Aussortieren der nichtmathematischen Details, b. Finden aller mathematischen Details |
zu a.:
(im konkreten Anwendungsfall ist das aber keineswegs nebensächlich, denn eine Koppel für ein Tier [?] sollte man ja wohl nicht z.B. auf einer Betonfläche anlegen).
(nebenbei: ich habe mir gerade vom Internet sagen lassen, dass "Hottemax" Kohlenpottsprache ist, woraus wohl folgt, dass viele Leser/Schüler nichtmal verstehen, dass damit ein Pferd gemeint ist
[was man allerdings vielleicht doch aus dem Begriff "Koppel" folgern könnte, wenn der denn bekannt wäre - und nicht mit einem gleichnamigen Uniformteil verwechselt würde];
es ist aber auch völlig unwichtig, ob die Leser/Schüler das Wort "Hottemax" verstehen, denn genauso gut könnte die Kleine Klara auf ihrer Koppel Zwergkaninchen oder Marder halten oder dort einen Schrottplatz einrichten).
(Maschendraht - was nebenbei für einen Hottemax ein besonders bescheuertes Material ist).
zu b.:
(Genau genommen ist auch die Längeneinheit "Meter" eine nichtmathematische Information, und entsprechend lassen wir sie unten im innermathematischen Teil auch noch weg.
Nur Vorsicht: niemals mit verschieden großen Einheiten [also z.B. Metern und Zentimetern] gleichzeitig rechnen, sondern vorweg alle in eine einzige Maßeinheit [z.B. Meter] umrechnen!)
(Nebenbei: dieser Begriff muss schon allein deshalb vorkommen, weil sonst die maximale Fläche ein Kreis wäre - und das zu beweisen ist nun wahrhaft nicht mehr Standardstoff.)
(von dem in den Aufgabenstellungen nie die Rede war!)
also 100 m bzw. U = 100 m ist.
(Wohlgemerkt: das Rechteck gibt es noch gar nicht, sondern entsteht ja erst durch die Umzäunung.
Ein ähnliches Beispiel wie hier der Begriff "Umfang" ist es z.B., wenn bei der Berechnung von Dreiecksteilen Hilfslinien benötigt werden, die in der Aufgabe gar nicht genannt werden. Sondern da verlassen sich die Lehrer darauf, dass den Schülern aus dem Vorunterricht bekannt ist, dass z.B. die Höhe oftmals eine geeignete Hilfslinie ist.)
(Mit dem Befehl, die Fläche zu maximieren, wird leider auch schon indirekt verraten, dass die möglichen Flächen nicht alle gleich groß sind und es unter diesen möglichen Flächen eine [?] größte gibt. Man könnte aber doch auch naiv meinen, dass alle möglichen Flächen gleich groß sind - und es die Aufgabe deshalb gar nicht geben dürfte.
Nun wissen die Schüler aber vermutlich sowieso, was zu tun ist, denn schließlich wurden vorher Extremwertaufgaben durchgenommen, wenn auch noch ohne Anwendungsbezug.)
Damit aber zu
A. Anwendungsteil 1 2. Umsetzen der mathematischen Details in Gleichungen. |
Auch hier werden Schritte verlangt, die in der Aufgabenstellung nicht erwähnt werden, nämlich: wenn l die Länge des Rechtecks und b die Breite des Rechtecks ist, so gilt
(Das sind vermutlich Formeln, die jeder Schüler kennt, aber ohne Hinweis evtl. nicht abrufen kann.)
Wir haben nun also die drei Gleichungen
|
Diesen drei Gleichungen ist das Anwendungsproblem (Pferdekoppel) kaum mehr anzusehen
(die Gleichungen hätten genauso gut einem komplett anderen Anwendungsproblem entstammen können),
und damit sind wir bei
B. innermathematischer Teil:
|
In einem ersten Schritt können wir die ersten beiden Gleichungen U = 100 m und U = 2 l + 2 b zu der einen Gleichung 100 m = 2 l + 2 b zusammenfassen und haben wir dann nur noch zwei Gleichungen
(da wir uns hier im innermathematischen Teil befinden, lassen wir jetzt auch noch die Längeneinheit Meter weg):
Da die erste Gleichung vom Umfang handelt und der Umfang der Rand des gesuchten Rechtecks ist, nennen wir die Gleichung 100 = 2 l + 2 b nun
(vielleicht ist die Zaunaufgabe nur deshalb zum Unterrichtsstandard geworden, weil da [wenn auch unausgesprochen] wortwörtlich ein Rand vorkommt).
Der Begriff „Randbedingung“ hört sich leider so an, als wenn diese Bedingung nur „am Rande interessant“, also nebensächlich sei. In Wirklichkeit ist die aber dringend nötig, um überhaupt ein Extremum (Minimum oder Maximum) der Zielfunktion herausfinden zu können. Im vorliegenden Fall grenzt die nämlich die Menge aller Rechtecke erheblich ein, und zwar auf solche, die einen Umfang von 100 m haben
(was allerdings noch immer unendlich viele sind).
Man könnte auch sagen, dass die den ohne sie grenzenlosen Möglichkeiten einen „Rand“ setzt:
Ohne die wären beliebig große Rechtecke möglich, und das hieße: die Frage nach dem flächenmäßig größten Rechteck wäre schon falsch gestellt, weil es ja immer noch ein größeres gäbe.
Wie wir im Folgenden noch sehen werden, ist die dennoch nur ein Hilfsmittel zur Lösung der Aufgabe. Viel interessanter ist die zweite Gleichung, also F = l • b , denn sie handelt von der Fläche, und diese soll ja schließlich maximiert werden.
(Den Umfang kann man ja auch gar nicht maximieren, weil der mit 100 m fest vorgegeben ist.
Unten werden wir es dann in einer leicht veränderten Aufgabenstellung aber mal umgekehrt machen, also die Flächengröße fest vorgeben und das Minimum [!] des Umfangs suchen.)
Die Zielfunktion ist immer aus der Gleichung zu bilden, deren Extremwert gesucht wird. |
Aber F = l • b ist leider noch nicht die Zielfunktion, da in dieser Gleichung zwei Variable, nämlich l und b vorkommen, weshalb wir auch schreiben können:
F ( l , b ) = l • b .
Hier sei kurz an den Unterpunkt
4. | Funktionen sind nur von einer einzigen Variablen (meistens x) abhängig. |
Da beim Erstellen der
Zielfunktion
die Gleichung F ( l ,
b ) =
l •
b die beiden Variablen
l
und b
enthält, müssen wir "irgendwie"
erreichen, dass
|
Das geht, wenn man einen Zusammenhang zwischen den beiden Variablen findet, so dass man die eine in Abhängigkeit von der anderen ausdrücken kann. Das aber ist mit der zweiten Gleichung, also der 100 = 2 l + 2 b möglich, die wir nun nach l auflösen:
100 = 2 l + 2 b | - 2 b
⇔ 50 - b = l
oder umgekehrt l = 50 - b.
An dieser Gleichung l = 50 - b sieht man nun, wie die es schafft, die ohne sie ausufernden Möglichkeiten rabiat einzugrenzen: damit ein l und ein b zusammen immer 50 m lang sind, muss l größer (kleiner) werden, wenn b kleiner (größer) wird:
(Wenn wir es aber könnten, würden wir
beliebig große Flächen erhalten - und wäre die Frage nach der maximalen Fläche
unsinnig.)
Wegen l = 50 - b können wir nun in der Gleichung F ( l , b ) = l • b das l durch 50 - b ersetzen, wozu allerdings dringend eine Klammer ergänzt werden muss:
F ( l , b ) = (50 - b ) • b
Und da jetzt rechts nur noch die eine Variable b auftaucht, ist die Fläche nur noch von dieser einen Variablen b abhängig und können wir nun vereinfacht schreiben:
F ( b ) = (50 - b ) • b
Kleine Umformungen ergeben
F ( b ) = 50 b - b 2
= - b 2 + 50 b .
Diese Gleichung ist nun ENDLICH unsere lang herbeigesehnte Zielfunktion bzw. wir haben ENDLICH unseren Volltreffer:
Den Gleichungen 100 = 2 l + 2 b und F = l • b konnte man vielleicht noch ihre Herkunft aus der Aufgabenstellung ansehen, bei der Zielfunktion ist das aber wohl kaum mehr möglich. Spätestens ab jetzt
Es lohnt sich nun allemal, kurz innezuhalten
(also noch nicht weiter zu rechnen)
und sich die Zielfunktion genauer anzusehen:
,
woraus folgt: die Funktion hat garantiert
(wie ja bereits die Aufgabenstellung allzu früh verraten hat)
ein Maximum (aber kein Minimum).
(Schon allein für diese Feststellung würde ich Schülern eine Menge Punkte zuschustern, und zwar selbst dann, wenn sie danach nicht mehr weiter wissen oder sich im Folgenden total verrechnen.
Außerdem kann diese Feststellung noch hilfreich sein, wenn die Schüler sich im Folgenden tatsächlich verrechnen und deshalb am Ende der Rechnung kein Maximum oder aber ein Minimum erhalten. Denn für die Erkenntnis nach falscher Rechnung, dass und warum das Ergebnis nicht stimmen kann, würde ich den Schülern natürlich auch eine Menge Punkte geben, denn mit dieser Erkenntnis zeigen sie ja, dass sie sehr viel verstanden haben - und vielleicht sogar mehr als andere Schüler, die nur stumpf [und richtig] rechnen können.)
Kommen wir damit zu
B. innermathematischer Teil:
|
Gesucht ist das Maximum der Zielfunktion . Da sind nur noch Standardrechnungen nötig, nämlich zuerst mal die erste Ableitung:
F ' ( b ) = - 2 b + 50
Notwendige Voraussetzung für das gesuchte Maximum ist - 2 b + 50 = 0, was für b = 25 der Fall ist.
Nach solch kurzer und einfacher Rechnung sind wir schon bei
B. innermathematischer Teil:
|
Um jetzt noch die andere Variable l auszurechnen, brauchen wir eine weitere Gleichung, die l und b miteinander in Verbindung bringt. Das ist die jetzt zum zweiten Mal benutzte 100 = 2 l + 2 b, allerdings in der oben schon hergeleiteten Form l = 50 - b . Wir setzen da für b den bereits bekannten Wert 25 ein und erhalten l = 50 - 25 = 25.
Also gilt l = b = 25 und somit wird das Flächenmaximum bei einem Quadrat erreicht.
Und ich finde es doch allemal erstaunlich, dass nach all den umständlichen Vorüberlegungen und Rechnungen am Ende das ganz einfache Quadrat herauskommt.
Das ist wie ein umgekehrter Big Bang, also ein Big Crunch: urplötzlich zieht sich alles in einem Punkt zusammen:
[wir wissen ja bereits, dass die Zielfunktion garantiert ein Maximum, aber kein Minimum hat];
[wenn man die Ableitung sicher beherrscht]
nur aus simpelsten Rechnungen bestand;
Aber natürlich könn[t]en wir die Fläche des Quadrats leicht berechnen: F = 25 • 25 = 625 )
Es folgt
C. Anwendungsteil 2:
|
Wenn wir im innermathematischen Teil nur mit Zahlen, aber nicht mit Maßeinheiten (im vorliegenden Fall Meter) gerechnet haben, müssen wir jetzt unbedingt daran denken, diese Maßeinheiten wieder hinzuzufügen:
l = 25 m
b = 25 m
Am besten antwortet man mit dem Wortlaut der Aufgaben-Frage. Da solch eine Frage (indirekt) nur in der Achmed-Version vorlag, nehmen wir mal diese
(wenn die Frage da auch in einer Anweisung verpackt war),
also "für welches Rechteck [hat] das Feld die maximale Fläche"?
Die Antwort muss da also die Struktur haben:
"Für das Rechteck ??? hat das Feld die maximale Fläche!"
Und nun setzen wir nur noch für "???" unsere Ergebnisse ein:
"Für das Rechteck mit der Länge l = 25 m und der Breite b = 25, also für ein Quadrat , hat das Feld die maximale Fläche!"
Amen!
Schauen wir uns aber ein Detail der Aufgabenstellung(en) nochmal genauer an, nämlich dass
Ich finde es eigentlich schade, dass da bereits (fast) alles verraten wird - und die Schüler somit nur noch untertänigst bestätigen dürfen, was sowieso schon bekannt ist
(oder genauer: sie sollen nur noch zeigen, welches Rechteck die maximale Flächengröße hat).
Man könnte ja auf den ersten Blick auch der Meinung sein, dass die möglichen Rechtecke alle dieselbe Flächengröße haben - und daher gar keine Notwendigkeit sehen, sich mit dieser Flächengröße zu beschäftigen.
Und so klein die Kleine Klara auch sein mag
(und deshalb auch noch gar keine Extremwertaufgaben lösen kann!),
so wird sie doch ein intuitives Grundverständnis von Flächen haben, also beispielsweise nicht folgendes Rechteck abstecken
,
denn da könnte das Pferd ja, wenn es ein einziges Mal nach rechts oder links gelaufen wäre, nicht mehr wenden, die Koppel also nur noch im ewig abwechselnden Vorwärts- und Rückwärtsgang abgrasen.
Vielleicht ist es unserer Kleinen Klara ja doch zu umständlich, sofort (evtl. mehrere) Koppel(n) abzustecken - und probiert sie die Möglichkeiten doch erstmal auf einem Blatt Papier aus. Dann ergeben sich z.B. folgende beiden Fälle:
Schon hier bei nur zwei Rechtecken wird klar: Rechteck 1 ist offensichtlich flächenmäßig viel kleiner als Rechteck 2, d.h. es gibt flächenmäßig verschieden große Rechtecke, so dass sich die Frage ergeben könnte, ob es denn ein oder mehrere flächenmäßig größte Rechteck(e) gibt.
(Nebenbei: bei solch eher intuitiver Beschäftigung und konkretem Handeln
[sei es das Abstecken von Koppeln, sei es eine Modellierung auf dem Papier]
käme die Kleine Klara wohl von selbst darauf, dass sie immer den Rechteck-Umfang [s.u.!] 100 m einhalten muss.
Und sie hätte auch bald die nötige Formel l = 50 - 2 b bzw. l = - 2 b + 50, also eine Geradengleichung [s.u.].)
Aber selbst wenn unsere Kleine Klara nicht die Geradengleichung entdeckt, könnte ihr doch auffallen, dass alle oberen rechten Eckpunkte der Rechtecke auf einer Geraden liegen:
Und dann könnte unserer Kleinen Klara noch entdecken, dass es eine Spiegelsymmetrie der möglichen Rechtecke gibt, wenn Länge und Breite vertauscht werden
(was zu der Merkwürdigkeit führt, dass die Längen mal kürzer als die Breiten sind):
(hier ist die
Spiegelsymmetrie nur für die Rechtecke 5 und
6 gezeigt)
Da wird auch klar,
So langsam könnte die Erkenntnis reifen: die Rechtecke werden flächenmäßig immer größer, je weiter ihre oberen rechten Ecken auf dem roten Pfeil oder dem blauen Pfeil vorrücken:
Da ist es nur konsequent, die Pfeile weiterzuzeichnen und sich genau in der Mitte treffen zu lassen:
Dadurch entsteht folgendes vermutlich flächenmäßig größtes Rechteck
,
und das ist mit der Länge l = 25 m und der Breite b = 25 m
(es wundert uns ja schon gar nicht mehr:)
ein Quadrat!
Das ist zwar kein Beweis, aber doch eine schön plausible anschauliche Herleitung.
Und es würde mich doch diebisch freuen, wenn ein Schüler, der in Rechnungen schlecht oder aber besonders intelligent ist, dem Lehrer (mir) mal ein Schnippchen schlagen und die langweilige rechnerische Standardlösung verweigern, dafür aber die anschauliche Lösung vorbringen würde. Ich würde da
(nochmals: obwohl das kein Beweis ist)
dazu neigen, ihm trotzdem die volle Punktzahl zu geben.
(Nebenbei: wenn man die Pfeile in die anderen Richtungen
[also nicht in die Mitte, sondern in die Ecken]
weiterdenkt
,
erhält man zwei Rechtecke
entweder mit der Breite b = 0 m und der Länge l = 50 m
oder mit der Breite b = 50 m und der Länge l = 0 m:
Der Laie würde wohl sagen, dass das gar keine Rechtecke sind, weil sie gar keine Fläche haben.
Der Mathematiker denkt aber großzügig und konsequent zu Ende und sagt:
das sind sehr wohl zwei Rechtecke, aber mit der Breite bzw. Länge 0 und daher der Flächengröße 0, also die beiden [gar nicht gesuchten] Minima.
Wie aber ist das mit der oben genannten Feststellung vereinbar, dass der parabelförmige und nach unten geöffnete Funktionsgraph der Zielfunktion garantiert
genau ein Maximum,
aber keine Minima hat?
Und wie ist es damit vereinbar, dass wir oben auch beim Weiterrechnen mit der Zielfunktion
nur ein Maximum,
aber keine Minima erhalten haben?
Schauen wir uns daher die Zielfunktion nochmals genauer an und berechnen ihre Nullstellen:
0 =
⇔ 0 = b • (- b + 50)
⇔ b = 0 oder - b + 50 = 0
⇔ b = 0 oder b = 50
Die Zielfunktion hat also die Nullstellen N1 (0 | 0 ) und N2 (50 | 0). Weil sie nach unten geöffnet ist, heißt das, dass sie links von N1 und rechts von N2 ins Negative (unter die x-Achse) rutscht. Rein innermathematisch ist das kein Problem, aber im Kontext der Anwendungsaufgabe heißt das, dass negative Flächen herauskommen, was nicht möglich ist. Also liegen bei N1 (0 | 0 ) und N2 (50 | 0) sogenannte "Randextrema" und im vorliegenden Fall Randminima vor
[Ein "Randextremum" ist nicht zu verwechseln mit der oben genannten .]
Aber die Randextrema könnte man auch ohne Rechnungen, sondern auf viel anschaulicherem Weg bekommen: eine Seitenlänge der Koppel,
ist nicht möglich
[Letzteres, weil der Zaun ja auf beiden Seiten der Koppel entlang führen soll und nur 100 m Maschendraht vorhanden sind].
asdf |
Merke: Randextrema erhält man nicht durch Rechnungen, sondern durch Überlegungen zum Definitionsbereich der Anwendungsaufgabe.) |
In einer Hinsicht ist die vermeintliche Anwendungsaufgabe völlig unrealistisch: kein Normalersterblicher würde die ideale Größe der Koppel berechnen - und schon gar nicht die Kleine (!) Klara, die noch gar nicht das zur Berechnung notwendige Mittel (Ableitung) kennt.
Sondern ein Normalersterblicher würde vermutlich einen oder mehrere Absteck-Versuch(e) vornehmen, und da würde es mich doch mal interessieren, wie Schüler die Aufgabe
(z.B. auf dem Echt-Rasen-Sportplatz der Schule)
praktisch durch Abstecken eines Rechtecks mit Stangen und einer 100 m langen Leine lösen würden
(also ohne jegliche Mathematik).
Meine Vermutung: die meisten werden intuitiv annähernd ein Quadrat abstecken!
Das Ergebnis einiger Witzbolde wäre mir allerdings auch höchst willkommen.
Erstaunlich finde ich es ja doch, dass das besonders einfache Quadrat unter allen Rechtecken mit demselben Umfang die größte Fläche hat.
Im Dreidimensionalen lässt es sich entsprechend (wie?) zeigen, dass der besonders einfache Würfel unter allen Quadern mit gleichgroßer Oberfläche das größte Volumen hat.
Und diese erstmal "nur" innermathematische Erkenntnis hat durchaus praktische Folgen - oder sollte sie haben:
Mehr denn je ist es wichtig, Verpackungsmaterial zu sparen:
aus Kostengründen,
und vor allem der Umwelt zuliebe.
Deshalb ist es doch eigentlich dringend an der Zeit, z.B. Milchverpackungen
nicht mehr so ,
sondern so
, also
würfelförmig zu gestalten, weil dann der Materialverbrauch für die
Verpackung erheblich geringer bei demselben Volumen (1 Liter) wäre.
Aber es mag anderweitige praktische Gründe geben, warum Milchpackungen so aussehen.
(Nebenbei: der geringste Materialverbrauch ergäbe sich bei kugelförmigen Milchverpackungen: . Aber die wären wohl schwer herzustellen - und würden einem immer vom Tisch rollen, was insbesondere dann unangenehm wäre, wenn sie geöffnet wären.)
Aber egal, in welcher
Reihenfolge das geschähe, in beiden Fällen würden die Schüler schon die
Lösung „Quadrat“ kennen und beim jeweils anderen, späteren Ergebnis gar
nicht mehr darüber staunen können.
Eine Lösung dieses Dilemmas bestünde darin, die Klasse zu
halbieren und
die beiden Hälften gleichzeitig in benachbarten Klassenräumen zu
unterrichten
Die "Kleine-Klara"-Aufgabenstellung ist nicht völlig unrealistisch:
gibt es in meinem Bekanntenkreis durchaus eine Klara, die
allerdings nicht mehr klein ist und deshalb wohl besser "Große Klara" hieße,
ein eigenes Pferd besitzt, so dass sich das Einzäunungsproblem durchaus mal stellen könnte.
Die Mutter dieser Großen Klara hat nun aber vorgeschlagen, den Spieß umzudrehen, nämlich
nicht zu berechnen, wann die Koppel maximale Fläche hat,
sondern wann (aus Kostengründen, denn die Eltern sind ja offensichtlich sehr sparsam - oder bei ihrer Tochter geizig) der Zaun minimale Länge hat.
Nun würde allerdings die Zaunlänge minimal, wenn man gar keinen bzw. einen Zaun der Länge 0 kaufen würde.
Um dafür zu sorgen, dass die neue Aufgabenstellung berechenbar ist, braucht man also doch wieder eine .
Dazu stricken wir die óbige "Kleine Klara"-Aufgabenstellung einfach ein bisschen weiter:
die Große Klara hat eine kleine Schwester namens "Kleine Karla", und die ist nun neidisch auf die Koppel der Großen Klara und quengelt ununterbrochen, weil sie auch eine Koppel haben will, und zwar
eine flächenmäßig genauso große wie die der Großen Klara,
für die Zwergkaninchen der Kleinen Karla.
Die ist nun 625 m2 = = l • b bzw. mathematisch eingedampft 625 = l • b
Und für den Umfang erhalten wir wie oben U ( l , b ) = 2 l + 2 b .
Dieser Umfang ist noch abhängig von zwei Variablen, was wir mit der 625 = l • b schnell ändern:
625 = l • b | : b
⇔ = l
bzw. l = .
Nun setzen wir für das l in U ( l , b ) = 2 l + 2 b den Bruch ein und erhalten die Zielfunktion
.
Es sei kurz festgehalten: diesmal ergibt sich
aus der fest vorgegebenen Fläche die
und aus dem Umfang die Zielfunktion,
d.h. es ist genau andersrum als im Fall der Kleinen Klara oben.
ist nun eine Gleichung, die nur noch von der einzigen Variablen b abhängig ist und die wir daher ableiten können.
Dazu schreiben wir sie noch ein bisschen mit einem entsprechenden Potenzgesetz um:
U ( b ) = 1250 • b -1 + 2 b
Diese Zielfunktion leiten wir nun ab:
U ' ( b ) = - 1250 • b -2 + 2
Die notwendige Bedingung für ein Maximum der Zielfunktion ist nun U ' ( b ) = 0, also 0 = -1250 • b -2 + 2 oder
(mit demselben Potenzgesetz)
0 = - 1250 • + 2
Umformen ergibt
0 = - 1250 • + 2 | - 2
⇔ - 2 = - 1250 • | : (- 1250)
⇔ =
Wenn wir links durch zwei kürzen, erhalten wir
=
Nun nehmen wir auf beiden Seiten den Kehrwert und erhalten urplötzlich was sehr Einfaches, nämlich 625 = b 2
Wurzelziehen auf beiden Seiten ergibt
(da als Breite nur positive Werte möglich sind)
25 = b
bzw.
b = 25
Wenn wir nun
b = 25 in die umgeformte
l =
einsetzen, erhalten wir l =
= 25.
Da nun aber l = b = 25 ist, liegt wieder das von oben bekannte Quadrat vor, und die Gesamtlänge des benötigten Zauns ist wie schon bei der Koppel der Großen Klara
4 • 25 m = 100 m.
Der (spaßeshalber) finanziell motivierte Einwand der Mutter hat also nichts gebracht: für die Koppeln der Kleinen Karla und der Großen Klara sind gleichermaßen 100 m Zaun nötig.
Tja, liebe Mutter der Großen Klara: Pech gehabt.
(Und
mit MAX, dem ich oben spaßeshalber, aber völlig zu Unrecht griesgrämige
Knausrigkeit unterstellt habe, muss ich doch unbedingt mal ein Bier
trinken gehen.)
Erstaunlich finde ich es aber allemal, dass nach zwei unterschiedlichen Aufgabenstellungen und damit auch ganz unterschiedlichen Rechnungen
(in der zweiten Rechnung kommt erstmals ein negativer Exponent vor)
dasselbe Ergebnis herauskommt.
Und das finde ich doch allemal erstaunlich!
Was meiner Meinung nach gar nicht geht, ist, die Achmed-Aufgabe rein mathematisch durchzuhecheln
(weil das - wie oben gezeigt - ein Siebenzeiler ist, würde das etwa fünf Minuten dauern).
Vielmehr sollten die "schwächsten" Schüler eine Chance haben, die Gedankengänge des Lösungswegs wirklich zu verstehen.
Selbst wenn man oben alle didaktischen Kommentare weglässt, wird mit diesem Text (mal wieder) deutlich, wieviel Zeit man sich als Lehrer nehmen müsste, um eine einzige Aufgabe gründlich, also verständlich zu behandeln